Drüber, drauf und dran

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Bauen im Bestand
3/2014
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Drüber, drauf und dran
Anregungen und Leitlinien für das Bauen mit Holz für anspruchsvolle Bauaufgaben im Bestand
Nachhaltig bauen – energieeffizient, vielleicht sogar energieautark, mit maximaler Flexibilität für Erweiterungen oder
Umnutzung, mit neuester Haustechnik – die Anforderungen
an Bauten ändern sich rasend schnell. Es wird deutlich, man
baut nicht mehr für 100 Jahre. Der demographische Wandel
offenbart dies unerbittlich. Wohnraum ist genug da, Nutzungsprofil, Gestaltung und Energiekonzept entsprechen
aber den Anforderungen nicht mehr. Wir brauchen mehr Flexibilität und Attraktivität. Hier fangen die kreativen Holzbaukonzepte an: drüber, drauf und dran – vom Entwurfskonzept
über die Konstruktion zum Detail und der Ausführung. Das
ist die Chance für den Holzbau.
Autoren:
Ingo Gabriel, Prof. Dipl.-Ing.,
Architekt
Martin Mohrmann, Dipl.-Ing.,
Architekt
Synergien von alt
und neu ...
das hört sich gut an, muss
aber mit Leben gefüllt werden.
Also betrachtet man zuerst
das Alte – wie bewertet man
eigentlich den Bestand? Ist
es wirklich relevant, ob die
Fenster noch dicht sind, die
Heizung aus dem vorigen
Jahrhundert und Toilettenspülkasten noch hoch oben
hängt?
Bevor man ernsthaft über
Sanierung und Erweiterung
nachdenkt, stellt sich die entscheidende Frage: hat dieser
Altbau noch eine Zukunft?
Lassen sich Bewertungskriterien formulieren?
• Lage, wird dieses Gebäude
an dieser Stelle überhaupt
noch gebraucht, wie sieht es
mit der demographischen
Entwicklung der Region aus,
welche Infrastruktur ist vorhanden
• Über welchen Mobilitätsrucksack verfügt das Gebäude. Welche Zwangsmobilität ist mit der Lage des Gebäudes verbunden, welche
Anbindung an den öffentlichen Nahverkehr ist vorhanden
• ist die vorhandene Nutzungsund Tragwerksstruktur noch
mit angemessenem Aufwand in ein neues Nutzungskonzept zu überführen, welches zumindest
noch eine ca. 30jährige Perspektive aufweist
• ist die konstruktive Substanz erhaltenswert, gibt es
Elementarschäden, deren
Beseitigungskosten höher
liegen als die Neubauinvestition
• welche emotionale Bindung
gibt es seitens des Eigentümers an das Gebäude, welche Atmosphäre strahlt dieses aus, gibt es übergeordnete Aspekte des Ensembleund Denkmalschutzes
Tradition und Respekt
Wir dürfen uns nichts vormachen: Bis zur Mitte des vorigen Jahrhunderts sind unsere Vorfahren ziemlich pragmatisch mit den Bauten ihrer
Vorfahren umgegangen: Was
nicht mehr gebraucht wurde,
konnte weg. Natürlich wurden
Teile der Konstruktion (Holz,
Steine) wiederverwertet, weniger aus ökologischen Gründen, sondern aufgrund ihres
materiellen Restwertes. Aus
heutiger Sicht wird häufig mit
der grauen Energie argumentiert, die in Bestandsgebäuden
gebunden ist.
Aber auch hier lohnt es sich
einmal ernsthaft zu rechnen:
die im Rohbau (die technischen Komponenten werden
ohnehin erneuert) eines
1950er Jahre Siedlungshauses
gebundene Primärenergie liegt
bei ca. 80.000 kWh. Verteilt
man diese Summe auf die
Wohnfläche und einen Zeitraum von weiteren 30 Jahren,
so bleiben gerade einmal
20 kWh/m2a übrig, die ein
neues Gebäude weniger an
Abb. 1:
Dachaufstockung in Basel
Bild: Anarchitekton GmbH, Basel
Heizenergie verbrauchen darf,
als ein Bestandsgebäude. Dieser graue Rucksack lässt sich
beim Neubau leicht schultern.
