Corporate Governance - Philipps

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05.14
ZCG
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9. Jahrgang
Oktober 2014
Seiten 193 – 244
Zeitschrift für
www.ZCGdigital.de
Corporate Governance
Leitung und Überwachung in der Unternehmens- und Prüfungspraxis
Fachbeirat:
ZCG
Akzeptanz des Deutschen Corporate Governance Kodex
Prof. Dr. Alexander Bassen,
Universität Hamburg
Management
[Kohl / Rapp / Strenger / Wolff, 197]
Prof. Dr. Dr. h. c. Theodor Baums,
Johann Wolfgang Goethe-Universität
Frankfurt am Main
Prof. Dr. Thomas Berndt,
Universität St. Gallen
Dr. Christine Bortenlänger,
Geschäftsführendes Vorstandsmitglied
Deutsches Aktieninstitut e. V.
Prof. Dr. Henning Herzog,
Quadriga Hochschule Berlin
Ulrich Hocker, Hauptgeschäftsführer
Deutsche Schutzvereinigung für
Wert­papierbesitz e. V.
Prof. Dr. Anja Hucke, Universität Rostock
Prof. Dr. Annette G. Köhler,
Universität Duisburg-Essen
Prof. Dr. Stefan Müller, Helmut Schmidt
Universität Hamburg
Prof. Dr. Axel von Werder,
Technische Universität Berlin
[Strenger, 205]
ZCG
Aktuelle Rechtsprechung zur Corporate Governance
Recht
[Gebhardt, 211]
ZCG
Farbe bekennen: Transparenz der Kompetenz im
Prüfung
Aufsichtsrat [Strenge / Jochmann, 215]
ZCG
Integrated Reporting: Ist Vergleichbarkeit in der Vielfalt
Rechnungslegung
möglich? [Behncke / Wulf, 220]
Fehlerkorrekturen in der internationalen Rechnungs­
legung in Interaktion mit Corporate-GovernanceElementen [Maul, 227]
Die EU-Bilanzrichtlinie aus dem Blickwinkel der
Corporate Governance [Kreipl / Müller, 235]
WP/StB Prof. Dr. Norbert Winkeljohann,
Mitglied des Vorstands
PricewaterhouseCoopers AG/WPG
Prof. Dr. Henning Zülch,
Handelshochschule Leipzig (HHL)
72017
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WP/StB Prof. Dr. Manfred Bolin,
International School of Management,
Dortmund
Governance bei börsennotierten Familienunternehmen
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Management • ZCG 5/14 • 197
Akzeptanz des Deutschen
Corporate Governance Kodex
Ergebnisse einer Langzeitbetrachtung
über die ersten zehn Kodexfassungen
Christian R. G. Kohl / Prof. Dr. Marc Steffen Rapp / Prof. Christian Strenger / Prof. Dr. Michael Wolff *
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Die vorliegende Studie analysiert im Rahmen einer Langzeitunter­
suchung die Befolgung des Deutschen Corporate Governance Kodex
(DCGK) durch die deutschen Prime-Standard-Unternehmen außer­
halb des Finanzdienstleistungssektors1. Auf der Basis von mehr als
3.200 Beobachtungen werden zunächst die zeitliche Entwicklung
der Kodexbefolgung und die durchschnittliche Befolgungsquote für
die einzelnen Kodexziffern dargestellt. Anschließend werden mit­
tels Regressionsanalysen Determinanten der Kodexbefolgung, ins­
besondere die Eigentümerstruktur, untersucht. Im Ausblick wird
die neuerdings beobachtbare Kultur der „vorsorglichen Abwei­
chungen“ diskutiert.
