Französisch vegetarisch

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VEGGIE
Französisch vegetarisch
500
Rezepte
VEGGIE
Französisch vegetarisch
Clea
In Zusammenarbeit mit Dr. Jérôme Bernard-Pellet
Fotos von Éric Fénot
Design von Delphine Brunet
Inhalt
Ich kann vegetarische Menüs
ausgewogen zubereiten................................................................................... 6
Ich kann energiegeladene Gerichte
für Frühstück und Brunch zubereiten ............................................................ 42
Ich kann ausgewogene Gerichte
ohne Fleisch und Fisch zusammenstellen ...................................................... 64
Ich kann ein schnelles Tellergericht
für den Abend zubereiten ........................................................................... 128
Ich kann originelle, schnelle Gerichte zubereiten ....................................... 172
Ich kann Gäste ohne Fleisch bewirten
und Traditionen neu erfinden....................................................................... 218
Ich kann Desserts zubereiten,
die zu allem passen...................................................................................... 266
Rezeptregister nach Zutaten........................................................................ 314
Alphabetisches Rezeptregister.................................................................... 329
Ich kann
vegetarisch
kochen … und Ihr?
Vegetarier zu sein oder nicht … das ist hier nicht die Frage. Auch wenn ich mich
selbst nicht als „Vegetarierin“ bezeichne, so kann ich doch sagen, dass ich
vegetarisch kochen kann, vielleicht sogar „nur“ vegetarisch. In meinem Kühlschrank
lassen sich nur selten Fleisch oder Fisch entdecken, stattdessen finden sich dort eine
Menge „seltsamer“ Bioprodukte wie Seidentofu, Seitan, Hafersahne, Reismilch und
Sprossen. Ich bin damit aufgewachsen, aber meine Freunde sind oft verwundert.
Wobei, eigentlich immer seltener und – so hoffe ich zumindest – bald gar nicht mehr.
Denn seit einigen Jahren ist die Bio-Ernährung, und mit ihr zahlreiche Ersatzprodukte
für tierische Erzeugnisse, einem Großteil der Bevölkerung bekannt. Von Vorteil ist die
größere Auswahl zum kleineren Preis, nachteilig aber, dass es zur Modeerscheinung
wird, zu einem Trend, der eine ganz neue Wirtschaftsrichtung bedient, mit vielen
Effekten, aber ohne ethische und umweltpolitische Logik.
Die Erfahrung zeigt, dass eine vegetarische Ernährung bei Weitem kein Synonym für
Abschottung und Entbehrung ist, sondern uns eine ganz neue Welt eröffnet, deren
Eckpfeiler Vielfalt, Geschmack, Ausgewogenheit und Essenslust sind. Unmöglich,
sich damit zu langweilen, da es jeden Tag ein neues Produkt oder eine andere Art
der Zubereitung für Lebensmittel zu entdecken gibt, von denen man glaubte, sie inund auswendig zu kennen. Das war übrigens auch der Grund, weshalb ich schließlich
immer öfter vergessen habe, Fleisch oder Fisch in meinen Einkaufskorb zu legen.
Echte Vegetarier fragen sich vielleicht, was mir das Recht gibt, ein vegetarisches
Kochbuch herauszubringen, obwohl ich mich nicht einmal als Vegetarierin bezeichne.
Es ist nun mal die Küche, die ich mag und die mich schon immer inspiriert hat: einfach,
ausgewogen, lecker, eben anders und zu 100 % pflanzlich orientiert.
Niemand muss sich durch seine Essensgewohnheiten in eine Schublade stecken
lassen. Jeder sollte aber hinterfragen, was er isst und was ihm diese Lebensweise
bringt: Gleichgewicht mit der Natur, Freude oder ein gewissenhafter Umgang mit der
Welt, in der wir leben … Darf es nicht verschiedene Gründe geben, weniger Fleisch
zu essen? Ob für die Erde, für die Gesundheit, wegen des Geldes, um ruhig schlafen
zu können oder nur, weil es modern ist – wichtig ist, dass es zu einem selbst passt.
Auch wenn es vor allem darum geht, eine andere Art des Kochens mit ungewohnten
Zutaten und einen neuen Zugang zum Genuss über eine gesunde und schmackhafte
Ernährung zu finden. Sogar dann, wenn das Ziel nur darin besteht, die Routine
„Butterbrot mit Schinken“ und „Hacksteak mit Kartoffelpüree“ zu durchbrechen.
Letztendlich geht es nicht wirklich um die Frage, ob man Vegetarier ist oder nicht. Das
Wichtigste ist, sein inneres Gleichgewicht zu finden und sich dort zu positionieren, wo
man sein möchte. Wenn manche behaupten, dass sogar eine andere Welt möglich
sei, dann ist es eine andere Küche allemal.
Einleitung
Ich kann
vegetarische
Menüs
ausgewogen
zubereiten
Ich kann vegetarische Menüs
ausgewogen zubereiten
Was bist du denn?............................................................. 10
Ich achte unserer Erde
zuliebe auf meine Ernährung ........................................... 13
Der Beitrag des Arztes ..................................................... 19
Für die vegetarische Küche einkaufen ............................. 27
Wie lagere ich Vorräte? .................................................... 29
Wie organisiere ich mich? ................................................ 30
Was ist mit der Ernährung von Kindern? ......................... 32
Die Einkaufsliste ............................................................... 34
Die richtige Ausstattung für
gesundes Kochen ............................................................. 36
Meine zehn Lieblingszutaten ........................................... 38
Die Saisonkalender für Obst und Gemüse ...................... 40
>>> Einleitung
Cleas
Beitrag
Habt Ihr Lust, vegetarisch zu kochen? Ein wenig, viel, andauernd? In diesem Kapitel werdet Ihr alles finden, was Ihr dafür braucht. Falls Ihr es schon könnt, lernt Ihr
hier, alles noch besser zu organisieren.
Zunächst gilt es zu erfahren, welcher Ernährungs-Typ Ihr seid. Wichtig sind auch die
Utensilien, mit denen man gesund und sparsam kochen kann, sowie die jeweilige
Saison von Obst und Gemüse zu kennen. Ich möchte Euch gern meine zehn Lieblingszutaten vorstellen, damit Ihr schon bald eine eigene Liste aufstellen könnt.
Dann beginnt man damit, den Wandel zur vegetarischen Ernährung hin Schritt für
Schritt zu vollführen. Die eigenen Einkaufsroutinen und Speisepläne zu verändern
erfordert eine gewisse Organisation, daher sollte man mit dem Einfachsten anfangen – und nicht unbedingt sofort ein vegetarisches Barbecue für fünfzig Gäste
planen. Im Gegenteil, zu Beginn wird nach und nach das leicht Ersetzbare ausgetauscht: den Speck auf der Quiche ersetzt man durch geräucherten Tofu, Steak
durch Seitan, Hackfleisch durch texturiertes Soja, die Fleisch- durch Gemüsepastete. Die neuen Begriffe müssen ein wenig wie Vokabeln einer Fremdsprache erlernt
werden, bis sie schließlich völlig vertraut sind. Bald wird einem klar, dass vegetarisches Essen nicht nur gut und preiswert ist, auch die Zutaten sind oft sehr lange
haltbar. Und die Zubereitung nimmt oft weniger Zeit in Anspruch.
Durch das Zusammenspiel all dessen wird das eigene Repertoire um bisher unbekannte Gerichte erweitert: Getreidepuffer, Gemüsekuchen, Salate, die ein wenig
origineller sind als Tomate-Mozzarella, pikante Crumbles und Clafoutis. Kurz gesagt: Es werden neue Zutaten entdeckt, die Geschmackspalette wird erweitert und
gleichzeitig die eigene Kochkunst potenziert.
Bereit, den Schritt zu wagen?
10
> 11
Was bist
Du denn?
Die hier vorgestellten Diäten (hier als Ernährungsweise und nicht als Nahrungseinschränkung zu verstehen) und Ernährungsgewohnheiten zeichnet aus, dass sie
aufgrund ihrer gesundheitlichen Vorteile
und/oder aufgrund einer bestimmten Lebenseinstellung bewusst gewählt wurden.
Ihr Nachteil ist, dass der Einzelne durch sie,
mitunter recht plakativ, in Schubladen gesteckt wird. Falls er seine Essgewohnheiten
wirklich ändern möchte, sollte er das nicht
zulassen – denn es wäre doch schade, sich
den gelegentlichen Blick über den Tellerrand unter dem Vorwand zu verkneifen, einer anderen Überzeugung zu folgen. Es
gibt überall Anregungen und Ansätze, deren Entdeckung sich lohnt.
