Buschkrankenhaus Ngaoubela Ngaoubela, Kamerun Entwurfsbetreuung / Fachgebiet Holzbau, Prof. Hermann Kaufmann, Baudurchführung Fakultät der Architektur TUM Projektleitung Stefan Krötsch, Matthias Kestel Assistenz Bauleitung Andreas Mayer Entwurfsverfasser Philip Weibhauser, Steffi Tröndlin-Ehrler, Magdalena Pfeffer, Doria Bornheimer, Karina Gnüchtel, Michael Mayer, Julia Schillinger Baugruppe 8 Architekturstudenten TUM 25 lokale Arbeiter Planungszeitaum 10/2011 - 08/2012 Bauzeit 08/2012 - 09/2012 (6 Wochen) 09/2011 - 12/2012 (Fertigstellung durch lokale Arbeiter) Projektdaten BGF 458 m² / NGF 285 m² / NGF (überdachte Freifläche) 83 m² Grafik / Layout Julia Schillinger, Michael Mayer Fotografie / Film Susanne Steinmaßl, Matthias Kestel Das Buschkrankenhaus „Hôpital Protestant Ngaoubela“ ist das Destriktkrankenhaus einer ländlichen Region im Norden Kameruns mit einem Einzugsbereich von bis zu 250 km. 1947 von norwegischen Missionaren als LepraStation gegründet, wird seit 1989 unter der Leitung der Vorarlberger Ärztin Dr. Elisabeth Neier eine umfangreiche medizinische Versorgung in den Bereichen Innere Medizin, Chirurgie, Pädiatrie, Gynäkologie und Geburtshilfe gewährleistet. Träger dieses privaten Krankenhauses ist die evangelische Kirche Kameruns, die bei Erweiterungen, Ausstattung und Betrieb des Krankenhauses durch den Vorarlberger Verein „Entwicklungspartnerschaft für Kamerun“ unterstützt wird.Schon seit geraumer Zeit entsprach die hygienische Situation im Operationsgebäude nicht mehr dem Standard. Da es nicht möglich war den alten OP zu ertüchtigen, beschloss der Verein ein neues Operationsgebäude zu bauen. Operationsgebäude West- Südfassade Planung und Bauausführung Im Oktober 2011 begann eine Gruppe von 14 Architekturstudenten der Technischen Universität München (TUM) am Fachgebiet Holzbau (Prof. Hermann Kaufmann) unter Leitung von Stefan Krötsch und Matthias Kestel mit der Entwurfsplanung zur Erweiterung des Krankenhauses. Neben der Masterplanung für das Krankenhausareal wurde vor allem ein de¬taillierter Entwurf für den Neubau eines Operationsgebäu¬des erarbeitet. Im Sommersemester 2012 wurde durch sieben Architekturstudenten eine Werk- und Detailplanung ausgearbeitet. Unter der Leitung von Matthias Kestel und mit Unterstützung von Andreas Mayer errichtete eine achtköpfige Studentengruppe der TUM und eine Baufirma mit etwa 25 lokalen Arbeitern im August und September 2012 den Rohbau. Der neue Operationstrakt wurde von der Baufirma fertiggestellt und kann Ende 2012 in Betrieb genommen werden. auf dem Gelände stellten die größten Herausforderungen im Planungsprozess dar. Für die Erweiterung des ambulanten Bereiches, wurde ein neues Eingangs- und Verwaltungsgebäude, eine Zahn- und Augenklinik geplant. Eine Umstrukturierung im freigewordenen Bestand des Krankenhauses ermöglichte bereits im ersten Bauabschnitt die Einrichtung einer neuen Intensivstation für den ambulanten Bereich. Zur Umsetzung dieses Vorhabens erstellten die Studenten im Vorfeld Masterplanung Obwohl der Bau des neuen Operationstraktes ein verhältnismäßig kleines Bauprojekt darstellte, erarbeiteten die Studenten im Vorfeld einen Masterplan für mögliche Erweiterungen des Krankenhauskomplexes. Das Krankenhaus besteht aus einer Ambulanz, verschiedenen Behandlungsstationen, Patientenzimmern und diversen Versorgungseinheiten. Die Weitläufigkeit der Bebauung, eine unklare Eingangssituation und eine schlechte Orientierung Masterplanung Bestandsgebäude Neubau OP