1. Konzept und Ziel der
Untersuchung
Am 15. 5. 2012 hat die Regierungskommission DCGK die zehnte Fassung des DCGK
seit seiner Einführung im Februar 2002
verabschiedet. Seither ist die Akzeptanz
der „Soll-Empfehlungen“ des DCGK durch
die Unternehmen mittels einer Vielzahl
an Studien evaluiert worden. Allerdings
basieren diese Untersuchungen zumeist
auf Querschnittsbetrachtungen oder
Kurzzeitanalysen bzw. auf ausgewählten
Unternehmensgruppen (wie z. B. DAXoder MDAX-Gesellschaften)2. Die vorliegende Studie erweitert die bestehende Evidenz auf der Basis eines neu zusammengestellten Langzeit-Datensatzes, welcher
alle Unternehmen (außerhalb des Finanzdienstleistungssektors) umfasst, die zwischen 2002 und 2012 zumindest einmalig
im Prime Standard der Deutschen Börse
notiert waren. Somit findet erstmalig
eine große Anzahl an Unternehmen über
einen Zeitraum von elf Jahren (und die zu
dieser Zeit gültigen zehn verschiedenen
Kodexfassungen) Eingang in die nachfolgende Analyse.
Ziel der vorliegenden Untersuchung ist
die Darstellung eines umfassenden Bildes
der Kodexbefolgung durch deutsche Unternehmen. Dazu wurden 3.207 Entsprechenserklärungen von 405 Unternehmen
über die ersten zehn Fassungen des DCGK
gesammelt und ausgewertet und Kodexabweichungen ziffernspezifisch erfasst. Auf
dieser Datengrundlage werden zunächst
die Akzeptanzniveaus nicht im jährlichen
Zeitablauf, sondern anhand der verschiedenen Kodexfassungen dargestellt. Weiterhin werden die ziffernspezifischen Entsprechensgrade zunächst aggregiert ausgewiesen, bevor daran anknüpfend die
Veränderungen des Akzeptanzniveaus der
Ziffern mit den höchsten Abweichungsquoten im Zeitablauf illustriert werden.
Abschließend erfolgt die multivariate
Analyse der wesentlichen Determinanten
des Entsprechensverhaltens.
Der vorliegende Beitrag ist wie folgt aufgebaut: Zunächst wird in Abschn. 2 das Studiendesign detailliert vorgestellt. Abschn.
3.1 beinhaltet die deskriptiven Ergebnisse
der Akzeptanz der ersten zehn Kodexfassungen, Abschn. 3.2 vertieft die Auswertung auf Ziffernebene, während Abschn. 3.3 die Ergebnisse der multivariaten
Analyse des Entsprechensverhaltens präsentiert. Der Beitrag schließt mit der Interpretation der Ergebnisse und einem
Ausblick auf die gegenwärtige Tendenz
sog. „vorsorglicher“ Abweichungen auf
Unternehmensseite.
2. Studiendesign
Die Studie untersucht das Entsprechensverhalten aller Unternehmen, welche zwischen 2002 und 2012 zumindest einmalig
im Prime Standard3 der Deutschen Börse
notieren und die folgenden Kriterien erfüllen:
CC Der Unternehmenssitz liegt in Deutschland,
CC das Unternehmen ist kein Finanzdienstleister,
* Dipl.-Kfm. Christian R. G. Kohl ist wissenschaftlicher Mitarbeiter an dem an der HHL Leipzig Graduate School of Management angesiedelten Center for Corporate Governance, E-Mail: Christian.
[email protected]. Prof. Dr. Marc Steffen Rapp ist akademischer Co-Direktor des Centers for Corporate
Governance an der HHL und Professor für Allgemeine BWL und Controlling an der Philipps-Universität Marburg, E-Mail: [email protected].
Prof. Christian Strenger ist Mitglied der Regierungskommission DCGK und akademischer
Co-Direktor des Centers for Corporate Governance
an der HHL, E-Mail: [email protected].
Prof. Dr. Michael Wolff ist akademischer Co-Direktor des Centers for Corporate Governance an der
HHL und Professor für Management und Controlling an der Georg-August-Universität Göttingen,
E-Mail: [email protected].
1Die vorliegende Studie basiert auf Daten zur Akzeptanz des DCGK aus Kohl/Rapp, Should Family
Firms Adopt Best-Practice Rules of Corporate Governance?, HHL Research Paper Series in Corporate Governance 2014, Nr. 13.
2Für einen Überblick wissenschaftlicher Studien
zur Befolgung des DCGK vgl. Böcking/Böhme/
Gros, AG 2012 S. 615–625, sowie im Besonderen
die jährlichen Corporate-Governance-Report-Studien von v. Werder, zuletzt erschienen v. Werder/
Bartz, DB 2014 S. 905–914.