Die Ernährungstypen
Vegetarier: Menschen, die weder Fleisch
noch Wurst, weder Fisch noch Meeresfrüchte essen. Es werden zwei Haltungen unterschieden: Vegetarier und Vegetaristen (militante Vegetarier, die gegen die Jagd, den
Fischerei und alle Arten der landwirtschaftlichen Tierhaltung kämpfen.
>>> Einleitung
Flexitarier: Menschen, die tendenziell
Vegetarier sind, aber von Zeit zu Zeit Fleisch
oder Fisch essen. Pescetarier werden sie genannt, wenn sie kein Fleisch, aber Fisch essen – und Pollo-Vegetarier, wenn sie gelegentlich Geflügel verzehren.
Veganer: Menschen, die ausschließlich
Produkte pflanzlicher Herkunft konsumieren. Im Gegensatz zu den Vegetariern essen sie z.B. weder Eier, Milchprodukte noch
Honig. Des Weiteren lehnen sie jegliche
Produkte tierischen Ursprungs ab, wie z. B.
Leder und Pelz.
Rohköstler: Menschen, die ausschließ-
lich rohe Lebensmittel verzehren. Rohkost ist
eine überlieferte Tradition der Essenier, die
auch „lebendige Nahrung“ genannt wird.
Locavoren: Menschen, die fast nur lokal
produzierte Lebensmittel aus einem Umkreis von 100 bis 250 km um ihren Wohnort
konsumieren. Locavoren achten besonders
auf den Rhythmus der Jahreszeiten und
setzen sich für die Wertschätzung der Bauern in ihrer Region ein. Eine Ausnahme zu
den Vorgaben des Locavorismus bildet die
„Marco-Polo-Regel“, die bestimmte Produkte zulässt, die in der Region nicht angebaut werden können, wie z. B. Kaffee, Schokolade und Bananen.
Die ARt der
landwirtschaftlichen
Produktion
Ökologische Landwirtschaft: Zerti-
fizierte und gesetzlich definierte landwirtschaftliche Produktionsweise, die auf einer
Reihe von Umweltauflagen sowie auf der
Dokumentationspflicht und regelmäßigen
Kontrollen aufbaut. Das deutsche Bio-Siegel und das EU-Bio-Logo garantieren die
Einhaltung dieser Produktionsart, die insbesondere die Verwendung von Pestiziden
und künstlichen Düngemitteln ausschließt.
Biologisch-dynamische Landwirtschaft: Extreme Form der biologischen
Landwirtschaft, die auf der Vision des Bau-
ernhofes als lebendigem landwirtschaftlichem Organismus beruht. Die Methode,
die von Rudolf Steiner in den 1920er-Jahren erfunden wurde, stützt sich weitgehend
auf Mond- und Planetenphasen sowie auf
die Verwendung von pflanzlichen anstelle
von chemischen Hilfsstoffen. Produkte der
biodynamischen Landwirtschaft findet man
unter dem Label Demeter.
eine kulinarische
Lebensart
Slow Food: Internationale Bewegung
mit Ursprung in Italien, die sich das Ziel gesetzt hat, die Freude am bewussten Essen
zu fördern und die biologische Vielfalt über
eine regional orientierte Ernährung und
Geschmackserziehung aufzuwerten. Slow
Food möchte Alternativen zum Fast Food
und der Nahrungsmittelindustrie aufzeigen
und fördert den Ökotourismus.
Und was bist Du, Clea?
Ich? Flexitarierin, sonntags optional
Slow-Food-Anhängerin, zu 99 % aus
biologischem Anbau; Locavorin, wenn
es darum geht, die Rhabarberbeete
meiner Freundinnen zu plündern, und
Veganer-­Sympathisantin, wenn ich auf
der Suche nach verrückten Ideen zum
Ausprobieren bin (wer sonst als ein
Veganer wäre als Erster auf die Idee gekommen, Eier in einem Kuchen durch
Apfelkompott zu ersetzten?). Dahinter
steckt der Gedanke, dass es überall Gutes zu entdecken gibt, was so spannend
ist, dass man fast automatisch vergisst,
zu allen Mahlzeiten Fleisch zu essen.
Das ist gut so, denn das war das Ziel.
>>> Einleitung
Ich achte unserer
Erde zuliebe auf
meine Ernährung
Wir alle wissen, dass biologische, regionale und saisonale Ernährung ein politisches Statement ist, ein Mittel zum Erhalt
der Umwelt. Weniger präsent, aber genauso wichtig ist der Verzicht auf Fleisch und
Fisch! Ganz abgesehen von den ethischen
Fragen zum Schicksal der Tiere und den
Auswirkungen übermäßigen Fleischverzehrs auf die Gesundheit (Cholesterinspiegel, Herzgefäßerkrankungen usw.), ist der
übermäßige Fleischkonsum auch für unsere Erde eine Belastung. Die Umweltfolgen
der Viehzucht und der industriell betriebenen Fischerei sind vielfältig: CO2 Emissionen, Abholzung, vorprogrammiertes Aussterben vieler Arten … Keine sehr appetitliche Bilanz.
Ernährungswandel
versus Klimawandel
Bei der Frage, wer am meisten CO2 ausstößt, sind die großen Umweltverschmutzer nicht unbedingt die, die man erwartet
hätte. In einem Bericht von 2009 ist nach
Schätzungen der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) die Viehzucht für 18 % der
durch den Menschen verursachten Treibhausgasemissionen verantwortlich. Zwar ist
das weniger als der Schadstoffausstoß der
Industrie (19 %), aber immer noch viel mehr
als die 13 % durch Kraftfahrzeuge. Wie bitte? Kühe und Schweine sollen mehr Abgase erzeugen als Flugzeuge? Allerdings,
denn an der „Produktion“ von Fleisch sind
viele parallele Prozesse beteiligt, die alle in
der CO2-Checkliste berücksichtigt werden,
bevor das Steak auf dem Teller landet.
• Der Faktor „Abholzung“: Für den Anbau
von Futterpflanzen für Tiere oder für deren
Weidehaltung wird Wald abgeholzt. Die
FAO schätzt, dass 70 % der abgeholzten
Waldfläche im Amazonasgebiet heute als
Weideland genutzt werden und dass auf ei-
nem großen Teil der restlichen 30 % Futterpflanzen angebaut werden: Die Viehzucht
ist also einer der maßgeblichen Verursacher für die Abholzung der Regenwälder
in Brasilien. Sie ist dort auch die Ursache
für drei Viertel der Treibhausgasemissionen
des Landes, das weltweit der viertgrößte
Emittent ist.
• Der Faktor „Futterpflanzenanbau“: Hierbei ist insbesondere die Produktion und
Verwendung chemischer Düngemittel für
Treibhausgasemissionen verantwortlich.
• Der Faktor „Transport“: Von der Futterpflanze zum Tier, vom Tier zum Schlachthof, vom verarbeiteten Fleisch zum Verkauf
entstehen weitere Emissionen.
• Der Faktor „Verdauung“: Im Laufe seines Lebens stößt ein Tier durch seinen Verdauungsprozess Methangas aus, das 23
Mal mehr Erderwärmungspotenzial hat als
CO2. Das zu messen erscheint lächerlich –
schließlich produziert auch unser Verdauungstrakt Methangas –, aber wenn man die
Einzelemissionen mit der Gesamtanzahl
der Zuchttiere weltweit multipliziert, ist das
Ergebnis enorm.
• 
Der Faktor „Schlachtung“, „Verarbeitung“, „Verpackung“: Die Verarbeitung
und Logistik von Fleisch und Fischfleisch ist
erheblich komplexer und damit auch umweltschädlicher als die von Pflanzen.
Laut FAO lag der weltweite Bestand an
Rindern 2006 bei über 1,3 Milliarden
Tieren, an kleinen Wiederkäuern (Schafe und Ziegen) bei über 1,7 Milliarden,
an Schweinen bei über 900 Millionen
und an Geflügel bei über 15 Milliarden
Tieren.
Treibhauseffekt verschiedener Ernährungsweisen
Pro Kopf und Jahr, dargestellt in Autokilometern
Ernährungsweise ohne Fleisch- und Milchprodukte
Bio 291 km
Konv.
629 km
Ernährungsweise ohne Fleisch-, aber mit Milchprodukten
Bio Konventionell
1978 km
2427 km
Ernährungsweise mit Fleisch- und Milchprodukten
Bio 291 km
Konventionell
14
629 km
Quelle: Foodwatch-Report von 2008 über den Treibhauseffekt von
konventioneller und ökologischer Landwirtschaft in Deutschland.
> 15
Es wird geschätzt, dass 100 g Rindfleisch
etwa einen Ausstoß von 1,3 kg CO2 verursachen (s. Tabelle S. 15). Noch nicht konkret genug? Also ein Vergleich: Greenpeace geht davon aus, dass bei der Produktion von einem Kilogramm Schweinefleisch
etwa die gleiche Menge an Treibhausgasen
entsteht wie bei einer 30 km langen Autofahrt; die Zahlen steigen beim Rind auf
70 km, beim Milchlamm auf 180 km und
beim Kalb sogar auf 220 km.
