Fachbereich Soziale Arbeit, Bildung und Erziehung Studiengang: Early Education – Bildung und Erziehung im Kindesalter %DFKHORUDUEHLW zur Erlangung des akademischen Grades Bachelor of Arts (B.A.) 6SUDFKXQG(U]¦KONRPSHWHQ]HQYRQ.LQGHUQ LQ.LQGHUWDJHVHLQULFKWXQJHQ Name: Anne Schäper URN: urn:nbn:de:gbv:519-thesis2014-0280-7 Erstprüfer: Prof. Dr. Claudia Hruska Zweitprüfer: Prof. Dr. Mandy Fuchs Datum: 21.07.2014 Inhaltsverzeichnis Einleitung 2 1 4 Grundlegendes zur sprachlichen Kommunikation 1.1 Die kindliche Entwicklung kommunikativer Kompetenzen 4 1.1.1 Wie verläuft die Sprachentwicklung des Kindes? 4 1.1.2 Welche kommunikativen Kompetenzen unterscheidet man? 7 1.1.3 Erzählen als Kernkompetenz 8 1.2 Die Bedeutung von kommunikativen Kompetenzen 10 1.2.1 Für das Kind 10 1.2.2 Für Eltern und pädagogische Fachkräfte 11 1.3 2 Zusammenfassung Kommunikation in Kindertageseinrichtungen 2.1 Sprach- und Erzählkompetenzen von Kindern fördern 12 13 14 2.1.1 Anforderungen an pädagogische Fachkräfte 14 2.1.2 Notwendige Rahmenbedingungen 14 2.1.3 Bildungs- und Erziehungspartnerschaft mit Eltern 17 2.1.4 Zusammenfassung 19 2.2 Gespräche mit Kindern 21 2.2.1 Wie können Gespräche mit Kindern gelingen? 21 2.2.2 Die Entwicklung einer Gesprächs- und Erzählkultur 28 2.2.3 Zusammenfassung 30 2.3 Gespräche unter Kindern 2.3.1 Besonderheiten von Gesprächen unter Peers 2.3.2 Begleitung und Unterstützung von Gesprächen unter Kindern durch 2.3.3 3 32 32 pädagogische Fachkräfte 34 Zusammenfassung 36 Praktische Umsetzungsmöglichkeiten 36 3.1 Ankommen und Verabschieden in der Kita 37 3.2 Die Gestaltung von Morgenkreisen und anderen Ritualen 38 3.3 Tischgespräche 40 3.4 Freispiel 41 3.5 Erzählen und Kommunizieren in Form von Projekten 44 4 Fazit 47 Anhang 49 Literatur- und Quellenverzeichnis 50 Eidesstattliche Erklärung 54 1 Einleitung Sprache ist das wichtigste Ausdrucksmittel, das der Mensch besitzt. Im Dialog mit anderen tauschen wir zum Beispiel Erfahrungen und Ideen, Stimmungen und Gefühle aus und setzen uns aktiv mit unserer Umwelt auseinander. Sprach- und Erzählkompetenzen braucht man ein Leben lang – ob in der Schule, im Beruf oder im alltäglichen Leben. Aber oftmals fallen einem die Worte nicht mehr ein und man kommt in Verlegenheit, wenn man spontan etwas erzählen soll, etwa eine Rede oder Präsentation vor Publikum halten muss. Oder man hat das Gefühl, missverstanden worden zu sein und nicht das ausgedrückt zu haben, was man eigentlich meinte. Nicht selten liegen die Gründe dafür in der Kindheit: Kinder 1 sollen zuhören statt reden, sie werden häufig verbessert und beschämt, sodass sie die Lust am Sprechen, Geschichten erzählen oder dem kreativen Spiel mit Sprache verlieren können. Dabei ist gerade dies so bedeutsam für die kindliche Sprach-, aber auch Persönlichkeitsentwicklung. Die mündliche Sprache ist nicht nur ein Kommunikationsmittel, sondern sie gilt auch als Vorläufer zur Schrift. Durch das positive Erleben beim Sprechen kann zudem das Selbstbewusstsein gestärkt und die Fantasie angeregt werden. Auch das soziale Miteinander sowie das Entstehen von Freundschaften und Beziehungen leben von der Kommunikation untereinander. Kindertageseinrichtungen2 leisten einen wichtigen Beitrag zur Entwicklung und Bildung von Kindern. Doch viele PädagogInnen3 sind sich der Bedeutung von Kommunikation und Sprache für die Entwicklung der Kinder meist nur unzureichend bewusst oder wissen häufig nicht, wie sie die Interaktionen mit dem Kind im pädagogischen Alltag gestalten sollen bzw. wie die Kommunikation mit dem Kind und die der Kinder untereinander gefördert werden kann. Auch das mündliche, aktive Erzählen der Kinder kommt dabei oft zu kurz, sodass sich die vorliegende Arbeit nun genauer mit dieser Thematik auseinandersetzt. 1 Im Folgenden ist das ein oder andere Mal vom Kind oder Kindern die Rede, dabei sind ausdrücklich sowohl Mädchen als auch Jungen gemeint. 2 Die Begriffe Kindertageseinrichtung, Kindertagesstätte und Kindergarten werden zur Vereinfachung synonym verwendet und im weiteren Verlauf abgekürzt als: Kita. 3 Synonym verwendet werden im Folgenden auch die Begriffe pädagogische Fachkraft und ErzieherIn. Gemeint sind hierbei stets Frauen und Männer. 2 Die folgende Frage steht in diesem Zusammenhang dabei im Fokus: Wie können Kinder durch pädagogische Fachkräfte in Kitas darin begleitet und angeregt werden, sich häufig und vielfältig auszudrücken? Zuerst soll kurz auf den Verlauf der Sprachentwicklung von Kindern eingegangen werden, den PädagogInnen kennen sollten, um daraus Schlüsse über die aktuellen Bedürfnisse der Kinder zu ziehen und um alters- und entwicklungsgerechte Fördermöglichkeiten ihrer Sprach- und Erzählkompetenzen zu ermöglichen. Danach folgt eine Unterscheidung der verschiedenen kommunikativen Fähigkeiten, die Kinder im Laufe ihrer Sprachentwicklung erwerben müssen und es sollen der besondere Stellenwert des Erzählens sowie die Bedeutung kommunikativer Kompetenzen für die Kinder selbst als auch für Eltern und pädagogische Fachkräfte hervorgehoben werden. Im zweiten Kapitel sollen Handlungsweisen für pädagogische Fachkräfte entwickelt werden, um kindliche Sprach- und Erzählkompetenzen unterstützen und fördern zu können. Dazu wird erläutert, welche Anforderungen im Zuge einer solchen Förderung an die PädagogInnen gestellt werden und welche Rahmenbedingungen erfüllt sein müssen, damit eine Unterstützung der Lern- und Bildungsprozesse von Kindern auch gelingen kann. Eine wesentliche Rolle spielt dabei auch die Zusammenarbeit mit Eltern und Familien; diese soll ebenfalls thematisiert werden, wie auch die mögliche Dialoggestaltung der pädagogischen Fachkräfte mit den Kindern. Wie Gespräche mit Kindern gelingen können oder auch verhindert werden und auf welche Weise eine Gesprächs- und Erzählkultur in der Kita entstehen kann, wird anschließend erläutert. Ein weiteres Augenmerk liegt auf den Interaktionen unter Peers. Ferner soll beleuchtet werden, wie Gespräche unter Kindern von PädagogInnen begleitet werden können. Anhand von Schlüsselsituationen, die typischerweise im Kita-Alltag vorkommen, werden schließlich im letzten Kapitel exemplarisch einige praktische Umsetzungs- und Gestaltungsmöglichkeiten für den Kita-Alltag aufgezeigt, die PädagogInnen als Anregungen dienen sollen, um Kinder in ihrer Sprachentwicklung kompetent begleiten und unterstützen zu können. Der Schwerpunkt liegt dabei auf Kindern im Alter von drei bis sechs Jahren. Die Kapitel werden zwischendurch in groben Zügen zusammengefasst. Den Abschluss dieser Arbeit bildet das Fazit. 3 1 Grundlegendes zur sprachlichen Kommunikation In diesem ersten Kapitel geht es um grundlegende Aspekte der sprachlichen Kommunikation, welche die Basis für darauf aufbauende pädagogische Handlungsweisen, die im zweiten Kapitel erläutert werden, darstellen. Dazu zählen zum einen Kenntnisse über den Verlauf des Spracherwerbs von Kindern, welcher nun näher beschrieben wird, sowie daran anschließend ein Bewusstsein über den Stellenwert, den kommunikative Kompetenzen und hier vor allem Erzählkompetenzen für die Kinder und ihre Umwelt haben. 1.1 Die kindliche Entwicklung kommunikativer Kompetenzen 1.1.1 Wie verläuft die Sprachentwicklung des Kindes? Zunächst einmal sollten PädagogInnen ein Wissen darüber haben, wie Kinder Sprache lernen. Dies ist die Grundlage dafür, um sie in ihrer Entwicklung überhaupt unterstützen und schließlich auch fördern zu können. Zudem können PädagogInnen anhand von fundierten Kenntnissen über die kindliche Entwicklung im Allgemeinen und über die der Sprache im Besonderen erst sprachanregende Umgebungen schaffen (Reichert-Garschhammer & Kieferle, 2011, S. 16) sowie „das eigene Verhalten und Sprechen dem Reife- und Entwicklungsgrad des Kindes anpassen“ (von Hilgers & Ellneby, 2012, S. 15). Zu wissen, wie Kinder kommunizieren und sich kommunikative Kompetenzen aneignen, hilft Erwachsenen, keine überzogenen Erwartungen an die Kinder zu stellen (ReichertGarschhammer & Kieferle, 2011, S. 16) und ist die Grundlage dafür, Sprachauffälligkeiten wahrzunehmen (Jungmann & Albers, 2013, S. 8). PädagogInnen können von diesem Wissen nicht nur für ihre eigene Arbeit mit den Kindern profitieren, sie können auch Familien besser beraten, wenn sich Eltern zum Beispiel um die sprachliche Entwicklung ihres Kindes sorgen. Wie verläuft also die kindliche Sprachentwicklung? So unterschiedlich wie die Kinder selbst sind vollzieht sich auch der Prozess des Spracherwerbs höchst individuell. Jedes Kind lernt in seinem eigenen Tempo und Reihenfolge, trotzdem jedoch nicht ohne Systematik (Reichert-Garschhammer & Kieferle, 2011, S. 16). Einige Kinder lernen eher laufen, andere dagegen können früher sprechen. Dies zeigt nur, dass Kinder stets das lernen, was für sie aktuell am Bedeutsamsten in ihrer Entwicklung ist und dass diese Entwicklung von Erwachsenen nicht beschleunigt, sondern nur unterstützt werden kann (von Hilgers & 4 Ellneby, 2012, S. 16). Deshalb „sind Altersangaben auch im Rahmen der sprachlichen Entwicklung immer nur als eine Art Richtschnur anzusehen“ (Reichert-Garschhammer & Kieferle, 2011, S. 28). Sprache beginnt lange bevor das Kind seine ersten Worte sagt, denn bereits Neugeborene können kommunizieren – mit Schreien, Grimassen und Körperspannung oder durch Lallen und Augenkontakt (von Hilgers & Ellneby, 2012, S. 15). Sprache übt auf Babys einen ganz besonderen Reiz aus, da sie diese im Mutterleib schon von anderen Geräuschen unterscheiden können und vor allem die Stimme der Mutter prägend für das Kind ist (Siegler & DeLoache & Eisenberg, 2012, S. 309). So ist das „Zusammenspiel zwischen Kind und Erwachsenem […] der erste Schritt in der Sprachentwicklung“ (von Hilgers & Ellneby, 2012, S. 15-16). Oder anders ausgedrückt: „Kinder lernen von Geburt an in der Interaktion mit anderen Menschen sprechen.“ (Reichert-Garschhammer & Kieferle, 2011, S. 28). Bereits im ersten Lebensjahr entwickeln Kinder „die Grundlagen der Kommunikation und das Wechselspiel von Sprechen und Zuhören. Das wechselseitige Aufeinandereingehen im Interaktionsverhalten von Bezugspersonen und Kindern lässt sich in allen Kulturen nachweisen.“ (ebd., S. 16). Neugeborene drücken ihre Emotionen vorrangig nonverbal aus. Vor allem die gemeinsame Fokussierung eines Objekts („Joint Attention“) während der Interaktionen zwischen Mutter und Kind sind in dieser vorsprachlichen Phase besonders förderlich für den Spracherwerb des Babys (Albers, 2011, S. 22). Ab dem zweiten bzw. dritten Lebensmonat wird das „Brabbeln“ des Säuglings immer intensiver; das Kind beginnt, mit den Lauten zu spielen und produziert etwa ab dem achten Monat längere Konsonanten- und Vokalketten (von Hilgers & Ellneby, 2012, S. 17). Mit ungefähr neun Monaten dann „kann das Kind im Prinzip alle Laute, die es hört, nachahmen und mit zehn Monaten einen Teil der Wörter verstehen.“ (ebd.). Einige Kinder sprechen in dieser Zeit auch schon ihre ersten Wörter, während andere dies erst zwischen dem ersten und zweiten Lebensjahr tun. Sogenannte Einwortsätze dominieren bei einjährigen Kindern, Zweijährige sprechen schon in Zwei- oder Mehrwortsätzen (ebd.). Mit 18 bis ca. 24 Monaten kennen Kinder schon 50 und mehr Wörter und beginnen, diese immer häufiger miteinander zu kombinieren (Reichert-Garschhammer & Kieferle, 2011, S. 31). Drei- und Vierjährige lernen täglich eine Vielzahl neuer Wörter, wobei sich am aktiven Wort5 schatz eines Kindes nicht immer zeigt, wie viele Wörter es tatsächlich schon verstehen kann. Ein vierjähriges Kind „ist in seiner Sprachentwicklung weit vorangeschritten und kann jetzt auch die Grammatik immer besser korrekt anwenden.“ (von Hilgers & Ellneby, 2012, S. 19). In diesem Alter erfinden Kinder gern neue Wörter und können mit etwa fünf Jahren „reimen, Wörter vergleichen und mit ihnen spielen“ (ebd.); zudem haben Kinder diesen Alters die Regeln von Gesprächen allmählich erlernt – etwa das gegenseitige Anschauen, Ausreden lassen oder das sich Abwechseln beim Sprechen (Reichert-Garschhammer & Kieferle, 2011, S. 35). Die Entwicklung von Sprache und kommunikativen Kompetenzen hängt fest mit der Entwicklung kognitiver Fähigkeiten zusammen; Sprache steht daher „in enger Beziehung zum Denken und begleitet alle Aktivitäten des Kindes.“ (Bildungskonzeption für 0- bis 10-jährige Kinder in Mecklenburg-Vorpommern, 2010, S. 68). Daher sollten PädagogInnen wissen: „Drei- bis vierjährige Kinder können aus diesem Grund Geschichten mit schematisierten Ablaufmustern besser reproduzieren als Geschichten ohne dieses Muster, auch wenn sie deren Inhalt ganz gut kennen.“ (Kasten zit. nach Reichert-Garschhammer & Kieferle, 2011, S. 22). Märchen beispielsweise in der richtigen Reihenfolge nachzuerzählen, fällt Kindern in diesem Alter noch schwer und sie nennen in der Regel „keine Ziele oder innere Reaktionen der Hauptpersonen. Dafür fügen sie der Geschichte aber viele Einzelheiten hinzu, die für den Verlauf unbedeutend sind.“ (Reichert-Garschhammer & Kieferle, 2011, S. 22). Kinder im sechsten und siebten Lebensjahr hören und erzählen gerne Geschichten, können Gehörtes oder Gesehenes auch korrekt nacherzählen und interessieren sich für Buchstaben. Bis zum Ende der Kindergartenzeit haben Kinder das Prinzip von Sprache weitgehend erkannt und ihr Wortschatz umfasst in etwa 10.000 Wörter (Woolfolk, 2008, S. 68). In der Zeit des Spracherwerbs machen Kinder rasante Fortschritte, sodass auch Fehler, wie zum Beispiel das Übergeneralisieren (Reichert- Garschhammer & Kieferle, 2011, S. 32) oder Stottern (von Hilgers & Ellneby, 2012, S. 18) und scheinbare Rückschritte zum normalen Spracherwerb gehören und meist keinen Grund zur Sorge darstellen. „Auch über das Sehen lernt das Kind, wie Sprechen funktioniert, indem es Mundbilder, Gestik und Mimik beobachtet.“ (Reichert-Garschhammer & Kieferle, 2011, S. 36). Positive Sprach6 vorbilder sind dabei ebenfalls sehr wichtig (ebd., S. 32). Wenn Kinder Sprache lernen, lernen sie diese nicht isoliert, denn ihre „sprachlichen, emotionalen, sozialen, kognitiven und motorischen Lern- und Entwicklungsprozesse sind auf das engste miteinander verknüpft. Sie lernen ganzheitlich mit all ihren Sinnen, Emotionen, Kompetenzen und Ausdrucksformen, die sie von Anfang an aktiv einbringen.