6.2 Äußeres Ohr (Auris externa)

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M
⊙ M-6.2
1075
6.2 Äußeres Ohr (Auris externa)
Übersicht Hör- und Gleichgewichtsorgan
Organ
Funktion
Hörorgan
beteiligter Ohrabschnitt
Schallleitung und Verbesserung der Richtungsortung
äußeres Ohr
Schallumwandlung, Impedanzanpassung
Mittelohr
Erregung von Sinneszellen
Gleichgewichtsorgan
Innenohr
Sensoren zur Detektion der Lage des Kopfes
Sensoren zur Detektion von Bewegungen des Kopfes
Äußeres Ohr (Auris externa)
6.2
Äußeres Ohr (Auris externa)
In erster Linie dient das äußere Ohr der Schallleitung und der Verbesserung der
Richtungsortung. Es besteht aus
■ Ohrmuschel (Auricula) und
■ äußerem Gehörgang (Meatus acusticus externus).
Das Trommelfell (Membrana tympanica) bildet die Grenze zum Mittelohr (S. 1078).
Das äußere Ohr dient der Schallleitung und
der Verbesserung der Richtungsortung. Es besteht aus Ohrmuschel und äußerem Gehörgang. Das Trommelfell bildet die Grenze
zum Mittelohr.
6.2.1 Ohrmuschel (Auricula)
6.2.1
Form: Regelmäßig anzutreffende Strukturen sind Helix und Antihelix, zwei bogenförmige Wülste, die oberhalb des Porus acusticus externus eine Art Trichter bilden
sowie der Tragus, ein Höcker ventral des Porus acusticus externus. Die Ohrmuschel
steht in einem Winkel von 25°–45° vom Schädel ab. Ihre Form ist genetisch bestimmt und unterliegt großen Variationsmöglichkeiten, z. B. kann das Ohrläppchen
(Lobulus) fehlen oder am oberen Helixrand ein Tuberculum auriculae (Darwin-Höckerchen) ausgebildet sein.
Form: An der Ohrmuschel lassen sich Helix
und Antihelix sowie der Tragus, ein Höcker
vor dem Porus acusticus externus, unterscheiden.
Aufbau: Die Ohrmuschel besitzt ein Skelett aus elastischem Knorpel, der von Haut
überzogen ist. Die Haut ist auf der Innenseite der Ohrmuschel locker, auf der Außenseite jedoch straff mit der Knorpelunterlage verbunden.
Die Stellmuskeln der Ohrmuschel gehören zur mimischen Muskulatur. Sie sind beim
Menschen nur schwach ausgeprägt, daher ist die Beweglichkeit der menschlichen
Ohrmuschel verglichen mit anderen Säugetieren gering (vgl. Abb. M-1.14).
Aufbau: Das Skelett der Ohrmuschel besteht
aus elastischem Knorpel, der von Haut überzogen ist.
Beim Menschen sind die Stellmuskeln
der Ohrmuschel, die zur mimischen Muskulatur (Abb. M-1.14) gehören, nur schwach ausgeprägt.
Gefäßversorgung: An der Blutversorgung sind Äste der Arteria temporalis superficialis und meist mehrere Rami auriculares anteriores sowie die Arteria auricularis
posterior aus der A. carotis externa beteiligt.
Gefäßversorgung: Aa. auriculares postt.
aus der A. carotis ext. und Rr. auriculares
antt. aus der A. temporalis superficialis.
Innervation: Sensibel (Abb. M-6.3) wird der
vordere Teil der Ohrmuschelvorderseite vom Nervus auriculotemporalis (aus dem
N. mandibularis, V3),
■ der hintere Teil der Vorderseite sowie die Hinterseite werden von den Nervi auricularis magnus und occipitalis minor des Plexus cervicalis (S. 901) sensibel innerviert.
■ Im Bereich um den Meatus acusticus externus (Concha auriculae) sind mit dem
Ramus auricularis auch der Nervus vagus sowie der Nervus glossopharyngeus beteiligt.
■ Im Nervus facialis verlaufen sensible Trigeminusfasern, die sich an der sensiblen
Versorgung der Ohrmuschel (Hautareal nicht klar) beteiligen.
Die motorische Innervation der Ohrmuskeln erfolgt wie die der gesamten mimischen Muskeln durch den N. facialis.
Innervation: Sie erfolgt sensibel durch verschiedene Nerven (Abb. M-6.3):
■ Vorderseite: N. auriculotemporalis
(aus V3),
■ Rückseite: N. auricularis magnus und N. occipitalis minor aus Plexus cervicalis
(S. 901).