Um die enormen Emissionen zu senken,
die aufgrund unserer Vorliebe für Fleisch
anfallen, wurde auf Anregung von Rajendra Pachauri, Präsident des Zwischenstaatlichen Ausschusses für Klimaveränderungen (IPCC), vorgeschlagen, sowohl
für öffentliche als auch private Haushalte einen fleischlosen Tag pro Woche einzuführen. Mittlerweile beteiligen sich in
Deutschland und der Welt viele Städte,
Unis und Unternehmenskantinen an der
Aktion des „fleischlosen Donnerstags“.
Nach Schätzungen, die auf der Web­seite
www.donnerstag-ist-veggietag.de veröf­
fentlicht sind, würden die Abgase von sechs
Millionen Autos eingespart werden, wenn
sich alle Deutschen einen Tag pro Woche
vegetarisch ernähren würden. Eine kleine Ernährungsumstellung mit großer Wirkung auf
den Klimawandel, die sich sehr wohl auszahlen könnte.
>>> Einleitung
CO2-Emissionen entsprechend der Produktionsweise
Konventionelle
Produktion
(CO2e*/Kg)
Ökologische
Produktion
(CO2e*/Kg)
210
120
6 360
–
Mais
537
285
Tomaten
327
226
Rote bete
45
24
Vollkornbrot
763
648
Nudeln
914
766
Margarine
1 280
980
Öl
1 955
1 211
Tofu
1 210
–
Sojajoghurt
307
–
Sojamilch
235
–
Sojasahne
1 906
–
Hülsenfrüchte
280
–
Reis
280
–
Geflügel
3 491
3 033
Rindfleisch
13 303
11 371
Schweinefleisch
3 247
3 038
Butter
23 781
22 085
Eier
1 928
1 539
Joghurt
1 228
1 156
Käse
8 502
7 943
Milch
938
881
Sahne
7 622
7 098
Lebensmittel
Gemüse
Bohnen
Bohnen, im beheizten
Gewächshaus angebaut
Getreideprodukte
Andere pflanzliche Produkte
Fleisch
Produkte tierischer Herkunft
* Treibhauspotential (CO2-Äquivalent)
Wasserverbrauch durch
Lebensmittelproduktion
Beeilt Euch, es wird
nicht für alle reichen!
16
> 17
Pro Kilogramm des Produkts
Was für eine paradoxe Situation: In dem Tempo, in dem die Viehzucht weiter wächst, damit alle Menschen ernährt werden, könnte sie
manchen von uns eines Tages … in die Hungersnot treiben. Laut FAO-Bericht von 2009
sind fast 80 % der landwirtschaftlichen Flächen für die Tierzucht, als Weideland oder
den Futtermittelanbau bestimmt. Übrig bleiben nur 20 % für Pflanzen, die 7 Milliarden
Münder stopfen sollen. Die Weltbevölkerung
wächst unaufhaltsam weiter, während der Verzehr tierischer Produkte ebenfalls steigt. Unser Planet und seine Ackerflächen sind aber
begrenzt. Wie sollen wir in Zukunft Kälber,
Kühe, Schweine – und Menschen ernähren?
Eine ungleiche Aufteilung der Nahrungsmittelproduktion hat sich bereits in einigen Regionen der Welt etabliert, etwa in Brasilien.
Dort ist die um ihr Land beraubte, indigene
Bevölkerung von der staatlichen Nahrungsmittelhilfe abhängig, während riesige landwirtschaftliche Betriebe Millionen von Tonnen
Soja als Tierfutter nach Europa liefern.
Benötigte Bodenfläche für die
Produktion von 1 Kilogramm:
Rindfleisch einschließlich Futtermittel
332 m²
Rindfleisch vom Weideland
269 m²
Fisch
207 m²
Schweinefleisch
55 m²
Geflügel aus Mastbetrieb
53 m²
Eier
44 m²
Reis / Nudeln
17 m²
Brot
16 m²
Gemüse / Kartoffeln
6 m²
Quelle: WWF Schweiz
Eine weitere lebenswichtige Ressource:
Wasser. In der Bretagne etwa, in der intensiv Viehzucht betrieben wird, ist das Problem
der Fluss- und Grundwasserverschmutzung
durch Dung (Gülle) der industriellen Viehzucht sehr wohl bekannt. Im Grundwasser
sind große Mengen Stickstoff enthalten, die
sich in Nitrate umwandeln und das Wasser
ungenießbar machen, aber auch Reste von
Antibiotika und sogar Hormonen aus den
Ländern, in denen diese im Viehfutter zuge-
15000 l
3300 l
700 l
Äpfel
3900 l
4800 l 5000 l
1800 l
900 l 1300 l
Kart­offeln
Getreide /
Brot
Soja
Eier
Pflanzliche Produktion Geflügel
Schweinefleisch
Käse
Rindfleisch
Tierische Produktion
Quelle: L214, Water Footprint.
lassen sind. Zudem wird in der Viehzucht sehr
viel Wasser für die Bewässerung von Futterpflanzen, das Tränken und die tägliche Versorgung der Tiere verbraucht. Ein Rind verbraucht schätzungsweise 110 Liter Wasser
pro Tag. Resultat für unseren Fleischverzehr:
1 kg Rind hat 15.500 Liter Wasser „getrunken“. Ein ganzer Ozean, verglichen mit den
900 Litern, die in ein Kilogramm Kartoffeln als
Beilage „hineingepumpt“ werden (s. Grafik).
Mein Steak mit GV-Sauce
Mal ehrlich, dieses ganze Soja, ist das
eigentlich sauber oder nicht? Wahrscheinlich nicht, denn heute sind bereits
Dreiviertel der weltweiten Erzeugung
gentechnisch verändert. Deutschland
importiert jährlich etwa 3–4 Millionen
Tonnen Soja. In einer stichprobenartigen Untersuchung von zwölf Sojaprodukten im Jahr 2010 fand die Stiftung
Warentest nur in vier Produkten sehr
geringe Spuren von gentechnisch verändertem Soja (test 09 / 2010). Ihr könnt
aber davon ausgehen, dass Euer Steak
von einem Rind stammt, das gentechnisch verändertes Soja gefressen hat –
es sei denn, es war ein Bio-Rind. Aber
die Beweise fehlen: Die EU-Reglementierung schreibt keine Etikettierung vor,
ob das Tier mit gentechnisch verändertem Soja gefüttert wurde oder nicht.
>>> Einleitung
Fast 1 Milliarde Menschen leiden Hunger,
und die Trinkwasserversorgung ist eine der
größten Herausforderungen des 21. Jahrhunderts. Wäre es nicht sinnvoll, das Gleichgewicht wieder herzustellen, indem weniger Fleisch konsumiert wird und pflanzliche
Nahrungsmittelkulturen gefördert werden?
Denn die verschlingen weniger natürliche
Ressourcen und können die Menschheit genauso gut ernähren.
Mit der Artenvielfalt
kurzen Prozess machen
Überfischung ist die wohl bekannteste Ursache für eine vorprogrammierte Ausrottung derjenigen Arten, die auf unserem
Speiseplan stehen. Das wahrscheinlich
bekannteste Opfer ist der Rote Thun aus
dem Mittelmeer. Aber es ist nicht das einzige: 80% der Fischbestände werden überfischt oder stehen an der Grenze zur Überfischung. Greenpeace und die FAO schätzen, dass sich die Bestände der großen
Raubfische (Thunfisch, Schwertfisch, Kabeljau und Hai) um 90 % reduziert haben.
Die Überfischung, eine gierige und maßlose Praxis der Industrie, wird von unserer
starken Nachfrage nach Fisch und Meeresfrüchten angetrieben. Aber eine weitere
Ursache der zerstörerischen Auswirkungen
sind die rücksichtslosen Fischereimethoden: Fangnetze und Grundschleppnetze
durchkämmen die Ozeane bis tief auf den
Meeresgrund. Dieser Praxis fallen auch
zahlreiche nicht gewünschte Arten zum Opfer. Auf 1 kg per Schleppnetz gefangener
Garnelen kommen schätzungsweise 10 kg
„Beifang“, die im Netz nicht überleben.
