CLUSTERREPORT OPTIK Optische Technologien und Mikrosystemtechnik in Berlin und Brandenburg THE GERMAN CAPITAL REGION excellence in photonics CLUSTERREPORT OPTIK Optische Technologien und Mikrosystemtechnik in Berlin und Brandenburg Titelbild: Lasermaterialbearbeitung am Institut für Optik und Atomare Physik (IOAP) © Ulrich Dahl - Pressestelle der Technischen Universität Berlin Der Clusterreport Optik ist eine Publikation der TSB Innovationsagentur Berlin GmbH im Rahmen des Clustermanagements, welches gemeinsam durch Berlin Partner GmbH, OpTecBB e.V., TSB Innovationsagentur Berlin GmbH und ZukunftsAgentur Brandenburg GmbH vertreten wird. Dieses Projekt wird aus Mitteln der Länder Berlin und Brandenburg sowie der Investitionsbank Berlin gefördert, kofinanziert von der Europäischen Union – Europäischer Fonds für Regionale Entwicklung. Investition in Ihre Zukunft. 3 5.1.3 Optische Messtechnik und Sensorik „Optische Messverfahren sind für die Automatisierung ganzer Produktionslinien bedeutungsvoll“ Interview mit Prof. Dr. Norbert Langhoff zur optischen Messtechnik und Sensorik Optische Messtechniken werden als Messverfahren immer bedeutender. Welche wesentlichen Vorteile zeichnen die optischen Messtechniken aus? Gibt es typische Schwachpunkte? Die optischen Messverfahren haben durch die Entdeckung des Laser-Prinzips und dessen vielfältigen Einsatz in technischen Anlagen sowie Konsumgütern eine enorme Erweiterung erfahren. Das betrifft neue Messmethoden, die Messproduktivität, die Messgenauigkeit sowie die Messwertauflösung gleichermaßen. Sehr bedeutungsvoll ist der zunehmende Einsatz optischer Messverfahren und Geräte im prozessnahen Bereich als Voraussetzung für die Automatisierung ganzer Produktionslinien in der Industrie. Sie zeichnen sich insbesondere durch eine berührungslose und zerstörungsfreie Technik aus. Als typische Schwachpunkte treten häufig die begrenzte Lebensdauer der Lichtquellen, der Preis von Lasern sowie der Einfluss atmosphärischer Störungen wie z. B. Feuchtigkeit oder Staub auf. In welchen Bereichen werden optische Messtechniken schon jetzt auf breiter Ebene eingesetzt? Gibt es auch kommerzielle Nutzer aus der Hauptstadtregion und für welche Aufgaben setzen diese die Technologien ein? Der Maschinenbau, die Halbleiterindustrie, der Automobilbau u. a. in ihrer ganzen Breite und insbesondere alle NC-gesteuerten Anlagen sind auf optische Messtechniken angewiesen. In BerlinBrandenburg existieren eine Reihe von Großfirmen wie Siemens (Generatorenbau), BMW (Motorräder), Mercedes-Benz (Verbrennungsmotoren), Rolls-Royce (Strahltriebwerke für Flugzeuge), die in vielfältiger Weise sowohl in der Fertigung als auch in der Qualitätskontrolle optische Verfahren nutzen. Wie sind Forschung und Wissenschaft aus Berlin-Brandenburg bei den optischen Messtechniken aufgestellt? In welchen Bereichen sind die Einrichtungen führend, wo besteht Verbesserungsbedarf? Mit dem gemeinnützigen Verein OpTecBB hat sich in den zurückliegenden mehr als 10 Jahren in der Region Berlin-Brandenburg ein Netzwerk entwickelt, das in vielfältiger Weise Mitglieder aus Forschung, Entwicklung und Fertigung vereint. In der Grundlagenforschung ist auf dem Gebiet der Ultrakurzzeit-Methoden (Femtosekunden) das Max-Born-Institut in Berlin-Adlershof weltweit führend. Ein gutes Beispiel für diese Vorrangstellung ist die erste laserplasmagestützte fs-Röntgenquelle, die gemeinsam mit dem IfG Institute for Scientific Instruments GmbH bis zur Marktreife entwickelt wurde. Eine besonders hohe Konzentration von Forschungspotenzial wie HZB, PTB, BAM, MBI, TU und Unternehmen findet man in unserer Region auf dem Gebiet der Röntgenphysik und –technologie. 