Kontrolle der Zinktherapie bei Morbus Wilson mit dem oralen

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Originalarbeit
195
Kontrolle der Zinktherapie bei Morbus Wilson mit
dem oralen Radiokupfertest
Monitoring Therapy in Wilson’s Disease by the Oral Radiocopper Test
Institute
Schlüsselwörter
▶ Morbus Wilson
●
▶ oraler Radiokupfertest
●
▶ Zink
●
▶ Trien
●
▶ D-Penizillamin
●
Keywords
▶ Wilsons’s disease
●
▶ oral radiocopper test
●
▶ zinc
●
▶ triene
●
▶ penicillamine
●
Bibliografie
DOI http://dx.doi.org/
10.1055/s-0033-1334900
Online-Publikation: 22.2.2013
Akt Neurol 2013; 40: 195–199
© Georg Thieme Verlag KG
Stuttgart · New York
ISSN 0302-4350
Korrespondenzadresse
Prof. Wieland Hermann
Klinik für Neurologie
Paracelsus Klinik Zwickau
Werdauer Straße 68
08060 Zwickau
[email protected]
P. Günther1, H.-J. Kühn2, W. Hermann3
1
Nervenärztliche Gemeinschaftspraxis, Leipzig
Medizinische Fakultät, Universität Leipzig
3
Klinik und Poliklinik für Neurologie, Paracelsus Klinik Zwickau
2
Zusammenfassung
Abstract
▼
▼
Hintergrund: Der Morbus Wilson ist eine seltene Kupferstoffwechselstörung, die bei früher
Diagnosestellung und konsequenter Therapie
eine sehr gute Prognose hat. Nebenwirkungen
oder eine nachlassende Wirksamkeit können
Komplikationen einer medikamentösen Langzeitbehandlung sein. Besonders bei der Behandlung mit Zink haben sich Berichte über ein Versagen der Therapie gehäuft.
Material und Methoden: Bei 58 Patienten mit
einem Morbus Wilson unter Langzeittherapie
wurde in insgesamt 91 Mal ein oraler Radiokupfertest durchgeführt und damit das Ausmaß der
enteralen Resorptionshemmung von Kupfer bestimmt. 84 Messungen erfolgten unter einer
Zinkmedikation, eine unter D-Penizillamin und
sechs unter einer Behandlung mit Trien.
Ergebnisse: Die mit Zink behandelten Patienten zeigten in 48 Tests eine ausreichende, in 36
Fällen aber eine ungenügende Hemmung der enteralen Kupferresorption. Für Trien konnte eine
partielle enterale Resorptionshemmung von
Kupfer gezeigt werden.
Schlussfolgerung: Die Behandlung des Morbus
Wilson erfordert in jedem Fall eine regelmäßige
Kontrolle. Der orale Radiokupfertest erlaubt eine
quantitative Aussage zum Einfluss von Zink auf
die Kupferresorption beim Morbus Wilson. Sein
Nutzen muss durch weitere Studien näher definiert werden.
Background: Wilson’s disease is a rare autosomal recessive disorder of hepatic copper transport leading to an inhibition of the biliary excretion of copper. Overloads of the metal mainly in
the liver and basal ganglia lead to hepatic but also
to extrapyramidal motor as well as psychiatric
clinical symptoms. Depending on the stage of the
disease, therapy with chelating drugs and zinc is
possible but must be given lifelong without longer interruptions. With early diagnosis and consequent treatment, the prognosis of Wilson’s disease is excellent and usually the need for liver
transplantation can be avoided. Monitoring of
treatment is essential because therapy with chelating penicillamine is complicated by side effects, triene is not always available and non-responders to zinc therapy are reported.
Method: For the evaluation of the inhibition of
enteral resorption of copper in our study an oral
radiocopper test was performed in 58 patients
with Wilson’s disease. Patients were given
10 MBq 64Cu and radioactivity was measured in
serum at one and/or, respectively, 3 h after intake. Altogether 91 tests were evaluated.
