Ende der Fahnenstange - FAP

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IMMOBILIEN BUSINESS_10/2014
Ende der Fahnenstange
Immobilienfinanzierung – Hypothekarkredite sind so billig wie nie
zuvor. Jetzt sehen Experten die Trendwende kommen und raten Investoren,
sich die aktuell niedrigen Zinsen langfristig zu sichern.
Von Richard Haimann, Bild: PD
Moody’s: schlechte Noten fürs Schweizer Bankensystem
Die Mitteilung war kurz, schlug aber
bei Immobilienfinanzierungsexperten
wie eine Bombe ein: In einer nur
530 Wörter umfassenden Notiz senkte
die US-Ratingagentur Moody's jüngst
ihren Ausblick für das Schweizer
Bankensystem von stabil auf negativ.
Grund hierfür, liessen die Analysten
in New York wissen, seien die jüngsten Schritte der Politiker in Bern «zur
Umsetzung eines Konzepts, das eine
Lastenteilung mit den Gläubigern im
Rahmen der Abwicklung zahlungsunfähiger inländischer Banken vorsieht».
Damit sinke die Wahrscheinlichkeit,
dass die Bundesregierung «Gläubigern
im Bedarfsfall Unterstützung zukommen lassen wird».
Sechs Jahre nach Ausbruch der Finanzkrise werden die Karten im europäischen Bankensektor neu gemischt – mit
erheblichen Konsequenzen für Immobilieninvestoren. Was die Schweizer Regierung gerade auf den Weg bringt, ist
in der EU bereits beschlossene Sache:
Schon vergangenes Jahr einigten sich
Vertreter von EU-Kommission, Europaparlament und Europarat auf neue Regeln zur Rettung und Abwicklung angeschlagener Banken. Damit Regierungen
bei einer neuen Krise nicht erneut milliardenschwere Rettungspakete mit
Steuergeldern schnüren müssen, sollen von 2016 an Aktionäre der Institute
und Zeichner ihrer Anleihen mit ihrem
Kapital im Fall des Falles haften. Dies
zwinge die Institute, «Geld für schwere
Zeiten zur Seite zu legen», ist der EUFinanzkommissar Michel Barnier überzeugt.
Die Zeit der billigen
Hypothekarzinsen geht zu Ende
Die Brüsseler Entscheidung brachte
Ende vergangenen Jahres die Aktienkurse der grossen Finanzkonzerne innerhalb der EU unter Druck, während
jene von Schweizer Banken zum Teil
kräftig anzogen. Allein die UBS-Aktie
legte von Anfang Dezember 2013 bis
Mitte Januar dieses Jahres um 17 Prozent zu. Seit die Regierung in Bern ihre
Reformpläne vorgestellt hat, geht es
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«Europas Bankenlandschaft
steht vor einer Konsolidierungswelle.»
Guy de Blonay, Jupiter Asset Management
«Die Zeit der niedrigen Zinssätze für Hypothekarkredite neigt sich dem Ende zu. Tiefer geht es nicht
mehr, das Ende der Fahnenstange ist erreicht.»
Curth Flatow, Flatow Advisory Partners
allerdings auch mit eidgenössischen
Bankpapieren abwärts. Von Juni bis
Anfang September gab die UBS-Notierung um zehn Prozent nach; die Aktie
der Credit Suisse verlor im selben Zeitraum knapp sieben Prozent.
Auf den ersten Blick scheinen die neuen Haftungsvorgaben der Banken Immobilieninvestoren nicht zu treffen.
