Neurom als Differenzialdiagnose zum Spreizfußschmerz – vielleicht

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Medizin
Medical Tribune · 50. Jahrgang · Nr. 11 · 13. März 2015
Neurom als Differenzialdiagnose zum
Spreizfußschmerz – vielleicht klickt es ja
Bei der Morton-Metatarsalgie lohnt ein Spritzenversuch vor der Operation
50. Ärztekongress der BezirksärzteÜ
kammer Nordwürttemberg
Stuttgart – Eine ganze Tasche
voller Einlagen bringt der 60-jährige Mann mit in Ihr Sprechzimmer.
Doch an ihm hat sich der Orthopädietechniker die Zähne ausgebissen. Die quälenden Fußschmerzen
sind durch die Einlagen nur schlimmer geworden. Was steckt hinter
der hartnäckigen Metatarsalgie?
Sehr viel Bewegung hat Ihr Patient
in seinem Alltag nicht, eine Überlastung der Füße verneint er. Seit
einem Jahr plagen ihn Schmerzen
im rechten Vorfuß. Bei der orientierenden klinischen Untersuchung
finden Sie bis auf mäßig ausgeprägte
Spreizfüße nichts Auffälliges. Als Sie
den Fuß abtasten, gibt der Patient
jedoch einen deutlichen Druckschmerz an den Metatarsalköpfchen
II/III an. Dies kann den Arzt bereits
auf die Spur eines Morton-Neuroms
führen, erklärte die Orthopädin und
Unfallchirurgin Silke Lein vom
Fußzentrum am Bethesda-Krankenhaus Stuttgart.
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1) Im MRT-Bild erkennt man das Neurom
zwischen dem 3. und 4. Metatarsalköpfchen. 2) Bei diesem Patienten hat das
Spritzen nicht geholfen …
3) … der „Übeltäter“ nach operativer
Abbildungen: S. Lein, Stuttgart
Entfernung.
Meist folgt ein Versuch mit anderen Fußstützen – ebenfalls erfolglos.
Der beschriebene Patient mit seiner
Einlagen-Kollektion ist demnach
also ein klassischer Fall.
Pelotte drückt unangenehm
auf die Nervengeschwulst
Bei dem Neurom handelt es sich um
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eine gutartige Verdickung der Nervenscheide, vermutlich infolge einer den bzw. Schmerzen in den frühen
Kompression eines plantaren Ner- Morgenstunden kommen. Da der
venastes zwischen den Köpfchen der betroffene Nerv sich im weiteren
Mittelfußknochen III und IV bzw. Verlauf aufzweigt, resultieren sehr
II und III und dem Ligamentum oft typische Sensibilitätsstörungen
intermetatarsale profundum. Als im Interdigitalraum, ergänzte Dr.
Folge dieser mechaDr. Michael Gabel,
nischen Einengung
Facharzt für OrthoEin typisches
kann es zu typischen
pädie/Rheumatolo­
Schnappen bei
Nervenschmerzen
gie und Chefarzt
am Fußzentrum im
mit RuhebeschwerFußkompression
Steroidspritze: Diagnose
ex Juvantibus stellen
Bethesda-Krankenhaus Stuttgart.
Manche betroffenen Patienten haben eine regelrechte Odyssee hinter
sich, denn nicht selten bleibt diese
Diagnose lange Zeit unerkannt und
man versucht, den Vorfußschmerz
– beim meist gleichzeitig bestehenden Spreizfuß – mit Einlagen
zu beheben. Allerdings verstärkt
deren Pelotte durch Druck auf das
Neurom die Beschwerden nur noch.
Wie stellt man die Morton-Diagnose
nun lege artis? In der Regel genügt
dazu die klinische Untersuchung:
Der typische Schmerz lässt sich auslösen, indem man Druck zwischen
den betroffenen Metatarsalköpfchen
ausübt. Bei der queren Vorfußkompression können Sie u.U. eine Art
Schnappen provozieren (MulderKlicktest). Und möglicherweise
berichten die Patienten auf Nach-
fragen, dass dieses Schnappen auch
spontan auftritt.
Mittels bildgebender
Diagnostik (MRT, MRNeurographie) lässt sich
der Befund gut darstellen,
aber meist benötigt man
keine Kernspintomographie, wenn die Klinik so klar
ist wie bei dem beschriebenen Beispielpatienten –
stechender, elektrisierender
Vorfußschmerz teilweise
auch in Ruhe, pelziges Gefühl
zwischen den Zehen, positiver
Vorfußkompressionstest. Statt
auf eine Bildgebung setzt Silke Lein auf die ex-JuvantibusDiagnose durch Injektion von
1 ml Lokalanästhetikum mit
Kortison – von dorsalseitig appliziert. Die meisten Patienten fühlen
sich danach „wie neugeboren“.