Results: No inhibition of copper resorption was
found in 1 patient under penicillamine therapy. A
partial inhibition of enteral resorption could be
proved for triene in 6 patients. 48 tests showed a
sufficient inhibition with zinc therapy. In 36 tests of
the patients taking zinc the inhibition was proved
to be not sufficient. In 6 of them it could be improved by increasing the dosage. Triene has been
shown to inhibit the resorption of copper as well by
this test. No inhibition is seen with penicillamine.
Conclusion: The high prevalence of insufficient
effectiveness of zinc therapy requires a continuous
control. The radiocopper test allows an estimation
of the influence of zinc on copper resorption in
Wilsonʼs disease. Further studies have to be performed to evaluate the utility of this test.
Günther P et al. Kontrolle der Zinktherapie bei … Akt Neurol 2013; 40: 195–199
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Autoren
Originalarbeit
Hintergrund
▼
Der Morbus Wilson wird von einer autosomal-rezessiven Störung des hepatischen Kupfertransportes verursacht, die zu einer
biliären Exkretionshemmung von Kupfer führt [1]. Von der toxischen Kupferakkumulation sind vorrangig Leber und Basalganglien betroffen, weshalb die Erkrankung früher auch als hepatolentikuläre Degeneration bezeichnet wurde [2]. Die Symptomatik variiert in hohem Maße und hat nach dem führenden Schädigungsbild zur Unterscheidung in nicht-neurologische und neurologische Verlaufstypen geführt [3]. Eine rechtzeitige Diagnose
und suffiziente Therapie bewirkt eine Rückbildung neurologischer Symptome und erlaubt oft eine nahezu normale Lebenserwartung Betroffener [4]. Dies setzt eine dauerhaft wirksame
Therapie und lebenslange Therapietreue voraus. Wenn die Erkrankung schon im asymptomatischen Stadium, etwa bei Geschwistern von Betroffenen diagnostiziert wird, kann eine Organschädigung ganz verhindert werden. Neben einer möglichst
frühen Diagnosestellung und Therapie im Akutverlauf des Morbus Wilson ist deshalb eine Langzeitbetreuung und Überwachung der Therapie bei Patienten mit einem Morbus Wilson
wichtig. Aktuell werden zur Behandlung der Erkrankung Chelatbildner mit D-Penizillamin oder Trien als auch bei entkupferten
bzw. asymptomatischen Patienten Zink eingesetzt [5]. Der Einsatz von D-Penizillamin ist durch häufige Nebenwirkungen gekennzeichnet, die auch erst im Verlauf der Behandlung auftreten
und zum Absetzen des Präparates zwingen können [6]. Trien gilt
als besser verträglich, ist allerdings aktuell in Deutschland noch
nicht zugelassen und muss gekühlt werden [7]. Im Gegensatz zu
den Chelatbildnern wirkt Zink über eine Hemmung der enteralen Kupferresorption. Shouwink beschrieb schon 1961 den Effekt der Wechselwirkung zwischen Zink und Kupfer bei 2 Patienten mit Morbus Wilson [8]. Nach oraler Aufnahme induziert
Zink in den Enterozyten die Synthese von Metallothionein, einem sulfhydrylgruppenreichen Peptid. Metallothionein kann
aus der Nahrung aufgenommenes Kupfer in Form eines KupferMetallothioneinkomplexes binden und somit der Resorption
entziehen. Die Kupfer-beladenen Enterozyten werden abgeschilfert und über den natürlichen Weg ausgeschieden [9]. Zink
ist sowohl als Zinksulfat als auch als Zinkazetat wirksam. Entscheidend ist aber die Menge an elementarem bzw. ionisiertem
Zink. Die derzeit empfohlene und übliche Äquivalenzdosis entspricht 3 × 50 mg elementares Zink für erwachsene Patienten
[4, 10]. Durch in-vitro-Studien ist darüber hinaus eine zusätzliche Induktion von intrahepatozellulärem Metallothionein belegt, die eine Entgiftung von resorbiertem Kupfer in eine weniger toxische Form ermöglicht [11]. Eine enterale Hemmwirkung
der Kupferresorption setzt nach etwa 2 Wochen, ein therapeutischer Effekt infolge des notwendigen Induktionsvorganges allerdings erst nach 3 bis 4 Monaten ein. Dennoch kann es im Verlauf
zu einem Versagen der Zinktherapie bei anfangs stabilen Patienten kommen [12–14]. Die Kupferausscheidung im Urin wird
durch Zink nicht wirksam erhöht und lässt sich damit nicht zur
Therapiekontrolle heranziehen. Mit einem oralen Radiokupfertest ist es jedoch möglich, die Wirksamkeit der enteralen Resorptionshemmung durch Zink zu überprüfen [15]. Damit kann
ein Versagen der Zinktherapie frühzeitig erkannt werden, bevor
es zu einer klinischen Verschlechterung und damit einhergehend irreversiblen Organschädigung gekommen ist. In dieser
Hinsicht wird in der vorliegenden retrospektiven Studie systematisch der Nutzen des oralen Radiokupfertestes zur Therapiekontrolle der mit Zink behandelten Patienten mit Morbus
Günther P et al. Kontrolle der Zinktherapie bei … Akt Neurol 2013; 40: 195–199
Wilson untersucht. Darüber hinaus soll die Frage beantwortet
werden, inwieweit auch durch Chelatbildner eine Hemmung der
enteralen Kupferresorption erreicht wird.