56 In der Hauptstadtregion fehlen oft die Unternehmen, die bedeutende Entwicklungen aus Forschung und Wissenschaft auf dem Markt platzieren. Wird das Gründungspotenzial im Bereich der optischen Messtechniken voll ausgereizt und wo gibt es Verbesserungsmöglichkeiten? Auf welche Weise können sich auch kleinere Firmen national und international behaupten? Der Wissenstransfer zwischen Forschungseinrichtungen und Unternehmen konnte in den letzten Jahren erheblich intensiviert werden. Gute Beispiele findet man in Berlin-Adlershof und BerlinBuch. Seitens der TSB Technologiestiftung Berlin wurde dieser Prozess tatkräftig unterstützt. Dennoch sind die Möglichkeiten bei weitem noch nicht ausgeschöpft. Es wäre erstrebenswert noch mehr junge Wissenschaftler mit guten Geschäftsideen zu Ausgründungen zu motivieren. Sehr positiv könnten sich die noch breiteren Publikationen von Beispielen gelungener Ausgründungen auswirken. Regelmäßige Seminare mit erfolgreichen Ausgründern an den Universitäten und Hochschulen wären eine gute Grundlage. Bei Ausgründungen spielt neben der Produkt- oder Verfahrensidee sowie dem Startkapital die nationale und internationale Vernetzung eine bedeutende Rolle. Günstig ist es, mit dem „Netzwerken“ bereits vor der Ausgründung zu beginnen. Hilfreich dabei sind Publikationen mit überzeugenden Anwendungen, die den Kundennutzen aufzeigen sowie die Teilnahme an Konferenzen, Ausstellungen und frühzeitige Kontakte zur einschlägigen Industrie. Für die optische Prozessmesstechnik gehören die industrielle Lebensmittelherstellung, die Pharmaindustrie, die Halbleitertechnologie und die Photovoltaik zu den Haupteinsatzbereichen. Welche Einsatzfelder werden in der Zukunft hinzukommen? Bei den genannten Industriezweigen (Lebensmittelherstellung, Pharma) ist die optische Messtechnik insbesondere für die Automatisierung von Herstellungsprozessen und der Qualitätsprüfung fest etabliert. Eine zunehmend wichtige Rolle spielt der Einsatz in der Umweltanalytik (Wasser, Boden, Luft), den Ressourcentechnologien sowie bei der Gewinnung von Wertstoffen aus Abfällen. UV- und Röntgentechnologien sind bereits lange auf dem Markt etabliert. Welche Neuerungen gibt es auf diesem Gebiet und welche wichtigen Errungenschaften und Erkenntnisse haben die Forschungseinrichtungen aus Berlin-Brandenburg dazu beigetragen? Die Röntgentechnologien nehmen in der Region Berlin-Brandenburg im landesweiten und europäischen Vergleich eine starke Position ein. Getragen wird diese Aussage durch die „Leuchttürme“ in der Forschung wie das Helmholtz-Zentrum Berlin mit BESSY II, die PTB, die BAM, das MBI und die TU Berlin, sowie die auf dem 5.1.3 Optische Messtechnik und Sensorik Der sehr aufwändige Freie-Elektronen-Laser, auch Röntgenlaser genannt, wird für die Branche immer bedeutender. Welche Möglichkeiten bietet er und kann diese Technologie in Zukunft auch auf breiterer Ebene zur Anwendung kommen? Mit der Verfügbarkeit von gepulstem Röntgenlicht höchster Intensität, das von Freien-Elektronen-Lasern generiert wird, können nunmehr Experimente durchgeführt werden, die der Untersuchung dynamischer Prozesse/Effekte auf der atomaren und molekularen Ebene dienen. Nach Überwindung von zur Zeit noch bestehenden