“ (ebd., S. 85). Sprache und deren Erwerb erfolgen zudem stets kontextgebunden; dies wird besonders dadurch deutlich, dass es eine Vielzahl an Ausdrücken gibt, die nur durch den speziellen Kontext, in dem sie verwendet werden, verstanden werden können (Albers, 2011, S. 47). Dass der Spracherwerb von Kindern aus einer Verknüpfung verschiedener kommunikativer Kompetenzen entsteht und somit äußerst komplex ist, soll im Folgenden deutlich werden. 1.1.2 Welche kommunikativen Kompetenzen unterscheidet man? „Wenn Kinder anfangen zu sprechen, haben sie noch eine Menge über die Sprache und darüber, wie man sie verwendet, zu lernen“ (ReichertGarschhammer & Kieferle, 2011, S. 16). Schon allein, um eine kurze Geschichte nacherzählen zu können, braucht es eine Vielzahl an kommunikativen Kompetenzen. Einige davon sollen nun näher erläutert werden: Wörter zu verstehen und ihre Bedeutung zu kennen, phonologische, morphologische und syntaktische Kenntnisse sowie einen umfangreichen Wortschatz zu besitzen, bezeichnet man als grammatische Kompetenz (ebd., S. 22). Daneben sind auch soziolinguistische Kompetenzen von großer Bedeutung, denn Sprache wird in unterschiedlichen sozialen Kontexten (etwa zwischen Erwachsenen und Kindern oder unter Gleichaltrigen, Zuhause oder in der Schule) auch anders verwendet (von Hilgers & Ellneby, 2012, S. 22). Die Diskurskompetenz „beinhaltet, einen sprachlichen Inhalt so organisieren und strukturieren zu können, dass er für den Zuhörer zusammenhängend und verständlich ist“ (ebd.). Ein typisches Beispiel ist dabei das Erzählen von Märchen, die üblicherweise mit „Es war einmal“ beginnen und mit dem Satz „Und wenn sie nicht gestorben sind, dann leben sie noch heute.“ enden. Die Handlung sollte einem roten Faden folgen, damit sie für andere auch verständlich ist. Mit strategischer Kompetenz ist die Fähigkeit gemeint, „verhindern zu können, dass ein Gespräch zusammenbricht, wenn es in der Kommunikation zu Schwierigkeiten kommt“, etwa durch die Zuhilfenahme von Gesten oder dem Erfinden von Umschreibungen 7 oder neuen Wörtern (ebd.). Hinzu kommen eine Reihe an persönlichkeitsbezogenen Kompetenzen wie beispielsweise Werte- und Normvorstellungen, die Kinder während des Spracherwerbs erlernen müssen (Reichert-Garschhammer & Kieferle, 2011, S. 17). Besonders für das Erzählen und aktive Sprechen sind auch rhetorische Fähigkeiten bzw. Textkompetenzen erforderlich, sodass zum Beispiel Geschichten für die Zuhörer als spannend oder fesselnd statt ausdruckslos und monoton gestaltet werden oder damit man sich als Redner vor Publikum Gehör verschaffen kann (ebd.). Zusammengefasst lässt sich feststellen: „Als Sprachkompetenz bezeichnet man also eine Fülle von sprachlichen und nicht sprachlichen Fertigkeiten, die dazu dienen, miteinander erfolgreich auf allen sprachlichen Ebenen kommunizieren zu können.“ (ebd.). Das aktive, mündliche Sprechen, also das Erzählen als eine der wichtigsten Kernkompetenzen soll jetzt hervorgehoben werden. 1.1.3 Erzählen als Kernkompetenz „Erzählen ist eine grundlegende Lebensäußerung, eine Mitteilung des Menschen an die Welt.“ (Knecht & Höfer & Straus, 2009, S. 18). Laut Duden (Duden online, 2014) hat das Verb erzählen folgende Bedeutungen: „schriftlich oder mündlich auf anschauliche Weise darstellen“, „berichten“ als auch „[in vertraulicher Unterredung] mitteilen, sagen“; zudem existieren unzählige Synonyme, die die große Relevanz für den Menschen deutlich machen. Da das Erzählen eine soziale Handlung ist und „eine ziemlich komplexe Aufgabe, die nur kooperativ zu erledigen ist“, lernt ein Kind dies auch „nicht nebenbei oder gar zwangsläufig, sondern nur unter günstigen Bedingungen, so etwa, wenn seine Bezugspersonen ihm einfühlsam behilflich sind beim Konzipieren erster kleiner Geschichten, wenn sie es erzählen lassen, ihm wirklich zuhören und ihm aktives Zuhören abverlangen, indem sie ihm Geschichten erzählen.“ (Merkelbach, 1995a, S. 33). Neben den alltäglichen Bedeutungen des Wortes erzählen, wie zum Beispiel sagen oder mitteilen, bedeutet es im engeren Sinne die „Herstellung einer gemeinsamen Welt“ (Ehlich zit. nach Jentgens, 2009, S. 27), auf dessen Prozess der Erzähler, die Zuhörer und auch die Erzählung selbst einwirken. Eine Erzählung kann sowohl erdacht sein als auch etwas real Erlebtes beschreiben, sie folgt meist einem bestimmten Verlauf mit Anfang, motorischem Moment, Höhepunkt und Ende. Durch das Beschreiben verschiedener Emotionen, durch Pau8 sen und die Variation von Stimme, Mimik und Gestik wird die Erzählung lebendig und spannend (Jentgens, 2009, S. 28). In Märchen und Geschichten werden Kinder mit den Erfahrungen, Kulturen und Werten anderer konfrontiert und können diese mit ihren eigenen Erlebnissen und Sichtweisen vergleichen. Die Charaktere, die in diesen Geschichten vorkommen, können dabei als Orientierung dienen oder als Gesprächsstoff, um interkulturelle Erfahrungen in der Kindergruppe machen zu können, denn das gemeinsame Erleben von erzählten Geschichten fördert auf spielerische Weise den Austausch und die Begegnung der verschiedenen Kinder in der Kita (Knecht & Höfer & Straus, 2009, S. 19-20). Nebenbei fördert das Erzählen auch die Entwicklung der Sprache und der Fantasie in besonders positiver Weise, da die Kinder hierdurch Zuwendung und Aufmerksamkeit erfahren und sich in andere Personen, Geschehnisse und Sachverhalte hineinversetzen können, ähnlich wie beim Rollenspiel. Indem Kinder selbst Geschichten erfinden, können sie ihre Kreativität ausleben und erproben, wie etwas sein könnte. Wenn Kinder von sich erzählen, bilden und vermitteln sie ein Bild von sich selbst, welches für ihre Identitätsentwicklung von enormer Bedeutung ist. PädagogInnen sollten die Kinder dahingehend unterstützen, dass negative Zuschreibungen der Kinder „re-interpretiert und durch positive Geschichten abgelöst werden“ (ebd., S. 25). Erzählen hat noch einige weitere Funktionen: „Es dient der Selbstdarstellung, aber auch der emotionalen Entlastung, indem wir uns Dinge „von der Seele reden“. Ebenso dient es der Information, der Belustigung und der Unterhaltung, wie beispielsweise beim Erinnern von Ereignissen und Anekdoten, die im gemeinsamen Sprechen wiederholt, nacherlebt, ausgeschmückt und bewertet werden. Aber auch schaurige und schöne, lehrreiche und lustige Geschichten finden in unseren Erzählungen Ausdruck.“ (Werani, 2009, S. 20). Warum gerade das Erzählen also als eine wichtige Kernkompetenz für Kinder bezeichnet werden kann, wird im Folgenden deutlich: „Wem es gelingt, durch Erzählen die Aufmerksamkeit von anderen zu gewinnen, ist sozial integriert. Er ist in der Lage, sich in einer Gruppe zu bewegen und das Gruppenleben mitzugestalten. Erzählen können bedeutet auch, sich mitteilen und miteinander sprechen zu können. Damit kann das Erzählen einen interkulturellen, generationsübergreifenden, interreligiösen Dialog bewirken.“ (Knecht & Höfer & Straus, 2009, S. 19). Überdies ist auch der Schriftspracherwerb für Kinder abhängig 9 von guten Erzählkompetenzen: „Dem schriftlichen Sprechen geht das mündliche Sprechen voraus. Ein gutes mündliches Sprechen wirkt sich positiv auf das schriftliche Sprechen aus. […] Unschätzbar wichtig ist es deshalb, das mündliche Erzählen bestmöglich zu erwerben, um damit auch längerfristig die Schriftlichkeit zu fördern.“ (Werani, 2009, S. 21). Insgesamt sind vor allem die sprachlichen Kompetenzen für Kinder, aber auch für deren Umwelt, von fundamentaler Bedeutung. Dies soll in den nächsten beiden Abschnitten genauer beleuchtet werden. 1.2 Die Bedeutung von kommunikativen Kompetenzen 1.2.1 Für das Kind Natürlich ist die „Sprachkompetenz […] eine der wichtigsten Grundlagen für die Schul- und Bildungschancen von Kindern.“ (Reichert-Garschhammer & Kieferle, 2011, S. 16). Die Beherrschung der (deutschen) Sprache ist demnach die entscheidende Schlüsselqualifikation, um „dem Unterricht folgen zu können und ein Kompetenzniveau zu erreichen, welches einen erfolgreichen Schulbesuch und in der Folge die Teilhabe am gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Leben im Erwachsenenalter ermöglicht“ (Jungmann & Albers, 2013, S. 14). Darüber hinaus ist die Sprache die wohl bedeutendste Fähigkeit des Menschen und eine der wichtigsten Entwicklungsaufgaben für Kinder, denn: „Mit der zunehmenden Fähigkeit, Sprache zu verarbeiten, zu verstehen und sie zugleich produktiv als Ausdrucksmittel für eigene Intentionen und Wünsche, als Darstellungsmedium für Bedeutungen und als Steuerungsmittel in der Interaktion mit anderen zu nutzen, wächst das Kind in die menschliche Kultur hinein und bildet eine gesellschaftliche und persönliche Identität aus.“ (Grimm & Weinert, 2002, S. 517). Der Spracherwerb ist gleichzeitig eine Voraussetzung für den Erwerb weiterer, wichtiger Kompetenzen wie Selbstkompetenzen, aber auch Sach-, Sozial- und lernmethodische Kompetenzen: Neben dem Erkennen und Ausdrücken eigener Bedürfnisse, Gefühle und Meinungen kann das Kind durch Sprache Konflikte lösen, andere ansprechen und Gesprächsregeln erlernen sowie den Symbolcharakter von Sprache und Schrift erkennen oder sich Informationen beschaffen und Wissen aneignen (Schwalb, 2010, S. 12-13). Kommunikative Kompetenzen können außerdem Fantasie und Kreativität zum Ausdruck bringen, die nicht nur das Selbstbewusstsein des Kindes steigern können, sondern auch hilfreich sind, um sich Gehör zu verschaffen, andere von eigenen 10 Ideen zu überzeugen und vieles mehr (ebd., S. 14-15). Dies zeigt sich auch hieran, dass Sprache nicht nur in der Realität verwendet wird, sondern: „Mit Sprache können Menschen Situationen erschaffen, sie umdeuten oder im Geiste herholen. Wir können in Gedanken etwas durchspielen und „so tun, als ob“. (Winner, 2009d, S. 13). Gespräche sind wichtig für Kinder, denn sie können dazu beitragen, „dass Kinder Wahlmöglichkeiten und Alternativen zum eigenen Handeln entdecken“ (von Hilgers & Ellneby, 2012, S. 12). Die Versprachlichung von Erlebtem und Erlernten kann zudem den Dialog mit anderen fördern, aber auch zur Festigung des erworbenen Wissens beitragen (Mannhard & Braun, 2008, S. 31). Und mehr noch: „Mit dem Sprechen baut ein Kind das Verständnis für andere Menschen, die Welt und von sich selbst auf. Es hat ein eigenes Interesse daran, um seine Bedürfnisse in der Welt besser realisieren und handeln zu können.“ (Messing, 2009, S. 11). Auch Eltern und pädagogische Fachkräfte in Kitas müssen den Wert der Sprache kennen, denn: „Wenn wir Kindern den Weg zum Sprechen ebnen wollen, müssen sie mit uns gemeinsam herausfinden, wozu Sprache für unser Leben gut ist. Dann wird Sprache auch für Kinder zu einem wertvollen „Lebensmittel“, mit dem sie sich die Welt erschließen und gemeinsam mit anderen handeln lernen.“ (ebd., S. 7). 1.2.2 Für Eltern und pädagogische Fachkräfte Es gibt daher viele Gründe, warum auch Erwachsene über die eigenen Kommunikationsfähigkeiten nachdenken sollten. Zum einen haben sie eine Vorbildfunktion gegenüber Kindern; ihr Verhalten kann das Sprachniveau und Sprechverhalten von Kindern beeinflussen. Zum anderen legen gerade die Eltern „den Grundstein für die Sprach- und Literacy-Entwicklung ihrer Kinder“, indem sie ihnen zuallererst Sicherheit und Geborgenheit vermitteln, also von Anfang an emotionale und körperliche Zuwendung zukommen lassen (Reichert- Garschhammer & Kieferle, 2011, S.78-79). Erwachsene beeinflussen die Sprachentwicklung der Kinder aber auch dadurch positiv, dass sie durch einen reichen sprachlichen Input und den Zugang zu Literatur, Schrift und Sprache, aber auch durch die Art und Weise, wie sie mit Kindern reden, ihnen Fragen stellen oder welchen Wortschatz sie benutzen, vielfältige Spracherlebnisse ermöglichen (ebd.). 11 Kommunikation ist, wie bereits erwähnt, wichtig, um sich auszudrücken und um mit der Umwelt in Kontakt treten zu können oder um Differenzen zu überbrücken. All diese Funktionen von Sprache dienen dazu, dass Erwachsene, und hier im Besonderen Eltern und pädagogische Fachkräfte, mit Kindern eine gute Beziehung aufbauen können, denn: „Wenn wir das, was wir sehen, für wichtig halten, erleben, fühlen, glauben und wissen, nicht äußern, wird es auch den Kindern schwerfallen auszudrücken, was sie sehen, für wichtig halten, erleben, fühlen, glauben und wissen.“ (von Hilgers & Ellneby, 2012, S. 11). Zudem erfahren PädagogInnen und auch Eltern durch die Interaktionen mit Kindern, was diese zum Beispiel gerade bewegt, worüber sie nachdenken, was sie ängstigt oder freut. Dies ist nicht nur die Basis für das Entstehen von tragfähigen Beziehungen und mehr noch einer für Kinder so bedeutsamen vertrauensvollen Bindung zu ihren Bezugspersonen, sondern auch die Grundlage für die Unterstützung und Förderung kindlicher Sprach- und Entwicklungsprozesse. Eine Verbesserung der eigenen kommunikativen Kompetenzen könnte auch dazu beitragen, dass die Gespräche mit Kindern intensiver werden oder dass weniger Missverständnisse entstehen (ebd.). Die Familie ist der zentrale Bildungsort für Kinder (Reichert-Garschhammer & Kieferle, 2011, S. 78), aber auch Kitas sind in der Verantwortung; durch eine enge und kooperative Zusammenarbeit, welche im nächsten Kapitel unter dem Punkt Bildungs- und Erziehungspartnerschaft mit Eltern noch ausführlicher beschrieben wird, können in erster Linie die Kinder für ihre ganzheitliche, und hier im Besonderen ihre sprachliche Entwicklung profitieren. Zunächst sollen aber die prägnantesten Aussagen des ersten Kapitels kurz zusammengefasst werden, bevor es dann im nächsten um die Förderung der Sprach- und Erzählkompetenzen von Kindern in Kindertageseinrichtungen geht. 1.3 Zusammenfassung Das Beherrschen von Sprache und im Besonderen mündliche Erzählkompetenzen haben für Kinder wie für deren Bezugspersonen eine immense Bedeutung: Der Austausch mit anderen Menschen erfolgt vorwiegend über Sprache. Sie ermöglicht uns, Konflikte zu lösen, einem anderen Gedanken, Emotionen, Ideen und Wissen zu vermitteln und sichere Bindungen aufzubauen (Schwalb, 2010, S. 12-13). Außerdem sind die Beherrschung von Sprache und kommunikativen Fähigkeiten die Basis für jegliche Bildungs- und Lernerfolge von Kindern und 12 die daraus resultierende Teilhabe am wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Leben (Jungmann & Albers, 2013, S. 14). Kinder lernen dabei von Geburt an – aktiv und kompetent, neugierig und konstruierend und dabei stets in der Interaktion mit anderen Menschen (Robert Bosch Stiftung, 2008, S. 22-23). Je nach Alter und Entwicklung erlernt jedes Kindes ganz individuell die verschiedenen kommunikativen Kompetenzen wie Wortschatz, Grammatik oder Rhetorik. Dabei gilt: „Die Entwicklung sprachlichen Könnens erfolgt stets in dem Maße, wie das Kind die Sprache nutzt.