geplante Erweiterung Grundriss mit neuem Operationsgebäude und Umbau Ambulanz ebenso einen Umnutzungsplan für den gesamten Bestand des Krankenhauses. Es wurden vor allem Umplanungen in der Ambulanz vorgesehen, deren verschiedene Einrichtungen derzeit stark verstreut sind und einer schnellen Orientierung auf dem Gelände entgegenwirken. Im stationären Bereich wurden neue Patientenzimmer und ein neues Operationsgebäude geplant, die Versorgungsstruktur des Krankenhauses wurde verbessert. Die Angehörigen der Patienten sollten in Zukunft über eigene Schlaf-, Koch- und Waschräume verfügen, außerdem wurden neue sanitäre Anlagen vorgesehen. Das Ziel zukünftiger Erweiterungen ist es, schon bestehende Strukturen effizienter zu nutzen und diese städtebaulich nachzuverdichten, um der Zersiedelungsproblematik in Afrika entgegenzuwirken. Diese Problematik zeichnet sich in der aktuellen Bebauung des Areals ab, sie ist geprägt durch die weitläufige Verteilung der Baumassen. Die Masterplanung sieht eine Erschließung der einzelnen Bereiche entlang einer Hauptachse vor, an der sich Plätze mit unterschiedlicher Nutzung aufspannen. Das Erschließungskonzept über eine Hauptachse gewährleistet eine schnelle Orientierung und kurze Wege. Im ersten Bauabschnitt wurde diese Achse durch die Setzung des neuen Operationstraktes definiert. Längsschnitt Operationsgebäude Querschnitt Operationsgebäude Aufwachzone Operationssaal Operationsgebäude Blick durch die multifunktionale Raumzone Das neue Operationsgebäude fügt sich in einen schon bestehenden Patientenhof ein und ist über ein Verbindungsgebäude an die neue Intensivstation (alter OP) gekoppelt. Das Zentrum des Operationsgebäudes bilden zwei Operationssäle, um die sich in einer Raumschicht die kleinteiligen, den OP bedienenden Räume legen. Dieser Bereich beinhaltet neben den beiden Operationssälen, einen Technikraum, eine Vorreinigung mit angeschlossener Sterilisation, Umkleiden und Sanitärräume. Kontrastierend zu dieser kleinteilig gegliederten Raumstruktur steht eine offen gestaltete Raumabfolge, die Funktionen wie die Patientenvorbereitung, den Aufwachbereich und einen Aufenthaltsbereich für die Mitarbeiter birgt. Dieser großzügig gestaltete Bereich ist multifunktional nutzbar, im Falle zukünftiger Nutzungsänderungen zeichnet er sich durch Flexibilität aus. Materialisierung Gebäudeaufbau Bodenplatte Für das Operationsgebäude wurde eine Bodenplatte aus Stahlbeton angefertigt. Als Sauberkeitsschicht diente Sand, in den die Abflüsse für die sanitären Anlagen eingebettet wurden. Zur Herstellung einer Trennlage musste auf eine vor Ort erhältliche Folie zurückgegriffen werden. Hierauf wurde eine Bewehrungsmatte aus 8 mm dickem Bewehrungsstahl aufgebracht. Diese Matte wurde aus einzelnen Bewehrungsstählen vor Ort geflochten. Der Beton für die Bodenplatte wurde manuell auf dem Untergrund angemischt. Dies hatte zur Folge, dass ein großer Teil der Zementmilch im Boden versickerte. Um trotzdem die nötige Festigkeit zu gewährleisten, wurde mehr Zement als benötigt beigemischt. Da der angemischte Beton mit Schubkarren transportiert werden musste, erstellten die Arbeiter in der zu gießenden Bodenplatte Trennstege. Die Bodenplatte wurde abschnittsweise betoniert. Wandaufbau Die Wände und Stützen des Operationsgebäudes wurden aus Betonstein gemauert. Um eine Gesamtstabilität des Gebäudes zu gewährleisten wurden die Stützen über Bewehrungsstahl mit der Bodenplatte verbunden und anschließend mit Ortbeton ausgegossen. Die