27. N OV E M B E R 2 0 1 4 41 GRAFIK Thema: Klimakonferenz D I E Z E I T No 4 9 Die Tricks der Klimapolitiker Auf dem Klimagipfel in Lima wird es kommende Woche wieder einmal um die Selbstverpflichtungen zum Klimaschutz gehen: Die Weltgemeinschaft hat 2010 festgelegt, die Erderwärmung auf maximal zwei Grad zu begrenzen. Doch manche Staaten unterlaufen den Beschluß mit Zahlenspielereien 284 No 80 Trend ohne Selbstverpflichtungen 1. Das Problem ... 70 Die Themen der letzten Grafiken: 283 AntibiotikaResistenz Die globalen Treibhausgasemissionen steigen (angegeben in Gigatonnen CO₂-Äquivalent) 282 bei Einhaltung aller Selbstverpflichtungen 60 Kinderrechte +3,6-GradSzenario 50 2020 2000 2030 2040 20 EU 1990 1990 – 40 % –20 % 2020 USA China Indien 2005 2005 2005 –17 % – 40 bis 45 % –20 bis 25 % 2020 2020 Die Selbstverpflichtungen sind nicht ohne Weiteres miteinander vergleichbar. Die Reduktionsziele von Deutschland und der EU beziehen sich zum Beispiel im Vergleich zu den USA auf unterschiedliche Bezugsjahre. China und Indien machen es gleich ganz anders: Sie wollen ihre Emissionen nicht deckeln, sondern deren Anstieg in Relation zum Wirtschaftswachstum dämpfen. 2020 2020 +2,0-GradSzenario nötig, um die Erwärmung unter 2 Grad zu halten 2. Die Lösungsvorschläge (Beispiele) Deutschland Weitere Grafiken im Internet: zwischen Anspruch und Wirklichkeit 2010 1990 30 Tempelberg www.zeit.de/grafik ... die Kluft 40 281 2050 +3,6 heute 2100 2100 Grad In der Summe würden die bisherigen Selbstverpflichtungen zu einer um 3,6 Grad wärmeren Erde im Jahr 2100 führen 3. Die Zahlen-Tricksereien Zum Beispiel die Wahl des Vergleichsjahres ... ... oder doppelte Zählung ... oder überholtes Szenario Die USA beziehen ihr Einsparziel nicht, wie im Kyoto-Vertrag festgelegt, auf das Basisjahr 1990, sondern auf 2005. Der Grund: 2005 waren ihre Treibhausgasemissionen nach dem Boom der neunziger Jahre sehr hoch. Die Finanzkrise sorgte dann genauso für sinkende Emissionen wie der Fracking-Boom, durch den in der Stromerzeugung Kohle durch klimafreundlicheres Erdgas ersetzt wurde. Wenn ein Industrieland Klimaschutzmaßnahmen in einem Entwicklungsland finanziert, kann es sich die dabei entstehende TreibhausgasReduktion anrechnen. Diese fließt gleichzeitig aber auch noch in die Klimabilanzen des Entwicklungslandes ein, wird also doppelt gezählt. Weltweit macht diese Rechnung bis zu 1,6 Gigatonnen CO2Äquivalent aus, gut drei Prozent der globalen Gesamtemissionen. Die EU bezieht ihr im Oktober verabschiedetes Ziel, die Energie-Effizienz bis 2030 um 27 Prozent zu erhöhen, auf ein überholtes Szenario des Energieverbrauchs ab dem Jahr 2007 – also vor der Finanz- und Wirtschaftskrise. Würde aber das Szenario 2013 zugrundegelegt, schrumpfte das Effizienzziel auf nur 8 Prozent. Emissionen der USA pro Jahr, in Mio. Tonnen CO-Äquivalent Primärenergieverbrauch der EU pro Jahr, in Mio. Tonnen Szenario 2007 Öl-Äquivalent (veraltet) 7253 –17 % 6525 6233 Reduzierung, die durch Wahl des Basisjahres 2005 nötig ist verminderter Energieverbrauch vor allem durch die Wirtschaftskrise 1618 Industrieland 2000 € 6021 Szenario 2013 (realistisch) 2007 2013 Reduzierung, die bei Wahl des Basisjahres 1990 nötig gewesen wäre –17 % 2005 2012 von den USA gewähltes Basisjahr 2020 Ziel 2030: Entwicklungsland 4. Das Ergebnis Der Treibhausgasanteil der Atmosphäre steigt jedes Jahr (Der Treibhausgasanteil wird in parts per million (ppm) CO2-Äquivalenten berechnet) Treibhausgasemissionen pro Kopf in Tonnen 2012 (Katar: 2010) Erhöhung der Energieeffizienz um 27 Prozent auf der Basis von 2007 480 2013 460 2010 440 2005 2000 420 40,3 20,8 11,5 Ziel für 2050: 9,2 9,0 2,4 7,4 1995 1990 400 2 1985 380 Katar USA Deutschland China EU Indien 8% 1483 5173 1990 27 % Welt gesamt 1979 CO2-Äquivalente umfassen neben Kohlenstoffdioxid, dem Hauptverursacher des Klimawandels, auch Treibhausgase wie Methan oder Fluorkohlenwasserstoffe. Deren Auswirkungen auf den Treibhauseffekt (meist über einen Zeitraum von 100 Jahren betrachtet) wird dafür in das entsprechende Potenzial von Kohlenstoffdioxid umgerechnet. Illustration: Dieter Duneka Recherche: Dirk Asendorpf Quellen: IDDRI, ECOFYS, PIK, climateaction-tracker. org, NOAA, EEA, BMU, UNEP, EPA, Worldbank, EDGAR