“ (Bildungskonzeption für 0- bis 10jährige Kinder in Mecklenburg-Vorpommern, 2010, S. 68). Nur wenn Kinder Gelegenheiten haben, sich zu häufig und frei zu äußern, Gespräche zu führen und auch anderen, ob Gleichaltrigen oder Erwachsenen, zuhören zu können, lernen sie Sprache. Eine Grundvoraussetzung für den erfolgreichen Spracherwerb eines Kindes ist aber vor allem eine stabile, von Geborgenheit und Sicherheit geprägte Bindung zu seinen Bezugspersonen (Reichert-Garschhammer & Kieferle, 2011, S.78-79). Gleichwohl sind auch das mündliche Erzählen sowie der Zugang zu Schrift und Geschichten jeglicher Art bedeutsam. Daneben sind Eltern und pädagogische Fachkräfte in Kitas wichtige Vorbilder für die Kinder und sie beeinflussen mit ihrem Verhalten deren Lern- und Entwicklungsprozesse. All dies sollten PädagogInnen wissen, bevor sie geeignete Fördermaßnahmen für die Bildungs- und Entwicklungsprozesse von Kindern, insbesondere für die Unterstützung der sprachlichen Kompetenzen, planen können. 2 Kommunikation in Kindertageseinrichtungen In diesem Abschnitt sollen Rahmenbedingungen für eine gelingende Kommunikation in Kitas beschrieben werden. Auch die Zusammenarbeit mit Familien im Zuge einer Bildungs- und Erziehungspartnerschaft wird diesbezüglich hervorgehoben. Zunächst sollen aber die Anforderungen, die dabei an PädagogInnen gestellt werden, thematisiert werden. Aufbauend auf die bis dahin beschriebenen theoretischen Grundlagen sollen dann im weiteren Verlauf konkrete Handlungsmaxime für pädagogische Fachkräfte abgeleitet werden, wie Gespräche mit Kindern gestaltet, eine Erzählkultur in der Kita entwickelt und wie Gespräche unter Kindern begleitet und unterstützt werden können. 13 2.1 Sprach- und Erzählkompetenzen von Kindern fördern 2.1.1 Anforderungen an pädagogische Fachkräfte „Kindertageseinrichtungen haben neben den Aufgaben der Erziehung und Betreuung auch einen Bildungsauftrag. Gerade die ersten Jahre sind die lernintensivste Zeit. Bildung ist mehr als Wissenserweiterung, Kinder eignen sich erlebnis- und erfahrungsorientiert in selbsttätigen Prozessen, also durch ihr Handeln ihre Fähigkeiten und Fertigkeiten an. Neben vielfältigen Bildungsaufgaben kommt der Sprachförderung eine zentrale Rolle zu.“ (Mannhard & Braun, 2008, S. 25). Auch in der Bildungskonzeption für 0- bis 10-jährige Kinder in Mecklenburg-Vorpommern (2010, S. 67-86) wird die Bedeutung von Kommunikation und Sprache, neben mathematischem Denken, sozialen, interkulturellen und naturwissenschaftlichen Grunderfahrungen sowie der Bewegung und musikalisch-ästhetischem Gestalten besonders hervorgehoben als Ausgangspunkt für den schulischen und späteren beruflichen Erfolg, aber vor allem für die kindliche Identitäts- und Persönlichkeitsentwicklung und die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben. PädagogInnen haben demzufolge nicht nur den Spracherwerbsprozess der Kinder zu begleiten und zu fördern, sondern sie sind ein bedeutsamer Teil ihrer ganzheitlichen Entwicklung. Schon allein im Bildungs- und Entwicklungsfeld Sprache und Kommunikation müssen pädagogische Fachkräfte die Verschiedenheit der Kinder, die sich aus ihrer ganz unterschiedlichen, beispielsweise sozialen, religiösen, familiären oder kulturellen Herkunft ergibt, beachten und integrieren (Albers, 2011, S. 102). Besonders Kinder, deren Muttersprache nicht Deutsch ist, brauchen oft eine intensivere Aufmerksamkeit seitens der PädagogInnen und sollten erfahren, dass ihre Herkunftssprache wertgeschätzt und eine Vielfalt an Sprachen und Kulturen als Bereicherung in der Kita erlebt wird (Mannhard & Braun, 2008, S. 26). Weitere Herausforderungen für pädagogische Fachkräfte in Kitas stellen die Umsetzung des inklusiven Bildungsgedankens und des Rechtsanspruches auf einen Krippenplatz dar (ReichertGarschhammer & Kieferle, 2011, S. 83). 2.1.2 Notwendige Rahmenbedingungen Die Umwelt eines Kindes hat, wie bereits mehrmals erwähnt, einen enormen Einfluss auf dessen sprachliche Entwicklung. „Das pädagogische Setting stellt im Zusammenhang des Spracherwerbs dabei nicht nur den institutionellen 14 Rahmen für die sprachliche Interaktion dar, sondern ist eine bedeutende Einstiegshilfe dafür, dass Kinder ihre sprach- und kommunikationsspezifischen Kompetenzen ausbauen können.“ (Albers, 2011, S. 51). Was genau aber brauchen nun Kinder, um sich häufig, vielfältig und vor allem gerne zu äußern? Kinder lernen mit allen Sinnen, müssen „be-greifen“, riechen, schmecken und fühlen, um neue Erfahrungen zu machen und diese mit bereits erworbenen Kenntnissen zu verknüpfen. Haben sie Raum und Zeit dazu, dann „prägen sich Substantive, Adjektive und Adverbien schnell ein, werden neue Verben „handgreiflich“ aufgenommen, Zusammenhänge grammatikalisch erfasst, ohne dass je von Grammatik die Rede war.“ (Götte, 2002, S. 22). „Kompetenzen lassen sich nicht „vermitteln“. Vielmehr entwickeln Kinder ihre Kompetenzen nur aktiv weiter.“ und dies geschieht am besten, wenn sie so viel wie möglich selbst entscheiden, probieren, kommunizieren und denken (Reichert-Garschhammer & Kieferle, 2011, S. 85). PädagogInnen können diesen Prozess unterstützen, indem sie die Kinder vielfältige, an ihren bisher erworbenen Fähigkeiten und Kenntnissen anknüpfende Erfahrungen machen lassen. Dazu sind Wohlbefinden, die Freude am Sprechen, am Dialog und dem gemeinsamen Austausch mit anderen sowie eine sichere Bindung zu den Bezugspersonen die wichtigste Grundlage dafür, denn nur dann können Kinder auch explorieren (Weltzien, 2012, S. 158). Die pädagogische Fachkraft hat dabei die Aufgabe, die Rahmenbedingungen in der Kita so zu gestalten, dass die Kinder sich wohlfühlen und ihre Sprachfreude gefördert oder angeregt wird (Schwalb, 2010, S. 25). Damit ist vor allem eine erzieherische Grundhaltung gemeint, die die Wertschätzung der Kinder und ihrer Äußerungen beinhaltet, aber auch die Empathie und Authentizität der PädagogInnen, ihre Offenheit und ihr Vertrauen gegenüber den Kindern (ebd.). Daneben gestalten PädagogInnen die Umgebung so, dass Kinder beispielsweise Rückzugsmöglichkeiten erhalten, um miteinander zu reden, um mit Schrift, Symbolen oder Zeichen in Berührung zu kommen oder um Märchen, Reime und Geschichten zu hören oder zu erfinden (ebd., S. 26-30). Zudem stellen sie den Kindern vielfältiges Material zur Verfügung, welches die Kreativität der Kinder anregt, sie zum Spielen und Erforschen einlädt und auch erste Schreibversuche ermöglicht. Und nicht zu vergessen sind die pädagogischen Fachkräfte stets durch ihr Verhalten und ihre Äußerungen wichtige Sprachvorbilder für die Kinder (ebd., S. 30-32). 15 Auch nicht „das Konzept der Einrichtung oder das spezifische Sprachförderprogramm […] ist von zentraler Bedeutung für die Entwicklung sprachlicher Kompetenzen der Kinder.“ (Albers, 2011, 106). Vielmehr brauchen sie, besonders in den ersten Lebensjahren, viele Gelegenheiten, aktiv im Alltag zu sprechen und Erwachsene, die geduldig sind, die Kinder aussprechen lassen und korrektives Feedback geben, anstatt zu kritisieren oder zu verbessern (Schwalb, 2010, S. 24), denn: „Es reicht zum Beispiel nicht, im Kindergarten zuzuhören. Jedes Kind muss Zeit und Raum bekommen, selbst zu sprechen und gehört zu werden.“ (von Hilgers & Ellneby, 2012, S. 23). Anspruchsvoll ist für PädagogInnen auch zu erkennen, wann Kinder ihre Unterstützung benötigen, denn: „Bei guten Sprechern ist das Eingreifen in eine Spielhandlung meist kontraproduktiv, weil gemeinsam entwickelte Drehbücher unterbrochen werden beziehungsweise einfache Frage-Antwort-Strukturen keine langen und komplexen Äußerungen zulassen, obwohl die Kinder bereits über eine hohe Sprachkompetenz verfügen. Die Kinder, die als weniger kompetente Sprecher ermittelt oder wahrgenommen werden, benötigen aber gerade die Unterstützung des Kontextes und die sprachliche Begleitung der Erzieherinnen, um zu komplexen, themenbezogenen Äußerungen befähigt zu werden.“ (Albers, 2011, S. 107). Hierfür sind die Beobachtung und Dokumentation kindlicher Lern- und Bildungsprozesse der entscheidende Anhaltspunkt, um zu erkennen, wann und in welcher Weise Kinder die Unterstützung der PädagogInnen benötigen sowie ein hohes Maß an Reflexionsfähigkeit seitens der PädagogInnen. Nur dadurch können pädagogische Fachkräfte erkennen, ob nicht auch ihr eigenes Verhalten ursprünglich dafür ist, wie Kinder reagieren oder warum sie in bestimmten Situationen nicht sprechen (ebd., S. 102). Gezielte Beobachtungsverfahren, die den Sprachstand des Kindes fokussieren, wie zum Beispiel „seldak“ (Sprachstandsverfahren für deutschsprachige Kinder) oder „sismik“ (Verfahren zur Feststellung der sprachlichen Entwicklung bei Kindern mit Migrationshintergrund) können neben selbst erstellten Beobachtungsbögen oder anderen allgemeinen Beobachtungsverfahren zur Analyse der Sprachentwicklung von Kindern herangezogen werden (ebd., S. 103). Aber auch stärkenorientierte Beobachtungs- und Dokumentationsverfahren wie das der „Bildungs- und Lerngeschichten“ nach Margret Carr (ins Deutsche adaptiert von Hans Rudolf Leu et 16 al., ebd., S, 104) sind eine wichtige Basis, denn: „Für pädagogische Fachkräfte könnten die Lerndispositionen wichtige Hinweise für die Gestaltung eines sprachanregenden und unterstützenden pädagogischen Rahmen liefern, der zu einer deutlichen Steigerung der Länge und Komplexität von Kinderäußerungen führen würde.“ (ebd., S. 105). Damit all dies für PädagogInnen möglich ist, sind genügend Zeit, zum Beispiel für Gespräche oder für die Beobachtung und Dokumentation der Bildungsprozesse von Kindern und die Möglichkeit, auf die Bedürfnisse der Kinder einzugehen sowie eine flexible Gestaltung von Tagesabläufen und die freie Nutzung von Räumen und Materialien wichtige Voraussetzungen (Henneberg & Klein & Vogt, 2012, S. 64). Die Weichen hierfür stellen u.a. der Träger der Kindertageseinrichtung, die Leitung, das pädagogische Team und auch die Eltern und Familien der Kinder. Ein zu hoher Personalschlüssel, hohe Arbeitsbelastungen für PädagogInnen sowie mangelnde Ressourcen können zur Unzufriedenheit führen – darüber, dass die Gespräche kurz und einsilbig bleiben, dass intensive Gespräche mit Einzelnen nur schwer oder gar nicht möglich sind oder dass die Kinder die Gesprächsangebote nicht annehmen (Weltzien, 2012, S. 160). Indem das Team der Kita aber gemeinsam daran arbeitet, eine Kultur des Dialogs und der gegenseitigen Unterstützung zu etablieren und auch die Eltern durch eine intensive Bildungspartnerschaft einbezogen, unterstützt und wertgeschätzt werden, kann der Grundstein für gute Gespräche und Interaktionen mit Kindern gelegt werden. Darauf wird nun näher eingegangen. 2.1.3 Bildungs- und Erziehungspartnerschaft mit Eltern Das Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland (vom 23. Mai 1949, zuletzt geändert am 11. Juli 2012) macht im Artikel 6 deutlich, dass die Pflege und die Erziehung der Kinder „das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht“ ist (Gesetze für die Soziale Arbeit, 2013, S. 895). Auch die Bildungskonzeption für 0- bis 10-jährige Kinder in MecklenburgVorpommern (2010, S. 229) schreibt fest: „Eltern sind die wichtigsten Bezugspersonen für Kinder. Die Betreuung der Kinder in Kindertageseinrichtungen bzw. in der Kindertagespflege unterstützt und entlastet die Familien bei der Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Die institutionelle Förderung der Kinder erweitert die familialen Bildungs- und Erziehungsmöglichkeiten und unterstützt damit wesentlich die kindliche Entwicklung.“ Weiterhin heißt es: „Durch Koope17 ration zum Wohle des Kindes übernehmen Eltern und pädagogische Fachkräfte gemeinsam Verantwortung für die Bildung und Erziehung der Kinder.“ (ebd.). Diese Zusammenarbeit soll durch gegenseitige Achtung und Respekt gekennzeichnet sein und setzt voraus, dass PädagogInnen und Familien miteinander kooperieren, sich austauschen und unterstützen (ebd., S. 230). Dies bedeutet zum Beispiel, dass auch unterschiedliche Vorstellungen von Bildung und Erziehung wertgeschätzt werden, dass ein gegenseitiges Vertrauen aufgebaut wird, dass die jeweiligen Kompetenzen von Eltern und pädagogischen Fachkräften genutzt und in einen Konsens gebracht werden (ebd., S. 235). Fest steht: „Mit ihrer Familiensprache und ihren spezifischen Einstellungen und Gewohnheiten im Umgang mit Sprache, Kommunikation, Büchern und Medien gestaltet die Familie die sprachliche Bildung maßgeblich mit und übt damit auf Sprachentwicklung ihres Kindes einen wesentlichen Einfluss aus.“ (ReichertGarschhammer & Kieferle, 2011, S. 220), sodass eine Förderung von Kommunikation und Sprache in der Kita allein nicht ausreichend ist, um Kindern bei diesem wichtigen Entwicklungsprozess bestmöglich zur Seite zu stehen. Studien wie PISA (Programme for International Student Assessment) zeigen zudem auf, dass sich der sozioökonomische Hintergrund von Kindern maßgeblich auf deren Sprachkompetenzen und in der Folge auch auf deren schulische Erfolge auswirkt (Jungmann & Albers, 2013, S. 14-15). Überdies müssen Eltern auch deshalb in die sprachlichen Bildungsprozesse ihrer Kinder aktiv eingebunden werden, weil auch sie Modelle brauchen, wie sie die Kinder in ihrem Spracherwerb unterstützen können: „Indem Eltern miterleben können, wie pädagogische Fachkräfte sprachliche Lern- und Entwicklungsprozesse der Kinder positiv begleiten, lernen sie, ihr Kind gezielter zu begleiten.