Die Artenvielfalt von Tieren und Pflanzen
wird auch von der Umweltverschmutzung
und der Veränderung des natürlichen Lebensraums durch Intensivtierhaltung bedroht. Die Abwässer von Zuchtbetrieben
treiben die Eutrophierung voran – also die
schädliche, übermäßige Anreicherung von
Nährstoffen an der Oberfläche von Gewässern. Dies führt zu vermehrtem Pflanzenwachstum, zu Sauerstoffmangel und letzlich einem Ungleichgewicht, in dem einige
aquatische Arten verenden. Die Abholzung
und Rodung des Regenwaldes – ein Fünftel
des Amazonas-Urwaldes ist bereits vernichtet – zerstören zudem den Lebensraum der
vom Aussterben bedrohten einheimischen
Flora und Fauna.
Die Liste dieser traurigen Beispiele könnte
noch lange fortgeführt werden. Die durch
Tierzucht und industrielle Fischerei entstehenden Umweltprobleme sind komplex,
die Vertiefung des Themas allein würde ein
ganzes Buch füllen. Als Verbraucher hat es
jeder Einzelne von uns in der Hand, etwas
zu ändern: indem wir unseren Fleisch- und
Fischkonsum reduzieren, aber auch, indem
wir auf Bio-Produkte achten, regionale und
saisonale Lebensmittel einkaufen und indem wir nicht bedrohten Arten den Vorzug
geben. Die Gesundheit der Erde spielt sich
auch auf unseren Tellern ab.
Tierarten für den Konsum können doch gezüchtet werden!
Keine gute Idee. Intensive Aquakulturen (Lachs, Thunfisch …) führen zum
Erstickungstod der Tiere oder der
Vernichtung des Ökosystems wie im
Falle der Mangrovenwälder in Asien
und Südamerika, wo Garnelen gezüchtet werden. Um die Fleischfresser zu
füttern, wird Fischmehl aus Wildfisch
verwendet: Es werden je nach Art 4
bis 15 kg Fischmehl benötigt, um 1 kg
Fisch zu züchten. Außerdem wird bei
Zuchttieren die Artenvielfalt nicht gesichert. Nur die „rentabelsten“ Rassen,
die sehr produktiv, aber anspruchslos
in Ernährung und Pflege sind, werden
gezüchtet. So verdrängen die Holstein-­
Kühe, die Stars der Milcherzeugung,
und die Suffolk-Schafe – erste Wahl für
die Lammfleischproduktion – die „alten“ Haustierrassen, von denen viele
vom Aussterben bedroht sind.
>>> Einleitung
Vegetarisch aus
medizinischer Sicht
Wenig Fleisch zu essen hat keine Nachteile, kein Fleisch zu essen oft auch nicht. Umfangreiche, wissenschaftliche Fachliteratur
belegt, dass es sich mit einer vegetarischen
Ernährungsweise nicht nur gut leben lässt,
sondern dass sie auch eine Reihe von Vorteilen für die Gesundheit bergen kann. Zu
diesem Thema wird alle fünf Jahre ein internationales Referenzdokument herausgegeben, es ist das ausführlichste auf diesem
Gebiet. Es handelt sich dabei um die offizielle Stellungnahme der Amerikanischen
Gesellschaft für Diätetik, der weltweit größten Organisation für Diätassistenten. Seit
Kurzem nennt sie sich „Academy of Nutrition and Dietetics“ (Akademie für Ernährung
und Diätetik). Ihre Position ist, dass eine
gut durchdachte, vege­tari­sche Ernährungsweise gesundheitsfördernd und aus ernährungsphysiologischer Sicht angemessen ist
sowie für die Prävention und Behandlung
einiger Krankheiten hilfreich sein kann.
Auch die DGE (Deutsche Gesellschaft für Ernährung) hat grundsätzlich keine Einwände
gegenüber einer vegetarischen Ernährung,
gibt aber keine Empfehlung für eine rein
vegane Ernährung für Kinder sowie während
der Schwangerschaft und der Stillzeit.
Viele Studien belegen, dass eine gänzlich
fleischlose Ernährung möglich ist. In einem
weltweiten Vergleich der Sterblichkeitsrate von Vegetariern und Nicht-Vegetariern zeigte sich, dass diese bei Vegetariern
12 % niedriger liegt. Unklar ist aber, inwieweit ein höherer Bildungsgrad und gute
ökonomische Bedingungen diese Zahlen
beeinflussen.
Die Vorteile einer
vegetarischen Ernährung
Im Fokus einer guten vegetarischen Ernährung steht die Vorbeugung verbreiteter
Volkskrankheiten der westlichen Welt. Gute
Ernährung, ob nun vegetarisch oder nicht,
ist im weitesten Sinne eine der wirksamsten
medizinischen
Präventionsmaßnahmen,
die es gibt. Zu den chronischen Krankheiten, die zum Teil durch eine vegetarische
Ernährung verhindert werden können, wird
Fettleibigkeit gezählt (Adipositas), erhöhter Cholesterinspiegel, erhöhter Blutdruck
und Typ 2-Diabetes. Dazu Herzgefäßerkrankungen, zu denen ischämische Herzerkrankungen und einige Krebsarten gehören, insbesondere Dickdarm- und Prostatakrebs. Die Nahrungsumstellung kann
eine sehr positive Wirkung haben. Dieses
Buch möchte den aufgeschlossenen Leser
dazu einladen, sich mit den oben erwähnten Studien in der offiziellen Erklärung der
„Academy of Nutrition and Dietetics“ zu
beschäftigen.
Dr. Jérôme Bernard-Pellet, Allgemeinmediziner im Großraum Paris, ist der
Gründer der APSARES (Association
de Professionnels de Santé pour une
Alimentation Responsable, ein Zusammenschluss von Experten in Frankreich
für gesundheitsfördernde Ernährung).
Die Vereinigung verfolgt u. a. das Ziel,
die Gesundheit durch bessere Ernährung zu fördern.
Ist die Ernährung
ausgewogen?
Es ist nicht schwierig, eine vegetarische
Ernährung ausgewogen zu gestalten. Die
Grundlage bilden sechs Hauptlebensmittelgruppen: Gemüse, ganze Früchte, Vollkorngetreide, Hülsenfrüchte (Linsen, Erbsen, Kichererbsen, Trockenbohnen, dicke
Bohnen, Soja usw.), Ölfrüchte (Walnüsse,
Mandeln, Haselnüsse, Cashewkerne, Pistazien usw.) sowie Sprossen und Körner. Diese Lebensmittelgruppen scheinen bei der
Prävention verschiedener, oben genannter
Volkskrankheiten eine große Rolle zu spielen. So sind z. B. Ölfrüchte, vor allem Walnüsse, dafür bekannt, das Sterberisiko durch
Herzgefäßerkrankungen zu senken. Hülsenfrüchte sollten also einen hohen Stellenwert
einnehmen, aber sie spielen heutzutage
in der Ernährung keine so große Rolle wie
noch vor dem Zweiten Weltkrieg. Wenn es
20
> 21
auch zunächst erstaunlich klingen mag: Eine
vergleichende Studie der Mahlzeiten diätetisch wenig gebildeter Vegetarier mit denen
von ebenfalls diätetisch unbedarften Allesessern hat ergeben, dass die Mahlzeiten
der Vegetarier im Schnitt näher an den offiziellen Empfehlungen liegen. Das bezieht
sich sowohl auf den Anteil an komplexen
Kohlehydraten als auch auf den an mehrfach ungesättigten Fettsäuren. Das ist einer
der Gründe, weshalb Menschen, die ihren
Fleischkonsum reduzieren oder völlig einstellen möchten, nicht übermäßig besorgt
sein brauchen. Die wenigen, einfachen Ratschläge in diesem Buch helfen Ihnen, sich
vegetarisch und ausgewogen zu ernähren.
Ebenso wie Vegetarier haben auch Allesesser das Bedürfnis, sich über Ernährungsfragen zu informieren. Denn ganz allgemein
gesehen sind die Ernährungsgewohnheiten
der westlichen Welt eher Mittelmaß.
Jeder sollte sich um die Ausgewogenheit
seiner Ernährung Gedanken machen, nicht
nur Vegetarier. Die Leitlinien dieses Kapitels
werden Ihnen helfen, mindestens so ausgewogen zu essen wie Alleswesser, die auf ihre
Ernährung achten. Wenn Sie Ihr Wissen über
ausgewogene Ernährung und Vegetarismus
vertiefen möchten, können Sie sich zum
Beispiel im Internet beim Vegetarierbund
Deutschland informieren (www.vebu.de).
Um die gesundheitlichen Vorteile dieser Ernährungsweise in allen Einzelheiten kennenzulernen, können Sie auch die Übersetzung
des offiziellen Statements der Amerikanischen Gesellschaft für Diätetik auf der Webseite des Vegetarierbundes Deutschlands
lesen (www.vebu.de/ada).