3Der Deutsche Prime Standard umfasst die Aktien
mit der höchsten Liquidität in Deutschland. Zulassungsvoraussetzungen sind u. a. die Einhaltung internationaler Rechnungslegungsstandards sowie die Veröffentlichung von
Ad-hoc-Meldungen in englischer Sprache.
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198 • ZCG 5/14 • Management
Akzeptanz des DCGK
c Es werden folgende Varianten
bestimmt: Excess-Compliance und
Excess-Neuralgic. 
CC das Unternehmen unterliegt keiner besonderen Situation, wie beispielsweise
Insolvenzverfahren, Verschmelzung
oder Übernahme sowie einem Segmentwechsel in den Freiverkehr4.
Am Ende dieser Selektion ergibt sich eine
initiale Stichprobe von 3.666 Beobachtungen5. Für diese wurden die Entsprechenserklärungen nach § 161 AktG in den Geschäftsberichten bzw. auf der Internetpräsenz der Gesellschaften recherchiert. Dabei konnten für 263 Beobachtungen keine
Entsprechenserklärungen identifiziert
werden. Weiterhin wurden Informationen zur Eigentümerstruktur und zu
buchhalterischen Kenngrößen der Unternehmen aus dem Hoppenstedt Aktienführer entnommen bzw. von Thomson/Reuters abgerufen. Dabei waren für 196 Beobachtungen keine vollumfänglichen Daten
zu Unternehmenscharakteristika verfügbar. Die finale Stichprobe umfasst somit,
wie in Tab. 1 dargestellt, 3.207 Beobachtungen, welche sich auf 405 verschiedene
Unternehmen beziehen.
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Um die Kodexbefolgung zu quantifizieren, wurden die genannten 3.207 Entsprechenserklärungen in drei Schritten ausgewertet. Zunächst wurden für jede Entsprechenserklärung die Kodexabweichungen
ziffernspezifisch kodiert und im AnJahr
Unternehmen
2002
  270
2003
  274
2004
  277
2005
  285
2006
  302
2007
  312
2008
  320
2009
  304
2010
  293
2011
  293
2012
  277
Gesamt
3.207
Tab. 1: Zusammensetzung der Stichprobe
schluss die beiden folgenden Kenngrößen
zur Messung des Entsprechensverhaltens
gebildet:
CC Compliance ist definiert als die Entsprechensrate mit allen Ziffern des
DCGK, die zumindest eine Empfehlung
enthalten. Compliance wird dabei als
Quotient der befolgten Kodexziffern
zur Gesamtanzahl der relevanten Ziffern berechnet6.
CC Neuralgic ist definiert als die Entsprechensrate mit allen neuralgischen Ziffern des DCGK, wobei Ziffern als neuralgisch bezeichnet werden, wenn in
jedem Jahr des Untersuchungszeitraums mehr als 10 % der in der Stichprobe enthaltenen Unternehmen von
der betreffenden Ziffer abweichen7.
Schließlich wurden für die multivariaten
Analysen größenadjustierte Varianten der
obigen Kennzahlen berechnet. Hintergrund ist die Evidenz bestehender Studien, dass die Unternehmensgröße positiv mit der Compliancerate korreliert ist8.
Um für die Analyse der Determinanten
des Entsprechensverhaltens auch nicht-linearen Einflüssen der Unternehmensgröße Rechnung zu tragen, werden folgende Varianten bestimmt: Excess-Compliance und Excess-Neuralgic. Hierbei ist
Excess-Compliance (Excess-Neuralgic) definiert als unternehmensspezifische Compliance (Neuralgic) minus dem jährlichen
Mittelwert von Compliance (Neuralgic)
innerhalb des entsprechenden Dezils der
Unternehmensgröße9.
3. Studienergebnisse
Im Folgenden wird zunächst die Akzeptanz der ersten zehn Fassungen des Kodex
innerhalb deutscher Prime-Standard-Unternehmen dargestellt, bevor daran anschließend eine Analyse der ziffernspezifischen Entsprechensraten vorgenommen
wird. Abschließend werden Determinanten des Entsprechensverhaltens mittels
multivariater Regressionsmethoden evaluiert.