Patienten und Methode
▼
Bei 58 Patienten mit einem gesicherten Morbus Wilson wurde
ein oraler Radiokupfertest durchgeführt. Alle Patienten befanden sich zu diesem Zeitpunkt in regelmäßiger Betreuung, sodass
im Verlauf bei einigen mehrfach der Test zur Anwendung kam.
Insgesamt kommen in dieser Studie damit 91 Testergebnisse zur
Auswertung. Bei allen Patienten war die Diagnose durch den intravenösen Radiokupfertest und teilweise zusätzlich genetisch
gesichert worden [16, 17]. Es wurden sowohl Patienten mit einer
neurologischen als auch nicht-neurologischen Verlaufsform mit
einem oralen Radiokupfertest untersucht [15]. Alle Patienten
hatten einen Krankheits- und Therapieverlauf von über 2 Jahren
mit abgeschlossener Therapieinduktion bzw. damit schon erreichter Entleerung der Kupferdepots. Eine mindestens 3-wöchige Einnahme der Medikamente vor Durchführung des oralen
Radiokupfertestes war gewährleistet, da vorher mit keiner ausreichenden Hemmung der enteralen Resorption von Kupfer
durch Zink zu rechnen ist. Die Medikation wurde auch am Tag
des Testes eingenommen. Vor Testbeginn wurde die normale
Medikamentendosis, sonst aber keine Nahrung eingenommen.
Nach einem mindestens 30minütigem Abstand erhielten die Patienten eine zum Trinken vorbereitete Lösung mit 10 MBq 64Cu
in 50 ml Wasser gelöst. Eine und 3 Stunden nach dem Trinken
wurde Serum abgenommen, zentrifugiert und vermessen. 3
Röhrchen mit Wasser dienten zur Bestimmung des Nulleffektes.
Je 3 weitere Röhrchen wurden zur Eichung mit 1 ml bzw. 3 ml
einer vorgefertigten radioaktiven Standarddosis vermessen. Die
Radioaktivität wurde in cpm/ml × mCi angegeben. Nach einer
und 3 Stunden sollte bei guter Einstellung ein Wert von 300 cpm/
ml × mCi im Serum nicht überschritten werden [15]. Höhere
Werte ließen somit eine schlechte Compliance, eine ungenügende Dosis oder ein Versagen der Zinktherapie (Zink-Nonresponder) vermuten. Bei ungenügender Hemmung wurde die Dosis
erhöht und der Test anschließend wiederholt. Die Lieferung des
radioaktiv markierten Kupfers und der Standardlösungen erfolgte durch die Firma Polatom/Warschau. Die Applikation und
Messung der Radioaktivität wurde in der Klinik und Poliklinik
für Nuklearmedizin der Universität Leipzig durchgeführt.