“ (Reichert-Garschhammer & Kieferle, 2011, S. 223). PädagogInnen haben dabei die Aufgabe, den Eltern Anregungen und Impulse zu geben und auch auf die jeweiligen Ressourcen des Kindes aufmerksam zu machen sowie ihnen beratend zur Seite zu stehen; gleichzeitig müssen sie aber auch akzeptieren, wenn Eltern ihren eigenen Weg gehen (ebd.). Die Zusammenarbeit mit Familien könnte dahingehend gestaltet sein, dass neben den üblichen Elternabenden, Eingewöhnungs- und Entwicklungsgesprächen und der Beteiligung der Eltern an Festen und besonderen Ereignissen auch Themenabende angeboten werden, an denen PädagogInnen oder andere 18 Experten über die Sprachentwicklung von Kindern, Sprachstörungen oder die Bedeutung von Literacy-Erfahrungen für Kinder referieren (ebd., S. 224). Gleichzeitig könnten PädagogInnen die Aussagen und Erzählungen der Kinder für Eltern transparent machen, etwa in Form von Ausstellungen in der Kita oder Briefen, die mit nach Hause gegeben werden. Eltern können aktiv miteinbezogen werden, indem sie als Vorleser oder Geschichtenerzähler in der Kita agieren oder sich an Lesefesten usw. beteiligen (ebd., S. 225). Kitas können in Zusammenarbeit mit Eltern auch deren, falls vorhandene Kontakte zu Einrichtungen wie Bibliotheken, Theatergruppen oder Kinderbuchautoren nutzen (ebd.). Ebenso sollten verschiedene Sprachen der Familien in der Kita sichtbar oder Eltern beim Erwerb der deutschen Sprache unterstützt werden, indem die PädagogInnen zum Beispiel regelmäßig ein Elterncafé einrichten oder mit Einrichtungen kooperieren, die Sprachkurse anbieten. Eine gelebte Bildungs- und Erziehungspartnerschaft mit Familien kann vielseitig gestaltet sein. Wichtig aber ist, dass PädagogInnen die Bedeutung der familiären Hintergründe und der dort vorgelebten Kommunikation für die kindliche Sprachentwicklung kennen und als Experten für kindliche Bildungs- und hier vor allem Sprachprozesse für Eltern als Ansprechpartner, Berater und Unterstützer fungieren. 2.1.4 Zusammenfassung Kindertageseinrichtungen haben einen wichtigen Bildungsauftrag zu leisten, wobei der Förderung sprachlicher Kompetenzen eine besondere Bedeutung beigemessen wird (Mannhard & Braun, 2008, S. 25 sowie Bildungskonzeption für 0- bis 10-jährige Kinder in Mecklenburg-Vorpommern, 2010, S. 67-85). Damit sich Kinder gerne und häufig äußern können, brauchen sie Erwachsene, die den Rahmen dafür gestalten. In Kindertageseinrichtungen tragen die pädagogischen Fachkräfte die Verantwortung dafür; trotz vielfältiger Anforderungen wie eine ganzheitliche Entwicklungsförderung der Kinder, der Beachtung ihrer sprachlichen, kulturellen, sozialen, familiären, religiösen und weiteren Verschiedenheiten sowie der Umsetzung des Inklusionsgedankens (Albers, 2011, S. 102). Zuallererst sollten PädagogInnen authentisch sein, wertschätzend und respektvoll im Umgang mit den Kindern und offen für Gespräche, echte Begegnungen und Bindungen zu ihnen. 19 Sind diese Grundlagen vorhanden, können Kinder ihre Freude an Sprache, am Erzählen und Interaktionen mit anderen ausleben (Schwalb, 2010, S. 25). Die Räume in der Kita sind dabei ebenfalls ausschlaggebend – bieten sie Möglichkeiten, sich intensiv mit Büchern, Schreibwerkzeugen, Hörgeschichten usw. zu beschäftigen, regen die vorhandenen Materialien die Kreativität und Fantasie der Kinder an, gibt es Gelegenheiten, um selbst Geschichten zu erfinden, zu erzählen oder Zeit und Platz für Theater- und Rollenspiele? Sind die Tagesabläufe so flexibel gestaltet, dass Kinder aktiv sprechen, zuhören und sich allein, gemeinsam mit den PädagogInnen oder anderen Kindern ausprobieren können? (ebd., S. 26-30). Professionalität in diesem Sinne bedeutet dabei für pädagogische Fachkräfte auch, das eigene Verhalten zu reflektieren, die Themen der Kinder wirklich kennen lernen zu wollen und anhand von stärkenorientierten Beobachtungsund Dokumentationsverfahren die kindlichen Interessen und Entwicklungen festzuhalten (Albers, 2011, S. 102-103). Darauf aufbauend können dann Schlüsse für mögliche Maßnahmen zur Unterstützung und Förderung der Sprach- und Erzählkompetenzen des Kindes gezogen werden und der Austausch mit dem Kind und dessen Eltern erfolgt auf fundierten Beobachtungen. Dieser Austausch mit Eltern ist nicht nur besonders förderlich für die kindliche Entwicklung, sondern auch gesetzlich als „Bildungs- und Erziehungspartnerschaft mit Eltern“ verankert (Bildungskonzeption für 0- bis 10-jährige Kinder in Mecklenburg-Vorpommern, 2010, S. 229). Eltern als wichtigste Bezugspersonen bestimmen maßgeblich, etwa indem sie selbst Kommunikationsstrukturen vorleben, die sprachliche Entwicklung ihrer Kinder – nur in einer kooperativen, vertrauensvollen und aktiven Zusammenarbeit von Eltern und PädagogInnen, deren Vielgestaltigkeit bereits kurz beschrieben wurde, erhalten Kinder die bestmögliche Unterstützung, denn dadurch können beide Seiten ihre Potenziale einbringen und sich bei der Umsetzung ihres Bildungs- und Erziehungsauftrages ergänzen (Reichert-Garschhammer & Kieferle, 2011, S. 223-225). Um Eltern auch beratend und unterstützend zur Seite stehen zu können, sollten pädagogische Fachkräfte Kenntnisse über Gesprächsführung und im Besonderen über Gespräche mit Kindern haben. Dies soll an dieser Stelle erörtert werden. 20 2.2 Gespräche mit Kindern 2.2.1 Wie können Gespräche mit Kindern gelingen? „Erwachsene treten Kindern gegenüber […] häufig als Wissende, Belehrende, Vorauseilende und Ungeduldige auf. Sie wollen sie überzeugen, verändern, ihnen etwas „beibringen“, sie manchmal auch manipulieren.“ (Henneberg & Klein & Vogt, 2012, S. 58). Denn das Besondere an Gesprächen mit Kindern ist, dass Erwachsene und Kinder „ungleiche Partner“ sind, da zwischen ihnen ein „unauflösliches entwicklungsbedingtes und rechtliches Machtverhältnis zugunsten der Erwachsenen“ besteht (ebd., S. 60). Es ist die Aufgabe der pädagogischen Fachkräfte, für eine Gleichwertigkeit von Kindern und Erwachsenen zu sorgen, sodass Gespräche auch von wechselseitiger Anerkennung geprägt sind. Denn genau dies macht einen guten Dialog aus: gegenseitige Akzeptanz, Wertschätzung und aktives Zuhören, um den anderen und dessen Perspektive auch wirklich verstehen zu können (ebd.). PädagogInnen sollten interessiert daran sein, in einem Gespräch mit einem Kind etwas von ihm erfahren zu wollen. Dabei sollten sie selbst als Lernende auftreten und sich auf einen Perspektivwechsel einlassen. Wichtig ist, sich Zeit zu nehmen, Redepausen einzulegen und abwarten zu können, was das Kind sagt. „Im Tagesablauf einer Kindertageseinrichtung finden Kinder Spielgelegenheiten, Anlässe zur Zusammenarbeit und bereits kleine Unterrichtseinheiten.“ (Winner, 2009f, S. 13). Daher eignen sich alltägliche Situationen im Kita-Alltag bestens für die Unterstützung und Förderung kindlicher Spracherwerbsprozesse und bieten genügend Möglichkeiten, um mit Kindern zu sprechen und nicht nur zu ihnen (von Hilgers & Ellneby, 2012, S. 52). Für viele Kinder gilt: „Die Mehrheit […] muss erst lernen, sich im Gespräch zu äußern. Am leichtesten gelingt das, wenn die Erzieherin sich einem einzelnen Kind zuwenden und dabei gezielt auf seine Situation eingehen kann im Zwiegespräch. Thema ist dann das, womit das Kind sich gerade beschäftigt.“ (Götte, 2002, S. 22). Nur dann kann sich auch die Denk- und Reflexionsfähigkeit des Kindes entwickeln, wenn es genügend Zeit und Raum bekommt, eigene Erfahrungen zu machen anstelle von Vorträgen seitens der PädagogInnen (von Hilgers & Ellneby, 2012, S 52). Eine gute Möglichkeit, „Gespräche furchtbarer zu machen, besteht auch darin, das zu spiegeln, was das Kind sagt.“ (ebd., S. 70). Dies bedeutet, die Aussagen 21 des Kindes zwar zu wiederholen, aber mit eigenen Worten, um dem Kind so die Chance zu geben, zu sagen, was es wirklich möchte und um dem nicht zuvorzukommen. Beim Spiegeln wird nichts Neues hinzugefügt, „keine Deutung, keine guten Ratschläge oder übereilte Schlussfolgerungen“ (ebd.). Um sich mit Kindern dialogisch zu verständigen, muss „die Sprache der Erwachsenen dabei die Besonderheiten kindlichen Denkens berücksichtigen.“ (Henneberg & Klein & Vogt, 2012, S. 62). PädagogInnen sollten konkret und narrativ beschreiben, was ihnen wichtig ist, denn besonders jüngere Kinder „denken vor allem in Bildern und Geschichten“ (ebd.). Pädagogische Fachkräfte sollten ihre Sprache dementsprechend zwar an die kindliche Entwicklung anpassen, aber dies sollte sich nicht vorrangig in einer Reduzierung ihrer Äußerungen zeigen. Vielmehr beeinflussen längere und vielfältige Äußerungen von Erwachsenen die Sprachentwicklung von Kindern dahingehend, dass auch Kinder einen größeren Wortschatz erlangen (Szagun zit. nach Albers, 2011, S.47). Besonders förderlich sind zudem „Fragen und einfühlsame Erwiderungen auf die kindlichen Äußerungen“ (Hoff-Ginsberg zit. nach Albers, 2011, S. 48) sowie ein geteilter Aufmerksamkeitsfokus zwischen dem Kind und der pädagogischen Fachkraft auf das aktuelle Thema des Kindes, denn „nur solche sprachlichen Äußerungen, denen im interaktiven Austausch erkennbare Relevanz für das Kind zukommt“ (Oerter zit. nach Albers, 2011, S. 47), erwecken das Interesse des Kindes und werden auch von ihnen verarbeitet. Im Dialog mit dem Kind sollen PädagogInnen „ihr Handeln sprachlich begleiten und viel mit dem Kind reden“ (Winner, 2009c, S. 35). Aber: „Diese Aussage kann auch missverstanden werden, denn so ein Verhalten ist nur dann sinnvoll, wenn die Erzieherin ihr Handeln für das Kind sprachlich begleitet und wirklich mit dem Kind spricht“ und somit die sprachliche Begleitung der Handlung auch im Zusammenhang mit der aktuellen Beschäftigung des Kindes steht und daher auch für das Kind nachvollziehbar und greifbar ist (ebd.). Hierzu bietet sich auch das Konzept des Sustained Shared Thinking, nämlich „die Methode eines lang andauernden gemeinsamen Nachdenkens […] von Kindern und pädagogischen Fachkräften“ als besonders förderliche Interaktionsform für die Bildungsprozesse von Kindern an (Sylva u.a. zit. nach Schelle, 2011, S. 23). Durch einen gemeinsamen Denkprozess, der von konstruktiven und instruktiven Momenten des Handelns geprägt ist, können Lernprozesse, die 22 „das Resultat kognitiver Konstruktionsleistungen sind“ und „welche nur erreicht werden, wenn das Kind motiviert und in den Interaktionsprozess integriert ist“, in Gang gesetzt werden (König, 2008, S. 318). PädagogInnen entwickeln und setzen bewusst Gedanken mit den Kindern fort, wobei beide Seiten dabei aktiv sind und die Interaktion vorantreiben (Schelle, 2011, S. 23-24.). Auch wenn diese Form der Interaktion im Kita-Alltag nicht immer leicht umzusetzen ist, „da die Rolle des Erwachsenen vor allem von Instruktion, Beeinflussung des Gegenübers und Beobachtung des Kindes geprägt ist“ (König zit. nach Schelle, 2011, S. 24), belegen Forschungsergebnisse4 die Effektivität dieser Interaktionsform, welche vor allem dann beobachtet wird, „wenn Fachkraft und Kind sich gemeinsam Geschichten ausdenken oder sich mit Problemlösungen auseinandersetzen (Schelle, 2011, S. 23) und zudem „instruktiv auch Ko- Konstruktionsprozesse“ ausgelöst werden (König, 2008, S. 318). In kokonstruktiven Bildungsaktivitäten lernen Kinder und Erwachsene gemeinsam. Dies ist deshalb so bedeutsam, denn: „Obgleich Kinder eine biologisch vorgeprägte Bereitschaft mitbringen, sind sie auf einfühlsame Interaktions- und Dialogpartner angewiesen, um Sprache zu lernen (Bruner u.a. zit. nach Reichert-Garschhammer & Kieferle, 2011, S. 88). Für die Umsetzung in der Kita bedeutet das: „Als besonders günstige Lernumwelt für die Kinder wird die Verknüpfung bzw. Abwechslung von strukturierten und spielorientierten Phasen im Kindergartenalltag gesehen. Dadurch wird deutlich, dass sowohl der Instruktion als auch der Konstruktion in der Kindergartenpädagogik eine wesentliche Rolle zukommt. Auch das Aufgreifen von Konflikten ist im Zusammenhang mit der sozialen und kognitiven Entwicklung der Kinder von großem Interesse, um Verständnis der Kinder für bestimmte Sachverhalte herauszufordern.“ (König, 2007, S. 9). Es kommt folglich auf eine Balance zwischen initiierten, von der pädagogischen Fachkraft ausgehenden Interaktionen und denen, die vom Kind ausgehen und dann von den PädagogInnen aufgegriffen und im gemeinsamen Prozess gestaltet und weiterentwickelt werden, an (ebd.). Darüber hinaus können auch die Eltern maßgeblich die Entwicklung ihrer Kinder unterstützen, indem sie das Prinzip des Sustained Shared Thinking auch zuhause fortführen (Sylva et al. zit. nach König, 2007, S. 9). 4 z.B. die britischen Studien EPPE - Effective Provision of Pre-School Education und REPEY - Research in Effective Pedagogy in the Early Years 23 Um Informationen auszutauschen bieten sich offene Fragen, die sich nicht mit Ja oder Nein beantworten lassen, an (von Hilgers & Ellneby, 2012, S. 156). Die Gesprächsthemen sollten stets das Interesse des Kindes betreffen, dagegen gilt: „Weniger geeignet für ein Gespräch sind Themenstellungen, die dem Kind eine zusammenfassende Darstellung von Vergangenem abverlangen, wie z.B.: „Wie war es denn am Wochenende?“, oder: „Erzähl mal von eurem Urlaub!“ Solchen Fragen steht das Kind oft hilflos gegenüber, weil es „vor lauter Wald die Bäume nicht sieht“ und deshalb ausweichend oder gar nicht antwortet. Dagegen fällt es den Kindern leicht, sich zu einem konkreten Sachverhalt zu äußern.“ (Götte, 2002, S. 23). Zudem sollten Gespräche ohne eine gezielte Absicht von Seiten der pädagogischen Fachkräfte stattfinden; stattdessen sollten Erwachsene offen sein für Überraschungen und sich einlassen auf etwas, dessen Ausgang ungewiss ist (Henneberg & Klein & Vogt, 2012, S. 59). Natürlich haben PädagogInnen auch eigene Überlegungen, Annahmen und Bewertungen; diese sollten sie auch nicht verdrängen und wenn nötig, offenlegen. „Produktiv geschieht dies dann, wenn die Kinder am eigenen Denkprozess teilhaben können, nicht nur am Denkergebnis. Es gilt also, den Kindern mitzuteilen, wie ich zu meinen Schlussfolgerungen gekommen bin, die Hintergründe offen zu legen und die Kinder auf diese Weise gut zu informieren, dabei von und über sich zu sprechen (Ich-Botschaften), nicht überzeugen zu wollen, ehrlich zu sein.“ (Hartkemeyer zit. nach Henneberg & Klein & Vogt, 2012, S. 60). Die Formulierung von „Ich-Botschaften“ hilft PädagogInnen, eigene Gedanken und Emotionen so auszudrücken, dass die Kinder sie auch verstehen können, ohne dass dabei die Gefühle des Kindes (etwa durch verallgemeinernde Äußerungen über das Kind) verletzt werden. Hat die pädagogische Fachkraft gerade keine Zeit, um der Bitte eines Kindes, mit ihm zu spielen, nachzukommen, könnte ihre Antwort anstelle der Aussage „Du kannst dich auch nicht alleine beschäftigen.