Zu vermeidende
Fehler
Der zu vermeidende Hauptfehler ist der
übermäßige Konsum von Eiern und Milchprodukten, in der Hoffnung, so einem möglichen Proteinmangel vorzubeugen. Zu viele
Proteine sind jedoch schädlich für die Nieren. Ein Überschuss an Proteinen kann zudem Osteoporose (Knochenschwund) durch
Übersäuerung begünstigen. Außerdem werden dem Körper dadurch zu große Mengen
Cholesterin und gesättigte Fettsäuren zugeführt, die das Herz-Kreislauf-System schädigen. Wenige wissen, dass sogar Vegetarier durchschnittlich zu viele Proteine zu sich
>>> Einleitung
nehmen, obwohl es zwischen den Individuen erhebliche Unterschiede gibt.
Eine andere Gefahr besteht darin, sich regelrecht davor zu fürchten, den eigenen
Fleischkonsum zu reduzieren. Dazu sollte
man wissen, dass der Vegetarismus eine
Lebensart ist, die seit Urzeiten erprobt ist.
Eines der Ziele dieses Kapitels ist es, Informationen zu liefern, die Ihnen helfen, übermäßige Bedenken zu vermeiden.
Worin stecken
die Proteine?
Die drei Hauptquellen pflanzlicher Proteine sind Hülsenfrüchte, Getreide sowie
Ölfrüchte. Gerade der Verzehr von Hülsenund Ölfrüchten lohnt sich.
Eine Hülsenfruchtart hat spezielle Eigenschaften, die sie zu einem ganz besonderen
Nahrungsmittel machen: die Sojapflanze.
Ihre Zusammensetzung an essenziellen Aminosäuren ist der von Fleisch so ähnlich, dass
sie als perfekter Ersatz gilt. Das gleiche gilt
für Quinoa.
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO)
schätzt den Proteinbedarf des Menschen
auf ca. 0,6 g/kg/Tag. Wenn Sie also 60 kg
wiegen, heißt das, dass Sie etwa 36 g Protein pro Tag benötigen. Sie werden feststellen, dass dieser Wert sehr schnell erreicht
ist, wenn Sie sich satt essen. Für den Fall,
dass Ihre Aufnahme von Proteinen unzureichend ist, werden Sie Muskelschwund feststellen, der sich insbesondere an den Oberarmen und Schenkeln bemerkbar macht.
Der Organismus nutzt nämlich seine eigenen Muskeln als Quelle für Aminosäuren in
den seltenen Fällen, in denen die Versorgung über die Nahrung unzureichend ist.
Dieses Phänomen ist heilbar, wenn Sie zu
einer adäquaten Versorgung durch Nahrung
zurückkehren.
Stimmt es, dass tierische
Proteine qualitativ hochwertiger sind?
De facto ist diese Fragestellung nicht präzise genug. Es hängt davon ab, was man
unter „Qualität“ versteht. Wenn man darunter versteht, dass tierische Proteine besser für die Gesundheit sind als pflanzliche,
lautet die Antwort ganz klar „nein“. Epidemiologische Studien wie der Campbell-Bericht oder die zahlreichen Untersuchungen
der Siebenten-Tags-Adventisten (religiöse Gemeinschaft, die sehr viele Vegetarier,
aber auch Allesesser zu ihren Mitgliedern
zählt) zeigen, dass es gesundheitsfördernd
sein kann, sich hauptsächlich von pflanzlichen Proteinen zu ernähren. Wenn man unter der Fragestellung aber versteht, dass
der Anteil essenzieller Aminosäuren in tierischen Proteinen generell näher am theoretischen Optimum liegt, selbst wenn das
Rinderprotein begrenzt Methionin, eine essenzielle Aminosäure, enthält, so ist das nur
zum Teil richtig.
Tatsächlich benötigt ein erwachsener
Mensch eine ausreichende Menge jeder
der neun essenziellen (unentbehrlichen)
Aminosäuren. Die empfohlene Zufuhr ist
aber für Protein formuliert, da die Zufuhr
der Aminosäuren beim gesunden Menschen ausschließlich auf diesem Wege erfolgt. Beim Verdauungsprozess werden die
Proteine in Aminosäuren aufgespalten. Der
22
> 23
Anteil jeder dieser Aminosäuren variiert je
nach Art des Proteins – die Aminosäuren
sind jedoch in allen Proteinen genau die
gleichen, ob sie nun pflanzlichen oder tierischen Ursprungs sind. Pflanzliche Proteine
besitzen meiste eine geringere Konzentration essenzieller Aminosäuren als tierische.
Eine abwechslungsreiche ovolacto-vegetarische Ernährung und die Kombination verschiedener Proteinträger (z. B. Milch/Getreide, Getreide/Hülsenfrüchte, Milch/Kartoffeln, Ei/Getreide) kann laut Empfehlung
der DGE die geringere biologische Wertigkeit von pflanzlichem gegenüber tierischem Protein aufwerten. In der Praxis sind
die Menschen in der westlichen Welt mit
Proteinen bestens versorgt. Allein streng
vegetarische Kost erfordert laut DGE beim
Erwachsenen eine sorgfältige Gestaltung
der Ernährung, um den Bedarf an essenziellen Aminosäuren zu decken. Bei Kleinkindern ist dies mit veganer Kost in aller Regel
nicht möglich.
Letztlich sollte Sie dieses Zuviel an Proteinen mehr beunruhigen als die Frage nach
der Qualität, die nicht von großem Interesse ist.
Wo ist Eisen drin?
Eisen ist in den oben genannten Proteinquellen, d. h. im Vollkorngetreide, in Hülsenfrüchten und Ölfrüchten reichlich vorhanden. Außerdem sind erhebliche Mengen Eisen in einigen Obstsorten wie
Aprikosen, Feigen und Pflaumen sowie in
etlichen Gemüsesorten wie Petersilie, Brokkoli, grünen Bohnen, Grünkohl und Chinakohl enthalten.
Diese Liste ist längst nicht vollständig und
in der Praxis ist Eisenmangel selten ein Problem.
Tatsächlich haben epidemiologische Studien gezeigt, dass Anämien durch Eisenmangel bei Vegetariern nicht häufiger auftreten
als bei Allesessern. Eisenmangel tritt, bedingt durch die Menstruation, häufig bei
Frauen auf, 20 % von ihnen hatten oder haben dieses Problem ihr Leben lang. Es ist
jedoch kein spezifisches Problem der vegetarischen Ernährung.
Stimmt es, dass in Fleisch
enthaltenes Eisen besser
aufgenommen wird als
das in Gemüse?
Ja, das stimmt.
Die Bioverfügbarkeit des Hämeisens (das
in rotem und weißem Fleisch sowie in Fisch
enthalten ist) ist wichtiger als das Nicht-Hämeisen. Aber wie bei den Proteinen führt
dies nicht zu einer besseren Gesundheit –
was schließlich das Ziel einer optimalen Ernährung ist.
Die geringere Absorption des Nicht-Hämeisens wird dadurch ausgeglichen, dass es in
Pflanzen reichlich vorhanden ist. Daher ist
das aus Fleisch stammende Eisen nicht unbedingt notwendig, und aus wissenschaftlicher Sicht ist es nicht angebracht, explizit
dafür zu werben.
Ist ein Mangel an
bestimmten Nährstoffen
zu befürchten?
Einige Nährstoffe sind schwerer in pflanzlichen als in tierischen Produkten zu finden.
Während Proteine und Eisen nur scheinbar
ein Problem der vegetarischen Ernährung
sind, geben andere Nährstoffe Anlass zu
berechtigter Sorge. Dennoch sollte das Risiko eines Mangels relativiert werden. Einige Nährstoffe sind sogar in einer zu 100 %
vegetarischen Ernährung leichter zu finden,
wie Vitamin B9 und Vitamin C.
Vitamin B12
Es ist sehr schwierig, Vitamin B12 im Pflanzenreich zu finden. Dieses Vitamin ist für
die Bildung der roten Blutkörperchen, der
Blutplättchen und der weißen Blutkörperchen sowie für den Erhalt eines funktionierenden Nerven­
sys­
tems not­
wendig. Es ist
auch in zahl­reiche andere Stoff­wechsel­vor­
gän­ge ein­ge­bun­den.
Tiere sind nicht in der Lage, Vitamin B12
selbst zu produzieren. In der Natur wird
es von Bakterien erzeugt. Da die synthetische Herstellung zu schwierig ist, wird es in
Fabriken durch Gärungsprozesse erzeugt,
indem Bakterien und Pflanzen zusammen-
>>> Einleitung
gebracht werden, die das re­pro­du­zieren,
was es in der Natur gibt. Mehr als 90 %
der B12-Vitamine, die weltweit hergestellt
werden, sind für das Zuchtvieh bestimmt.