Trotzdem gibt es in vielen
Fällen ausreichend Gründe,
das Bestandsgebäude zu erhalten und mit hochwertigen
Holzkomponenten zu ergänzen.
Tab. 1: Graue Energie eines Siedlungshauses Baujahr 1950
Graue Energie Rohbau
1950er Jahre Siedlungshaus 120 m2, unterkellert
Bauteil
Fläche Querschnitt
m³
Streifenfundamente
114
0,09
1,26
Sohlplatte
180
0,15
12
Decken
155
0,2
31
Stahl
220
0,001
0,22
Bitumenabdichtung
180
0,005
0,4
Außenmauerwerk
210
0,24
50,4
Innenmauerwerk
140
0,115
16,1
Putz
330
0,015
4,95
Holz
170
0,012
2,04
Dachziegel
140
0,03
4,2
Graue Energie Rohbau (kWh)
kWh/m³
490
490
490
28000
16200
650
450
520
490
750
kWh
617
5880
15190
6160
6480
32760
7245
2574
1000
3150
81056
3/2014
Bauen im Bestand
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Typische Bauaufgaben
Bauen im Bestand bedeutet,
dass die vorhandene Substanz
ohne Erweiterung qualifiziert
oder durch Maßnahmen in
Fläche und Kubatur erweitert
wird. Die Qualifizierung hat in
der Regel die Verbesserung
der bautechnischen Eigenschaften sowie Nutzungsqualitäten zum Ziel: z.B. Wärmedämmmaßnahmen und solche
zum Erhalt oder Verbesserung
der Außenhaut in der Fassade
und im Dach. Das betrifft den
profanen Dachausbau der bestehenden Tragkonstruktion
bis hin zum kompletten Neubau des Daches. Vergleichbare
typische Bauaufgaben hinsichtlich der Außenwand stellen die handwerklich erstellten Außenwandbekleidungen
bis hin zu Fassadensystemen
wie z.B. TES-Energy-Facade
dar (s. Abb.2 → 1A +1B). Neben bautechnischen Qualitäten ergibt sich so auch in gestalterischer Hinsicht für das
Bauwerk eine zweite Chance.
(siehe auch HOLZBAU – die
neue quadriga 2/2014).
Besondere Qualitäten erzeugen die Bauaufgaben, die nicht
nur der bestehenden Gebäudekontur folgen, sondern durch
Einbeziehung bisher nicht
umschlossener Bauteile, Überbauungen und Erweiterungen
neue Räume schaffen: z.B. bis-
herige Balkone und Loggien
werden zu wintergartenartigen Räumen. (s. Abb.2 → 2A
+ 2B).
Bestandserweiterungen, ob
horizontal in Form von Anbauten oder vertikal als Aufstockungen, sind typische
Bauaufgaben, wo die Holzbauweise durch eine eigenständige Architektursprache
sichtbar werden kann (s. Abb.
2 → 3A +3B). Einen Sonderfall stellen die sogenannten
Solitäre dar, die von den Autoren als Bauaufgaben definiert werden, die baulich von
der Altbausubstanz losgelöst,
ihre eigene Struktur und Präsenz im Nutzungs- und Gestaltungszusammenhang mit
dem Bestand entwickeln: sowohl in der Horizontalen als
Nebengebäude als auch in der
Vertikalen als autarke Aufstockung – häufig auch als Parasit betitelt. Ein typisches
Merkmal ist u.a. die Maximierung der Nutzfläche bei minimierter Konstruktionsfläche
(s. Abb.2 → 5A +5B und
Abb.3).
Wer Holzbau will,
muss Holzbau können.
Grundsätzlich wohnen dem
Holzbau Prinzipien inne, die
gestaltprägend sind: Ordnung
und Struktur, ablesbar am regelmäßigen Tragraster, ggf.