Ergebnisse
▼
Zur Auswertung wurden die Ergebnisse von 91 oralen Radio▶ Tab. 1). Bei 84
kupfertests von 58 Patienten herangezogen (●
Messungen wurde der Test unter einer Zinkmedikation, bei einem Patienten unter einer Therapie mit D-Penizillamin und bei
6 Patienten unter einer Behandlung mit Trien durchgeführt. Die
gemessenen Aktivitäten reichten von 0 bis maximal 2 046 cpm/
ml × mCi nach einer bzw. maximal 1 173 cpm/ml × mCi nach
3 Stunden.
Bei den 52 Patienten unter einer Zinkmedikation konnte in 48
Tests eine ausreichende (Aktivität unter 300 cpm/ml × mCi) und
in 36 Fällen eine ungenügende Hemmung der enteralen Resorption von Kupfer (Aktivität über 300 cpm/ml × mCi) aufgedeckt wer▶ Tab. 1).
den. Dies betraf 29 der 52 Patienten (entspricht 56 %) (●
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196
Originalarbeit
197
Tab. 1 Oraler Radiokupfertest zur Therapiekontrolle bei Morbus Wilson: In Spalte 1 sind fortlaufend die untersuchten Patienten mit Nummer, Alter zum
Zeitpunkt des Testes und Geschlecht, in Spalte 2 die Medikation zum Zeitpunkt des Testes (Zinkmenge in mg), in Spalte 3 die gemessene Radioaktivität in
cpm/ml × mCi eine und 3 Stunden nach Einnahme von 10 MBq 64Cu in jeweils 3 ml Serum sowie in Spalte 4 Bemerkungen zum Verlauf bzw. zur Änderung der
Therapie aufgeführt (↑ bedeutet Erhöhung der Dosis;→bedeutet Umstellung der Medikation, DPA = D-Penizillamin). Die Werte über 300 cpm/ml × mCi sind fett
hervorgehoben.
1
27 ♂
2
3
4
5
6
7
30 ♀
39 ♂
39 ♂
43 ♀
31 ♀
54 ♂
8
8♂
9
10
21 ♀
18 ♀
20
35 ♂
20 ♀
21
21
22
52 ♂
53
34 ♂
35 ♀
29 ♂
29
48 ♂
49
30 ♀
35
25 ♀
45 ♂
63
35 ♂
40
40 ♀
20 ♀
27 ♀
25 ♀
28
29 ♂
42 ♂
15 ♀
38 ♂
54
49 ♂
45 ♂
46
46
24 ♀
25
31 ♂
19 ♀
20
40 ♀
46
25 ♀
40 ♀
24 ♀
27
9
10
11
12
13
14
15
16
17
18
19
20
21
22
23
24
25
26
27
28
29
30
31
32
33
34
35
36
37
38
Medikation zur Testzeit (Zink in mg)
Zink 3 × 50
Zink 3 × 100
Zink 3 × 50
Zink 3 × 50
Zink 3 × 50
Zink 3 × 50
Zink 3 × 50
Zink 3 × 50
Zink 3 × 100
Zink 3 × 100
Zink 3 × 50
Zink 3 × 50
Zink 3 × 50
Zink 3 × 50
Zink 3 × 50
Zink 3 × 50
Zink 3 × 50
Zink 3 × 100
Zink 3 × 50
Zink 3 × 100
Zink 3 × 50
Zink 3 × 50
Zink 3 × 50 + DPA
Zink 3 × 100
Zink 3 × 50
Zink 3 × 100
Zink 3 × 50
Zink 2 × 100
Zink 3 × 50
(Einnahmepause)
Zink 3 × 50
Zink 3 × 50
Zink 3 × 50
Zink 3 × 50
Zink 3 × 50
Zink 3 × 50
Zink 3 × 50
Zink 3 × 50
Zink 3 × 50
Zink 3 × 50
Zink 3 × 50
Zink 3 × 50
Zink 3 × 50
Zink 3 × 50
Zink 3 × 50
Zink 3 × 50
Zink 3 × 50
Zink 3 × 50
Zink 3 × 100
Zink 3 × 50
Zink 3 × 50
Zink 9 × 25
Zink 3 × 50
Zink 3 × 50
Zink 3 × 50
Zink 3 × 50
Zink 3 × 50
Zink 3 × 50
Zink 3 × 50
Zink 3 × 50
Radioaktivität nach 1 bzw. 3 h
343
109
538
186
390
462
378
745
101
57
65
102
1 100
442
964
297
173
292
923
71
84
103
184
38
377
72
361
246
200
538
725
165
306
186
389