“ stattdessen lauten: „Ich schreibe gerade an einem Portfolio und kann im Moment leider nicht mit dir spielen. Wenn ich damit fertig bin und du dann noch Lust hast, spiele ich gerne mit dir.“ Erwachsene zeigen dadurch, „daß man den Kindern Verständnis zutraut. […] Außerdem geben die Erzieherinnen hiermit ein gutes Beispiel für die Kinder, sich selbst so offen mitzuteilen. Eine Beziehung, in der jeder offen sagen kann, was er will, meint und denkt und eine entsprechende Antwort von seinem Gegenüber erhält, ist vertrauensvoll und tragfähig, 24 im Gegensatz zu den gegenseitigen Beschimpfungen und Beschuldigungen, die weit verbreitet sind.“ (Friedrich, 1983, S. 37). Damit eine partnerschaftliche Kommunikation gelingen kann, sollten Erwachsene also stets so sprechen, dass die Kinder es auch verstehen können; indirekte oder mehrdeutige Botschaften oder eine widersprüchliche Mimik und Gestik, die nicht zu dem Gesagten passen, irritieren die Kinder. Gerade sehr junge Kinder, die die Körpersprache meist eher verstehen als die Worte selbst, brauchen authentische Erwachsene (von Hilgers & Ellneby, 2012, S. 39). Damit Kinder sich öffnen und gerne in den Dialog, auch mit den pädagogischen Fachkräften, eintauchen, sollten diese anhand von Blickkontakt, körpersprachlicher Zugewandtheit und sprachlicher wie nonverbaler Zustimmung ihre Bereitschaft und ihre Freude am Dialog mit den Kindern ausdrücken (Mannhard & Braun, 2008, S. 95). Während eines Gesprächs brauchen Kinder auch die ungeteilte Aufmerksamkeit des Erwachsenen, denn nur so kann dieser auch aktiv zuhören. Fehler in der Aussprache oder Grammatik zu korrigieren oder das Kind zu verbalen Äußerungen zu drängen ist dabei kontraproduktiv und kann zum Ende des Gesprächs führen, das auch noch Frustrationen hervorbringen kann, denn: „Kinder haben das Recht, etwas mit eigenen Worten und in eigenen Formen zu beschreiben und selbst zu bestimmen, wann sie angesprochen werden möchten.“ (Henneberg & Klein & Vogt, 2012, S. 61). Kommunikation vollzieht sich gewissermaßen auf verschiedenen Ebenen, die Schulz von Thun (1992, zit. nach Mannhard & Braun, 2008, S. 93-94) als Kreismodell der Kommunikation5 dargestellt hat: Sender und Empfänger befinden sich während des Dialogs in einem ständigen Wechselspiel. Die Informationen, die der Sender übermittelt, werden schon währenddessen vom Empfänger aufgenommen und dieser reagiert, was wiederum vom Sender unmittelbar verarbeitet wird (ebd., S. 93). Nach diesem Modell, welches auch Kommunikationsquadrat oder Vier-Ohren-Modell genannt wird, hat eine Nachricht 4 Aspekte: Die Sachebene ist das, worüber der Empfänger informiert wird. Auf der Beziehungsebene wird ausgedrückt, in welchem Verhältnis der Sender zum Empfänger steht. Die Selbstkundgabe vermittelt etwas, was über das Gesagte hinausgeht, sie gibt Auskunft über den Sender, während der Appell eine Aufforderung an den Empfänger darstellt, die der Sender sich bewusst oder unbe5 Siehe Anhang: Anlage 1 (Vier-Ohren-Modell nach Schulz von Thun 1992). 25 wusst wünscht (von Hilgers & Ellneby, 2012, S. 30) 6. So kann es auch passieren, dass der Empfänger etwas versteht, was der Sender der Nachricht gar nicht beabsichtigt hatte, etwa durch die „nicht-verbalen Informationen, die immer mitschwingen, wenn wir mit anderen kommunizieren“ (ebd., S. 28). Daher ist es ratsam, wenn pädagogische Fachkräfte sich ihres eigenen Gesprächsstils bewusst sind und sich gleichwohl „in die Gedanken- und Erlebniswelt des Kindes hineinversetzen können“ (ebd., S. 39), denn: „Im Gespräch mit Kindern nehmen wir oft die Eltern- oder Pädagogenrolle ein, das heißt die Rolle desjenigen, der es im Verhältnis zum Kind „besser weiß“. Schon allein diese Tatsache kann ein Kind zum Widerspruch reizen, noch bevor es zum konkreten Anlass überhaupt Stellung bezogen hat.“ (ebd., S. 38). Natürlich kann es auch Schwierigkeiten während eines Dialogs mit Kindern geben oder Kinder lassen die Kommunikation gar nicht erst zu. „Sich auf einen Dialog mit Kindern einzulassen, bringt Erwachsene manchmal in unbequeme Situationen. Manche von ihnen vermeiden auch, sich den Fragen zu stellen. „Du fragst vielleicht komische Sachen, wie kommst du denn da drauf?“ Viele Kinder schweigen dann und behalten ihre liebenswerten, neugierigen, nachdenklich machenden Fragen künftig für sich.“ (Friedrich, 1983, S. 15). Dabei sollten PädagogInnen Folgendes nicht vergessen: „Der Dialog mit Kindern ist keine Art von besonders „geschickter“ Didaktik. Er ist vielmehr ein wechselseitiger und sich gegenseitig beeinflussender Austausch von Erfahrungen, Erleben, Gedanken, Gefühlen, Sichtweisen und Bedeutungen auf Augenhöhe.“ (Henneberg & Klein & Vogt, 2012, S. 64). Daher gibt es auch kein Patentrezept, wie jeder Dialog gelingen kann. Wenn PädagogInnen keinen Zugang zu einem Kind bekommen, kann dies viele Ursachen haben, etwa, dass es schlechte Erfahrungen gemacht hat, wenn Gespräche größtenteils konfliktgeladen oder mit Strafen verbunden waren. Andere Kinder haben vielleicht nie gelernt, miteinander zu reden „und es gibt Kinder, die ohne Dialoge in der Familie aufwachsen, denn Fernseher und Computer sind keine Gesprächspartner“ (Weltzien, 2012, S. 161). Wiederum anderen fehlt „die Basis, die Sicherheit und Vertrauen bietet. Die Basis, die notwendig ist, um sich überhaupt auf ein Gespräch einlassen zu können.“ (ebd.). Dann müssen die Kinder erst erfahren, dass Gespräche Spaß machen und dass sie 6 Siehe Anhang: Anlage 2 (Beispiel zum Vier-Ohren-Modell). 26 sich den PädagogInnen öffnen können. Hierbei kann es hilfreich sein, wenn diese Kinder zu Beginn nicht gleich selbst angesprochen werden, sondern durch die Kommunikation der pädagogischen Fachkräfte mit anderen Kindern sehen, dass die PädagogInnen an Gesprächen mit Kindern interessiert sind. Wenn sie diese Erfahrung immer wiederkehrend machen, möchten sie sich dann eventuell auch aktiv daran beteiligen (ebd., S. 161-162). Jedoch muss auch immer die Situation des Kindes berücksichtigt werden – wenn es gerade in sein Spiel vertieft ist oder keine Lust zu Sprechen hat, darf es nicht zu einem Dialog gezwungen werden. Die PädagogInnen müssen also abschätzen, wann Gespräche mit Kindern passen und auch lernen, dass nicht jedes Kind beispielsweise bei Ängsten oder inneren Konflikten auch darüber reden möchte. Die Kommunikation mit Kindern scheitert oftmals auch daran, dass die Aussagen der Kinder nicht ernst genommen oder bagatellisiert werden. Ist ein Kind verletzt oder hat es Kummer, versuchen Erwachsene dann häufig, die Sorgen des Kindes klein zu reden oder es schnell davon abzulenken; weniger, um dem Kind damit zu helfen, sondern um sich selbst nicht damit zu belasten (von Hilgers & Ellneby, 2012, S. 65). Dabei sind diese Momente, in denen sich Kinder an Erwachsene wenden, um Trost zu erhalten, wichtig für eine gute Bindung. Intensive und gelungene Gespräche sind zudem auch keine Frage der Dauer: „Wenn wir zum Beispiel einmal darüber nachdenken, welche Gespräche in einer Situation tröstend waren, dann fallen uns vielleicht ganz konkret einige Worte ein. […] Ein Satz vielleicht, der wirklich trösten konnte. Weil es genau der richtige Satz im richtigen Moment war. Viel mehr Worte wären gar nicht nötig gewesen.“ (Weltzien, 2012, S. 162). Im Kita-Alltag können daher auch kurze, aber dafür umso wichtigere Dialoge von großer Bedeutung sein. Wenn Kinder Fragen an Erwachsene stellen, wollen sie selten eine eindeutige Antwort, denn „sie lernen am meisten, wenn sie Zeit bekommen, um eigene Hypothesen zu bilden und diese mit Hilfestellung überprüfen zu können.“ (Reichert-Garschhammer & Kieferle, 2011, S. 180). Kinderfragen gehen häufig im Kita-Alltag unter, dabei geben sie enormen Aufschluss darüber, was Kinder berührt und wie sie die Welt sehen. Pädagogische Fachkräfte sollten sich daher regelmäßig fragen: „Nehme ich Kinderfragen ernst und gebe ihnen entspre- 27 chend Raum und Zeit? Folgen gemeinsame Recherchen auf Fragen oder werden diese von mir meist schnell und „endgültig“ beantwortet?“ (ebd., S. 181). Die bisherigen Erkenntnisse sollen nun zu einigen Leitgedanken führen, durch die die Entwicklung einer Gesprächs- und Erzählkultur in der Kita ermöglicht werden könnte. 2.2.2 Die Entwicklung einer Gesprächs- und Erzählkultur Gespräche mit Kindern lassen sich auch mit dem Kita-Alltag gut vereinbaren, „sofern eine Kultur des offenen Dialogs gepflegt wird und dies als wichtige Bildungsgelegenheit im Alltag verankert wird.“ (Weltzien, 2012, S. 161), denn: „Im menschlichen Zusammenleben finden sich unendlich viele Gesprächsanlässe, die nur genutzt werden müssen. Der gemeinsame Blick aus dem Fenster kann zu einem Gespräch über den Schnee, die vorbeifahrenden Autos, einen badenden Vogel und vieles mehr führen. Die Voraussetzung ist, dass die Pädagogin bereit ist, sich auf das kindliche Interesse einzulassen, den Blick des Kindes einzunehmen und sich Zeit nimmt, darüber zu sprechen.“ (ReichertGarschhammer & Kieferle, 2011, S. 184). Alle Räume einer Kita sollten genutzt werden, damit Kinder vielfältige Erfahrungen machen können. Neben bekannten und in vielen Kitas bereits etablierten Lese-, Bücher- oder Schreibecken, eigenen Bibliotheken oder Theaterräumen können auch Flure, Treppenhäuser und Eingangsbereiche gestaltet werden. Zum Beispiel kann das Anbringen von Zahlen auf den häufig benutzten und oftmals wenig beachteten Treppenstufen dazu beitragen, dass für Kinder „sowohl die Zahlen in ihrem optischen Erscheinungsbild als auch das Zählen selbstverständlich“ wird (ebd., S. 188). Das Material sollte für Kinder stets zugänglich, dabei übersichtlich präsentiert, gut gepflegt und wandelbar sein – einfach, damit die Experimentierfreude der Kinder angeregt wird (ebd.). „Eine Dialogkultur fängt auf der Erwachsenenebene an.“ (Weltzien, 2012, S. 164); das gesamte Team der Einrichtung, aber auch die Eltern legen durch ihr Verhalten, indem sie als Vorbilder agieren, fest, ob eine positive Erzähl- und Gesprächskultur in der Kita entwickelt werden kann. Kinder schauen sich viel von den Kommunikationsstrukturen von Erwachsenen ab; nur, wenn Erwachsene Kinder auch „wie vollwertige Gesprächspartner behandeln, werden sie dazu. Behandeln wir sie mit Achtung, werden sie auch andere mit Achtung behandeln. Verstehen wir sie, werden sie auch Verständnis für andere haben. 28 Nehmen wir Rücksicht auf ihre Bedürfnisse, werden sie auch Rücksicht auf die Bedürfnisse anderer nehmen.“ (von Hilgers & Ellneby, 2012, S. 157). Dies schließt natürlich die wichtigsten Bezugspersonen für Kinder ein, denn auch „Eltern müssen wissen, dass sie wertvolle Dialogpartner für ihre Kinder und die pädagogischen Fachkräfte sind. Unabhängig davon, welche Schwächen und Schwierigkeiten sie auch haben mögen – eine aufrichtige, freundliche Gesprächskultur und die Anerkennung ihres Wertes als Eltern bilden die Grundlage für den Dialog.“ (Weltzien, 2012, S. 159). Weiterhin und wie bereits mehrfach festgestellt gilt: „Die Gestaltung von Gesprächen ist verknüpft mit der Gestaltung von Beziehungen.“ (ebd., S. 164). Beziehungen und diesbezüglich auch gute Gesprächs- und Erzählsituationen für, mit und unter Kindern können entstehen, wenn Erwachsene eine Atmosphäre der Wertschätzung, Akzeptanz und Toleranz schaffen und die Kinder davon profitieren, aber auch davon lernen können. Eine Kultur des Dialogs bedeutet zudem: „Gespräche beziehen sich auf alle Sprachen der Kinder. Nonverbale Kommunikation, der handelnde Dialog und Körpersprache sind ebenso wichtig wie das gesprochene Wort.“ (Weltzien, 2012, S. 163-164). Überdies heißt miteinander reden nicht nur, selber reden oder erzählen zu können; auch das Zuhören sollte als eine wichtige Basis für Gespräche und Erzählungen und bedeutsamer Teil des Zusammenlebens etabliert werden, denn: „Zuhören ist eine aktive Handlung, die Konzentration und Disziplin erfordert. Dazu gehört, dass man sich auf das Wesentliche fokussieren kann und will. Dass man Interesse und Verständnis hat und zeigt. Dass man sich engagieren kann und verstehen will, welche Gefühle oder Gedanken hinter den Worten stecken.“ (von Hilgers & Ellneby, 2012, S. 26). Indem Kinder lernen, auch mal zuzuhören, wird der Grundstein dafür gelegt, dass sie zu guten Gesprächspartnern werden, indem die Konzentrationsfähigkeit gestärkt und das Demokratieverständnis gefördert wird im Sinne von „wir sind gleich wichtig, ich höre dir zu, und du hörst mir zu“ (ebd., S. 27). Eine Voraussetzung, damit Kinder gute Zuhörer werden, besteht auch darin, dass Erwachsene selbst gute Zuhörer für Kinder sind (Reichert-Garschhammer & Kieferle, 2011, S. 174). Freie Zeit und die Wertschätzung von Kommunikationsformen jeglicher Art haben oberste Priorität, wenn eine Dialogkultur in der Kita entstehen soll, denn: „Verplante Abläufe, erwachsenengeleitete „Angebote“ und Projekte, feste Förder- und Übungsgruppen stehen einem Dialog im Wege.“ (Henneberg & Klein & 29 Vogt, 2012, S. 64). Selbstverständlich sollten die Kinder ihr Mitspracherecht, welches ihnen u.a. auch das Gesetz zur Förderung von Kindern in Kindertageseinrichtungen und in Kindertagespflege (KiföG M-V) in Paragraf 7 „Einbeziehung der Kinder in die Gestaltung des Alltags der Kindertageseinrichtung und der Kindertagespflege“ zuschreibt, in einer gesunden Gesprächs- und Erzählkultur auch ausleben dürfen. Gemeinsam mit den Kindern werden Verhaltens- und Gesprächsregeln ausgehandelt. Sowohl Erwachsene als auch die Kinder untereinander belehren, maßregeln oder korrigieren einander nicht ständig. Absprachen, die getroffen werden, sollen eingehalten werden; selbstverständlich auch solche, die die PädagogInnen mit Kindern treffen. PädagogInnen setzen dabei allerdings auch Grenzen, zum Beispiel wenn Kinder andere oder sich selbst verletzen oder in Gefahr gebracht werden. Diese sollten klar und deutlich, aber für die Kinder auch nachvollziehbar und verständlich erklärt werden, denn: „Das Kind braucht sachliche Argumente, um zur Eigenverantwortung zu gelangen, auch sachgemäß zu handeln. Unbegründete Verbote nehmen ihm diese ab“ (Friedrich, 1983, S. 41). Und schließlich müssen die Fragen geklärt werden: Wie wird mit Problemen, Konflikten und Streitigkeiten umgegangen? Werden unterschiedliche Meinungen, Wünsche und Ansichten wertgeschätzt und kommen sie auch zum Ausdruck? Können Kinder und Erwachsene frei äußern, wenn ihnen etwas nicht gefällt und werden dann in der Gruppe Kompromisse gefunden? Denn: „Kinder müssen streiten, auch wenn dies für die Erzieherin schwer auszuhalten ist oder die Gruppe darunter leidet. Kinderstreit ist wichtig. Diese Erkenntnis hilft einer Erzieherin, damit angemessen umgehen zu können.