Moderne Futtermittel weisen einen hohen
Mangel an Vitamin B12 auf. Vor der intensiven Tierhaltung war dies nicht der Fall war,
damals bekamen Tiere hochwertige Nahrung reich an Kobalt (Bestandteil des Vitamins B12). Das Tier dient als Binde­glied
zwischen den Herstellern von Vitamin B12
und dem Menschen. Veganer nehmen Vitamin B12 direkt als Nahrungsergänzung
oder durch mit Vitamin B12 angereicherter
Nahrung auf – etwa bestimmte Früh­stücks­
cerealien. Vegetarier finden sie in ge­ringer
Menge in Milch und Eiern. Die Tiere, die
sie produzieren, haben im Allgemeinen
Vi­ta­min B12 als Nahr­ungs­ergän­zung be­
kommen. Jeder zweite Ve­ga­ner ist aber in
puncto Vitamin B12 unterversorgt. Vita­min
B12 ist vor allem in Fisch, Milch und Eiern
enthalten. Veganer sollten daher Hefepräparate, Nahrungsergänzungsmittel oder
angereicherte Produkte einnehmen. Ein
Mangel an Vitamin B12 kann zu neurologischen Störungen führen und die Zellbildung behindern. Die DGE empfiehlt allgemein ab 13 Jahren eine tägliche Zufuhr
von 3 Mikrogramm (µg) pro Tag. Schwangere sollten 3,5 µg/Tag einnehmen, Stillende
4 µg/Tag. Für Kinder und Kleinkinder von 1
bis 12 Jahren werden geringere Dosen veranschlagt. Informationen bietet neben der
DGE auch die Seite des Vegetarier­bundes
Deutschland, www.vebu.de, Stich­wort Cy­
ano­cobalamin.
Vitamin D
Vitamin-D-Mangel ist ein großes Problem
in der Bevölkerung, das sowohl Allesesser als auch Vegetarier trifft. Wissenschaftliche Studien haben ergeben, dass die Vitamin-D-Werte bei etwa 60 % der Bundesbürger im Jahresdurchschnitt nicht an die
empfohlene Menge heranreichen. Dieses
Vitamin ist unerlässlich für die Aufnahme
von Kalzium in Lebensmitteln durch den
Darm, damit die Knochen das Kalzium binden können, wenn es in das Blut gelangt ist.
Vitamin D spielt offenbar auch eine positive
Rolle für das Immunsystem. In der mensch-
lichen Haut wird das Provitamin D gebildet,
das unter dem ultravioletten Licht der Sonne in Vitamin D umgewandelt wird – 80 %
des Bedarfs wird dadurch erzeugt. Die restlichen 20 % kommen aus Lebensmitteln.
In der Praxis setzen sich wenige Menschen
genügend der Sonne aus. Die Deutsche
Gesellschaft für Ernährung (DGE) empfiehlt,
dass Jugendliche und Erwachsene täglich
20 Mikrogramm (µg) Vitamin D aufnehmen.
Die Zahl wurde damit von den früher empfohlenen 5 Mikrogramm um das Vierfache
erhöht. Es gibt zahlreiche Präparate, die
Vitamin D enthalten. Einige sind verschreibungspflichtig, andere nicht. Vitamin D2 ist
immer pflanzlichen Ursprungs, während Vitamin D3 fast immer tierischen Ursprungs
ist. Vegetarier neigen also dazu, Vitamin D2
zu bevorzugen. Es gibt jedoch auch einige
wenige Präparate, die Vitamin D3 pflanzlichen Ursprungs erhalten. Bei „Medikamente im Test“ hat die Stiftung Warentest vier
Vitamin-D3-Präparate für geeignet befunden (www.test.de/medikamente).
Kalzium
Obwohl es in erster Linie Vitamin D ist,
über das man sich – wie eben ausgeführt
– Gedanken machen sollte, ist die Sorge
um eine ausreichende Zufuhr von Kalzium
durchaus berechtigt. Bei manchen Menschen, insbesondere bei Veganern, kann
24
> 25
sie unzureichend sein. Milch und Milchprodukte sind normalerweise die wichtigsten Kalziumquellen. Es gibt aber zahlreiche pflanzliche Kalziumalternativen für
alle, die keine Milchprodukte konsumieren möchten. Zu nennen sind mit Kalzium angereicherte Sojamilch, Tofu, weiße
Bohnen, Mandeln, Feigen, Orangen, Chinakohl, Blattkohl sowie Brokkoli. Vor allem
ist es der Nährstoffreichtum des Brokkoli,
der nicht nur eine exzellente Kalziumquelle, sondern auch reich an Antioxidantien
ist und vorbeugend gegen Krebs wirkt. In
manchen Gegenden ist das Leitungswasser
vergleichsweise kalziumreich und kann einen kleinen Beitrag leisten, den Kalziumbedarf zu decken. Kalziumreiche Mineralwässer können einen Beitrag leisten, der Kalziumgehalt lässt sich auf dem Flaschenetikett
ablesen. Informationen finden Sie auch im
Produktfinder Mineralwässer (www.test.de/
thema/mineralwasser).
Omega-3-Fettsäuren
Fetter Fisch, Öle, Nüsse und Samen sind
sehr reich an Omega-3-Fettsäuren. Sie
können helfen, den Cholesterinspiegel und
Bluthochdruck zu senken, Herzinfarkt und
Schlaganfall vorzubeugen. Die wertvollsten Omega-3-Fettsäuren stecken fast nur in
fettem Seefisch wie Lachs, Hering und Makrele. Es handelt sich Eicosapentaensäure
(EPA) und Docosahexaensäure (DHA). Sie
sollen Entzündungen hemmen, Immunsystem und Hirn fit halten. Zuchtlachs hat generell mehr davon als Wildlachs, der insgesamt fettärmer ist.
Auch ein Esslöffel Leinöl oder eine Handvoll
Walnüsse spendieren viel Omega-3-Fettsäuren. In den Pflanzen kommen sie als Alpha-Linolensäure vor. Davon können alle
profitieren, die keinen Fisch essen: Der Körper baut sie teils zu EPA um. Tofu sowie
Raps-, Leinsamen-, Soja- und Walnussöl sind
ebenfalls gute Quellen für kurzkettige Omega-3-Fettsäuren. Letztere können im Organismus in langkettige Omega-3-Fettsäuren
(EPA und DHA) umgewandelt werden.
Übrigens: Früher sorgten sich viele Verbraucher, dass Fisch – egal ob Wildfang
oder aus der Zucht – mit Schwermetallen
wie Quecksilber und Giftstoffen wie Dioxin
und PCB verseucht ist. Bei dem Test von
Wild- und Zuchtlachs fand die Stiftung Warentest keine Spuren von Schwermetallen,
Pestiziden und Antibiotika (test 12/2012).
>>> Einleitung
Schwangere Frauen
Schwangere Frauen können sich während
der gesamten Schwangerschaft sehr wohl
vegetarisch ernähren. Gewicht und Größe
der Kinder bei der Geburt sind vergleichbar
mit denen der Allesesserinnen. Schwangere Frauen sollten vor allem auf Vitamin B12,
Vitamin D und langkettige Omega-3-Fettsäuren achten.
Im Interesse ihres ungeborenen Kindes wird
Vegetarierinnen geraten, ihre Ernährung
bereits zu optimieren, wenn sie schwanger
werden wollen und nicht erst, wenn sie es
schon sind. Einige Forscher vermuten, dass
sich das Kind im Mutterleib durch Schlucken von Fruchtwasser schon an verschiedene Geschmacksrichtungen gewöhnt. Der
Geschmack entwickelt sich also sehr früh
im Leben. Daher ist es ratsam, besonders
in der Schwangerschaft auf die Qualität der
Nahrung zu achten. Das Kind könnte es somit später leichter haben, gesunde Nahrungsmittel zu mögen. Von einer veganen
Ernährung für schwangere und stillende
Frauen sowie für Kinder rät die DGE strikt
ab: Da sich das Risiko für Nährstoffdefizite erhöht, könne eine adäquate Nährstoffversorgung und die Gesundheit des Kindes
nicht sichergestellt werden.
Kinder
Die medizinische Literatur, insbesondere die
Studie FARM, zeigt, dass das Wachstum der
von Geburt an vegetarisch ernährten Kindern sich nicht von dem der Fleisch verzehrenden Kinder unterscheidet. Ihre psychomotorische Entwicklung ist normal. Sie sind
der lebende Beweis dafür, dass ein gesundes Wachstum auch ohne Fleischkonsum
möglich ist.
Ältere Menschen
Auch im fortgeschrittenem Alter ist nicht
von einer vegetarischen Ernährung abzuraten: Die Gefahr eines Mangels an den Vitaminen B12 und D ist dieselbe wie bei Allesessern. Tatsächlich nimmt die Bildung von
Vitamin D durch die Haut mit dem Alter ab.
