Technologiefusion als Innovationstriebkraft in der japanischen Bauwirtschaft Auszug aus Japan Analysen Prognosen Nr. 167 vom Mai 2000 Prof. Dr.-Ing. Thomas Bock Fakultät für Architektur Lehrstuhl für Baurealisierung und Bauinformatik TU München Das Bild von Japans Bauwirtschaft im Ausland ist geprägt durch den Eindruck einer Industrie, die teuer produziert, zu viele Arbeitnehmer beschäftigt, hoch reguliert und vor Wettbewerb geschützt ist und durch umfangreiche staatliche Konjunkturprogramme am Leben gehalten wird. Der folgende Beitrag zeigt, daß dieses Bild wichtiger Korrekturen bedarf. Es gibt in Japan in der Bauwirtschaft hoch innovative Ansätze sowohl hinsichtlich der Automatisierung in der Fertigung als auch bei der Umsetzung neuer Wohnkonzepte. Ein anderes Bild wird durch den Beitrag allerdings bestätigt. Japanische Unternehmen sind bekannt dafür, daß sie neue Technologien durch die Verknüpfung bestehender Wissensfelder erschließen und entwickeln. Dies zeigt sich auch in den innovativen Ansätzen der Bauwirtschaft, etwa bei dem Versuch, Expertise auf dem Gebiet industrieller Fertigungsprozesse auf die Bauwirtschaft zu übertragen. Japans Erfolge in der Fertigungstechnologie basieren bekanntlich auf der Kompetenz, Teamfähigkeit und Motivation der Beschäftigten in der Produktion. Was liegt näher als der Versuch, diesen Erfolg in der Bauwirtschaft zu wiederholen, deren Abläufe mit Steuerunsgprozessen in der Montageindustrie mehr gemein haben als auf den ersten Blick ersichtlich wird. Technologiefusionen werden angetrieben durch das Bemühen japanischer Unternehmen um Beschäftigungssicherung. Auch dieses Japan-Bild wird im folgenden bestätigt. Im Vordergrund der innovativen Konzepte steht die Anwendung von in den Unternehmen verfügbarem Know-hows auf neue Geschäftsfelder. Nur so ist es zu erklären, dass sich ein Automobilunternehmen wie Toyota in der Bauwirtschaft engagiert. Fertighausbau mit dem Toyota-Produktionssystem Toyoda begann zunächst mit der Herstellung von Webstühlen. Schon damals im Jahre 1899 waren die Toyoda Webstühle mit 93 Yen bereits wesentlich billiger als die französischen Diederich Webstühle mit 389 Yen und noch günstiger als die deutschen Hartmann Webstühle mit 872 Yen. Darüber hinaus waren Sie bedienungsfreundlicher und erfreuten sich auch deshalb so großer Beliebtheit bei den Kunden, daß Sakichi Toyota auf Grund der hohen Nachfrage mit der Fertigung bei Igeta Shokai kaum nachkam. Die Toyota Motor Corporation ist bei uns durch ihre Automobile bekannt. Aber sie hat auch drei Fertighausfabriken, in denen sie Fertigungstechnologien aus der Autobranche auf das Bauwesen erfolgreich übertragen hat. Die Produktivität liegt bei Toyota Homes bei 4,5 bis 7 Häusern/ Personenjahr. Der Marktpreis beträgt ca. 2.300, - bis 3.800, - DM/ m2. Ein alten- bzw. behindertengerechtes Haus mit Aufzug, spezieller Küchen- und Sanitäreinrichtung, Home Automation usw. kostet ca. 4- 6.000, DM/ m2. Dem Toyota -Haus sieht man nicht an, daß es aus 12 verschiedenen Raumzellengrößen in 4 bis 6 Stunden zusammengebaut wurde. Im Werk wird eine Raumzelle im 3- bis 6-Minutentakt vorgefertigt. Der Kunde kann sich sein Traumhaus aus über 350.000 Einzelteilen, bei einer anderen Firma aus bis zu 2 Millionen Teilen, zusammenstellen. Die rechnergestützte Planung