“ (Blank-Mathieu, 1999). Durch Konflikte lernen Kinder nicht nur, sich in einer Gruppe zu behaupten, eigene Bedürfnisse zu formulieren und Anerkennung zu bekommen, sondern auch, Misserfolge zu verkraften, Regeln und Strukturen einzuhalten und obendrein divergierende Meinungen auszuhalten. Durch die Beobachtung von Streitsituationen im Kita-Alltag können PädagogInnen erfahren, wie und warum Kinder streiten; im Dialog mit den Kindern können dann wiederum gemeinsame Bewältigungsstrategien daraus entwickelt werden (ebd.). 2.2.3 Zusammenfassung Wie PädagogInnen den kindlichen Spracherwerb anregen und unterstützen können, zeigt folgendes Zitat: „Beste Fachpraxis zeichnet sich durch eine 30 grundlegend positive Einstellung gegenüber Gesprächen mit Kindern aus. Eine Haltung, die den Wert des zugewandten und wertschätzenden Dialogs hervorhebt, was damit auch zu entsprechenden Schwerpunktsetzungen in der pädagogischen Arbeit führt.“ (Weltzien, 2012, S. 157). Der Kita-Alltag bietet hierfür eine Vielzahl an Möglichkeiten für Interaktionen, die aufmerksame, professionelle pädagogische Fachkräfte nur nutzen müssen (von Hilgers & Ellneby, 2012, S. 52). Kinder äußern sich dann gerne und vielfältig, wenn die Rahmenbedingungen dafür stimmen: Positive Beziehungen zu den Bezugspersonen, zu denen auch die pädagogischen Fachkräfte in Kitas zählen, sind die Basis für alle Lern- und Bildungsprozesse von Kindern. Dazu brauchen Kinder authentische Erwachsene, die vor allem auch gerne und auf Augenhöhe mit ihnen kommunizieren, die wertschätzend und respektvoll interagieren, die Raum und Zeit geben, damit sich Kinder aktiv und auf ihre individuelle Art und Weise ausdrücken können (Henneberg & Klein & Vogt, 2012, S. 58-60). Sie brauchen Anregungen durch unterschiedlichste Materialien, flexibel gestaltete Tagesabläufe und Räume, die Möglichkeiten zum Explorieren als auch zum Rückzug bieten (Reichert-Garschhammer & Kieferle, 2011, S. 184). Pädagogische Fachkräfte unterstützen die kommunikativen Kompetenzen von Kindern, indem sie offene Fragen stellen (von Hilgers & Ellneby, 2012, S. 156), korrektives Feedback geben und in „Ich-Botschaften“ sprechen (Hartkemeyer zit. nach Henneberg & Klein & Vogt, 2012, S. 60). Zudem sind die körperliche Zugewandtheit und Blickkontakt zum Kind wichtig, ebenso wie ein geteilter Aufmerksamkeitsfokus zwischen der pädagogischen Fachkraft und dem Kind (Mannhard & Braun, 2008, S. 95). PädagogInnen nutzen die Methode des langen gemeinsamen Nachdenkens („Sustained Shared Thinking“), um die Bildungs- und Lernprozesse der Kinder zu unterstützen oder anzuregen (Sylva u.a. zit. nach Schelle, 2011, S. 23). Als bedeutende Vorbilder für Kinder schaffen PädagogInnen eine Gesprächsund Erzählkultur in der Kita, indem sie durch ihr Handeln vorleben, dass jegliche Formen der Kommunikation, verbal wie nonverbal, das Ausdrücken von Gedanken und Emotionen als auch die Wertschätzung unterschiedlichster Meinungen erwünscht und dabei oberste Priorität haben (Weltzien, 2012, S. 159164), ebenso wie gegenseitiges Zuhören (Reichert-Garschhammer & Kieferle, 2011, S. 174) und das Ausleben von Konflikten (Blank-Mathieu, 1999). 31 Im gemeinsamen Aushandlungsprozess mit Kindern und Eltern werden für alle verbindliche Regeln aufgestellt; diesbezüglich sollten Erwachsene Grenzen und Verbote, die sie dabei häufig auch setzen müssen, für die Kinder verständlich erläutern – damit die Kinder sie nachempfinden und wiederum Denkprozesse in Gang gesetzt werden können (Friedrich, 1983, S. 41). Neben Gesprächen und Interaktionen mit Erwachsenen sind vor allem solche mit anderen Kindern besonders wertvoll für die kindliche Sprachentwicklung. Warum aber sind gerade diese so bedeutsam für Kinder und wie können pädagogische Fachkräfte die Interaktionen unter Peers am besten begleiten und anregen? Diese Fragen sollen in den nächsten beiden Abschnitten geklärt werden. 2.3 Gespräche unter Kindern 2.3.1 Besonderheiten von Gesprächen unter Peers Interaktionen unter Gleichaltrigen bieten für Kinder die beste Möglichkeit, um Sprache und Kommunikationsregeln zu erlernen und auszuprobieren. Zudem erwerben sie dabei viele andere wichtige Kompetenzen, die durch kokonstruktive Prozesse mit Erwachsenen vergleichsweise weniger effektiv zum Vorschein kommen, denn in Interaktionen mit anderen Kinder lernen sie, ihre „Bedürfnisse und Ziele mit Gleichaltrigen abzustimmen und durchzusetzen. Sprachstrukturelle und kommunikative Kompetenzen beeinflussen sich in diesem Prozess gegenseitig und nehmen Einfluss auf die sozial-kognitiven und emotionalen Fähigkeiten des Kindes.“ (Albers, 2011, S. 52). Vor allem mit zunehmendem Alter wird die Kommunikation zu anderen Kindern und Gleichaltrigen, sog. Peers, immer bedeutsamer, doch es „nehmen schon sehr junge Kinder Kontakt zu Gleichaltrigen auf und interagieren in vielfältiger Weise miteinander.“ (Viernickel zit. nach Reichert-Garschhammer & Kieferle, 2011, S. 263). Sprache ist eine, wenn nicht die wichtigste Kompetenz für die soziale Teilhabe: „So spiegelt das Entstehen von Freundschaften wesentliche Aspekte sozialkommunikativer Fähigkeiten dar. Diese Kompetenzen umfassen die Initiierung und Aufrechterhaltung von Kontakten, die Fokussierung der Aufmerksamkeit der Interaktionspartner, sozial-emotional adäquates Verhalten gegenüber Spielpartnern und die Koordination von Spielprozessen.“ (Fritz zit. nach Jungmann & Albers, 2013, S. 15). 32 Daher lässt sich auch die folgende Problematik nachvollziehen: „Im Kindergarten zeigen sich gerade bei Kindern mit verzögertem Spracherwerb häufig jedoch auch Probleme im Kontakt mit anderen Kindern. Auffälligkeiten in der Aussprache oder in der Grammatik resultieren somit in Problemen in der Interaktion und stellen ein Risiko für psychosoziale Belastungen dar.“ (Albers, 2011, S. 12). In der Konsequenz zeigt sich: „Durch die Schwierigkeiten beim Zugang zu Spielgruppen ergibt sich wiederum ein quantitativ und qualitativ geringeres Maß an sprachlichem Input und Kommunikation mit Gleichaltrigen, da sich weniger Gelegenheiten bieten, in den sprachlichen Austausch zu treten.“ (ebd.). Es kann sogar passieren, dass einige Kinder dadurch vollkommen aus dem Gruppengeschehen ausgeschlossen werden; diese versuchen dann nicht selten, dies zu kompensieren, indem sie verstärkt die Interaktion mit Erwachsenen anstreben, sodass diese Kinder in einen Kreislauf geraten, „der durch die Verfestigung eines negativen Selbstbildes und sozialen Rückzug geprägt ist.“ (Jungmann & Albers, 2013, S. 15). Gespräche unter Kindern sollten daher immer Vorrang vor solchen zwischen Kind und Erwachsenem haben. Eine Grundlage, um erfolgreich interagieren zu können, ist die Fähigkeit, sich in die Gedanken und Gefühle anderer Menschen hineinversetzen zu können. Diese Befähigung zur Perspektivübernahme wird auch als Theory of Mind bezeichnet; Kinder lernen dies erst im Laufe des Kindergartenalters (Baron-Cohen u.a. zit. nach Albers, 2011, S. 52). Zugleich müssen Kinder in der Lage sein, „ein Zusammenspiel sprachlich zu initiieren, als auch dazu fähig sein, auf sprachliche Äußerungen des Spielpartners angemessen zu reagieren.“ (Albers, 2011, S. 53). Um das Spiel mit einem anderen Kind in Gang zu setzen, muss ein Kind die Sensitivität besitzen, zu erkennen, wann ein Spiel möglich ist und „ wie es Situationen gemeinsamer Aufmerksamkeit auf einen Gegenstand oder eine Spielsituation verbal oder nonverbal herstellt.“ (Rice zit. nach Jungmann & Albers, 2013. S. 69). Diese als „Responsivität“ bezeichnete Verhaltensweise meint, dem Gegenüber genügend Raum für seine Aktivitäten zu lassen und zugleich darauf so einzugehen, dass die Interaktion bestehen bleibt (ebd.). Überdies zeigt sich: „Die Dauer von Gesprächen zwischen Kindern ist stark davon abhängig, ob diese über ein gemeinsames Drehbuch verfügen, welches gleichzeitig den Rahmen für Spiel und Sprache bildet.“ (Albers, 2011, S. 54). Verfügen Kinder über dieses „gemeinsame Drehbuch“ bzw. „Skript“, sind ihre 33 Interaktionssequenzen länger und von „einer höheren sprachlichen Komplexität“ (Nelson zit. nach Albers, 2011, S. 54). Etwa mit vier bis fünf Jahren beziehen sich die Gespräche von Kindern zum Beispiel auf fiktive Zusammenhänge, auch ohne eine „thematische Rahmung durch ein Skript“, woraus sich schließen lässt, dass das „gemeinsame Wissen um Skripts“ eine „Brückenfunktion im Übergang von Symbol- zu komplexen Rollenspielen“ inne hat (Albers, 2011, S. 54). Diese Besonderheiten von Gesprächen und Interaktionen unter Peers sollten pädagogische Fachkräfte kennen, um sie, wie im Folgenden erläutert wird, kompetent zu unterstützen oder anzuregen. 2.3.2 Begleitung und Unterstützung von Gesprächen unter Kindern durch pädagogische Fachkräfte „Die Prozesse beim Aufbau einer Peer-Kultur und die damit verbundenen Selbstbestimmungs- und Abgrenzungsbemühungen folgen eigenen Prinzipien und sind deshalb für Erwachsene nur schwer nachzuvollziehen.“ (Albers, 2011, S. 52). Besonders Kinder, denen der Zugang zum Spiel mit anderen Kindern verwehrt bleibt, benötigen „Zugangsstrategien zu Peerinteraktionen“ (Jungmann & Albers, 2013, S. 68). Hauptsächlich müssen Kinder selber lernen, wie sie Interaktionen mit anderen Kindern initiieren können. Indem sie „sich zunächst aus der Distanz einen Überblick über die Situation und das Spielmotiv“ verschaffen und daraufhin „signalisieren, dass sie gern mitspielen würden und dies auch können, ohne das Spiel der anderen zu stören“, könnte dies zum Beispiel gelingen (Corsaro zit. nach Jungmann & Albers, 2011, S. 69). Ein autoritäres Eingreifen der pädagogischen Fachkraft ist deshalb in den meisten Fällen eher kontraproduktiv, denn: „Greifen Erwachsene beispielsweise in das Spielgeschehen ein, um Kinder in die Spielgruppe zu integrieren, hat dies oft gravierende Folgen für das Zusammenspiel. Es gerät ins Stocken oder wird sogar abgebrochen, und die ursprüngliche Gruppe löst sich auf.“ (Albers, 2011, S. 53). Erst, „wenn deutlich wird, dass Kinder nicht in der Lage sind, untereinander einen Lösungsweg zu finden, greifen frühpädagogische Fachkräfte unterstützend ein.“ (Corsaro zit. nach Jungmann & Albers, 2011, S. 70). PädagogInnen brauchen demzufolge ein Gespür sowie effektive Strategien, „um Kindern den Zugang zur Gleichaltrigengruppe zu ermöglichen und sie 34 dadurch in ihrer sprachlichen Entwicklung zu fördern.“ (Albers, 2011, S. 53). Sie können dahingehend unterstützend tätig sein, indem sie sehr empathisch und zurückhaltend agieren und die Spielsituation genauestens beobachten, um das Spielmotiv zu erfahren und das Spielgeschehen nicht zu unterbrechen (ebd., S. 55). Die pädagogische Fachkraft kann gemeinsam mit dem Kind, welches Schwierigkeiten in der Interaktion mit anderen Kindern hat, Ideen entwickeln, wie das Kind in die jeweiligen Spielsituationen integriert werden kann, etwa wie folgt: „Findet beispielsweise ein Rollenspiel zum Thema Kinderarzt statt, könnte das zunächst ausgeschlossene Kind zu einem weiteren Patienten werden, der vom Arzt behandelt werden muss.“ (ebd.). Eine mögliche Strategie können auch Weiterleitungen sein: „Ein Kind, das innerhalb einer Spielsituation an den Erwachsenen herantritt, wird mittels Umleitung an ein anderes Kind weiterverwiesen, damit sich eine Kind-Kind-Interaktion etabliert.“ (Rice zit. nach Albers, 2011, S. 56). Idealerweise klappt diese Weiterleitung an ein anderes Kind, es kann aber auch passieren, dass die Interaktion ganz abbricht (Albers, 2011, S. 56). Ist ein Eingreifen in die Spielhandlung der Kinder erforderlich, können PädagogInnen „durch die Einführung neuer Rollen und Spielobjekte […] die Weiterentwicklung eines Spiels so beeinflussen, dass Kindern die Teilhabe am Spiel ermöglicht wird, die ansonsten vom Spielprozess ausgeschlossen werden würden.“ (Casey zit. nach Albers, 2011, S. 56). Pädagogische Fachkräfte können zudem durch die Art, wie sie selbst mit und über Kinder reden, großen Einfluss darauf nehmen, wie Kinder untereinander sich bewerten; denn indem sie „im Alltag die individuellen Stärken der Kinder“ hervorheben „und eine positive Einstellung“ vorleben, können die Bilder, die Kinder voneinander haben, positiv umgedeutet werden, sodass auch zuvor wenig in die Spielprozesse integrierte Kinder davon profitieren (Albers, 2011, S. 56). Erwachsene haben oftmals bestimmte Erwartungen, wie Gespräche verlaufen sollen, deshalb irritiert es auch PädagogInnen häufig, wenn es den Anschein macht, dass „Kinder einander gar nicht zuhören können, sondern immer einfach drauflosplappern“ oder einander ständig unterbrechen, „je nachdem, was ihnen gerade einfällt oder sie gerade interessiert“ (von Hilgers & Ellneby, 2012, S. 55). Gesprächsregeln, wie das gegenseitige Ausreden lassen, sind für Erwachsene selbstverständlich; Kinder aber müssen diese noch lernen und dafür „ist es 35 wichtig, sie auf ihre Weise teilnehmen zu lassen“. (ebd.). Dazu sollten PädagogInnen Raum für kindliche Spontanität lassen, das Gespräch, wenn es ins Stocken gerät, unterstützen, auch indem dem Gesagten Struktur gegeben wird und nicht zuletzt darauf achten, „dass alle Kinder zu Wort kommen und gehört werden“ (ebd., S. 56). 