1A
1B
Qualifizierung
der Hülle
2A
2B
Ausbau
3A
3B
Erweiterung
4
5A
Verbindung
5B
Solitär
erweitert durch das Ausbauraster und durch holzbautypische Detailausbildungen. Im
Gegensatz zum Neubau kann
der Bestand mit seinen eigenen
Abb. 2:
Prinzipien der Bauaufgaben
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Holzrahmen- und
Massivholzbau
Es gilt zu differenzieren:
nicht immer hat beim Bauen
im Bestand z.B. das maximal
gedämmte Bauteil Priorität, so
Tab. 2: Anforderungen an Hüllflächen verschiedener Bauaufgaben
Anforderungsprofil an Hüllflächen verschiedener Bauaufgaben
Fassadensanierung
Dachsanierung
Erweiterung horizontal
Erweiterung vertikal
Verbindung zwischen zwei Häusern
Solitär
Schallschutz
Quelle: Archplan, Münster
Brandschutz
Abb. 4:
Aufstockung Fordsiedlung Köln
wie wir das im Neubau als
selbstverständlich voraussetzen. So hat z.B. bei beengten
Grundstückverhältnissen die
Minimierung der Konstruktionsdicke der Wände Vorrang
vor einer maximalen Dämmstärke.
Das Spektrum reicht von
wärmedämmtechnisch-optimierten Bauteilen, z.B. bei
vorgehängten Fassadenbauteilen bis hin zu Bauteilen mit
minimierter Konstruktionsfläche, die als tragwerks-optimierte Bauteile bezeichnet
werden können. Einige Bauteile müssen mehrere Funktionen wie z.B. Gebäudetrennwände und -decken mit sehr
hohen Anforderungen an
Tragwerk, Brand- und Schallschutz erfüllen.
Eine andere Bewertung liegt
den produktions- und montageoptimierten Bauteilen zu
Grunde – eine Qualität, die
sich auf ersten Blick Planern
und Bauherren nicht erschließt. Die Abhängigkeit in
Bezug auf Bauteilausbildung
wird dann deutlich, wenn eine
Baustelle z.B. durch fehlende
Anfahrbarkeit die Verwendung von elementierten Bauteilen nicht zulässt oder die
Montage ohne Gerüst oder
Hebegerät erfolgen muss. So
lassen sich z.B. Bauteile in
Massivbauweise ohne Hebegerät nicht aufstellen und Holzrahmenkonstruktionen nur
vor Ort fertigen.
Eine durchgängige Nutzung
eines Bestandsgebäudes oder
nur geringe Nutzungsunterbrechungen wie z.B. bei Schulen und Hotels erfordern extrem kurze Bauzeiten, die Ein-
Integration
Technik
Bild: MERK Timber GmbH, Aichach
Strukturen Konstruktion und
Gestaltung der Erweiterungsmaßnahmen dominieren. Es ist
in Abhängigkeit der gewünschten Architektur und Kombination zwischen Alt und Neu zu
entscheiden, ob sich der Holzbau vom Bestand abtrennen
kann, um seine eigene Identität zu entwickeln. So kann z.B.
bei Aufstockungen eine neue
tragende, ggf. überkragende
Decke über dem Altbau oder
beim Anbau eine deutlich konstruktive Fuge diese Zäsur
technisch möglich und gestalterisch sichtbar machen.
Bleibt eine enge Verzahnung zwischen Neu- und Altbau mit einer Vielzahl von
unterschiedlichen Anschlüssen und Zwangspunkten,
dann tritt die Holzbausprache
mehr oder weniger in den
Hintergrund. Erlaubt der Bestand jedoch ein durchgängiges Raster für die neuen Bauteile, kann sich der Holzbau
umso besser in Szene setzen:
ein wertvolles Zusammenspiel, auch in wirtschaftlicher
Hinsicht, wenn ein geordnetes
Tragwerk mit übereinander
stehenden tragenden Wänden,
holzbaugerechten Spannweiten und minimierten Unterzugslängen der konstruktive
Aufwand optimiert werden
kann. Dieses betrifft vor allem
sichtbare Konstruktionen bzw.
solche mit transparenten Hüllen, die ihre Struktur preisgeben und damit gestalten
müssen.
