Andreas THINSCHMIDT, Wien Die Verwendung von Naturbausteinen in der romanischen Sakralarchitektur des Waldviertels Im Zuge mehrerer FWF-Forschungsprojekte wurden seit Ende der 1980er Jahre am Institut für Angewandte Geologie der Universität für Bodenkultur in Wien die Baugesteine von etwa 250 Objekten in ganz Niederösterreich dokumentiert. Manche Befundungen beinhalten großflächige Fassadenkartierungen, viele nur einzelne (manchmal dislozierte) Objekte wie Mauerreste, Grabsteine, etc. Die Liste der befundeten Objekte wird laufend ergänzt. Thema der Posterpräsentation ist eine Gesamtdarstellung der Ergebnisse bisheriger Forschungen im Gebiet des Waldviertels, belegt durch rund 100 befundete Objekte. Schwerpunkt ist die regionale Verbreitung der verwendeten Gesteine in den sakralen Bauwerken der Romanik und damit die Charakteristik der Waldviertler "Bausteinlandschaft" zu dieser Zeit. Darüber hinaus wird die Abhängigkeit des verwendeten Baumaterials von Verfügbarkeit, Bearbeitbarkeit, Haltbarkeit, Transportweite sowie Verwendungszweck untersucht. Bemerkenswert ist die große Abhängigkeit des Mauerwerkstypus vom verfügbaren Gesteinsmaterial und damit von der Geologie des Standortes. Im Waldviertel überwiegt aufgrund der eher schlechten Bearbeitungskriterien (meist sehr harte, kaum nach definierten Richtungen spaltbare Materialien) Steinmauerwerk aus unbearbeiteten Komponenten (Klaub- und Lesestein- bis Bruchsteinmauerwerk, ca. 55 %) gegenüber bearbeiteten (Haustein- und Quadermauerwerk, ca. 45 %). Während im westlichen Waldviertel der eher grobkörnige Eisgarner Granit wegen seiner im Vergleich zu anderen Graniten leichteren Formbarkeit als Werk- und Dekorstein durchaus beliebt war (siehe unten), ist er als Mauerstein unterrepräsentiert. Hier werden die noch gröberen, porphyrischen Varianten wie Rastenberger Granodiorit und Weinsberger Granit bevorzugt, die aufgrund ihres hohen Anteils an großen Feldspatkristallen leichter spaltbar sind. Besonders harte und "zähe" Typen wie der feinkörnige Schremser und Mauthausener Granit sowie der Thaya-Granit des östlichen Waldviertels, die in der Moderne als Werkstein eine bedeutende Rolle spielen, wurden in der Romanik scheinbar gemieden. Lagerhafte Ausbildung des Mauerwerkes kommt bei granitenen Mauerwerken selten vor. Lagerhafte Strukturen sind hingegen sehr häufig an Gebäuden zu finden, in denen lokales Kristallin in Form von Gneisen, Amphiboliten und anderen geschieferten Gesteinen verbaut wurde, allesamt Gesteine mit ausgeprägter, richtungsabhängiger Spaltbarkeit. Vor allem im nördlichen, zentralen und südöstlichen Waldviertel ist der Typus "Mauerwerk aus unbearbeitetem, lokalem Kristallinmaterial" der Regelfall und lässt sich waldviertelweit bei fast 50 % aller Bauwerke nachweisen. Im östlichen Waldviertel dominiert im Mauerwerk erwartungsgemäß der weiche und leicht bearbeitbare Zogelsdorfer Kalk(sand)stein. Die Transportweiten für Mauerbausteine waren durchwegs gering - max. 10 km vom nächsten verfügbaren Vorkommen entfernt (z. B. gemessen für den relativ gesuchten Zogelsdorfer Stein). Es wurde fast immer der geeignetste lokal vorhandene Stein verwendet und das Mauerwerk gemäß den Materialeigenheiten gestaltet. Es ist daher Vorsicht geboten, eine Chronologie von Mauerwerken allein aufgrund ihrer Struktur zu versuchen, ohne die Materialeigenschaften ihrer Komponenten miteinzubeziehen. Bei sorgfältiger bearbeiteten Werk- und Dekorsteinen war in erster Linie der Zogelsdorfer Stein von Bedeutung (fast 30 % aller befundeten Objekte), für den sich bereits im 12. Jahrhundert Beispiele finden lassen. Sein Schwerpunkt liegt naturgemäß im Osten des Waldviertels. Im Westen waren vor allem Eisgarner Granit und Rastenberger Granodiorit (zwischen 15 % und 20 %) in Verwendung. Häufiger ist auch noch Wachauer Marmor vertreten (ca. 10 %), der vor allem im südlichen Waldviertel genutzt wurde. 22 Für Werk- und vor allem Dekorsteine, die für die ästhetische und repräsentative Ausgestaltung eines Bauwerkes von besonderer Bedeutung waren, nahm man größere Transportweiten in Kauf. Manche Gesteine wie der Eisgarner Granit, der für die Herstellung von Grabsteinen und Taufbecken gerne genommen wurde, können bis zu 30 km (in einem Fall sogar rund 40 km) vom vermutlichen Abbauort entfernt aufgefunden werden. Auch für den Zogelsdorfer Stein war man gewillt, größere Entfernungen zu bewältigen. Einschränkend ist jedoch die Möglichkeit eines (u. U. mehrfachen) Ortswechsels eines Objektes anzunehmen. Altersverteilung (Angaben übernommen aus DEHIO 1990): Bei Mauerwerken überwiegen Befunde aus dem 12. Jahrhundert (ca. 55 %), gefolgt von jenen des 13. Jahrhunderts (knapp 40 %) und nur sehr wenigen aus dem 11. Jahrhundert (ca. 5 %). Bei Werk- und Dekorsteinen hingegen sind zwei Drittel aller Befunde aus dem 13. Jahrhundert, gegenüber etwa 15 % aus dem 12. Jahrhundert und keinem einzigen früheren Befund (etwa 20 % sind allerdings nicht näher datiert). Weiterführende Informationen und eine Liste der befundeten Objekte finden Sie unter: http://www.oeab.at/kulturgeologie/projekte.htm#romanik. 23