Nach zwei Injektionen sind
die meisten beschwerdefrei
Mit Krankengymnastik erreicht man
in diesen Fällen keinen dauerhaften
Erfolg, erklärte die Referentin auf
Nachfrage, und ebenso wenig mit
Antirheumatika. Hingegen beinhaltet die Infiltrationsbehandlung oft
zugleich die therapeutische Lösung:
80–90 % der Patienten bekommt
man damit (eventuell nach zwei- bis
dreimaliger Injektion) beschwerdefrei, so die Erfahrung der Chirurgin.
Helfen die Spritzen nicht, folgt die
operative Behandlung. Entweder
durchtrennen die Chirurgen das
Ligamentum intermetatarsale von
dorsal oder sie wählen den plantaren
Zugang und entfernen den Nervenknoten komplett.
Dr. Carola Gessner
Praxisreife Rezepte gegen Angststörung und Panikattacken
Kombination aus Verhaltens- und Pharmakotherapie – SSRI statt Benzos und Neuroleptika, Pflanzliches als Alternative
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Medical Tribune Forum CME
Ü
NÜRNBERG – Ständig quälende
Sorgen oder viermal in der Woche Panikattacken: Patienten mit
Angststörungen stellen in der Praxis oft eine Herausforderung dar.
Ein Kollege zeigt, wie die Therapie
auch ohne Psychiater gelingt.
Bei Patienten mit Angstsymptomen
gilt es zunächst einmal die Art der
Störung genauer zu erfassen. Typisch für die Panikattacke sind der
plötzliche Beginn mit Herzrasen,
Atemnot und Todesangst und die
Dauer von etwa einer halben Stunde. Betroffen sind überwiegend junge Erwachsene, meist Frauen, bis 35
Jahre, berichtete der Psychiater Dr.
Axel Cicha aus Waldkraiburg. Oft
lässt sich ein Auslöser eruieren – wie
bei einem jungen Mann, der den
Herzinfarkt seines Tennispartners
auf dem Platz miterlebte. Etwa 60 %
der Panikkranken entwickeln zusätzlich eine Agoraphobie. Anders das
Bild bei der generalisierten Angststörung, die gleich zwei Altersgipfel
kennt – einen im jungen und einen
im mittleren Lebensalter. Die Angst
ist zwar nicht so stark ausgeprägt
wie bei der Panikattacke, begleitet
den Patienten aber dafür ständig.
Typisch sind z.B. Vorahnungen, dass
Verwandten etwas zustoßen könnte,
oder unnötige Sorgen um die eigene
Gesundheit.
Allerdings ist nicht alles, was auf
den ersten Blick als Angststörung
imponiert, eine solche. Herz- und
Lungenerkrankungen und nicht
selten auch die Hyperthyreose lösen
ähnliche Symptome aus, erinnerte
Dr. Cicha, und sollten differenzialdiagnostisch ausgeschlossen werden.
Therapeutisch setzt man bei
Angststörungen möglichst auf eine
Kombination von Verhaltens- und
Pharmakotherapie. Bei Panik und
Agoraphobie kann eine kognitive
Umstrukturierung helfen, die negative Gedanken („hilflos ausgeliefert“) in positive wendet: „Die
Panikattacke ist gleich vorbei.“ In
der medikamentösen Therapie stehen auch bei Angststörungen Antidepressiva (SSRI, SNRI) an erster
Stelle. Der Psychiater klärt seine
Patienten vorab darüber auf, dass
diese Wirkstoffe erst nach ein bis
zwei Wochen greifen, aber weder abhängig machen noch kardiotoxische
oder anticholinerge Effekte auslösen.
Bei Panikpatienten verordnet er z.B.
Escitalopram gern als Tropfen, weil
diese „harmlose“ Galenik besser akzeptiert wird. Einer der häufigsten
Gründe für therapieresistente Angststörungen ist übrigens die zu niedrige Dosierung, erklärte Dr. Cicha.
Benzodiazepine nur mit
Vorsicht einsetzen
Keinen Platz in der Angstbehandlung sieht der Kollege für Neuroleptika. Benzodiazepine sollten nur mit
Vorsicht eingesetzt werden. Schließlich kann das im Notfall bewährte
Lorazepam schon nach drei Wochen
Einnahme abhängig machen.
Patienten mit leichteren Angstsymptomen kann man inzwischen
auch eine pflanzliche Alternative
anbieten. Das spezielle Lavendelöl
Silexan® ist ebenfalls anxiolytisch
wirksam und beruhigt, ohne zu
sedieren, sagte Dr. Cicha. Der Effekt beruht vermutlich auf einer
Modulation präsynaptischer Kalziumkanäle, was die Ausschüttung
angstfördernder Neurotransmitter
vermindert.
In einer randomisierten Doppelblindstudie an über 500 Patienten mit generalisierter Angststörung (≥ 18 Punkte in der Hamilton
An­xiety Scale) zeigte sich das Lavendelöl einem Scheinmedikament
signifikant überlegen. Eine weitere
Untersuchung ergab für Silexan®
(80 mg/d) einen vergleichbaren
Effekt wie 0,5 mg Lorazepam. Patienten, die vor allem tagsüber unter innerer Unruhe leiden, sollten
Lavendelöl morgens nehmen, bei
Schlafstörungen eher abends. rft
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