und Ausführung fertigt aus ca. 25.000 Bauteilen ca. 2.000 Bauteilgruppen, woraus ca. 300 Baugruppen als funktionale Einheiten entstehen. Verständlich, daß bei einer so großen Teilevielfalt ohne Rechnerunterstützung Ausführungsfehler entstehen können. Damit der Kunde bei der großen Wahlmöglichkeit nicht den Überblick verliert, kann er mit Hilfe der virtuellen Realität schon vor der Kaufvertragsunterzeichnung durch sein Traumhaus gehen und es bei Mißfallen verändern. Gefällt ihm die Simulation seines Eigenheimes und stimmen der Preis sowie die Finanzierung, beginnt das CAD/CAMSystem mit der verschnittfreien Fertigung der Bauteile und Raumzellen. Die Herstellungsqualität ist bei Toyota Homes so groß, daß die Firma Garantien von 10 bis 20 Jahren auf ihre Fertighäuser gibt. Es sind qualitativ hochwertige Produkte, gefertigt nach industriellen Erkenntnissen. Die Toyota-Homes-Zulieferer arbeiten im 4- Tagestakt, wobei ein Tag für den Auftragseingang und die Arbeitsvorbereitung, zwei Tage für die Fertigung und ein Tag für die Auslieferung geplant sind. In Zukunft wird es auch für Baufirmen immer wichtiger werden, den Markt selbst zu gestalten. Das setzt eine richtige Absatz-, Produkt- , Preis- und Kommunikationsstrategie voraus. Die Beispiele aus Japan sind nicht nur als technische Produktivitätssteigerung zu betrachten, sondern sie sind auch image- und marktfördernd. Der Kunde wünscht sich dann ein Toyota-Fertighaus, das in Japan das Image eines BMW oder Mercedes besitzt. Der junge Japaner als Schulabgänger will zu der Baufirma, bei der er nicht bis zu den Knien im Dreck steht, sondern bei der er mit Baurobotern bauen kann. In einem Hochlohnland floriert ein anlagenintensiver Betrieb nur, wenn er kontinuierlich arbeiten kann und ihm vom Vertrieb dazu verholfen wird. Toyota Home wird genauso wie Toyota Motor Corporation marktorientiert geführt. So wie das Kanban-System bei Toyota Motor steuert der Vertrieb die Produktion bei Toyota Home. Die Kundenorientierung ist oberste Maxime und schafft einen guten Ruf bei zufriedenen Kunden, die diesen Service dadurch belohnen, daß die Fertighausindustrie in Japan trotz abnehmender Bautätigkeit von 1.728.534 auf 1.342.977 Häuser von 1986 bis 1992 mehr Fertighäuser (von 252.545 auf 288.598 Stück) absetzen konnte. Der Markterfolg hängt von der angebotenen Leistung und Qualität ab. Ziel muß sein, daß auch Baufirmen sich Produktpolitik zulegen, die es ihnen ermöglicht, die Produkte zu bauen, die in die Bedarfsstrukturen des Baumarktes passen. Dementsprechend muß der Lebenszyklus von Bauprojekten so weit wie möglich computergestützt simuliert und geplant werden, um den Baumarkt langfristig richtig einschätzen und gestalten zu können. Mechatronische Technologiefusion auf der Baustelle durch Bauroboter Die Automatisierung von Bauprozessen ist schon seit Beginn der achtziger Jahre Gegenstand der Forschung und Entwicklung der großen japanischen Baufirmen. Begonnen wurde mit der Entwicklung einzelner Roboter und fernbedienbarer Manipulatoren für bestimmte Prozesse auf der Baustelle. Dazu zählen Roboter zur Betoneinbringung, Betonbehandlung, Feuerschutzauftrag auf Stahlkonstruktionen, Handling und Positionierung von Großteilen und als letztes Beispiel Fassadenroboter für den Putz- und Farbauftrag. Bis heute wurden