Stützen wurden bis auf zwei Ausnahmen durch Brüstungen verbunden. Ringanker Der Ringanker verbindet Stützten und Mittelwand und leitet Windlasten über das gesamte Gebäude ins Fundament ab. Um auf unnötige Stürze zu verzichten wurden die Tür- und Fassadenelemente bis an den Ringbalken herangeführt. In den Bewehrungskorb wurden bereits die Gewindestangen für die Fixierung des Dachwerkes und die Bewehrung für die Trägerauflager eingeflochten. Auflager für Fachwerkträger Da der Fachwerkträger getrennt von der Deckenkonstruktion funktioniert, musste er durch zusätzliche Auflager vom Ringbalken angehoben werden. In diese Auflager sind die Gewindestangen einbetoniert an denen der Träger fixiert ist. Deckenaufbau Die Decke des Operationsgebäudes wurde als sichtbare Holzbalkendecke ausgeführt. Die Deckenbalken liegen auf einem T – förmigen Ringanker auf und sind durch Abstandshalter miteinander verbunden. Die Deckenuntersicht wird durch die Balken und darüberliegende Funierschichtholzplatten ausgebildet. Die Aussteifung der Deckenscheibe wird durch eine genagelte Bretterlage gewährt. Über dieser Bretterlage befindet sich eine bituminöse Abdichtungsbahn, auf die der Lehmschlag aufgebracht wird, der als Speichermasse für den OP dient. Dachtragwerk Das Einsetzten von Fachwerkträgern ermöglicht eine möglichst große Hinterlüftungsebene. Obergurt, Untergurt, Druck- und Zugstäbe (8cm x 8cm) des Trägers liegen in einer Ebene und sind mit Nagelbrettern aus Sperrholz durch Nägel verbunden. Der Träger wird durch einbetonierte Gewindestangen an den Ringanker fixiert. Die vertikale Aussteifung (Latten), die horizontale Aussteifung (Stahlseile), die Dachlatten und das Trapezblech werden verschraubt. Die vorgefertigten Träger wurden in zwei Teilen mithilfe einer Rampe auf das Dach gezogen und dort zusammengefügt. Um einen effizienten Bauablauf zu gewähren, wurde jeweils erst eine Anzahl von Trägern auf das Dach gehoben, gelagert und dann an Position mit Gewindestangen fixiert. Anbindung an den Bestand Der Innenraum eines Operationsgebäudes soll möglichst steril sein. Wände und Fußböden sollen glatt verputzt und einfach zu reinigen sein. In Wänden und Decke sollen sich keine Nischen bilden, die Staubfänger sind oder Nistplatz für Insekten bieten. Deshalb entschied man sich die Wände aus vor Ort produzierten Betonsteinen auszuführen und diese mit Zement glatt zu verputzen. Auf die Bodenplatte aus Stahlbeton wurde ausschließlich ein Sichtbetonfußboden aus Zementestrich aufgebracht. Die Decke ist als sichtbare Balkendecke aus Sapeli Holz, einer afrikanischen Mahagoniart, ausgeführt. Die Verwendung von Holz wird in Kamerun, im Gegensatz zu vielen anderen afrikanischen Ländern, nicht kritisch gesehen. Kamerun verfügt über große Holzbestände, das Holz für den Bau des OP Gebäudes wurde vom Staat aus ökologisch nachhaltiger Waldnutzung gekauft. Dieses Holz wurde auch für die Konstruktion des „Schattendaches“ verwendet. Die Fenster- und Türprofile wurden in der Schreinerei des Krankenhauses ebenfalls aus Sapeli gefertigt. Zur Verbesserung des Raumklimas wurde in den Deckenaufbau eine Schicht Lehmschlag, ein Gemische aus Lehm, Sand und Stroh, integriert. Sonnenstand 21. Dez 12:00 59,9° Sonnenstand 21. Juni 12:00 107,3° Sonnenstand 21. Juni 12:00 107,3° Sonnenstand 21. Dez 12:00 59,9° Klimakonzept In Kamerun herrschen tagsüber extrem hohe Temperaturen, die durchschnittlich bis zu 33 °C erreichen. Die hohe Luftfeuchtigkeit sorgt für eine langsamere Abkühlung der