3.1 Akzeptanz der ersten zehn Fas­
sungen des DCGK
Die Auswertung der Entsprechenserklärungen hinsichtlich der Befolgung der
ersten zehn Kodexfassungen zeigt, wie in
Abb. 1 auf S. 199 dargestellt, eine Spannweite von 90,3% im Maximum für die erste
Kodexfassung bis zu 85,6% im Minimum
für die 2010er Fassung. Bedingt durch die
geringe Varianz der Entsprechensrate
über die verschiedenen Fassungen des
DCGK beträgt der Mittelwert des gesamten Beobachtungszeitraums 87,4%. Dieses
Entsprechensniveau liegt unterhalb der
Ergebnisse einiger bestehender Studien.
Ursächlich für den niedrigeren Mittelwert
erscheint die Beschränkung der Stichproben vorangegangener Untersuchungen;
insbesondere die Compliance der Unternehmen, welche nicht mehr im Prime
Standard gelistet sind, weist ab der Kodexfassung von 2007 durchgehend Entsprechensraten von unter 80% auf. Demgegenüber zeigen DAX- und MDAX-Gesellschaften bereits ab der dritten Kodexfassung
die bekannten hohen Entsprechensgrade
oberhalb von 90%. Weiterhin scheint sich
die Aufnahme von vierzehn neuen Empfehlungen zwischen der Erstfassung und
der vierten Fassung vom Juni 2005 nicht
negativ auf die Entsprechensrate von
4Gem. § 161 Abs. 1 AktG i. V. mit § 2 Abs. 5 WpHG
sind nur Unternehmen mit einer Notierung in
regulierten Börsensegmenten zur Veröffentlichung einer jährlichen Entsprechenserklärung
verpflichtet.
5Ausgangspunkt der Stichprobe sind alle Unternehmen, welche zwischen 2002 und 2012 zumindest einmalig im Prime Standard der Deutschen Börse gelistet waren. Von den resultierenden 4.941 Unternehmens-Jahr-Beobachtungen
wurden dann entsprechend dem Standardvorgehen der Literatur 497 Beobachtungen von ausländischen Gesellschaften sowie 565 Beobachtungen von Finanzdienstleistern eliminiert. Weiterhin beziehen sich 213 Beobachtungen auf Unternehmen in besonderen Situationen bzw.
Unternehmen mit Segmentwechseln.
6Diese Vorgehensweise zur Berechnung von Compliance entspricht dem Standard der bestehenden Literatur, vgl. etwa Graf/Stiglbauer, ZCG
2010 S. 17–26; sowie die jährlichen Corporate-Governance-Report-Studien von v. Werder.
7Für das Konzept neuralgischer Ziffern vgl.
v. Werder/Talaulicar/Kolat, Corporate Governance: An International Review 2005 S. 178–187;
v. Werder/Talaulicar/Kolat, International Journal
of Public Policy 2006 S. 435–450.
8Vgl. etwa Jahn/Rapp/Strenger/Wolff, ZCG 2011
S. 64–68, oder ausführlicher Rapp/Schmid/Wolff,
Hard or Soft Regulation of Corporate Governance, HHL Research Paper Series in Corporate
Governance 2011, Nr. 6.
9Vgl. für ein ähnliches Vorgehen der Größenadjustierung im Kontext der Vorstandsvergütung etwa
Fahlenbrach, Review of Finance 2009 S. 81–113.
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Akzeptanz des DCGK
c Zu berücksichtigen ist, dass
Management • ZCG 5/14 • 199
einige Anregungen im Laufe der
Weiterentwicklung des Kodex
in Empfehlungen umgewandelt
wurden. 
100 %
DAX
95 %
MDAX
TecDAX
90 %
SDAX
85 %
Prime
80 %
87,1 %
16
DCGK i.d.F.
vom
15.05.2012
77
16
85,6 %
69
17
DCGK i.d.F.
vom
26.05.2010
61
17
86,2 %
63
Anz. Anregungen
DCGK i.d.F.
vom
18.06.2009
71
86,3 %
69
DCGK i.d.F.
vom
06.06.2008
87,7 %
DCGK i.d.F.
vom
02.06.2005
68
87,2 %
86,8 %
DCGK i.d.F.
vom
21.05.2003
69
Anz. Empfehlungen
DCGK i.d.F.
vom
14.06.2007
87,7 %
DCGK i.d.F.
vom
07.11.2002
Anzahl Ziffern
70 %
89,0 %
90,3 %
DCGK i. d. F.
vom
26.02.2002
75 %
DCGK i.d.F.
vom
12.06.2006
ehemals
Prime
72
73
72
72
73
73
77
76
80
77
81
83
17
20
16
16
17
 7
Abb. 1: Compliance nach Kodexfassung und Indexzugehörigkeit10
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DAX-, MDAX-, TecDAX- und SDAX-Gesellschaften ausgewirkt zu haben.