über 400 verschiedene Prototypen entwickelt und im Bau stelleneinsatz getestet. Gemeinsam ist allen, daß sie für bestimmte definierte Aufgaben unter Baustellenbedingungen zum Einsatz kommen sollten und die Tätigkeit der Bauarbeiter nicht wesentlich beeinträchtigen durften. Gezeigt hat sich, daß unter diesen Prämissen die wenigsten Roboter wirtschaftlich einsetzbar sind. Die Einschränkungen für die Arbeiter, die notwendigen Sicherheitsvorschriften, verbunden mit den nicht vorhersehbaren und unplanbaren Einflüssen auf der Baustelle, setzen dem Einsatz einzelner Roboter parallel zum normalen Baustellenablauf starre Grenzen. Nur einige wenige sind augenblicklich im wirtschaftlichen Einsatz oder werden auf dem Markt zum Verkauf angeboten. Dazu gehören zum Beispiel die Betonglättroboter von Kajima bzw. Tokimec. Resultat dieser Entwicklung war die Erkenntnis, daß man Produktionsverhältnisse wie in der Fabrikhalle nicht ohne Schwierigkeiten und vor allem nicht wirtschaftlich auf die Baustelle transferieren kann. Dies mag zwar als profanes und vorhersehbares Ergebnis erscheinen, doch muß man erkennen, daß diese Entwicklungen auch schon zu Beginn der Arbeiten nur als Einstieg in die Automatisierung von Bauprozessen gesehen wurden, und ihr wirtschaftlicher Einsatz nicht oberstes Ziel war. Entscheidend sind vielmehr zwei andere Ergebnisse, die für die Zukunft der japanischen Bauindustrie wesentlich sind. Zum einen sind dies die gewonnenen Erkenntnisse und Fähigkeiten auf den Gebieten der Automatisierung und Robotik bzw. die Sensibilisierung der Mitarbeiter für Innovationen im Bauwesen. Zum anderen die Vorbereitung des eigentlichen Zieles, nämlich die vollautomatische Produktion eines Gebäudes auf der Baustelle unter fabrikähnlichen Bedingungen und unter Anwendung der aus der Serienproduktion bekannten Gesetzmäßigkeiten. Die Integration zum Planungs- und Produktionssystem: Automatische Hochbaustelle Die Shimizu Corporation war eine der ersten Baufirmen, die damit begann, ihre Erfahrungen aus 20 Jahren Baustellenroboterentwicklung in das Konzept einer durchgängig automatisierten Hochbaustelle einzubringen. Nach fünf Jahren Entwicklung und einem finanziellen Aufwand von annähernd 16 Millionen US-Dollar wurden 1990 und 1991 zwei Prototypen des SMART-Systems (Shimizu Manufacturing system by Advanced Robotics Technology) für den Bau kleinerer Gebäude eingesetzt. Seit 1988 wird das System entwickelt. Bei der Erstellung des zwanzigstöckigen Jûroku Bankgebäudes in Nagoya City wurde SMART zum erstenmal 1992-93 eingesetzt und lief sechs weitere Male zuletzt jetzt in Tokio und bereits im asiatischen Ausland in Singapur. Übrigens fördert Singapur High Tech im Bauwesen, da es auf Singapurs Baustellen fast nur Fremdarbeiter gibt, was zu einem Kaufkraft- / Wertschöpfungsverlust für den Stadtstaat wird. Durch High Tech will man in Singapur die Wertschöpfung auch bei lohnintensiven Arbeiten ins Land zurückholen und testet somit den Robotereinsatz im Bauwesen. Unter dem SMART-System versteht man bei Shimizu die Summe der halb- und vollautomatischen Lager-, Transport- und Montageeinrichtungen bzw. roboter, die ein Gebäude weitgehend automatisch erstellen. Es ist der Versuch, die Bauablaufplanung sowie das Baustellenmanagement unter Zuhilfenahme von Echtzeit- Computer- Steuerung