Luft. Dies führt vor allem unter Tag leicht zu einer Überhitzung von Gebäuden. Um einer unkontrollierten Aufheizung entgegenzuwirken, wurde für den Bau des neuen Operationsgebäudes nach Lösungen gesucht, die ein angenehmes Raumklima erzeugen ohne zusätzliche Kühlenergie zu benötigen. Der Baukörper wurde (Ost – West) längs zur Mittagssonne gesetzt um die Angriffsfläche für die flachstehende Morgen- und Abendsonne möglichst gering zu halten. Auf der Nord- und Südseite wurden Dachüberstände gebaut, die den konstruktiven Aufwand zur Verschattung zu reduzierten. Die Größe der Dachüberstände wurde nach den maximalen Sonneneinfallswinkeln (21. Juni 12:00 107,3° / 21. Dez 12:00 59,9°) so geplant, dass Nord- und Südfassade stets verschattet sind. Die Stützen in der Fassade sind so tief, dass sie die tiefstehende Morgen- und Abendsonne abhalten. Auf diese Weise wurde einer Aufheizung der Fassade entgegengewirkt und im Operationsgebäude das Arbeiten mit blendfreiem Tageslicht ermöglicht. Die Dachkonstruktion des Gebäudes ist als „Doppeldach“ konzipiert. Das Operationsgebäude besitzt ein flaches Dach aus einer Balkendecke, einer Abdichtungsebene und Lehmschlag als zusätzliche Speichermasse. Damit sich das flache Dach nicht überhitzt, befindet sich über diesem „Dach“ ein Fachwerkträger, der eine weitere Fenster- und Lüftungselement Dachfläche (Neigung 7°) generiert. Im Dachzwischenraum erhitzt sich die Luft, steigt auf und wird durch die natürliche Thermik über die Neigung nach außen geleitet. Auf diese Weise findet bei heißen Außentemperaturen eine ständige Luftzirkulation in der Hinterlüftungsebene statt. Das „Doppeldach“ senkt die Temperaturen im Innenraum um mehrere Grad Celsius. Lüftung Eine große Rolle für die Planung eines Lüftungskonzeptes spielten die hygienischen Anforderungen die in einem Operationstrakt zu berücksichtigen sind. Im alten OP waren eine Klimaanlage vorzufinden, um ein angenehmes Raumklima zu erreichen mussten die Mitarbeiter jedoch durch die Fenster lüften. Durch das Öffnen der Fenster kamen Staub und Insekten in die Räumlichkeiten, was nicht den hygienischen Anforderungen entsprach. Das Konzept für die Lüftung des neuen OP´s ist so ausgelegt, dass es weitgehend wartungsneutral ist. Ohne den Einsatz von Technik sind unter den festverglasten Fenstern Lüftungslamellen angebracht. Vor die Lamellen sind innen ein Insektengitter und ein mit Stoff bespannter Rahmen befestigt. Sobald der Stoff sichtbar verstaubt ist, kann er von den Krankenhausmitarbeitern ausgewechselt werden. In den OP-Sälen sind zusätzliche öffenbare Klappen vorgesehen, sowie ein Lüfter, der die Luft durch Ventilatoren absaugt und über einen zentralen Technikraum ins Freie leitet. Das Gebäude wird zusätzlich über Quer- und Nachtlüftung durch die Lüftungsklappen in den Fensterelementen abgekühlt. Prinzip der simplen Lüftung im Gebäude Entwurfsgruppe WS 2011 / 12 Styliani Birda, Doria Bornheimer, Tsun Ning Chuang, Karina Gnüchtel, Theresa Ludwig, Michael Mayer, Annamaria Nickels, Bogdan Ioan Pascalau, Magdalena Pfeffer, Hamza Sezgin, Julia Schillinger, Nikola Stoyanov, TröndlinEhrler, Philip Weibhauser Entwurfsgruppe Vertiefung SS 2012 Doria Bornheimer, Karina Gnüchtel, Michael Mayer, Magdalena Pfeffer, Julia Schillinger, Steffi Tröndlin-Ehrler, Philip Weibhauser Mitwirkende Studenten: Studierende der TUM: Styliani Birda, Doria Bornheimer, Karina Gnüchtel, Michael Mayer, Magdalena Pfeffer, Julia Schillinger, wSteffi Tröndlin-Ehrler, Philip Weibhauser