■ Meatus acusticus externus: N. vagus,
N. glossopharyngeus.
■ Das Hautareal des N. facialis, der sensible
Trigeminusfasern mitführt, ist unklar.
Motorisch: Äste des N. facialis.
■
▶ Klinik. Bei einer Spülung des äußeren Gehörganges mit körperwarmem Wasser
(z. B. wegen eines Zerumenpfropfes, s. u.) kann es zu einer Vagusreizung kommen,
die sich dann in Husten und/oder Brechreiz äußert.
Ohrmuschel (Auricula)
▶ Klinik.
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6.2
1076
6 Ohr – Hör- und Gleichgewichtsorgan
M
⊙ M-6.3
⊙ M-6.3
a
Sensible Innervation der Ohrmuschel
N. trigeminus,
N. auriculotemporalis
N. trigeminus,
N. auriculotemporalis
N. vagus u.
N. glossopharyngeus
N. vagus u.
N. glossopharyngeus
N. facialis
N. facialis
Plexus cervicalis, Nn. occipitalis
minor u. auricularis magnus
b
Plexus cervicalis, Nn. occipitalis
minor u. auricularis magnus
a Rechtes Ohr in der Ansicht von lateral und
b dorsal mit farblicher Unterscheidung der einzelnen Innervationsgebiete.
6.2.2
Äußerer Gehörgang und
Trommelfell
Äußerer Gehörgang (Meatus acusticus
externus)
Abschnitte, Form und Lage: Der Gang verläuft horizontal vom Porus acusticus externus bis zum Trommelfell. Man unterscheidet
einen
■ äußeren knorpeligen
(etwa ⅔ des Ganges) und einen
■ inneren, knöchernen Anteil,
an deren Übergang sich die engste Stelle befindet (Abb. M-6.4a). Beide Teile bilden einen
nach unten gerichteten stumpfen Winkel.
⊙ M-6.4
6.2.2 Äußerer Gehörgang und Trommelfell
Äußerer Gehörgang (Meatus acusticus externus)
Abschnitte, Form und Lage: Der äußere Gehörgang ist ein mit Haut ausgekleidetes
Rohr, dessen Wände durch elastischen Knorpel bzw. Knochen verstärkt sind
(Abb. M-6.4a). Er beginnt am Porus acusticus externus und endet am Trommelfell.
Der Gang verläuft annähernd horizontal, seine Länge beträgt 3–4 cm, seine Weite
etwa 5–10 mm. Je nach Wandbeschaffenheit werden zwei Abschnitte unterschieden:
■ äußerer, knorpeliger Anteil und
■ innerer, knöcherner Anteil.
Der knorpelige Anteil macht ⅔ des Ganges aus und bildet mit dem knöchernen Anteil
einen nach unten gerichteten stumpfen Winkel. Die engste Stelle des Meatus acusticus externus befindet sich am Übergang vom knorpeligen zum knöchernen Anteil.
Äußerer Gehörgang und Trommelfell als Grenze zur Paukenhöhle
(Prometheus LernAtlas. Thieme, 3. Aufl.)
a Frontalschnitt durch das rechte Ohr in der Ansicht von ventral mit Darstellung des knorpeligen und knöchernen Anteils des Meatus acusticus
externus.
b Rechtes Trommelfell in der Ansicht von außen mit Einteilung in Quadranten.
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(Prometheus LernAtlas. Thieme, 3. Aufl.)
M
▶ Klinik. Bei einer Inspektion des Trommelfells mit Hilfe eines
Otoskops versucht man die Biegung des Meatus acusticus externus durch nach oben und hinten gerichteten Zug an der Auricula auszugleichen.
⊙ M-6.5
1077
6.2 Äußeres Ohr (Auris externa)
Trommelfell
Krümmung des äußeren Gehörgangs und Ausgleich
bei der Otoskopie
a
(Prometheus LernAtlas. Thieme, 3. Aufl.)
a Rechtes Ohr in der Ansicht von frontal mit Andeutung der
Zugrichtung durch Pfeile
b beim Einführen des Otoskoptrichters.
b
Aufbau: Der knorpelige Anteil des Meatus acusticus externus erhält seine Form
durch die U-förmige Cartilago meatus acustici. Den Abschluss zum vollständigen
Rohr bildet eine bindegewebige Platte. Der knöcherne Anteil verläuft in der Pars
tympanica des Os temporale, dessen Pars squamosa auch das Dach bildet.
Die Lederhaut ist unverschieblich mit dem Knorpel bzw. Knochen verbunden, eine
Subkutis fehlt.