zu verbessern. Dies umfaßt einen durchgängigen Informationsfluß vom Design und der Planung des Bauwerks über die Programmierung von Baurobotern mit Hilfe dieser Daten bis hin zur Kontrolle und Überwachung des Baugeschehens vor Ort über Computer. Kern des Systems ist eine in Zusammenarbeit mit der Mitsubishi Heavy Industries Ltd. erstellte Stahlkonstruktion, an deren Unterseite Schienen für Montageund Transportroboter angebracht sind. Das Gesamtgewicht dieser Konstruktion beträgt 1200 t / 2500t auf einer Gesamtfläche von ca. 1.200/ 1800 m2. Nach Erstellung des Fundaments werden die vier Säulen und auf diesen die Stahlkonstruktion mit den Montage- und Transportrobotern installiert und komplett mit einer Kunststoff-Folie überdacht. Dies dauert ca. sechs Wochen. Danach treten die Roboter in Aktion. Zwei Stahl- und zehn Fertigteilwerke liefern Just-in-Time im 10-Minutentakt die zu verarbeitenden Fertigteile an. Dieses Anlieferungskonzept ist allerdings nicht unbedingt Teil des Systems, sondern resultiert vielmehr aus dem Platzmangel japanischer Großstädte in Baustellennähe. Die Fertig teile werden kontrolliert und anschließend in bestimmten Depots am Fuß des Gebäudes oder im Gebäude selbst den Robotern zur Verfügung gestellt. Ab hier beginnt der eigentliche automatische Bauablauf. Zwei vertikale Aufzüge bringen die Bauteile nach oben. 10 bis 22 mit automatischen Kranwinden ausgestattete Roboter bringen die Stützen, Träger, Boden-, Decken-, Wand- oder Installationselemente in der jeweiligen Etage des Stahlskelettgebäudes im 5 Minutentakt in Position. Die anschließende Positionierung und Fixierung geschieht ebenfalls größtenteils automatisch. Die Stahlstützen und Stahlträger werden nach der Positionierung von automatischen Schweißrobotern miteinander verbunden. Die Positionierung und die Identifikation bzw. Kontrolle der Schweißnaht geschieht mittels Laserüberwachung. Nach der Fertigstellung eines Stockwerkes wird das gesamte, auf den vier Säulen ruhende Tragwerk von 12 Hydraulikstempeln ein Stockwerk nach oben gedrückt. Jeweils drei 150-t-Hydraulikstempel in jeder Säule werden benötigt, um dies in 1,5 Stunden zu bewerkstelligen. Voll ausgefahren erreicht es eine Höhe von 25 m, zusammengefahren ist es etwa 4,5 m hoch. Eine Etage höher angelangt, wird mit der Erstellung des nächsten Stockwerks begonnen. Ungefähr neun Tage benötigt man im Augenblick für ein Stockwerk. Endziel ist die Stockwerkserstellung im Wochentakt, also in fünf Tagen und weniger. Für die nötigen Installationen, die noch nicht in den Fertigteilen integriert sind, wurde im bereits fertiggestellten Teil des Gebäudes eine Feldfabrik eingerichtet. Ebenfalls eine interessante Vorgehensweise ist die parallele Ausführung von Arbeiten unterhalb und oberhalb des Fundaments. Während die Roboter schon die ersten Etagen errichtet haben, werden unterirdisch noch zwei weitere Untergeschosse ausgebaut. Durch die Ausbildung des obersten Stockwerkes des Hochhauses als Dach zu Beginn des Bauprozesses ist die Baustelle in alle Richtungen abgeschlossen, was Beeinträchtigungen und eventuelle Schäden durch Witterungseinflüsse erheblich vermindert. Der Lohnkostenanteil, der im Bauwesen überdurchschnittlich hoch liegt, reduzierte sich durch diesen Prototypen des SMART-Systems um ca. 30%. Erreicht