34
30
146
215
196
113
163
675
208
159
0
78
703
269
642
591
113
1 127
1 400
172
412
257
36
569
1 385
419
118
377
210
465
335
327
329
101
72
67
110
1 025
780
1 034
535
155
314
698
63
121
56
177
34
281
319
211
269
202
600
594
128
253
152
268
44
49
121
159
251
147
117
426
197
163
0
92
347
187
675
441
87
748
814
184
378
162
34
513
1 173
Verlauf/Änderung
Dosis ↑
–
Verlaufskontrolle
–
Kontrolle (Mb. Crohn)
→ DPA
→ DPA
Dosis ↑
–
–
–
–
Verlaufskontrolle
Verlaufskontrolle
→ Trien
→ DPA
–
Verlaufskontrolle
Dosis ↑
–
–
–
–
– († 6 Jahre später)
Dosis ↑
– († 11 Jahre später)
Dosis ↑
–
–
→ Wiedereinnahme
→ Trien
–
→ DPA
–
Dosis ↑
–
–
–
–
–
–
–
Verlaufskontrolle
–
–
–
–
Dosis ↑
– († 12 Jahre später)
(Noncompliance)
→ DPA
–
Dosis↑(nicht toleriert)
→ DPA
–
Verlaufskontrolle
–
–
Verlaufskontrolle
→ Trien
Günther P et al. Kontrolle der Zinktherapie bei … Akt Neurol 2013; 40: 195–199
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Patienten-Nr. Alter bei Test Geschlecht
Originalarbeit
Tab. 1 Fortsetzung.
Patienten-Nr. Alter bei Test Geschlecht
39
40
41
42
43
44
45
46
47
48
49
50
51
52
53
54
55
56
57
58
37 ♂
38
43 ♂
45 ♀
46
45 ♀
43 ♂
45 ♂
53
54 ♂
58
71
29 ♀
30
23 ♀
25
11 ♀
29 ♀
7♂
24 ♂
25
38
24 ♂
28
19 ♂
19 ♀
50 ♀
52
45 ♀
43 ♀
39 ♂
Medikation zur Testzeit (Zink in mg)
Zink 3 × 50
Zink 3 × 50
Zink 3 × 50
Zink 3 × 150
Zink 3 × 50
Zink 3 × 50
Zink 3 × 50
Zink 3 × 50
Zink 3 × 50
Zink 3 × 50
Zink 4 × 25
Zink 4 × 25
Zink 3 × 50
Zink 3 × 50
Zink 3 × 50
Zink 3 × 50
Zink 3 × 50
Zink 3 × 50
Zink 3 × 50
Zink 3 × 50
Zink 3 × 50
Zink 3 × 50
Zink 3 × 50
DPA
Trien
Trien
Trien
Zink 3 × 50
Trien
Trien
Trien
Von den Patienten mit ungenügender Hemmung konnte in 6
Fällen (Pat.-Nr. 1, 7, 12, 16, 17, 31) durch eine Dosiserhöhung der
Zinkmedikation in einem späteren Test eine ausreichende Hemmung belegt werden. Eine Einnahmepause führte bei 2 Patienten
zu einer ungenügenden Hemmung von Zink (Pat.-Nr. 18 und 47).
Insgesamt mussten 12 von 52 (entspricht 23 %) Patienten wegen
unzureichender enteraler Hemmwirkung von Zink auf einen
Chelatbildner umgestellt werden. Eine Patientin davon hatte die
zunächst vorgenommene Dosiserhöhung von Zink aufgrund von
gastrointestinalen Nebenwirkungen nicht toleriert (Pat.-Nr. 34).
Bei den anderen Patienten erfolgte keine Umstellung, aber eine
regelmäßige Kontrolle der Kupferausscheidungsparameter in einem Abstand von 1–2 Jahren. 3 Patienten (Pat.-Nr. 15, 16, und
31) verstarben im späteren Verlauf an einem Leberversagen. Ursächlich waren eine inkonstante Einnahme der Zinkmedikamente (Pat.-Nr. 15) bzw. eine Alkoholerkrankung mit Entwicklung eines hepatozellulären Karzinomes (Pat.-Nr. 31). Ein Patient
hatte ein mutmaßliches Versagen der Zinktherapie trotz regelmäßiger Einnahme einer üblichen Dosis (Pat.-Nr. 16).