2.3.3 Zusammenfassung Peer-Interaktionen sollten immer Vorrang vor Erwachsenen-Kind-Interaktionen haben, denn im Austausch mit Gleichaltrigen erwerben Kinder Kompetenzen, welche für ihre Entwicklung von besonderer Bedeutung sind: Neben der Initiierung und Aufrechterhaltung von gemeinsamen Interaktionen mit anderen Kindern, wobei vor allem auch die Fähigkeit zur Perspektivübernahme gefordert und gefördert wird (Baron-Cohen u.a. zit. nach Albers, 2011, S. 52), lernen sie, sich abzustimmen, durchzusetzen, aber auch abzugrenzen (Albers, 2011, S. 52). Schwierigkeiten im Zugang zu sozialen Kontakten entstehen häufig bei Kindern mit verzögertem Spracherwerb oder durch Probleme in der Grammatik und der Aussprache und anders herum, denn durch wenige Gelegenheiten für die Kommunikation mit Gleichaltrigen können diese Kinder ihre sprachlichen und sozialen Fähigkeiten wiederum nur schwer verbessern (Albers, 2011, S. 12). Pädagogische Fachkräfte unterstützen diese Kinder am besten, indem sie sehr sensibel und zurückhaltend agieren und ihnen die Chance geben, einen eigenen Lösungsweg zu finden. Gelingt es dem Kind allerdings nicht, den Zugang zu seinen Spielpartnern zu bekommen, können PädagogInnen durch das eigene Mitspielen das Spielgeschehen so lenken, dass das Kind teilhaben kann (Casey zit. nach Albers, 2011, S. 56). Zudem können Spielaufforderungen von Kindern an andere Kinder weitergeleitet werden, sodass der Kontakt zu den Peers erhöht wird (Rice zit. nach Albers, 2011, S. 56). Letztlich bestimmen pädagogische Fachkräfte auch durch ein positives Vorleben und das Aufzeigen der individuellen Stärken der Kinder deutlich mit, welchen Status diese in der Kindergruppe haben (Albers, 2011, S. 56). 3 Praktische Umsetzungsmöglichkeiten Nachdem in den ersten beiden Kapiteln vorwiegend theoretisches Wissen über die Förderung von kindlichen Sprach- und Erzählkompetenzen beschrieben wurde, sollen nun einige praktische Beispiele anhand von ausgewählten Situa36 tionen, die im Kita-Alltag immer wieder vorkommen und viele Möglichkeiten für sprachliche Bildungs- und Lernprozesse von Kindern bieten, aufgezeigt werden. Denn Fakt ist: „Bei der Begrüßung, beim gemeinsamen Frühstück, im Innenoder Außenbereich, bei Spaziergängen, in der Leseecke: Es gibt keinen Raum, der für gute Gespräche nicht geeignet wäre.“ (Weltzien, 2012, S. 161). 3.1 Ankommen und Verabschieden in der Kita „Alle Fachkräfte begrüßen die Kinder morgens, die Frage ist jedoch, wie dies im Idealfall aussehen kann.“ (Groot-Wilken & Kaseric, 2009, S. 56). Eine individuelle Begrüßung jedes einzelnen Kindes ist im Hinblick auf eine kindorientierte Pädagogik die optimale Lösung, denn der tägliche Übergang von der Familie in die Kita stellt für viele Kinder eine Überwindung dar und sollte daher so gestaltet sein, dass „die Kinder spüren, dass sie dort willkommen sind und von einer Gruppe aufgenommen werden“ (Winner, 2009a, S. 36). Je nach individuellem Bedürfnis und kommunikativem Entwicklungsstand des Kindes können schon bei der Begrüßung längere Gespräche entstehen. PädagogInnen sollten folgendes beachten: „Am Morgen begrüßen Sie das Kind nicht nur mit „Guten Morgen“, sondern achten sensibel darauf, ob das Kind etwas erzählen, fragen oder vorschlagen will. Wenn Sie nicht sofort Zeit für ein Gespräch mit dem Kind haben, sagen Sie ihm dies und versprechen ihm, dass es später Gehör findet.“ (Schwalb, 2010, S. 26). Wichtig dabei ist, „dass die Begegnung nicht zufällig stattfindet, sondern als pädagogischer Prozess betrachtet wird“, welcher als wichtige Interaktion genutzt werden sollte (Groot-Wilken & Kaseric, 2009, S. 56). Möglich ist auch, die Personen in das Begrüßungsgespräch miteinzubeziehen, die das Kind in die Kita bringen, also Eltern, Großeltern u.a.; vor allem, wenn die Kinder und Familien unterschiedliche Sprachen sprechen. Hier könnte die pädagogische Fachkraft zum Beispiel „die Begrüßung in der Herkunftssprache des Kindes lernen und es auch in dieser Sprache begrüßen“ (ebd.). Die kulturelle Vielfalt und deren Wertschätzung werden dadurch lebendig und auch für andere Kinder erfahrbar gemacht. Überdies kann auch die Gestaltung des Eingangsbereiches und der Flure sprachlich anregend gestaltet sein, etwa durch verschiedene Symbole oder Piktogramme an den Fächern der Kinder oder durch das Aushängen von Plänen, Zeichnungen, Dokumentationen von Erlebnissen der Kinder u.v.m. (ebd.). Dadurch können Gespräche unter Kindern, aber auch zwischen Kindern und 37 Eltern oder den pädagogischen Fachkräften entstehen, etwa wenn die Kinder in die Kita kommen oder abgeholt werden. „Für die Verabschiedung am Ende des Kindergartentages gilt Ähnliches wie für die Begrüßung. Der Kindergartentag endet für jedes Kind individuell, d.h. jedes Kind erlebt den Übergang von der Tageseinrichtung in die Familie anders.“ (Groot-Wilken & Kaseric, 2009, S. 83). Ist das Kind noch in ein spannendes Spiel vertieft oder wartet es bereits darauf, abgeholt zu werden? Wer holt das Kind ab und was hat die Familie am Nachmittag oder Abend noch vor? Diese Fragen sind u.a. entscheidend für „eine gute Abholsituation“ und müssen von PädagogInnen und auch Eltern im Hinterkopf behalten werden (ebd.). Gemeinsam mit dem Kind und seinen Eltern können die pädagogischen Fachkräfte den Tag kurz Revue passieren lassen oder es werden zukünftige Aktivitäten und Erlebnisse besprochen. Feste Rituale können helfen, um Kindern den morgendlichen Übergang in die Kita bzw. das Verabschieden am Nachmittag leichter zu machen, beispielsweise in Form von Morgen- oder Abschlusskreisen. Diese und einige andere mögliche Rituale für Kitas werden nun thematisiert. 3.2 Die Gestaltung von Morgenkreisen und anderen Ritualen Für viele Kinder bieten feste Rituale gute Gelegenheiten, um selbst zu Wort zu kommen: „Die Kinder lernen dabei, ihre Erlebnisse in Worte zu kleiden, sie in eine logische Abfolge zu bringen und sie vor anderen Kindern in einem geschützten Rahmen zu präsentieren. Dieser sorgt für die Atmosphäre und die Zuhörer.“ (Knecht & Höfer & Straus, 2009, S. 18). Denn: „Das Bekannte ist für Kinder das Spannende und Aufregende. […] Ein Morgenkreis, der jeden Tag gleich abläuft, ist für Kinder nicht langweilig, sondern ein vertrauter Rahmen, der Sicherheit bietet.“ (Winner, 2009a, S. 40). In den meisten Kitas haben sich solche Rituale, zum Beispiel in Form von Morgenkreisen, bereits etabliert; dennoch gibt es dabei viele verschiedene Ausgestaltungen. Oftmals sollen die Kinder etwas Selbsterlebtes erzählen, etwa vom vergangenen Wochenende oder vom letzten Urlaub. Aber warum sollte der Morgenkreis nicht auch „für das Erfinden von Geschichten“ genutzt werden? (Claussen zit. nach Merkelbach, 1995b, S. 19). Denn ob der Morgenkreis „zum bloßen Ritual erstarrt“ oder zu einer Erzählrunde führt, „die für alle einladend wird, die etwas Mitteilenswertes zu sagen haben“, kann stark von der Ausge38 staltung seitens der pädagogischen Fachkraft abhängen (Merkelbach, 1995b, S. 19). Ein Morgenkreis etwa kann durch gemeinsame Spiele, Tänze und Lieder vielfältig und anregend gestaltet werden; indem die Kinder diesen mitorganisieren, können sie zudem ihre eigenen Vorlieben einbringen und übernehmen Verantwortung für die Gruppe (Winner, 2009a, S. 37). Eine bestimmte Musik, Handpuppen oder andere Gegenstände können den Kindern anzeigen, dass der Gesprächskreis beginnen soll. Genauso könnten die Kinder in einem morgendlichen oder im Laufe des Tages stattfindenden Gesprächskreis etwas vorstellen, z.B. ein Experiment oder etwas selbst Gestaltetes (ebd.). Gesprächsund Erzählkreise können auch zur Verabschiedung der Kinder am Nachmittag genutzt werden; allerdings unterscheidet sich diese Abschlussrunde von Morgenkreisen dahingehend, „dass sie zur Reflexion des Geschehenen dient und den Nachmittag in der Familie einläutet. Auch hier können unterschiedliche Gesprächsformen zum Einsatz kommen, z.B. kurze Einzelgespräche, Blitzlichtrunden, Gruppendiskussionen.“ (Groot-Wilken & Kaseric, 2009, S. 61). Möglich ist auch, regelmäßige „Sprechtreffs“ für eine Gruppe von Kindern zu etablieren. In einer kleinen Kindergruppe fällt es vielen Kindern leichter, sich zu äußern, vor allem, wenn sie Schwierigkeiten mit der Sprache oder eine andere Herkunftssprache haben. Die PädagogInnen können dabei auch gezielter auf die Kinder eingehen. In einer kleineren Runde können Kinder sich ausprobieren, während die pädagogische Fachkraft einzelne Gedanken und Beobachtungen für die Dokumentation notiert (Winner, 2009d, S. 44). Neben dem Besprechen von Erlebnissen der Kinder, durch welche sie lernen, ihre Gedanken zu strukturieren und diese so zu formulieren, dass sie für die anderen Kinder verständlich werden, können auch gemeinsame Aktivitäten wie Kochen, Ausflüge o.Ä. bei diesem Sprechtreff Platz finden (ebd., S. 45). Feste, in der Alltagsstruktur verankerte Gesprächs- und Erzählrunden für Kinder können auch wie folgt aussehen: Sie können gruppenübergreifend oder in festen Gruppen stattfinden oder als „Zuhörangebot mit kleinen FünfminutenGeschichten für jedes Kind, das zuhören will“ gestaltet sein (HoffmeisterHöfener, 2009, S. 144-145). Ebenso möglich sind ein „Geschichtenclub, ein Wahlprogramm mit von Erzieherinnen und Kindern erzählten Geschichten“ oder auch ein „regelmäßiges Erzählangebot mit Geschichten unterschiedlicher Länge für die ganze Gruppe“ (ebd., S. 144). 39 Auch durch Musik und Tanz können Kinder in ihrer Sprachentwicklung gefördert werden, etwa durch eine wöchentlich stattfindende „Rhythmikstunde“, in der die pädagogische Fachkraft zum Beispiel Bewegungs- und Entspannungslieder mit den Kindern singt, tanzt und musiziert oder Reime und Verse rhythmisch sowie durch entsprechende Mimik und Gestik begleitet werden (Winner, 2009e, S. 5556), denn: „Gesungene Texte prägen sich schneller ein, auch in Fremdsprachen.“ (Götte, 2002, S. 34). Auch Rituale wie „bestimmte Verse, Sprüche, Gebete oder Lieder zur gemeinsamen Begrüßung oder Verabschiedung, zum Geburtstag, zum Essen, zum Aufräumen“ können zum Wohlbefinden und zur Stärkung des Gemeinschaftsgefühls dienen und somit die Sprachfreude der Kinder steigern (Schwalb, 2010, S. 29). Prinzipiell gilt für jede Form von Gesprächsritualen: „Alle Kinder sollten die Möglichkeit haben, etwas zu sagen, aber kein Kind sollte dazu genötigt werden.“ (Groot-Wilken & Kaseric, 2009, S. 61). Zudem sind Gesprächsangebote immer individuell zu gestalten, denn: „So wird deutlich, dass nicht alle Kinder von solchen strukturierten Situationen […] profitieren. Bei einigen als kompetent eingestuften Sprechern führt vielmehr eine starke Strukturierung durch die Erzieherin zu einer geringeren und weniger komplexen Äußerungslage, als dies in einem Rollenspiel unter Kindern der Fall ist, das ganz ohne Kontext und Rahmen auskommt, sondern sich völlig auf die sprachliche Kreativität der Kinder stützt.“ (Albers, 2011, S. 106-107). 3.3 Tischgespräche Das gemeinsame Essen nimmt im Tagesverlauf des Kita-Alltags viel Zeit ein. Häufig steht dabei allein die Nahrungsaufnahme im Vordergrund; welche Möglichkeiten aber auch gemeinsame Tischgespräche für die sprachliche Entwicklung und den sozialen Austausch bieten können, zeigt folgendes Beispiel: „Janina ist in einen neuen Kindergarten gekommen und erklärt, dass sie das toll findet, weil die Zwischenmahlzeit nicht alle gleichzeitig essen, sondern nur so viele Kinder auf einmal, wie am runden Tisch Platz finden. Die anderen Kinder spielen einfach solange weiter, bis ein Platz frei wird. „Das ist so, damit alle am Tisch reden können“, erklärt sie. Für Janina ist das Gespräch am Tisch das Beste am neuen Kindergarten.“ (von Hilgers & Ellneby, 2012, S. 55). Für die meisten Erwachsenen ist die Kommunikation am Frühstücks-, Mittags- oder 40 Abendbrottisch eine günstige Gelegenheit, um sich mit anderen auszutauschen. Also warum sollte dies für Kinder anders sein? Damit Tischgespräche unter Kindern und zwischen Kindern und PädagogInnen möglich sind und als gute Anlässe dienen, damit Kinder ihre sprachlichen Fähigkeiten erweitern oder verbessern können, müssen dafür auch die Rahmenbedingungen stimmen: „Die Fachkraft steht als Gesprächspartnerin zur Verfügung, indem sie mit am Tisch sitzt. Den Kindern wird ausreichend Zeit […] eingeräumt. Die Kinder dürfen sich untereinander unterhalten. […] Kinder dürfen ihre Nachbarn selbst auswählen. Die Kinder bestimmen die Gesprächsthemen und auch, ob sie sich am Gespräch beteiligen möchten.“ (Groot-Wilken & Kaseric, 2009, S. 59). Wenn die Kinder das Frühstück selber vorbereiten bzw. dabei helfen, fördert dies nicht nur ihre Selbstständigkeit, sondern sie lernen auch, Verantwortung für andere zu übernehmen und darüber hinaus erweitert sich ihr Wortschatz. Die pädagogische Fachkraft kann dies unterstützen durch Fragen wie: „Wie viele Teller benötigen wir?“, „Woraus besteht denn heute unser Frühstück?“ oder „Kannst du mir bitte den Kakao geben?“. Gemeinsame Mahlzeiten bieten natürlich auch die Möglichkeit, über viele verschiedene Themen zu sprechen, die die Kinder bewegen, etwa über Konflikte, Erlebnisse und Erfahrungen oder „Vorlieben, Abneigungen, Essenstraditionen der Familie oder einfach die gemeinsame Erkundung des Essens […] zur Erweiterung von Wortschatz, Erproben von neuen Satzstrukturen oder der Ausdifferenzierung der Aussprache“ (Reichert-Garschhammer & Kieferle, 2011, S. 185). Zudem können Tischgespräche dazu dienen, „Pläne zu schmieden und Ideen zu entwickeln“ (Groot-Wilken & Kaseric, 2009, S. 59) bzw. mit „Kindern anderer Herkunftssprachen als deutsch und Kinder mit eingeschränktem Wortschatz alles um das Frühstück herum im Gespräch zu erlernen (Tietze et.al. zit. nach Groot-Wilken & Kaseric, 2009, S. 59). 3.4 Freispiel „Spiel ist die wichtigste Tätigkeit der Kindheit. Kinder verbringen vielleicht nicht die meiste Zeit im Spiel. Sie lernen dabei aber am meisten.“ (Winner, 2009f, S. 15). Denn: „Im Unterschied zur Arbeit bleiben im Spiel die Folgen der Realität aus. […] Kinder können im Spiel Dinge tun, die sie unter funktionalem Druck nicht bewältigen würden.“ (ebd.). 41 Im Spiel handelt das Kind aktiv und geht seinen Interessen nach, wodurch eine eigene Dynamik entsteht und dem Kind „das Erleben eigener Wirksamkeit“ ermöglicht wird (Friedrich, 1983, S. 51). Ein allzu starkes Eingreifen von Erwachsenen oder die Steuerung des Spiels in eine bestimmte Richtung kann die innere Motivation des Kindes zerstören; schlimmstenfalls „spielt“ das Kind dann, „um den Erwachsenen zu gefallen, abhängig von ihrer Zuwendung oder aus Angst vor Kritik und Strafe.“ (ebd.). Wiederum kann die pädagogische Fachkraft durch das Mitspielen auch wichtige Impulse geben, wodurch das Spiel aufrechterhalten werden kann (Groot-Wilken & Kaseric, 2009, S. 65). Daher müssen PädagogInnen die Kinder genau beobachten und Folgendes beachten: „Kinder lernen im Spiel und spielen beim Lernen. Im Rahmen des Freispiels kommt den Fachkräften die Aufgabe zu, den Kindern eine lern- und sprachanregende Umgebung zur Verfügung zu stellen und sich – wo nötig – selbst ins Spiel einzubringen, um die Aufmerksamkeit der Kinder vielleicht auf Neues zu lenken oder sie im Problemlösen zu unterstützen.