technischen Problemen werden der Forschung und Entwicklung neue Horizonte für die zeitaufgelöste Röntgenanalytik im fs-Bereich eröffnet. Prof. Dr. Norbert Langhoff ( Jahrgang 1935) war von 19701991 Direktor des ZWG-Zentrum für wissenschaftlichen Gerätebau der Akademie der Wissenschaften der DDR. Bereits im Jahre 1990 gründete er mit zwei weiteren Partnern die ISTCIndustrial, Science and Technology Consult GmbH. Von 19932010 war Norbert Langhoff geschäftsführender Gesellschafter der IfG-Institute for Scientific Instruments GmbH. Die Kernkompetenzen dieses Institutes umfassen röntgenanalytische Methoden für die Stoff- und Strukturanalytik, speziell von röntgenoptischen Systemen. Er ist Mitgründer und gegenwärtig Vorsitzender des IAP – Institut für angewandte Photonik e.V. Norbert Langhoff gehört zu den Gründungsmitgliedern des Kompetenznetzes Optec-Berlin-Brandenburg (OpTecBB e.V.), dessen Vorstand er mehrere Jahre angehörte. Auf seine Initiative ist die Gründung der VDI-Bezirkssektion Adlershof zurückzuführen, deren Ehrenvorsitzender er ist. 2011 wurde ihm das Bundesverdienstkreuz erster Klasse verliehen. Gebiet der Röntgendetektoren führende Firma Bruker Nano GmbH, bei Röntgenstrahlungsquellen die Firma rtw Dr. Warrikhoff GmbH Neuhagen sowie das IfG Institute for Scientific Instruments GmbH auf dem Gebiet von Röntgenoptiken. Durch die Erarbeitung einschlägiger Richtlinien und Normen haben diese Firmen international beachteten Einfluss erzielt. Gemeinsame Projekte haben die Grundlagen für die Integration von röntgenanalytischen Messköpfen in industrielle Fertigungsprozesse gelegt. Maßgebend dafür waren die Minimierung von Strahlungsverlusten mit Hilfe von Optiken sowie aller Komponenten (Quellen, Detektoren). Welche Merkmale hat die „Technologische Roadmap“ der UV- und Röntgentechnik in Berlin-Brandenburg? Ein Schwerpunkt im Rahmen der Tätigkeit von OpTecBB e.V. sind die UV- und Röntgentechnologien. Um in kürzester Zeit und mit einem möglichst hohem Niveau bei Vermeidung von Informationsverlusten die Zusammenarbeit zwischen Forschung und Unternehmen voranzubringen wurde in gemeinsamer Arbeit eine „Technologische Roadmap“ erstellt, die abgeleitet aus den erkennbaren Trends der Märkte, sowie der Forschung gemeinsamer Ziele für Produktentwicklungen kommerzielle Randbedingungen abgesteckt hat. Im Verlauf von 10 Jahren haben die beteiligten Unternehmen ihren Gesamtumsatz nahezu verdreifacht. Mit Ihrem Unternehmen IfG haben Sie eine Röntgenfarbkamera entwickelt. Welche Vorteile hat diese Kamera für die Medizinwelt und wie weit ist der Entwicklungsstand? Die Röntgenfarbkamera (RFK) ist das vorerst letzte Glied in einer langen Entwicklungskette neuartiger Halbleiterdetektoren für Röntgenstrahlung der letzten 15 Jahre. Ausgangspunkt dafür waren und sind die Entwicklung spezieller Detektionssysteme im Halbleiterlabor des Max-Planck-Instituts für extraterristische Physik für Weltraumexperimente auf dem Gebiet der Röntgenastronomie. Mit Unterstützung der IfG GmbH hat die Firma Röntec GmbH (heute Bruker Nano GmbH) in Berlin Adlershof auf vertraglicher Basis gemeinsam mit dem Halbleiterlabor eine neue Generation von Silizium-Driftkammer-Detektoren (SDD) auf den Markt gebracht, die dazu führte, dass weltweit die bis dahin verwendeten Si (Li)-Detektoren abgelöst wurden. Jährlich werden mehrere Tausend solcher SDD-Detektoren verkauft. Für die RFK wird eine spezielle pn-CCD mit ca. 70.000 Pixeln