werden soll bei weiteren SMART-Projekten eine Lohnkosteneinsparung von ca. 50% bis 70%. Augenblicklich liegen die Erstellungskosten eines Gebäudes durch das SMART2-System noch deutlich über denen der herkömmlichen Ausführung. Kalkuliert wird jedoch nach dem sechsten oder siebten mit dem SMART2-System errichteten Gebäude eine merkliche Kostenreduzierung. Bemerkenswert ist der hohe Anteil von Fertigteilen am Gebäude. Nach der Erstellung des Fundaments kann man den übrigen Bauablauf eigentlich als Transport- und geometrisches Konfigurationsproblem beschreiben. Ausnahmslos alle Elemente sind vorgefertigt, lediglich Teile der Installation, die Fugenisolierung und andere Nebentätigkeiten müssen noch manuell ausgeführt werden. Die Problematik des Bauablaufs liegt weniger im rechtzeitigen Bereitstellen von Material, in der Wahl der Bauverfahren bzw. - maschinen oder ähnlichen, auf herkömmlichen Baustellen anzutreffenden Schwierigkeiten, sondern mehr in der akkuraten Planung, in der Programmierung der Roboter oder in der Just- in-Time-Anlieferung der Teile. Mechatronische Technologiefusion im Facility Management: Serviceroboter In Japan wurden die ersten Fassaden- und Dachroboter bereits Anfang der achtziger Jahre entwickelt und zum Einsatz gebracht. Bemerkt werden muß, daß diese Geräte fast ausnahmslos von den technischen Abteilungen der großen Baufirmen oder von ihren Baumaschinenlieferanten entwickelt wurden und nicht von Dienstleistungsunternehmen oder Reinigungsgeräteherstellern. Dies war bedingt durch den definierten Einsatzbereich der Geräte, die zum großen Teil nur auf einem von der jeweiligen Baufirma erstellten Großgebäude zum Einsatz kamen. Die Anwendungen sind vielseitig. Den Anfang machten schwere, schienengeführte Roboter wie der "Exterior Wall Painting Robot" von TAISEI, der, eingesetzt am 220 m hohen Shinjuku Center Building in Tokyo, für den Farbauftrag auf die 100.000 m2 große Fassadenfläche entwickelt wurde. Der 1,5 Tonnen schwere Roboter ist mit acht Spraydüsen ausgerüstet und erreicht bei einer Stundenleistung von 100 m2 eine gleichbleibende Qualität auch bei unregelmäßigen und stark strukturierten Oberflä chen. Ein während des Arbeitsvorganges vorgeschobenes Verdeck verhindert die Emission von Farbpartikeln in die Umgebung, und Distanz- sowie Oberflächenkontrollsensoren gewährleisten die genaue Lage und die Arbeitskontrolle. Zwar wurde dieser Roboter nur für dieses eine Gebäude konzipiert und kommt auch nur auf selbigen zum Einsatz, ist aber trotzdem wirtschaftlicher als der vergleichbare manuelle Aufwand. Die Entwicklung solcher Fassaden- und Dachreinigungsroboter zollt der Komplexität des Reinigungsvorgangs Tribut, so daß die Entwicklungen bisher meist nur auf ein oder wenige Gebäude anwendbar sind. Eindrucksvolles Beispiel ist die Reinigungsanlage des Landmark Towers in Yokohama. An dem im Zuge des Minato-Mirai-Projektes erstellten Gebäude sind an den vier Ecken vertikale Schienen angebracht, auf denen sich Transportroboter nach oben und nach unten bewegen können. Von diesen aus werden auf waagerechten Schienen nach beiden Seiten Serviceroboter ausgesetzt, die die Fassade inspizieren und reinigen. Die derzeitigen Bemühungen gehen in Richtung flexibler Einsatz auf mehreren Gebäuden mit den Problemen der einfachen