“ (Reichert-Garschhammer & Kieferle, 2011, S. 185). Kinder, die beispielsweise noch nicht in Berührung mit Schrift gekommen sind, brauchen den Zugang dazu. Kinder, die bereits sehr interessiert an Büchern und Schrift sind, können durch „eine anregungsreiche Umgebung und pädagogische Fachkräfte, die sie beim Entdecken unterstützen, indem sie den Umgang mit Schrift vorleben und literale Angebote schaffen“, dieses kindliche Interesse noch fördern (Jungmann & Albers, 2013, S. 107). Eine sprachlich anregende Umgebung kann vielfältig gestaltet sein. Neben den klassischen Medien wie Bücher oder Stifte gehören aber auch Straßenkarten, Gebrauchsanweisungen, Einkaufszettel oder Rezepte für Arzt- oder Apothekerspiele u.v.m. zu den Materialien, die Kinder kennen lernen und die für ihr Spiel zur Verfügung stehen sollten (ebd., S. 107-108). Vor allem Rollenspiele sind für Kinder eine gute Möglichkeit, um sich auszuprobieren und sich gemeinsam mit anderen abzustimmen. Möbel, Geschirr, verschiedene Figuren und Puppen sowie Kleidung, die jederzeit griffbereit für die Kinder sind, sollten in jeder Kita vorhanden sein (Groot-Wilken & Kaseric, 2009, S. 65). Auch solche Bereiche, in denen Kinder etwas konstruieren, bauen, zeichnen, malen und kreativ sein können, sollten zur Grundausstattung von Kitas gehören (ebd., S. 68-70). Im Freispiel können und sollen sich die Kinder hauptsächlich miteinander beschäftigen; dennoch bietet es auch die Gelegenheit, dass sich die pädagogi42 sche Fachkraft dem einzelnen Kind oder einer kleineren Gruppe individuell widmen kann. Dabei gilt: „Alle Formen der Darbietung von Geschichten sind wichtig: Vorlesen, Erzählen, Mitspielen, Nachspielen.“ (Götte, 2002, S. 28). „Als besonders wirkungsvolles Format in Kindertageseinrichtungen kann exemplarisch das dialogische Bilderbuchlesen beschrieben werden, in dem die Fachkraft das Medium Buch und Schrift zum Einstieg in den Dialog mit einer Kleingruppe von Kindern nutzt und dabei (im Unterschied zum klassischen Vorlesen) den Kindern einen hohen Gesprächsanteil ermöglicht (Jungmann & Albers, 2013, S. 8-9). Weiter kann die Zeit des freien Spiels dazu dienen, die Kinder mit den unterschiedlichsten Literaturformen wie Märchen, Geschichten, Reimen, Gedichten, Bilderbüchern etc. vertraut zu machen und ihnen insbesondere auch den Spaß daran zu vermitteln (Schwalb, 2010, S. 27). Nach dem Vorlesen, Erzählen oder dem gemeinsamen Betrachten von Büchern kann anschließend eine Reflektion erfolgen und die Kinder „können gefragt werden, woran sie sich erinnern, was ihnen gefallen hat, was sie nicht gut fanden, was sie dazu fragen oder erzählen wollen. Manchmal wollen Kinder etwas zum Buch malen oder gestalten. Oft gibt das Buch auch Anregungen, die in den Alltag integriert werden können: etwas pflanzen, etwas bauen, etwas unternehmen, etwas im Rollenspiel nachspielen, sich weiter mit einem Thema aus dem Buch beschäftigen, z.B. zum Thema Streit. Hier könnte man Wörter sammeln, die wehtun, die gut tun, die entzweien, die versöhnen“ (ebd., S. 69). Geschichten sollten gut ausgewählt werden, damit sie die Kinder berühren, Spaß machen und lustig sind, oder auch zum Träumen, Entspannen, Philosophieren oder Nachdenken anregen (ebd., S. 77). Damit dies den PädagogInnen auch gelingt, sollte das Vorlesen oder Erzählen ebenfalls vorbereitet werden, denn Mimik und Gestik, Intonation und Artikulation sowie das Tempo und der Blickkontakt, aber auch die Gestaltung des Raumes und der Atmosphäre beeinflussen die Wirkung (ebd., S, 78-80). Überdies können die Kinder angeregt werden, selber Geschichten, Reime, Gedichte u.Ä. zu erfinden, zum Beispiel mit Hilfe von Gegenständen, Symbolen, Bildern, Karten. Daneben bieten auch sogenannte Regel- oder Tischspiele neben dem Beachten und Erlernen von abstrakten Regeln auch eine Vielzahl an Möglichkeiten für sprachliche Anreize: „So lässt sich beispielsweise aus einem Tiermemory ohne weiteres ein Bildbetrachtungsspiel machen, in dem die Kinder sich die Tiere 43 anschauen und ihre Namen kennen lernen.“ (Groot-Wilken & Kaseric, 2009, S. 78). Sowohl im Innen- als auch im Außenbereich der Kita sowie auf Ausflügen außerhalb können „Abzählverse, Fingerspiele, Reime“ eingebracht werden, oder die Kinder gehen auf „Zeichenjagd“, indem sie „Symbole, Zeichen, Buchstaben in der Umgebung suchen und deren Bedeutung erklären“ (Jungmann & Albers, 2013, S. 108) oder anhand der gefundenen und entdeckten Gegenstände und Begebenheiten Geschichten erfinden. Zudem brauchen Kinder „ausreichend und abwechslungsreiche Bewegung, Erfahrungen in Rhythmik sowie die Schulung der Sinneswahrnehmung, und zwar in allen Bereichen: Sehen, Hören, Fühlen, Schmecken, Riechen. Denn diese sind unverzichtbar für die Sprachentwicklung.“ (Schwalb, 2010, S. 30). Neben der Gestaltung von Begrüßung und Verabschiedung der Kinder, von Ritualen und der Unterstützung kindlicher Sprachentwicklung im Freispiel können auch Projekte in den Kita-Alltag integriert werden. Wie diese aussehen können, soll nun beschrieben werden. 3.5 Erzählen und Kommunizieren in Form von Projekten „Projektarbeit trifft den Zeitgeist.“, denn durch Projekte lernen Kinder, gemeinsam mit anderen Probleme zu lösen, Strategien dafür zu entwickeln und auszuprobieren, ebenso wie „Verantwortung für sich selbst und andere übernehmen können und lernen, Situationen mitzugestalten“ (Schuhmann zit. nach ReichertGarschhammer & Kieferle, 2011, S. 137). Die Projektarbeit bietet zudem die Chance für umfassende Lern- und Bildungsmöglichkeiten. Aber „nicht alles, was in Kitas an Bildungsprozessen geschieht, ist ein Projekt“ (ReichertGarschhammer & Kieferle, 2011, S. 138). Projektarbeit lässt sich wie folgt definieren: „Projektarbeit ist ein anspruchsvoller pädagogisch-didaktischer Ansatz, wenn sie im Sinne von Partizipation, Ko-Konstruktion, ganzheitlicher Bildung und inklusiver Pädagogik so gestaltet ist, dass alle Kinder ihren Platz finden und sich in ihren Kompetenzen einbringen können und gestärkt werden.“ (ebd.). Diesbezüglich hat ein Projekt immer mehrere Phasen, die von der Projektfindung bis zur -planung, -durchführung und zum Projektabschluss bzw. -reflexion reichen. Gemeinsam in der Gruppe wird ein Thema, das dem Alltag der Kinder entspringt, von ihnen intensiv und möglichst selbstständig über einen längeren Zeitraum bearbeitet. Die Kinder werden in „Planungen, Entscheidungs- und Lö44 sungsfindungen“ von Anfang an miteingebunden (Schwalb, 2010, S. 30). „Gute Projektarbeit zeichnet sich durch ihre Methodenvielfalt aus und ihre Verknüpfbarkeit mit allen Formen der Bildungsorganisation aus. So können im Rahmen des Freispiels und der Werkstatt-Arbeit jederzeit Projekte entstehen.“ (ReichertGarschhammer & Kieferle, 2011, S. 140). Anhand dieser kurzen Beschreibung wird deutlich, dass der Ansatz der Projektarbeit einen hohen Stellenwert in der Kita-Praxis einnehmen sollte, wenn er diesen Kriterien entspricht. Projekte sollten folglich immer individuell und aus den alltäglichen Situationen heraus gestaltet sein. Dennoch kann auch die Praxis Impulse geben: Ein Projekt zur Sprachförderung ist der „spielzeugfreie Kindergarten“. Dieses Projekt wurde „im Jahr 1992 von Expertinnen und Experten der Suchtprävention initiiert. Während der spielzeugfreien Zeit erleben Kinder, dass Langeweile und Leere nichts Bedrohliches, sondern kostbare Freiräume sind, die zum selbstbestimmten Spiel genutzt werden können.“ (Winner, 2009b, S. 78). Für eine bestimmte Zeit stehen den Kindern dann „nur“ alltägliche Gegenstände wie Decken, Kissen, Taschenlampen usw. zur Verfügung. Die PädagogInnen halten sich bewusst zurück und beobachten bzw. dokumentieren die Geschehnisse. Viele Erfahrungen zeigen, dass die Kinder in dieser spielzeugfreien Zeit viel mehr reden als sonst, „auch diejenigen, die sich sonst nicht so gerne äußern. Der Grund dafür lautet: Sprache wird als Werkzeug der Koordination unverzichtbar. Der Tagesablauf wird von den Kindern gestaltet – außer den Öffnungszeiten und dem Mittagessen ist nichts vorgegeben. Die Kinder nehmen sich diese Zeit für ihre Planungen. Sie verhandeln, verwerfen Ideen, entwickeln neue Vorschläge und diskutieren nahezu ununterbrochen.“ (ebd., S. 82). Daneben lassen sich vielfältige Erzählprojekte in Kitas etablieren, welche beispielsweise mehrsprachiges Erzählen in Kooperation mit Eltern beinhaltet oder die Entwicklung einer Erzählwerkstatt. Projekte, die sich mit Bewegung, Musik oder Sinneserfahrungen befassen, können ebenso sprachfördernd sein. Ausschlaggebend für die Projektarbeit ebenso wie für alle anderen alltagsintegrierten sprachfördernden und -unterstützenden Maßnahmen, sei es das sprachförderliche Verhalten von PädagogInnen und Eltern oder die Gestaltung einer sprachanregenden Umgebung, ist: „Sprache ist zwar eine angeborene Fähigkeit, sie entwickelt sich aber in der aktiven Auseinandersetzung der Kinder mit ihrer Umwelt. Pädagogische Prozessqualität wird sich daher daran messen 45 lassen müssen, ob es den Fachkräften gelingt, eine derartige sprachliche Umwelt bereitzustellen, die diese relevanten sprachlichen Strukturen der Umgebungssprache enthält […] und sowohl die sprachlichen Äußerungen der Kinder als auch den Zugang zur Peer-Kultur angemessen unterstützt.“ (Albers, 2011, S. 57). 46 4 Fazit Dass Kinder von Geburt an neugierig, wissbegierig, aktiv und in Interaktionen mit anderen lernen, ist unumstritten. Dabei haben sie enorme Freude daran, zu kommunizieren und sich auf verschiedenste Weise auszudrücken. Diese Freude gilt es zu unterstützen, damit sich Kinder gerne, oft und vielfältig äußern, denn Sprache ist „Das Tor zum Ich, zum Du und zur Welt“ (Schwalb, 2010, S. 11). Sind sich PädagogInnen und Eltern dieser Bedeutung von Sprache für die kindliche Entwicklung bewusst, können Anregungen und Unterstützungen im Alltag verankert werden. Es gibt unzählige Möglichkeiten, Kommunikation und Sprache von Kindern im Kita-Alltag zu fördern; und genau in diesen alltäglichen Situationen lernen Kinder am meisten, denn: „Gespräche im Alltag sind Bildungsgelegenheiten pur. Sie sind ebenfalls explizite Beziehungsangebote und stellen eine wichtige Grundlage für Partizipation und Demokratie dar. Es macht viel Sinn, an der Dialogkultur in einer Einrichtung zu arbeiten und sich diesem Thema immer wieder einmal intensiv zuzuwenden.“ (Weltzien, 2012, S. 164). Was Kinder für ihre sprachliche Entwicklung brauchen, wurde hinreichend beschrieben. Zusammengefasst heißt dies: Neben der Kommunikation mit Erwachsenen brauchen Kinder vor allem Interaktionen mit anderen Kindern. Die pädagogischen Fachkräfte in Kindertageseinrichtungen und auch Eltern können den kindlichen Spracherwerb kompetent und anregend gestalten, indem sie insbesondere als sprachliche Vorbilder agieren. „Kinder brauchen Worte für die Lebensbereiche, die sie interessieren.“ (Winner, 2009d, S. 45); nur wenn die Bezugspersonen sich mit Spaß, auf vielfältige Art und Weise und adäquat äußern, können es auch die Kinder tun. Die Beziehungsgestaltung zwischen den erwachsenen Bezugspersonen und dem Kind sollte oberste Priorität haben, denn: „Mit einem einzigen Satz können wir einen anderen Menschen beflügeln oder niederschmettern, unser Verhalten kann also Konsequenzen für die Entwicklung und das weitere Leben dieser Person haben, insbesondere wenn es sich um ein Kind handelt.“ (von Hilgers & Ellneby, 2012, S. 51). Zudem können Räume, Materialien, Strukturen und Abläufe sich maßgeblich auf die sprachliche Entwicklung von Kindern auswirken. Nur in einer engen, vertrauens- und respektvollen Kooperation mit Eltern im 47 Sinne einer Bildungs- und Erziehungspartnerschaft können ganzheitliche Bildungs- und Entwicklungsprozesse von Kindern bestmöglich unterstützt und gefördert werden. Als aktuelle und auch zukünftige besondere Entwicklungsaufgabe für pädagogische Fachkräfte von Kindertageseinrichtungen kann abschließend Folgendes hervorgehoben werden: „Das Bild vom aktiven Kind und eine auf Partizipation und Ko-Konstruktion basierende Bildungspraxis verändern Rolle und Haltung der Erwachsenen. Es geht nicht mehr um „Sprachförderung“, die vom Verständnis her eine erwachsenenzentrierte Perspektive widerspiegelt, sondern um die Planung und Gestaltung von sprachlichen Bildungsprozessen gemeinsam mit den Kindern. Eltern und pädagogische Fachkräfte begegnen Kindern als Bildungs- und Dialogpartner und nehmen als Moderatoren eine offene, dialogische Grundhaltung ein. Die Individualität kindlicher (Sprach-)Entwicklung erfordert zudem eine systematische Beobachtung der Lern- und Entwicklungsprozesse und eine individualisierte und differenzierte Bildungsorganisation. Lebensnahe und anschlussfähige Bildungsprozesse gelingen, wenn auch die Kooperation von Familie, Kindertageseinrichtung und Schule im Sinne einer Bildungspartnerschaft weiterentwickelt und eine rege Öffnung zum Gemeinwesen praktiziert wird.“ (Reicher-Garschhammer & Kieferle, 2011, S. 12). 48 Anhang Anlage 1: Kreismodell der Kommunikation bzw. Vier-Ohren-Modell nach Schulz von Thun 1992 (Mannhard & Braun, 2008, S. 93): Anlage 2: Beispiel zum Vier-Ohren-Modell (Mannhard & Braun, 2008, S. 9394): „Auf Schulz von Thun bezieht sich die Sichtweise, dass eine Nachricht vier Aspekte hat, hier aufgezeigt anhand der Aussage eines Kindes zu seiner Erzieherin: „Vera spielt draußen auf dem Spielplatz.“: der Sachaspekt, der sachliche Informationsgehalt einer Nachricht; gemeint ist hier, dass ein Mädchen der Gruppe auf dem Spielplatz spielt. der Selbstoffenbarungsaspekt, Aussagen über die Person des Senders; gemeint ist hier, dass das Kind auch gerne draußen spielen möchte. der Beziehungsaspekt, die Haltung des Senders zum Empfänger; gemeint ist hier, dass die Erzieherin doch endlich merken soll, dass das Kind auch draußen spielen will. der Appellaspekt, was will der Sprecher vom Empfänger; gemeint ist hier: „Komm, lass uns doch auch rausgehen!“ (Schulz von Thun 1992, 26)“ 49 Literatur- und Quellenverzeichnis Albers, T. (2011). Sag mal! 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