Momentan sind die Institute mit ihren
Geschäften zufrieden. Das zeigt die
jüngste Umfrage von Flatow Advisory Partners (FAP) zur Stimmung der
Kreditgeber im gewerblichen Immobilienfinanzierungsmarkt. Gegenüber
dem zweiten Quartal dieses Jahres
ist der FAP-Index um 65 Basispunkte auf 2,48 Zähler gestiegen. «Das ist
der höchste Stand seit Anfang 2013»,
sagt Curth Flatow, Gründer und ge-
schäftsführender Gesellschafter des
Berliner Beratungsunternehmens für
die Beschaffung und Strukturierung
von Immobilieninvestmentkapital. «Der
Grund für die gute Laune der Banken
liegt im günstigen Zinsumfeld, das
die Nachfrage nach Immobilien und
Finanzierungen anschiebt», erläutert
der Experte.
Doch Immobilieninvestoren sollten
sich von der positiven Stimmung nicht
anstecken lassen, fügt Flatow gleich
hinzu. «Die Zeit der niedrigen Zinssätze
für Hypothekarkredite neigt sich dem
Ende zu.» Zwar hat die Europäische Zentralbank (EZB) dieses Jahr den Leitzins auf das Rekordtief von 0,15 Prozent gesenkt und damit in die Spanne
von null bis 0,25 Prozent gebracht,
die die Schweizer Nationalbank seit
Längerem fährt. Damit hätten aber
die Hüter der Gemeinschaftswährung ebenso wie die eidgenössischen
Notenbanker ihren Spielraum aufgebraucht. «Tiefer geht es nicht mehr,
das Ende der Fahnenstange ist erreicht», sagt Flatow. «Bestandshalter
und Immobilienkäufer, die ihre Objekte nicht nur kurzfristig halten wollen,
sind gut beraten, jetzt langfristige
Finanzierungen abzuschliessen, um
sich die günstigen Konditionen für
zehn oder mehr Jahre zu sichern.»
Tief greifende Veränderungen
Für die Zinswende sehen Experten
mehrere Gründe. Da ist die Gläubigerhaftung, die Banken zwingt, ihre Risiken zu reduzieren, um weiterhin Anlei-
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hen begeben und Kapitalerhöhungen
vornehmen zu können. Hinzu kommt
das vom Basler Ausschuss der Bank
für Internationalen Zahlungsausgleich
beschlossene jüngste Reformpaket,
kurz Basel III genannt. Es sieht vor,
dass Banken bis zum 31. März 2019 die
von ihnen ausgereichten Kredite mit
deutlich mehr Eigenkapital als bislang
unterlegen müssen. Besonders hohe
Eigenkapitalquoten sind für Hypothekardarlehen vorgesehen, deren Beleihungsauslauf – im Fachjargon auch
Loan to Value, kurz LTV, genannt – die
Schwelle von 60 Prozent überschreitet.
Dabei haben zahlreiche Institute in den
vergangenen Jahren immer höhere Beleihungsausläufe akzeptiert, um mehr
Geschäft zu machen. «In Deutschland
reicht die Spanne der LTV-Werte inzwischen bis zu 110 Prozent», sagt Flatow.
«Im Mittel liegt der LTV-Wert derzeit
bei 71 Prozent.»
Die Basel-III-Vorgaben und die Gläubigerhaftung zwingen nun die Institute,
künftig nur noch weitgehend risikoarme Immobilienkredite mit LTV-Werten
von maximal 60 Prozent zu begeben.
Das ist weniger, als die meisten Investoren wollen. Damit bahne sich eine tief
greifende Veränderung am Finanzierungsmarkt an, meint Flatow. «Banken
werden sich von Kreditgebern zu Kredit-Arrangeuren wandeln.»
Beispielhaft dafür sei der jüngst von
der Deutsche Hypo als Konsortialführer geschmiedete langfristige Kredit
für die Mall of Berlin, sagt Flatow.