Bemerkenswert ist die im unteren Teil der
Abb. 1 dargestellte Entwicklung der beiden wesentlichen Bestandteile des Kodex:
Während sich die Gesamtanzahl der Ziffern über die Jahre nur marginal von 69
auf 73 Ziffern erhöht hat, ist die Anzahl
der Empfehlungen der Fassung des DCGK
von 2012 gegenüber der Erstfassung um
beinahe ein Viertel angestiegen. Zugleich
hat sich die Anzahl der Anregungen von
17 auf 7 mehr als halbiert. Hierbei ist zu
berücksichtigen, dass einige Anregungen
im Laufe der Weiterentwicklung des Kodex in Empfehlungen umgewandelt wurden und somit Anregungen zunehmend
in den Hintergrund treten11.
3.2 Ziffernspezifische Entsprechens­
raten
Bei Betrachtung der individuellen Entsprechensraten der Ziffern, welche zumindest einmalig eine Empfehlung während der ersten zehn Kodexversionen enthalten haben (vgl. Abb. 2 auf S. 200), zeigen sich zwei wesentliche Ergebnisse:
CC Zum einen, dass von den 73 jemals im
Kodex enthaltenen Ziffern nur 60 % (44
Ziffern) eine oder mehrere Empfehlungen beinhaltet haben. Entsprechend
umfassen die übrigen 29 Ziffern entweder Anregungen oder die erläuternde
Wiedergabe bestehender Gesetzesvorschriften.
CC Zum zweiten konzentrieren sich die
Abweichungen im Wesentlichen auf
zwanzig Ziffern mit Entsprechensgraden von weniger als 95 %.
Von diesen zeigen wiederum 13 Ziffern
Entsprechensraten von weniger als 90 %
über alle zehn Fassungen des Kodex, wobei einzig Kap. 2 (Aktionäre und Hauptversammlung) keine derartige Ziffer enthält.
Wie in Tab. 2 (S. 200) aufgeführt, finden
sich die meisten Ziffern mit Entsprechensraten von weniger als 90 % in Kap. 5 und
betreffen: die Aufgaben des Aufsichtsrats
(Ziffer 5.1.2), die Bildung von Ausschüssen
des Aufsichtsrats (5.3.1), den Prüfungsund Nominierungsausschuss (5.3.2 und
5.3.3) sowie die Zusammensetzung des
Aufsichtsrats und dessen Vergütung (5.4.1
und 5.4.6). Weiterhin erscheinen die Ziffern 3.8 (D&O Versicherung), 4.2.1 (Vorstandszusammensetzung), 4.2.3 (Vorstandsvergütung), 4.2.4 (Offenlegung der
Vorstandsvergütung), 4.2.5 (Vergütungsbericht), 6.6 (Veröffentlichung von Anteilsbesitz) sowie 7.1.2 (Konzernabschluss)
10 Zur Identifizierung der relevanten Unternehmen des Prime Standards (gem. der Börsenordnung der Frankfurter Wertpapierbörse vom
1. 1. 2003) wurde auf die Composition-Reports
der Deutschen Börse jeweils zum Jahresende
der Folgejahre zurückgegriffen. Aufgrund der
späteren Einführung des TecDAX im März 2003
können die Entsprechensraten dieser Unternehmen für die Kodexversionen von 2002 nicht separat ausgewiesen werden.