verwendet, wobei jeder einzelner Pixel wie ein energiedispersiver Detektor mit hoher energetischer Auflösung (150 eV) funktioniert. Der pn-CCD-Detektor wird mit einer Glas-Kapillarlinse zu einer vollwertigen Röntgenkamera komplettiert. Die Polykapillarlinse wirkt dabei wie ein 2-dimensionaler Kollimator, so dass die einzelnen Bildpunkte jeweils abgebildet werden auf einzelne Pixel. Die bisher erreichten Ortsauflösungen mit vergrößernden Optiken liegen bei <10 µm. Die RFK ermöglicht somit die ParallelMessung von 70.000 Spektren eines Bildausschnittes von 10 x 10 mm² (mit 50 µm Ortsauflösung) bzw. 3 x 3 mm² (mit 10 µm Ortsauflösung). Die bisherigen Applikationen konzentrieren sich auf analytische Problemstellung (Elementanalyse) in den Materialwissenschaften sowie Biologie. Anwendungen in der medizinischen Forschung sind in der Vorbereitung. Für die Fluoreszenzanregung werden sowohl Synchrotronstrahlung als auch Laborröntgenquellen genutzt. Das Interview führten Markus Wabersky und Arild Eichbaum 57 9 Impressum Impressum CLUSTERREPORT OPTIK Optische Technologien und Mikrosystemtechnik in Berlin und Brandenburg Herausgeber Herausgeber dieses Reports ist die TSB Innovationsagentur Berlin GmbH TSB Innovationsagentur Berlin GmbH Bereich Optik Bereichsleiter Prof. Dr. Eberhard Stens Fasanenstraße 85 10623 Berlin porären Stand eines kontinuierlichen Arbeitsprozesses ab. Obwohl bei der Zusammenstellung der Informationen größte Sorgfalt angewandt wurde, kann die TSB Innovationsagentur Berlin GmbH für die Aktualität, Richtigkeit oder Vollständigkeit keine Gewähr übernehmen. In keinem Fall kann die TSB Innovationsagentur Berlin GmbH für etwaige Schäden irgendwelcher Art verantwortlich gemacht werden, die durch die Benutzung oder im Zusammenhang mit der Benutzung der hier bereitgestellten Informationen entstehen, seien es direkte oder indirekte Schäden bzw. Folgeschäden einschließlich entgangenen Gewinns. Die TSB Innovationsagentur Berlin GmbH dankt allen Beteiligten für die Mitarbeit zu diesem Clusterreport, einschließlich für die Bereitstellung des Bildmaterials. Die Auswahl der portraitierten Unternehmen und Forschungseinrichtungen ist exemplarisch für die Region und erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Alle Angaben ohne Gewähr. Vertretungsberechtigter Geschäftsführer Dr. Adolf M. Kopp www.tsb-berlin.de Redaktionelle Leitung: Gerrit Rössler Mit freundlicher Unterstützung der ZukunftsAgentur Brandenburg GmbH Steinstraße 104 – 106 14480 Potsdam Projektassistenz: Florian Oswald, Elisa Radtke www.zab-brandenburg.de Layout + Graphik: Heike Rusch, Markus Wabersky Wir weisen darauf hin, dass das Urheberrecht sämtlicher Texte und Grafiken in diesem Report bei den Autoren, vertreten durch den Herausgeber, liegt. Die begründeten Urheberrechte bleiben umfassend vorbehalten. Jede Form der Vervielfältigung z.B. auf drucktechnischem, elektronischem, optischem, photomechanischem oder ähnlichem Wege – auch auszugsweise – bedarf der ausdrücklichen, schriftlichen Einwilligung sowohl des Herausgebers als auch des jeweiligen Autors der Texte und Grafiken. Inhalt Für die Inhalte der redaktionellen Beiträge kann der Herausgeber keine Gewähr übernehmen. Diese Buchausgabe bildet den tem110 Druck: Druckerei Hermann Schlesener KG Bildnachweis: Titelbild: Lasermaterialbearbeitung am Institut für Optik und Atomare Physik (IOAP) © Ulrich Dahl-Pressestelle der Technischen Universität Berlin Berlin, Februar 2012