Am Porus acusticus externus befinden sich Terminalhaare (Tragi). Eingelassen in die
Haut sind Talgdrüsen und apokrin sezernierende, tubulös geknäuelte Glandulae ceruminosae. Während der abgesonderte Talg und abgeschilferte Epithelzellen den
Hauptanteil des Ohrenschmalzes (Cerumen) ausmachen, sorgt das Sekret der Glandulae ceruminosae für dessen weiche Konsistenz und gelbliche Farbe. Cerumen
wirkt antibakteriell sowie antimykotisch und soll durch seinen ranzigen Geruch das
Eindringen von Insekten in den Meatus acusticus externus verhindern.
▶ Klinik. Zerumen ist zunächst dickflüssig und kann innerhalb einiger Tage deutlich
Aufbau: Der knorpelige Anteil wird durch die
U-förmige Cartilago meatus acustici und
eine bindegewebige Platte zu einem vollständigen Rohr. Der knöcherne Teil liegt in der
Pars tympanica des Os temporale. In die unverschiebliche Haut sind im Bereich des Porus
acusticus externus Terminalhaare (Tragi),
Talgdrüsen und apokrine Glandulae ceruminosae eingelassen. Das antibakteriell wirkende Ohrenschmalz (Cerumen) besteht aus
dem Sekret dieser Drüsen sowie abgeschilferten Epithelzellen.
▶ Klinik.
härter (und dunkler) werden. Die täglich produzierte Menge variiert stark. Durch
falsche Reinigungsmethoden (z. B. mit Wattestäbchen) ist die Entstehung eines Zerumenpfropfes möglich, der den Meatus acusticus externus komplett verlegt und
die Schalleitung empfindlich behindert. Nach Einweichen sind solche Pfropfen
durch eine Spülung unter otoskopischer Kontrolle in der Regel leicht entfernbar.
Gefäßversorgung: An der Blutversorgung des äußeren Gehörganges ist neben den
die Ohrmuschel versorgenden Gefäßen (S. 1075) noch die Arteria auricularis profunda (Ast der A. maxillaris) beteiligt.
Gefäßversorgung: Neben den Gefäßen
zur Versorgung der Ohrmuschel ist auch die
A. auricularis profunda beteiligt.
Innervation: Wie auch die Ohrmuschel wird der Meatus acusticus externus vom
Nervus auriculotemporalis und dem Nervus auricularis magnus sensibel innerviert.
Für die Unter- und Hinterwand tritt noch der Ramus auricularis des Nervus vagus
(X) sowie Fasern aus dem Nervus glossopharyngeus (IX) hinzu.
Innervation: N. auriculotemporalis, N. occipitalis magnus, R. auricularis des N. vagus und
Fasern des N. glossopharyngeus.
Trommelfell (Membrana tympanica)
Trommelfell (Membrana tympanica)
Funktion: Die durch den Meatus acusticus externus eintreffenden Schallwellen (periodische Luftdruckschwankungen) bringen das Trommelfell zum Schwingen. Diese
Schwingungen werden auf die nachfolgende Gehörknöchelchenkette übertragen.
Funktion: Das Trommelfell wird durch Schallwellen zum Schwingen gebracht und überträgt diese auf die Gehörknöchelchenkette.
Form und Lage: Das Trommelfell (Durchmesser von 8–10 mm) bildet die Grenze des
Meatus acusticus externus zur Paukenhöhle des Mittelohrs. Es ist im Sulcus tympanicus des Os tympanicum bzw. der Pars squamosa des Os temporale über einen Faserknorpelring, Anulus fibrocartilagineus, befestigt. Durch den in das Trommelfell
eingelassenen Anteil des ersten Gehörknöchelchens, dem Hammergriff = Manubrium mallei (S. 1080), entsteht eine nach innen gerichtete, trichterförmige Struktur,
deren Spitze Umbo genannt wird.
Form und Lage: Es bildet die Grenze zum
Mittelohr und ist im Sulcus tympanicus
des Os temporale über einen Ring aus Faserknorpel, den Anulus fibrocartilagineus befestigt. Durch die Befestigung am Hammergriff entsteht eine trichterförmige Struktur,
deren Spitze Umbo genannt wird.
▶ Merke. Die Membran ist etwa 45° von außen-oben-hinten nach innen-unten-
vorne geneigt, wodurch das Dach des Meatus acusticus externus kürzer als sein Boden ist (Abb. M-6.4a).
▶ Merke.
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Grafik folgt
M
6 Ohr – Hör- und Gleichgewichtsorgan
Man unterschiedet die oberhalb des Hammergriffs gelegene spannungslose Pars flaccida
(Shrapnell-Membran) von der gespannten
Pars tensa.
Mit Hilfe zweier senkrecht aufeinander stehender Linien, kann das Trommelfell in Quadranten eingeteilt werden. Beide Linien kreuzen sich im Umbo (Abb. M-6.4b).