11 Beispielhaft für die Veränderungen innerhalb
der betrachteten ersten zehn Fassungen des
DCGK ist die Anregung betreffend der individualisierten Angabe der Vorstandsvergütung in
Ziffer 4.2.4 des DCGK i. d. F. vom 7. 11. 2002 zu
nennen. Im Jahr 2003 wurde die Anregung in
eine Empfehlung umgewandelt, welche wiederum mit Inkrafttreten des VorstOG vom
3.8.2005 in den darauffolgenden Kodexfassungen als Beschreibung geltenden Rechts im DCGK
enthalten ist. Ein aktuelleres Beispiel findet sich
in der Anregung in Ziffer 3.6 (Tagung des Aufsichtsrats bei Bedarf ohne den Vorstand), welche
mit der Kodexfassung vom 15. 5. 2012 in eine
Empfehlung umgewandelt wurde.
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200 • ZCG 5/14 • Management
Akzeptanz des DCGK
c Die niedrigste Zustimmungs­
rate findet sich für Ziffer 5.4.6 mit
39,3 %. 
2.1.1
n/a
2.1.2
n/a
2.2.1
n/a
2.2.2
n/a
2.2.3
n/a
3.1
n/a
3.2
n/a
3.3
n/a
3.4
99,6%
3.5
n/a
4.1.1
n/a
4.1.2
n/a
4.1.3
n/a
2.2.4 2.3.1 2.3.2 2.3.3 2.3.4
n/a 94,8% 92,7% 91,7% n/a
3.6
99,8%
3.7
n/a
3.8
42,1%
6.2
n/a
3.10
95,7%
4.1.4 4.1.5 4.2.1 4.2.2 4.2.3 4.2.4 4.2.5 4.3.1
n/a 96,3% 88,7% 93,8% 57,7% 69,7% 89,6% n/a
5.1.1 5.1.2 5.1.3
5.2
5.3.1 5.3.2 5.3.3 5.3.4
n/a 66,9% 96,4% 92,5% 66,5% 60,7% 69,9% n/a
6.1
n/a
3.9
n/a
4.3.2
n/a
4.3.3 4.3.4 4.3.5
n/a 99,5% 99,1%
5.3.5 5.4.1 5.4.2 5.4.3 5.4.4 5.4.5 5.4.6 5.4.7 5.5.1 5.5.2 5.5.3 5.5.4
5.6
n/a 59,9% 95,0% 91,6% 98,5% 95,8% 39,3% 98,1% n/a 99,1% 98,7% n/a 98,0%
6.3
6.4
6.5
6.6
6.7
6.8
99,4% 100% 99,9% 86,8% 99,8% 99,1%
7.1.1 7.1.2 7.1.3 7.1.4 7.1.5 7.2.1 7.2.2 7.2.3 7.2.4
95,4% 63,5% 96,5% 94,7% 98,8% 99,3% n/a 99,5% n/a
Abb. 2: Ziffernspezifische Compliance über die ersten zehn Kodexfassungen12
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Ziffer Beschreibung
Gesamt
DAX
MDAX
TecDAX
SDAX
Prime
ehemals
Prime
3.8
D&O Versicherung
42,1
80,8
62,5
39,8
40,6
33,4
28,9
4.2.1
Vorstandszusammensetzung
88,7
100
99,1
97,1
96,0
84,4
72,0
4.2.3
Vorstandsvergütung
57,7
77,4
69,9
60,6
63,1
52,4
43,1
4.2.4
Offenlegung der Vergütung
69,7
84,2
71,5
76,8
64,4
68,7
61,4
4.2.5
Vergütungsbericht
89,6
99,6
90,3
86,7
93,1
89,6
78,8
5.1.2
Aufgaben des Aufsichtsrats
66,9
89,4
87,8
74,7
70,4
59,1
48,7
5.3.1
Bildung von Ausschüssen
66,5
100
97,0
78,0
74,1
53,9
41,9
5.3.2
Prüfungsausschuss (Audit Committee)
60,7
98,5
90,1
73,0
62,8
49,2
35,4
5.3.3
Nominierungsausschuss
69,9
97,7
90,8
78,8
70,2
60,9
56,0
5.4.1
Zusammensetzung des Aufsichtsrats
59,9
81,1
75,9
62,2
63,3
52,6
50,4
5.4.6
Aufsichtsratsvergütung
39,3
66,0
44,6
50,6
41,7
32,8
30,4
6.6
Veröffentlichung von Anteilsbesitz
86,8
89,1
82,1
95,0
86,0
89,0
75,8
7.1.2
Konzernabschluss
63,5
98,5
75,2
77,2
52,5
61,0
35,4
Tab. 2: Indexspezifische Entsprechensraten der Ziffern mit den höchsten Abweichungsgraden über die ersten zehn Kodexfassungen (in %)
ebenfalls auf niedrigem Akzeptanzniveau. Von den Empfehlungen zur D&O-Versicherung sowie der Aufsichtsratsvergütung weichen zudem mehr als die Hälfte
der Unternehmen ab. Die niedrigste Zustimmungsrate findet sich für Ziffer 5.4.6
mit 39,3 %.