Andere spezielle Gestaltungselemente, wie z.B. Auskragungen, überbreite Fensteröffnungen oder offene
Ecken, also Übereckfenster,
die im Holzbau durch wandartige Stürze leicht auszubilden sind, zeigen bei opaken
Bauteilen den Holzbau an und
ermöglichen ein differenzierten Spiel zwischen der mineralischen Bestandarchitektur
und den neuen, optisch leichten Bauteilen.
minimale
Konstruktionsdicke
Abb. 3:
„Parasite“ auf einem Hafengebäude
in Rotterdam
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maximale
Dämmung
Bauen im Bestand
++
++
+
+
o
o
o
o
o
o
+
++
+
+
o
o
o
+
+
o
o
+
+
o
+
o
o
+
+
o
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fluss auf Bauteilgrößen, Art
der Fügung und Vorfertigungsgrad haben. Eingriffe in
das Dach des Bestandes verlangen ebenso eine Optimierung der Montage, um das
Risiko einer Witterungsbeanspruchung der geöffneten
Dachbereiche bei Dachausbauten oder Aufstockungen
zu minimieren. Kleine, geometrisch komplexe Bauteile
wie z.B. Gauben sollten daher
vollständig vorgefertigt werden, um die Öffnung des
Dachbereiches sofort wieder
verschließen zu können. Es
dient nebenbei auch der Qualität der Bauleistung, wenn
solche detailreichen Bauteile
nicht in Einzelteilen unter ggf.
ungünstigen Herstellbedingungen gefertigt werden müssen.
Der Ausbau von ungenutzten Dachböden bietet die einmalige Chance, das Dach neu
zu gestalten. Der vermeidliche
Wert des alten Dachstuhls mit
allen konstruktiven Zwängen
steht häufig in keinem Verhältnis zu den räumlich, konstruktiven und gestalterischen
Optionen einer Neuplanung.
Die Angst vor Tagwasserschäden während der Montagezeit
sollte in Hinblick eines nachhaltigen Nutzungsvorteils
nicht entscheidungsrelevant
sein.
Gebäudehülle und Energie
Der Dämmstandard der Gebäudehülle richtet sich nach
der Definition der Systemgrenze.
Es gibt verschiedene Einflussfaktoren:
• welches ist der angestrebte
Dämmstandard des gesamten Gebäudes
• welche limitierenden Faktoren entstehen durch die evtl.
beengten Verhältnisse auf
dem Grundstück.
• Welches sind die konstruktiven Rahmenbedingungen
(einschalig, zweischalig etc.)
• Welche Dämmstoffe sollen
verwendet werden (regenerativ, konventionell, hightech)
Auch wenn heute vielfach
die Meinung vertreten wird,
Bauen im Bestand
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der sog. Passivhausstandard
sei die zukünftige Messlatte,
so muss einem solchen Dogma vehement widersprochen
werden. Man kann bereits
sehr einfach rechnerisch nachweisen, dass sich, insbesondere durch den Preisverfall der
Fotovoltaik, solarstromgestützte Wärmepumpenkonzepte heute bereits wirtschaftlicher zu betreiben sind, als die
Maximierung von Dämmung,
Überdämmung von Fensterrahmen und übereifriger Minimierung von Wärmebrücken.
Das Spektrum der Dämmungsanforderungen bzw.
energetischen Ziele liegt heute
im Bereich von Stiel-/Sparrenabmessungen von 16 bis 28 cm
Höhe. Eine solche Eingrenzung reicht aus, um entsprechende Konstruktionsoptimierungen vorzunehmen. Betrachtet man eine Wand-/
Dachkonstruktion von 6/28 cm
mit einem Abstand e = 83,3 cm
so verfügt diese Konstruktion
mit einer Zellulosedämmung
über einen U-Wert von 0,17
W/m2K. Den gleichen U-Wert
erreicht man mit einer PUDämmung bei einer Konstruktionstiefe von 16 cm.