Man unterscheidet eine kleinere, oberhalb des Hammergriffs gelegene spannungslose Pars flaccida (Shrapnell-Membran), auf deren Innenseite (in einer Schleimhautfalte geschützt) die Chorda tympani verläuft. Diese Schleimhautfalte grenzt zusammen mit dem Ligamentum mallei laterale unvollständig den Recessus membranae
tympani superior als Subraum der Paukenhöhle (S. 1078) ab. Der größere und gespannte Teil des Trommelfells wird Pars tensa genannt.
Mit Hilfe zweier senkrecht aufeinander stehender Linien, kann das Trommelfell in
Quadranten eingeteilt werden. Die von oben nach unten verlaufende Linie wird Stria
mallearis genannt und folgt der Verwachsungslinie mit dem Hammergriff. Die senkrecht hierzu verlaufende Linie kreuzt die Stria mallearis im Umbo (Abb. M-6.4b).
Aufbau: Das Trommelfell setzt sich aus dem
äußeren Stratum cutaneum, einer vaskularisierten Lamina propria (fehlend in der
Pars flaccida) und einem zur Paukenhöhle gerichteten Stratum mucosum zusammen.
Aufbau: Das Trommelfell ist perlmuttfarben und etwa 0,1 mm dick. Es setzt sich aus
einem äußeren Stratum cutaneum, das von der Haut des Meatus acusticus externus
gebildet wird, einer vaskularisierten Lamina propria aus Kollagenfasern und einem
zur Paukenhöhle gerichteten Stratum mucosum zusammen. Letzteres wird von der
die Paukenhöhle auskleidenden Schleimhaut gebildet. In der Pars flaccida fehlt die
Lamina propria.
Gefäßversorgung: Sie erfolgt aus Ästen
der Aa. auricularis profunda, temporalis superficialis und auricularis posterior.
Innervation: Außenseite:
N. auriculotemporalis, N. vagus;
Innenseite: N. glossopharyngeus.
Gefäßversorgung: Die arterielle Versorgung erfolgt aus Ästen der Arteriae auricularis profunda, temporalis superficialis und auricularis posterior.
6.3
Mittelohr (Auris media)
▶ Definition.
6.3.1
Innervation: Die Außenseite des Trommelfells wird vom Nervus auriculotemporalis
(aus dem N. mandibularis, V3) und dem Ramus auricularis des N. vagus (X), die zur
Paukenhöhle gerichtete Seite aus dem Plexus tympanicus des N. glossopharyngeus
(IX) sensibel innerviert.
6.3
Mittelohr (Auris media)
▶ Definition. Unter dem Begriff Mittelohr versteht man mit Schleimhaut ausgekleidete, Luft gefüllte (pneumatisierte) Räume im Os temporale, welche sich medial an
das Trommelfell anschließen. Hierzu zählen
■ die Paukenhöhle (Cavitas tympani) mit der Gehörknöchelchenkette,
■ das Antrum mastoideum und die Cellulae mastoideae (Paukennebenhöhlen) sowie
■ die Tuba auditiva (Eustachi-Röhre).
Paukenhöhle (Cavitas tympani)
Wände und Etagen: s. Tab. M-6.1 und
Abb. M-6.6.
⊙ M-6.6
6.3.1 Paukenhöhle (Cavitas tympani)
Wände und Etagen: Der etwa 20 mm hohe Raum der Cavitas tympani zwischen
Trommelfell und Labyrinth ist nur etwa 2 mm schmal und wird von sechs Wänden
(Paries) begrenzt und in drei Etagen eingeteilt (Tab. M-6.1 und Abb. M-6.6).
Wände und Etagen der Paukenhöhle
Aditus ad antrum
mastoideum
Malleus
Incus
Chorda
tympani
M. tensor
tympani
Ansatzsehne,
M. stapedius
Membrana
tympanica
Meatus
acusticus
externus
a
N. petrosus
minor
N. facialis
Incus
Malleus
Stapes
Prominentia canalis
semicircularis lateralis
Prominentia
canalis facialis
Stapes
Sehne des
M. tensor
tympani
Mesotympanon
Promontorium
Hypotympanon
Plexus
tympanicus
N. tympanicus
Epitympanon
Tuba
auditiva
Meatus Membrana
acusticus tympanica
b externus
(Prometheus LernAtlas. Thieme, 3. Aufl.)
a Paukenhöhle in der Ansicht von ventral nach Entfernung der Vorderwand (Paries caroticus).
b Die drei Etagen der Paukenhöhle sind mit unterschiedlichen Farben unterlegt.
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1078
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