Bei den 6 Patienten mit einer Trienmedikation (Pat.-Nr. 53–58)
zeigt sich tendenziell eine enterale Kupferresorptionshemmung,
D-Penizillamin ist bei dem einen Patienten (Pat.-Nr. 52) diesbezüglich ohne therapeutischen Effekt.
Günther P et al. Kontrolle der Zinktherapie bei … Akt Neurol 2013; 40: 195–199
Radioaktivität nach 1 bzw. 3 h
151
245
139
533
874
79
144
239
621
201
25
79
718
204
453
121
217
121
113
181
92
536
1 626
1 586
354
636
609
13
2 046
805
154
182
354
127
479
468
69
136
225
327
150
25
48
874
422
337
109
129
201
105
152
71
299
570
364
203
616
256
122
987
481
178
Verlauf/Änderung
–
Verlaufskontrolle
–
Verlaufskontrolle
→ DPA
–
–
–
Dosis ↑
–
–
–
Verlaufskontrolle
→ DPA
Einnahmepause ursächlich
–
–
–
–
–
–
Verlaufskontrolle
→ DPA
–
–
–
–
–
–
–
Diskussion
▼
Zur Behandlung des Morbus Wilson werden Chelatbildner oder
Zinksalze eingesetzt. Nach den Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Neurologie kommen Zinksalze bei entkupferten oder
asymptomatischen Patienten zum Einsatz, während im Akutstadium die schneller wirksamen Chelatbildner indiziert sind [5].
Nur eine frühzeitige und dauerhaft wirksame Behandlung ist
Grundlage einer prinzipiell sehr guten Prognose der Erkrankung.
Sie soll eine schleichende Progredienz mit irreversiblen Organschäden verhindern. Therapieversager wurden unter D-Penizillamin bisher nicht berichtet. Insofern erscheint dieser Chelatbildner die verlässlichste Wirkung zu haben, ist aber mit einer höheren Rate an Nebenwirkungen und Komplikationen als die anderen
Präparate behaftet, die frühzeitig, aber auch noch nach längerer
Behandlung auftreten. Sowohl unter dem besser verträglichen
Trien als auch unter Zink ist von Therapieversagern berichtet worden [12, 14, 18]. Zink hat eine leicht kupruretische Wirkung, die
jedoch nicht therapeutisch bedeutsam ist. Damit lässt sich die renale Kupferausscheidung hier nicht zur Therapiekontrolle heranziehen. Insofern zeigt sich hinsichtlich der langfristigen Wirksamkeit und Sicherheit insgesamt keine Überlegenheit eines der 3 zur
Verfügung stehenden Medikamente. Eine regelmäßige Therapiekontrolle ist deshalb bei allen Patienten mit Morbus Wilson notwendig, um Nebenwirkungen, Komplikationen oder ein Versagen
der Behandlung rechtzeitig zu erkennen.
Durch den oralen Radiokupfertest kann eine enterale Kupferresorptionshemmung durch eine Zinktherapie belegt und im Ver-
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Originalarbeit
Fazit für die Praxis
Insgesamt sollte die Behandlung bei Patienten mit einem
Morbus Wilson in jedem Fall regelmäßig überwacht werden,
da anders eine schleichende Kupferakkumulation nicht frühzeitig erkannt wird und zu irreversiblen Organschäden führt.
Sowohl Chelatbildner als auch Zink erfordern in ihrer Anwendung eine Kontrolle. Der orale Radiokupfertest kann zur Beurteilung der Wirksamkeit der Kupferresorptionshemmung
von Zink herangezogen werden. Der Nutzen dieser nuklearmedizinischen Untersuchung in der Behandlung des Morbus
Wilson muss durch weitere Studien definiert werden.
Interessenkonflikt
▼
Die Autoren geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.
Literatur
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old disease. J Investig Med 1995; 43: 323–336
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lauf gut kontrolliert werden [10]. Die Strahlenbelastung ist vergleichbar mit der einer Schilddrüsenszintigraphie (ca. 0,9 mSv)
(Dr. Kühn, persönliche Mitteilung).