Programmierbarkeit, austauschbarer Kinematiken und jeweils passender Reinigungs- bzw. Bearbeitungseinheiten. Ungeachtet dieser Tatsache muß bemerkt werden, daß vor allem bei homogenen Vielgeschoßbauten die Entwicklung eines spezifischen Gerätes auf Dauer wirtschaftlich ist. Bau-Informationstechnische Technologiefusion: Gebäudeautomatisierung Beim TRON Projekt von Ken Sakamura handelt es sich um eine offene IC Architektur, bei der es kein Schnittstellenproblem zwischen Produktion, Büro und Wohnen mehr gibt. D.h., daß alle Lebensbereiche miteinander verknüpft werden können. Im Augenblick wird ein TRON Bürohaus gebaut, das über die Leistungsfähigkeit der sogenannten Intelligent Buildings hinausgeht und damit gleich die Basis für neue Arbeitsstrukturen des 21. Jahrhunderts legt. Hier möchte ich nur kurz einige Funktionen des TRON Wohnhauses beschreiben. Hierbei handelt es sich um ein Gebäude, das voller Elektronik ist. Sensoren messen das Raumklima und steuern die Haustechnik so, daß möglichst wenig Energie verbraucht wird. Da es sich um ein Leichtbauhaus handelt, könnte es leicht zu einem Treibhauseffekt kommen, aber die Sensoren regeln die Lichtdurchlässigkeit der Glasscheiben und vermeiden somit Überhitzen oder nächtliche Ausstrahlung. Ein Serviceroboter kann Sie aus der Küche oder Bar bedienen oder Ihnen Ordner aus dem Archiv ins Büro bringen. Ein Diagnostik-System in der Toilette ist mit dem Krankenhau s verbunden und kann bei kranken oder älteren Menschen bei bedenklichen Analysewerten Alarm auslösen. Oft zögern nämlich ältere oder behinderte Menschen andere um Hilfe zu bitten und dann passieren oft tragische Unfälle. Ein weiterer Vorteil ist, daß die älteren Menschen in ihrer gewohnten Umgebung weiterleben können und nicht befürchten müssen, in das Altersheim abgeschoben zu werden. „Ökotronische“ Technologiefusion: Brennstoffzellen, Wasserkreislaufwirtschaft, Solarzellen etc. für neue und offene Lebensformen Ein anderer Ansatz für Lebensformen im 21. Jahrhundert zeigt das Projekt Next 21, das 1993 eröffnet wurde. Die modernen japanischen Großstädte gleichen mehr und mehr amerikanischen Stadtzentren, die nachts zu Geisterstädten werden. Dieser Entwicklung rechtzeitig entgegenzuwirken hat Yoshitaka Uchida in Osaka einen Lebenskomplex für 16 Familien geschaffen. Die 16 Familien konnten sich ihre Lebensräume dreidimensional frei gestalten. So gibt es neben den Wohnungen auch Büros und Werkstätten. Ein Biotop, Terrassengärten, Wintergärten und Dachgärten bilden eine grüne Oase inmitten von Osaka. Man fühlt sich fast wie im Dorf, wohnt aber in der Großstadt und kann das kulturelle Angebot der 12 Millionenstadt nützen. Vorraussetzung für die gestalterische Freiheit war eine klar definierte dreidimensionale geometrische Ordnung des Bausystems. Die Innenraumaufteilung ist selbst während der Nutzung noch flexibel. So können Innenwände verschoben werden, die Kücheneinrichtungen verändert werden, was durch verschiedene Energiezapfstellen im Boden ermöglicht wird. Ein offenes Informationssystem erlaubt optimale Steuerung und Regelung des Haushaltsenergieverbrauchs selbst für unterschiedliche und sich verändernde Lebensstile. Natürlich besitzt Next 21 alle bekannten Funktionalitäten der Home Automation. Um die Baukosten dennoch in Grenzen zu halten