Außerdem können ältere Menschen Schwierigkeiten haben, Vitamin B12 aus Fleisch
aufzunehmen, da sie häufig an atrophischer
Gastritis leiden. Diese bewirkt, dass ihr Körper Vitamin B12 schwerer aus tierischen Proteinen herauslösen kann. Sofern notwendig, können ältere Menschen – ob Allesesser oder Vegetarier – Vitamin B12 und D als
Nahrungsergänzung einnehmen.
Schlussfolgerung
Eine ausgewogene, vegetarische Ernäh­rung
ist nicht schwer, und sie kann Vor­teile für die
Ge­sund­heit bringen. Dieses Kochbuch zeigt
Ihnen, dass sie auch eine echte Lebensart
ist, die für Gaumenfreuden bei Klein und
Groß sorgt und dabei trotzdem den öko­
logischen Fußabdruck verkleinert.
>>> Einleitung
Für die
vegetarische
Küche einkaufen
Die eigenen Einkaufsgewohnheiten zu ändern, gelingt zwar nicht von einem Tag auf
den anderen. Ihr werdet aber schnell positiv überrascht sein: Die Kosten für den
wöchentlichen Einkauf fallen geringer aus.
Denn wer sich für weniger Fleisch entscheidet, kauft mehr Getreide, Hülsen- und
Ölfrüchte. Das sind preiswerte Lebensmittel, die je nach früheren Gewohnheiten entweder schon oft – oder eher selten im Einkaufskorb gelandet sind.
Neben dem finanziellen Aspekt gibt es einen weiteren Pluspunkt: Die Lebensmittel
sind leicht zu lagern und sehr haltbar, müssen also nicht häufig eingekauft werden.
Wenn Euch die vegetarische Bioküche bisher völlig unbekannt war, müsst Ihr wahrscheinlich die alten Einkaufsgewohnheiten
überdenken und die Vorratshaltung in der
Küche neu organisieren.
Was einkaufen?
Um Fleisch zu ersetzen, solltet Ihr mit einigen kleinen Packungen (500 g) Getreide
und Hülsenfrüchten anfangen, die Ihr bereits kennt oder die einfach zu besorgen
sind: Vollkornreis, Vollkornnudeln und andere wie Quinoa, Vollkorncouscous, grüne Linsen, rote Linsen oder auch Spalterbsen.
Entscheidet Euch auch für einige vorgekochte Hülsenfrüchte im Glas (Kichererbsen, weiße Bohnen), setzt auf Ölfrüchte und
Körner, die Ihr kennt (Haselnüsse, Mandeln,
Walnüsse, Sesamkörner).
Im Kühlregal könnt Ihr mit verschiedenen
Sorten Tofu beginnen. Ihr könnt die Palette
später erweitern.
Dann solltet Ihr Euch informieren, wie man
die traditionellen Milchprodukte ersetzt,
um so für mehr Abwechslung zu sorgen und
den Geschmackshorizont zu erweitern.
Probiert von Zeit zu Zeit die vegetarischen
Sahneersatzsorten (Reis, Hafer, Soja, Mandel, Dinkel) anstelle der traditionellen
Schlag­­sahne aus und testet nach und nach
die pflanzlichen Milchersatzsorten (z. B.
Reis, Hafer, Mandel, Haselnuss, Soja, Kokos), um die richtige für Euch und Eure Vorhaben zu finden.
Um Ersatz für Butter und Sauerrahm zu finden, schaut Euch bei den Regalen mit den
Pflanzenölen (Oliven, Weizenkeim, Raps,
Walnuss usw.) und den Ölfruchtmusen
(Mandel, Haselnuss, Sesam, Cashew, Erdnuss) oder den Körnern (Sonnenblumen,
Kürbis) um.
Schließlich werdet Ihr andere Joghurt­
sorten als die aus Kuhmilch für Euch entdecken: Joghurt aus Schafs- und Ziegenmilch,
Produkte auf der Basis von Soja-, Reis- und
Mandelmilch.
Bewahrt Ihr in Eurer Vorratskammer normalerweise Mehl und Zucker auf? Bald werdet Ihr das Ganze etwas verspielter angehen, auf der Grundlage des Prinzips, das es
nicht „das Mehl“ und „den Zucker“ gibt,
sondern eine große Vielfalt an Produkten.
Die Auswahl an Mehlen in einem Bioladen
lässt normalerweise keine Wünsche offen:
Reis, Hafer, Dinkel, Mais, Fünfkorn, Roggen, Buchweizen, Quinoa, Amaranth … Das
Tolle daran ist, dass jedes Mehl einen anderen Geschmack und eine andere Konsistenz
besitzt, sodass es spannend ist, alle zu entdecken.
In diesem Buch schlage ich häufig vor, Weizenmehl Type 812 zu verwenden, da sich
damit sehr konstante Ergebnisse erzielen
lassen und es einen höheren Nährwert als
Vegane Milchersatzprodukte etwa aus
Soja sehen aus wie Milch und werden
im Handel zum Teil auch so beworben.
Das gilt auch für Reis-, Hafer-, Mandel-,
Haselnuss- und Kokosmilch. Rechtlich gesehen darf eigentlich nur das
„Milch“ heißen, was aus dem Euter
kommt – daher findet man die Produkte auch unter Bezeichnungen wie
-trunk oder -drink. Begriffe wie „Soja­
milch“ sind allerdings längst in den
alltäglichen Sprachgebrauch eingegangen, weswegen sie auch in diesem
Buch so bezeichnet werden.
Wo einkaufen?
28
> 29
Weißmehl aufweist. Aber Ihr werdet sehen,
dass es auch mit dem Mehl Eurer Wahl ersetzt werden kann, wenn Ihr Eure Lieblingsprodukte erst einmal gefunden habt.
Das Gleiche gilt für Zucker: Im Bioladen
gibt es keinen weißen Raffinade-Zucker,
denn er ist das Produkt umfangreicher industrieller Verarbeitung und für die gesunde Ernährung wenig geeignet. Sein größter
Nachteil ist im Übrigen die Begünstigung
von Karies. Stattdessen findet Ihr hellen
Rohr­zucker (dem Raffinade-Zucker am
näch­sten), braunen Rohrzucker und Voll­
rohrzucker (Muscovado, Rapadura), Zucker
mit Lakritze- und Vanillegeschmack, der
wunderbar zu geschmacksintensiven Desserts passt. Es gibt flüssige „Zucker“ (Agaven-, Weizen-, Mais-, Reis- und Ahornsirup)
und natürlich alle Arten von Honig. Mehle,
Zucker und pflanzliche Milchprodukte sind
hervorragende Beispiele, was Bioprodukte alles bieten: Eine ganze Palette an Geschmacksrichtungen, Texturen und Eindrücken, die so viel größer ist als die „des“
Mehls, „des“ Zuckers oder „der“ Milch.
Klar ist, dass der Verzicht auf Fleisch uns
Gelegenheit bietet, den Inhalt der Vorratsschränke erheblich zu erweitern – vorausgesetzt, der richtige Einstieg wird gefunden. Supermärkte bieten inzwischen immer
mehr Bio- und vegetarische Produkte an.
Das bietet Menschen, die gewohnheitsmäßig in solchen Läden einkaufen (oder einkaufen müssen, mangels Alternativen), die
Möglichkeit, ihren Horizont zu erweitern.
Man sollte jedoch im Hinterkopf behalten,
dass in diesen Abteilungen, in denen werbewirksam vermeintliche Schnäppchen angeboten werden, Biolebensmittel oft teurer
sind. Dort wird ein Trend bedient, ohne sich
zwangsläufig Gedanken über einen fairen
Einkauf bei den Produzenten zu machen.
Ideal wäre also – sofern die Möglichkeit
besteht –, sich in Bioläden umzusehen.
Dort ist es sehr leicht, sich über Produkte
zu informieren, sich Kochbücher zu besorgen, die selten in Buchhandlungen zu finden sind, und vor allem sich mit Produkten
einzudecken, die sonst unauffindbar sind –
zu einem günstigen Preis. Wenn Agar-­
Agar, Umeboshi-­
Paste, Seidentofu, Püree
aus gerösteten Kürbiskernen und Alfalfa­
sprossen Euch wie Begriffe aus einem Paral­
lel­universum vorkommen, weit entfernt von
Euren Gewohnheiten und Eurem Verlangen, so muss das nicht zwangsläufig so bleiben … Außerdem werdet Ihr Euch vielleicht
häufiger oder mit mehr Obst und Gemüse
eindecken als zuvor – je nachdem wie Eure
bisherigen Konsumgewohnheiten waren.
Wer die Möglichkeit hat, sollte außerdem
bei kleineren, lokalen Produzenten mit Direktvertrieb einkaufen und/oder sich etwa
über Foodcoops wöchentlich Obst- und
Gemüsekisten anliefern lassen.