Bei Messwerten unterhalb von 300 cpm/ml × mCi im Serum ist
von einer guten Wirksamkeit der Zinkmedikation auszugehen
[15]. Dabei wurde eine dosisabhängige Hemmung der Kupferresorption durch Zink nachgewiesen [19]. Verglichen mit freiwillig
getesteten Gesunden ohne jegliche Therapie absorbieren gut
eingestellte Wilson-Patienten weniger als 10 % des oral aufgenommenen Kupfers [15]. Bei den in der vorliegenden Studie retrospektiv ausgewerteten Patienten könnte so von einer Wirksamkeit der Zinktherapie ausgegangen werden. Dennoch wurde
bei 56 % der mit Zink behandelten Patienten (29 von 52 Patienten) im Verlauf der Erkrankung eine ungenügende Kupferresorptionshemmung unter Zinkmedikation gefunden, die zu einer Therapiekorrektur führte. Der orale Radiokupfertest erlaubt
so eine rechtzeitige quantitative Abschätzung der enteralen
Hemmwirkung von Zink und eine Beurteilung des Effektes einer
Dosiskorrektur. Wenn trotz Erhöhung der Zinkdosis ein immer
noch nicht ausreichender Hemmeffekt vorliegt und eine Noncompliance ausgeschlossen war, muss von einem primären Versagen der Zinktherapie ausgegangen werden. So kann und muss
eine sofortige Umstellung auf einen Chelatbildner erfolgen.
Eine solche Umstellung war bei 12 (23 %) der mit Zink behandelten Patienten notwendig. Dieser hohe Anteil an Patienten mit
einer ungenügenden Hemmung unter Zinkmedikation unterstreicht die Bedeutung des oralen Radiokupfertestes. Bislang
unerkannte bzw. latente Erkrankungen der Darmmukosa könnten verantwortlich sein für das Abweichen von der regulären
Zinkwirkung. Bei einem der hier untersuchten ‚Non-Responder’
ist ein koinzidenter Morbus Crohn für eine ungenügende Induktion der Metallothioninsynthese und damit der unzureichenden
Kupferresorptionshemmung mutmaßlich mitbestimmend. Darüber hinaus werden die täglich notwendige 3-malige Einnahme
in einem zu den Mahlzeiten notwendigen Zeitabstand sowie
eine häufig auftretende gastrointestinale Unverträglichkeit als
mögliche Ursachen für eine unregelmäßige Einnahme diskutiert
[20].
Die Ursachen für ein Versagen der Zinktherapie, das auch bei guter Therapietreue vorkommt, sind letztendlich immer in einer
mangelnden enteralen Induktion der Synthese von Metallothionein zu suchen. Dies könnte auch durch unterschiedliche allelische Varianten von Metallothionein mit individuell variabler
Induzierbarkeit durch Zink begründet sein. Prädiktoren für ein
Nachlassen der Wirksamkeit von Zink sind bisher nicht bekannt
[14]. Insofern bestätigt die retrospektive Analyse der Daten des
oralen Radiokupfertestes als nicht-invasive Methode mit quantitativer Aussage zur Wirksamkeit von Zink seinen Wert im direkten Einfluss auf die Therapiekorrektur im Langzeitverlauf von
Patienten mit Morbus Wilson. Patienten unter einer Zinktherapie sollten mit diesem Test kontrolliert werden. Einschränkend
ist festzustellen, dass dieser Test bislang nur im Rahmen der Studie angewendet wurde und noch keinen Eingang in eine Leitlinie
fand.
Der orale Radiokupfertest belegt darüber hinaus eine enterale
Resorptionshemmung von Kupfer durch Trien, obgleich diese
schwächer ausgeprägt ist als bei Zink. Die Hauptwirkung von
Trien liegt weiterhin in seiner Potenz als Chelatbildner. Unter DPenizillamin ist dagegen keine enterale Resorptionshemmung
nachzuweisen. Für die mit einem Chelatbildner behandelten Patienten hat der orale Radiokupfertest im Gegensatz zur Zinktherapie daher keine Bedeutung.
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