wurden vorgefertigte Elemente eingesetzt. Die kleinteiligen 6 verschiedenen Fassadenelemente waren standardisiert, wurden aber mit Hilfe eines Zufallsgenerators so zu größeren Elementen kombiniert, daß kein größeres Fassadenelement wie das andere aussieht. Damit beweist Yoshitaka Uchida, daß eine industrielle Vorfertigung eine individuelle Gestaltung bei bezahlbaren Kosten von ca. 4.500. - bis 4.800. -DM / qm zuläßt. Für japanische Verhältnisse ist dieser Baupreis sehr hoch, fast doppelt so hoch wie für ein Durchschnittshaus in Japan. Aber diese Gebäude hat noch etwas besonderes: es ist das erste Gebäude weltweit, das die Brennstoffzelltechnologie für die eigene Energieversorgung einsetzt. Die gesamte Gebäudetechnik macht ca. 40% der Gesamtbaukosten aus. Das Gebäudesystem ist ein geschlossenes System, d.h. dass das Abwasser und der Abfall nicht einfach so wie bei uns entsorgt wird, sondern vorher recycled und aufbereitet wird. Dabei entstehen Schlacke und Gase, die wiederum als Energieträger für das Gebäude genutzt werden. 40% des gesamten Abfallaufkommens in privaten Haushalten sind feste Abfälle, die durch das Aqualoop System, ein katalytisches Naßoxidationssystem, aufbereitet werden. Neben den üblichen 7.5 KW Solarzellen und Sonnenkollektoren befindet sich erstmals eine 100 KW Brennstoffzelle im Einsatz. Dabei wurde der Energieverbrauch um 30 % reduziert und die Nox Emissionen um 70% und die CO2 Emissionen um 20% verringert. Der Vorteil der Brennstoffzelle liegt in ihrem 80% Wirkungsgrad. Forschungs- und Entwicklungsstrategien der Regierung Diese Ausführungen geben nur einen kleinen Teil der umfangreichen Anstrengungen, die in Japan unternommen werden, um die japanische Bauwir tschaft auf ihre zukünftigen Aufgaben in einem weltweiten Baumarkt vorzubereiten, wieder. Hiermit soll auch gezeigt werden, daß es einer langfristigen Forschungs- und Entwicklungsstrategie bedarf, um eine Gesellschaft auf den 6 Kondratieffzyklus vorzubereiten. Im jüngst veröffentlichten Regierungspapier über die Zukunftsindustrien des MITI gehört die Bauindustrie zu einer der 12 Schlüsselindustrien des 21.Jahrhunderts. Schwerpunkte werden im Tiefbausektor die Entwicklung des automatisierten Systems zum Bau von unterirdischen Kavernen durch Spiralroboter bilden. Im Hochbau werden industrielle Bauproduktionsverfahren dahingehend weiter optimiert werden, daß eine 30% Kostenreduzierung erreicht werden kann, bei gleichzeitiger Erhöhung der Lebensraumqualität. Die überalternde Bevölkerung wird in Zukunft so wie sie eine Uhr oder einen PC hat auch einen Personal Robot oder pet Robot haben. Auf Grund der Komplexität dieser Technologie und der Verflechtung der Bauwirtschaft mit anderen Branchen bedarf es einer langfristigen Vorbereitung. Es muß heute mit der Grundlagenforschung begonnen werden, damit auch noch in Zukunft die internationale Wettbewerbsfähigkeit durch Ökonomie (was Ökologie mit einschließt) als Voraussetzung der Verbesserung der Arbeitsverhältnisse im Bauwesen und insgesamt als Basis für das Überleben unserer Gesellschaft erhalten bleibt. Damit dieses Ziel erreicht werden kann, bedarf es langfristiger Unternehmensstrategien und Finanzierungsmöglichkeiten, Aufgeschlossenheit der Bildungseinrichtungen, der Verbände und Kammern und der Unterstützung der Politik.