Somit ergibt sich ein Spielraum von ca. 30 % in der dämmungsrelevanten Konstruktionstiefe.
Sobald man die Kriterien
Flächenbedarf und Dämmstoffqualität definiert hat,
lässt sich eine Entscheidung
fällen: Ist z.B. die Zellulosedämmung aus Gründen der
Nachhaltigkeit und emotionaler Bindung gesetzt, so entspricht das bei einer Grundfläche von 100 m2 einer
Wohnflächenreduzierung von
ca. 5 %, bei 25 m2 allerdings
bereits ca. 10 % gegenüber eines flächenoptimierten Ansatzes mit 16 cm Rahmentiefe
und PU-Dämmung WLG 024.
Hier müssen eindeutige Prioritäten im Konflikt zwischen
Dämmstoff und mehr Wohnfläche gesetzt werden.
Neben der Optimierung der
Wärmedämmung kann ein
energetisches Anforderungsprofil (s. Tab.3) für alle Himmelsrichtungen klar definiert
und dann auf die örtlichen
Gegebenheiten abgestimmt
Tab. 3: Energetische Bewertung von Außenwände in Abhängigkeit
zur Himmelsrichtung
Anforderungen
Dämmung
Direkteinstrahlung
Thermischer Energiegewinn
Photovoltaischer Energiegewinn
Verschattung
werden. Somit stellt die
Dämmstärke nur einen Teilaspekt dar, der heute bereits
von der Optimierung des Tageslichtes einschl. des sommerlichen Wärmeschutzes sowie potenzieller Fotovoltaikflächen überlagert wird. Die
souveräne Abstimmung zwischen diesen drei Komponenten zeichnet eine zukunftsfähige Wand aus.
Bereits heute ist die Ausführung einer Fotovoltaikfassade
kostengünstiger als eine Fassade aus Plattenwerkstoff unter Einbeziehung von Energieverbrauch und -gewinn. Aufstockungen eignen sich dabei
besser für Fotovoltaiknutzun-
Süd
o
++
++
++
+
Himmelsrichtung
Ost
West
+
+
+
+
+
+
+
+
++
Nord
++
o
-
gen als Anbauten, da die Verschattungsfreiheit (die den
Wirkungsgrad einer solchen
Anlage stark beeinflusst) hier
eher sicherzustellen ist.
Neben der Ausbildung der
opaken Fassadenelemente
stellt sich auch die Frage nach
der Fensterqualität: Unterstellt
man einmal, dass ein Holzbau
auch mit einem Holzfenster
ausgestattet werden soll, so
sind die jeweiligen Materialentscheidungen relativ einfach zu treffen: im Bereich
des Glases hat in den letzten
10 bis 15 Jahren keine technologische Entwicklung mehr
stattgefunden, der U-Wert hat
sich bei Kryptonfüllung auf
Tab. 4: Systemkosten verschiedener Fassadenarten bezogen auf eine 30-jährige
Nutzung
Systemkosten verschiedener Fassadenarten (30 Jahre)
Fassadenart
Kosten/m² Energiebilanz €/kWh
Holzrahmenwand U = 0,17W/m²K
250
-11
-0,74
Transparentes WDVS
400
80
0,17
Fenster 3-fach verglast
500
24
0,69
Festverglasung 3-fach
300
28
0,36
Thermische Kollektorfassade
700
150
0,16
Fotovoltaikfassade (statisch)
300
80
0,13
Fotovoltaikfassade (beweglich)
600
120
0,17
Abb. 5
Fotovoltaikfassade des Energieplushauses in Berlin
Bauen im Bestand
Tab.5: Wärmeverluste von Fensterrahmen und tatsächliche Energiekosten
Wärmeverluste von Fensterrahmen
(Fenstergöße 1,23 x 1,44m)
Uf
Verlust/a [kWh]
Verlust/30a [kWh]
Kosten/30a*
1,0
0,9
0,8
0,7
0,6
38,5
34,6
30,8
26,9
23,1
1155
1039
924
808
693
80,83
72,75
64,67
56,58
48,50
* incl. 5% Energiepreissteigerung/a, Gaspreis 0,065 €/kWh
ca. 0,5W/m2K eingependelt.