«Künftig werden wir deutlich mehr
solcher strukturierten Finanzierungen mit Banken-externen Partnern
sehen.» Das grösste innerstädtische Shoppingcenter Europas mit
80.000 Quadratmetern Einzelhandelsfläche am Leipziger Platz im Herzen
der deutschen Hauptstadt hat ein
Joint Venture der High Gain House
Investments und der Arab Investments in London erworben. Für den
Deal hat die Deutsche Hypo über eine
komplexe Strukturierung einen Kredit
mit zehnjähriger Laufzeit über umgerechnet 724,4 Millionen Franken
arrangiert. Dabei stellt der Gewerbeimmobilienfinanzierer
selbst
nur
96,6 Millionen Franken. 543,3 Millionen
Franken kommen von der Bayerischen
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«Durch die Einbindung unterschiedlicher
Finanzierungspartner haben wir die Mallof-Berlin-Transaktion realisieren können.»
Andreas Pohl, Vorstandssprecher der Deutsche Hypo
Versorgungskammer (BVK), den Rest
bringen zwei Kreditfonds der BNP
Paribas REIM Germany auf. «Durch
die Einbindung unterschiedlicher Finanzierungspartner haben wir diese
Transaktion realisieren können», sagt
Andreas Pohl, Vorstandssprecher der
Deutsche Hypo. Weitere gemeinsame
Vorhaben seien geplant, sagt André
Heimrich, Mitglied des Vorstands der
BVK. Die Mall of Berlin sei «ein gelungenes Beispiel für zukünftige
Projekte».
Konsolidierungswelle
im Bankensektor
Dass Banken ihr Kreditgeschäft künftig zurückfahren und verstärkt als
Arrangeure tätig werden, hat noch
einen weiteren Grund: Die Institute
lieferten sich zuletzt einen so harten
Wettbewerb um Immobilieninvestoren,
dass sie selbst kaum noch dem Risiko angemessene Erträge generieren
können. «In Deutschland sind die
Margen im Immobilienfinanzierungsgeschäft von 181 Basispunkten im
zweiten Quartal auf zuletzt nur noch
167 Basispunkte gesunken», sagt Flatow. «Die Banken haben daher keinen
nennenswerten Spielraum mehr, um
die Hypothekarkreditzinsen noch weiter zu senken.»
Darüber hinaus kündigt sich noch
eine weitere Entwicklung an: «Europas Bankenlandschaft steht vor einer
Konsolidierungswelle», urteilt Guy de
Blonay, Fondsmanager bei der Londoner Investmentgesellschaft Jupiter Asset Management. Die Ergebnisse des
Stresstests der EZB werden zahlreiche
mittelgrosse Institute zwingen, sich mit
anderen zusammenzuschliessen. Etliche dieser Banken dürften nicht über
ausreichende Aktiva verfügen, um auf
Dauer allein weiter am Markt bestehen
zu können. Zwar würden die Aufsichtsbehörden weitere Übernahmen jenen
Finanzkonzernen untersagen, die als
systemrelevant gelten, weil sie bei einem Zusammenbruch Kapitalmarktkrisen auslösen können. Unter den
mittelgrossen Banken dürfte jedoch
eine Reihe von Instituten die Resultate
des Stresstests «für ausgewählte Zukäufe schwächerer Mitbewerber nutzen», ist de Blonay überzeugt.
Für Käufer und Bestandshalter von
Liegenschaften bedeutet dies, dass
die Zahl der Hypothekarbanken in
den kommenden Jahren schrumpfen
wird und die verbleibenden Institute
ihre Zinssätze anheben werden. «Zu
einer Kreditklemme muss dies nicht
führen», sagt Flatow. «Weltweit steigen immer mehr Pensionskassen und
Versicherungen in Kreditfonds und
das Immobilienfinanzierungsgeschäft
ein, sodass weiterhin ausreichend
Liquidität vorhanden sein dürfte.» Im
Gegensatz zu Banken, die Giralgeldschöpfung betreiben und deshalb
mit geringeren Renditen auskommen
können, müssen diese institutionellen
Investoren bei Hypothekardarlehen
jedoch höhere Erträge erzielen, um
ihre Verpflichtungen gegenüber ihren
Versicherten decken zu können. Höhere Zinsen auf Hypothekarkredite,
glaubt Flatow, «sind deshalb unausweichlich».
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