>>> Einleitung
Wie lagere
ich Vorräte?
Wenn diese neuen Produkte erst einmal in
Eurer Küche Einzug gehalten haben, müssen sie auch richtig aufbewahrt werden. Im
Vergleich zu Euren früheren Gewohnheiten
müsst Ihr vielleicht den Stauraum neu organisieren: Mehr Glasbehälter in den Schränken, weniger Inhalt im Kühlschrank. Hier
sind einige Grundregeln, die man kennen
sollte:
Lagerung von
Getreideflocken,
Hülsenfrüchten und
Ölfrüchten
Ideal ist die Investition in eine Reihe luftdicht verschließbarer Glasbehälter, die zum
Schutz vor Sonnenlicht in einem Schrank
aufbewahrt werden. Wenn Ihr die Kochanleitungen der Verpackungen aufbewahren
wollt, könnt Ihr sie ausschneiden und auf
die Behälter kleben. All diese Produkte halten sich mehrere Monate. Mein Rat an Euch
ist aber, sie in nicht zu großer Menge oder
gar lose zu kaufen, damit ihr Geschmack
und ihre Nährstoffe erhalten bleiben. 500 g
Getreideflocken und Hülsenfrüchte und
200 g Ölfrüchte sind etwa genug.
Lagerung von
Ölfruchtpasten
Wenn vom Hersteller nicht anders angegeben, sollten die Ölfruchtpasten gut verschlossen bei Zimmertemperatur und lichtgeschützt in einem Schrank aufbewahrt
werden. Bei der ersten Verwendung ist es
normal, dass sich auf der Oberfläche ein
kleiner oder größerer Ölfilm gebildet hat.
Es reicht aus, den ganzen Inhalt des Behälters mit einem Messer umzurühren, damit
er wieder homogen wird. Danach ist kein
Umrühren mehr nötig. Diese Pasten halten sich über Monate. Sie können zum Austrocknen neigen, was aber ihrer Qualität
nicht schadet.
Lagerung von
Tofu, Tempeh und Seitan
Tofu, Tempeh und Seitan sind im Kühlregal
zu finden und werden im Kühlschrank aufbewahrt. Tofu soll, wenn er angebrochen
ist, in einer luftdichten Dose aufbewahrt
werden, wobei das Wasser täglich gewechselt werden muss. All diese Produkte können problemlos klein geschnitten und eingefroren werden.
Worin aufbewahren?
Glasbehälter sind eine ideale Lösung: ökologisch, ästhetisch, praktisch. Für den Kühlschrank oder den Gefrierschrank können
auch Kunststoffdosen verwendet werden,
wenn sie kein Bisphenol A (chemische Verbindung als Weichmacher in Kunststoff) enthalten. Verwendet also vorzugsweise Dosen
ohne Polycarbonat, aus Polypropylen (Buchstaben PP und Ziffer 5 auf der Rückseite der
Dose), wobei man darauf achten muss, dass
sie das Einfrieren vertragen.
Verwendet wiederverwendbare Papiertüten
(in denen z. B. Brot oder Gemüse gekauft
wird) und Glasbehälter, die besser als Pergamentpapier oder Frischhaltefolie sind.
Schließlich – aber muss das überhaupt noch
erwähnt werden? – sollte Alufolie für die Auf­
bewahrung von Lebensmitteln tabu sein, denn
ihre Schädlichkeit ist heutzutage anerkannt.
Wie organisiere
ich mich?
Ohne Fleisch zu kochen heißt nicht, mehr
Zeit in der Küche zu verbringen. Ganz im
Gegenteil, wenn diese Tipps und Tricks umgesetzt werden, kann sogar Zeit eingespart
werden, ohne sich darüber Gedanken machen zu müssen.
Einfrieren, um Zeit zu
gewinnen
30
> 31
• Größere Mengen kochen und den Rest
portionsweise einfrieren.
• Alle Reste einfrieren, sogar die, bei denen
es lächerlich erscheint: Ihr werdet Euch
freuen, sie wiederzufinden, wenn Ihr schnell
eine Lunch-Box für den kommenden Tag
vorbereiten wollt.
• 
Hülsenfrüchte in großen Mengen ein­
weichen und kochen. Ihre relativ lange Koch­
zeit (manchmal ein bis zwei Stunden) ist
unabhängig von der Menge. Es lohnt sich,
die restliche Menge portions­
weise (z. 
B.
200 g) einzufrieren, um sie später ohne Koch­
zeit verwenden zu können.
• Immer die doppelte Menge Teig für Tartes oder Streusel zubereiten und die zweite
Portion einfrieren. Es reicht aus, ihn 2 Stunden vorher (Tarte-Teig) oder im letzten Moment (Crumble-Teig, der sich leicht zerbröseln lässt) herauszunehmen.
• Immer etwas mehr Vollkornbrot kaufen
(oder backen, falls es selbst gemacht ist)
und einen Teil davon einfrieren.
• Bei Kuchen- und Muffinrezepten immer
die doppelte Menge vorbereiten und sie
dann einfrieren.
• Selbst hergestellte, tiefgefrorene Produkte nicht länger als 3 Monate aufbewahren.
MenÜs
zusammenstellen
Um Zeit zu sparen, vor allem am Anfang,
wenn mit all den neuen Produkten noch die
Routine fehlt und die Vorstellung schwerfällt, wie eine Woche mit Mahlzeiten ohne
Fleisch oder Fisch aussehen könnte, kann
ich Euch nur dringend raten, eigene Menü-Ideen aufzuschreiben, bevor Ihr den
Einkaufszettel schreibt. Dann braucht Ihr
einfach nur im Laufe der Woche die Liste
abzuarbeiten – ohne den Stress zu haben,
nicht zu wissen, was Ihr kocht. Das hindert
Euch aber nicht daran, am Einkaufstag das
zu nehmen, worauf Ihr Appetit habt und
Obst und Gemüse entsprechend darauf abzustimmen.
Für das Mittagessen könnt Ihr z. B. unter
den folgenden Vorschlägen wählen:
Bei der Arbeit
Zu Hause
Fürs Picknick
Lunch-Box oder Bento
S. Seiten 200–205 und 212–217
Sandwich oder Burger
S. Seiten 206–211
Vollständige Mahlzeit
S. Seiten 64–127
Getreide, Hülsenfrüchte,
rohes und gekochtes Gemüse
Je nach Appetit
Salatteller
S. Seiten 140–143
Salate, Tartes, Pasteten etc.
S. Seiten 188–193
>>> Einleitung
Um ein Abendessen zusammenzustellen,
könnt Ihr z. B. folgendes planen:
Montag
Dienstag
Mittwoch
Donnerstag
Freitag
Samstag
Sonntag
Suppe
S. Seiten 132–139
Dessert auf Getreidebasis
S. Seiten 272–273
Pastagericht
S. Seiten 158–163
Dessert auf Fruchtbasis
S. Seiten 278–279
Gericht auf Gemüsebasis
S. Seiten 144–149
Dessert auf Ölfruchtbasis
S. Seiten 274–277
Gericht auf Getreidebasis
S. Seiten 150–157
Dessert je nach Saison
S. Seiten 280–285
Salatteller
S. Seiten 140–143
Unübertroffene Desserts
S. Seiten 300–305
Pikante Crêpes oder Pizza
S. Seiten 232–233
und 236–237
Süße Crêpes oder ausgewogenes Dessert
S. Seiten 270–271 und 274
Quiche oder Gemüse-Tarte
S. Seiten 164, 192–193…
Dessert ohne Milch und Eier
S. Seiten 286–293
Beispiele für herbstliche Abendessen:
Montag
Dienstag
Mittwoch
Donnerstag
Freitag
Samstag
Sonntag
Gemüsesuppe mit Gerstenflocken
und Mandelmus
S. Seite 135
Reiskuchen mit Backpflaumen
S. Seite 272
Nudeln mit rosaroter Sauce
S. Seite 161
Birnenkompott mit Mandelmus
S. Seite 274
Vegane Moussaka
S. Seite 146
Schokoladen-Haselnuss-Creme
S. Seite 274
Buchweizen-Karottenpüree mit Käse
S. Seite 152
Kroketten mit Schafsjoghurt und Birnen
S. Seite 283
Caesar-Salat mit gebackenem Tempeh
S. Seite 140
Panna Cotta mit schwarzem Sesam
S. Seite 303
Kürbis-Crêpes
S. Seite 233
Winterfruchtkompott
S. Seite 279
Mangold-Feta-Tarte
S. Seite 192
Tiramisu mit Spekulatius und Bananen
S. Seite 288
Desserts sind immer optional: Entscheidet
Euch einfach für Milchprodukte, Trocken-
früchte oder Früchte der Saison, roh oder
gegart.
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