Produktionsbedingt sind auch
hier die Preise für die Dreifachverglasung zurückgegangen.
Im Bereich der Fensterrahmen werden mittlerweile
durch eine unkritische Passivhaushörigkeit gedämmte Fensterrahmen (Uf ≤ 0,7 W/m²K)
aufgerufen, die unbestritten
höhere thermische Qualitäten
gegen über einem 90 mm
starken Holzrahmen mit
Uf = 0,9W/m2K aufweisen.
Tab. 5 zeigt die tatsächlichen
Einsparungen des sog. Passivhausrahmen gegenüber einem
Holzrahmenfenster im Laufe
von 30 Jahren, die nur etwa
bei einem Drittel der Mehrkosten liegen, oder: die tatsächliche Amortisation des
Passivhausrahmens liegt jenseits von 50 Jahren.
Sommerlicher
Wärmeschutz
Anbauten und Aufstockungen bei Wohnbauten verfügen
in der Regel über geringe Gebäudetiefen und eher kleinere
Volumina. In Verbindung mit
der heutigen Tendenz zu größeren Fensterflächen lässt sich
der sommerliche Wärmeschutz
im Holzbau nahezu ausschließlich durch außenliegenden Sonnenschutz erreichen. Abb. 6 + 7 zeigen vielfältige reizvolle Gestaltungsmöglichkeiten mit Holz.
Nur in seltenen Fällen lässt
sich die thermische Speichermasse des vorhandenen Baubestandes für die Erweiterung
in Holzbauweise nutzen.
Integration von Heiz- und
Lüftungstechnik
Grundsätzlich gilt: sowenig
Technik wie möglich – alles,
was man nicht einbaut, muss
nicht mühsam konzipiert, integriert, bezahlt und gewartet
werden.
Für die Wärmeverteilung
lassen sich folgende Ziele formulieren:
• eine extrem flinke Wärmeverteilung
• eine zentrale Rohrverlegung
und Verteilung an den Innenwänden
Abb. 6:
Klappläden Hotel Weiz
Abb. 7:
Aufschiebbare Loggien
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Die flinke Wärmeverteilung
korrespondiert mit dem schnellen Temperaturanstieg aufgrund thermischer Gewinne
durch Fenster. Um diese optimal nutzen zu können, ist ein
masseminimiertes Verteilsystem zu wählen: ein einfaches
Konvektorsystem oder evtl.
auch eine Raumerwärmung
über die Lüftung. Flächenheizungen sind nicht nur hinsichtlich Ihrer Masseverzögerung ungeeignet, sondern
auch von den Kosten bei einer
verlustminimierten Holzrahmenhülle nicht zu rechtfertigen.
Der Einsatz einer Wärmepumpe kann auch bei einer
konventionellen Konvektorheizung (45/35°) in Betracht
gezogen werden. Die Leistungsziffer verschlechtert sich
zwar geringfügig, allerdings
sind die geringeren Investitionskosten sowie die bessere
Regelbarkeit im Holzbau ernst
zu nehmende Argumente.
In der Regel versorgt die
Heizung des Bestandsgebäudes die Anbauten und Aufstockungen mit. Es ist in jedem
Fall günstiger, beim Bestandsgebäude energetische Verbesserungen vorzunehmen, als in
der Erweiterung eine eigene
Wärmeversorgung vorzusehen. Auch wenn in der aktuellen Erweiterungsphase noch
keine Eigenstromversorgung
über Fotovoltaik vorgesehen
ist, so sollte diese jedoch konzeptionell berücksichtigt werden.
Fazit
Der nachhaltige Umgang
mit Bestandsbauten erfordert
eine sorgfältige Auseinandersetzung sowohl mit dem Bestand wie auch der räumlichen, konstruktiven, gestalterischen und energetischen
Zielsetzung. Dies bedarf einer
hohen planerischen Disziplin
– aber es lohnt sich! 
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