Für die indexspezifische Betrachtung
zeigt sich ein ähnliches Bild. Auch hier erhält Ziffer 5.4.6 die niedrigsten Zustimmungsraten für DAX-, MDAX- und Prime-Gesellschaften. Für TecDAX-, SDAXund ehemalige Prime-Unternehmen ergeben sich bei Ziffer 3.8 die niedrigsten
Entsprechensraten (39,8 %, 40,6 % bzw.
28,9 %). Überdies bestätigt sich ein
Größen­effekt dahingehend, dass für DAXund MDAX-Gesellschaften die Entsprechensraten einiger Ziffern deutlich oberhalb von 90 % liegen und damit nicht dem
niedrigen Akzeptanzniveau innerhalb der
Gesamtstichprobe folgen. So entsprechen
beispielsweise alle DAX- und nahezu alle
MDAX-Gesellschaften den Empfehlungen
der Ziffer 4.2.1 hinsichtlich des Mehr-Personen-Vorstands und der Geschäftsordnung des Vorstands, wohingegen das Akzeptanzniveau der Ziffer entlang der übrigen Sub-Indices kontinuierlich abnimmt.
12 Die Ziffernangaben beziehen sich auf den
DCGK i. d. F. vom 15. 5. 2012, um dem Leser eine
intuitive und inhaltlich konsistente Zuordnung
zu ermöglichen. Entsprechend wurde die Abbildung um Änderungen bei der Nummerierung
im Zeitablauf korrigiert. Beispielsweise entsprechen die Inhalte der Ziffer 5.4.6 der DCGK-Versionen 2008–2012 denen der Ziffer 5.4.7 der
DCGK-Versionen von 2005–2007 sowie denen
der Ziffer 5.4.5 für die Kodexversionen von 2002
bis einschließlich 2003. Aus demselben Grund
findet die Ziffer 5.4.8 der Kodexversionen von
2005 bis 2007 keine gesonderte Berücksichtigung, da deren Inhalt dem der Ziffer 5.4.7 der
DCGK-Versionen 2008–2012 entspricht. Ziffern,
welche während der ersten zehn Fassungen des
DCGK keine Empfehlung enthalten haben, sind
mit „n/a“ gekennzeichnet.
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c Übersicht der Entsprechens­
Akzeptanz des DCGK
Management • ZCG 5/14 • 201
raten von DCGK-Ziffern. 
Ziffer 3.8 D&O Versicherung
Ziffer 4.2.4 Offenlegung der Vergütung
100%
90%
80%
70%
60%
50%
40%
30%
20%
10%
0%
DAX
Prime
DAX
Prime
200220032004200520062007200820092010 20112012
200220032004200520062007200820092010 20112012
Ziffer 4.2.1 Vorstandszusammensetzung
Ziffer 4.2.5 Vergütungsbericht
Prime
200220032004200520062007200820092010 20112012
Ziffer 4.2.3 Vorstandsvergütung
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DAX
Prime
DAX
100%
90%
80%
70%
60%
50%
40%
30%
20%
10%
0%
100%
90%
80%
70%
60%
50%
40%
30%
20%
10%
0%
200220032004200520062007200820092010 20112012
Ziffer 5.1.2 Aufgaben des Aufsichtsrats
DAX
DAX
Prime
Prime
200220032004200520062007200820092010 20112012
200220032004200520062007200820092010 20112012
Abb. 3: Entsprechensraten der Ziffern mit den höchsten Abweichungsgraden im Zeitablauf für DAX- und Prime-Gesellschaften 13 (Fortsetzung auf S. 202)
Dieser Größeneffekt wird nun in Abb. 3
im Zeitablauf exemplarisch für DAX- und
Prime-Gesellschaften dargestellt. Dabei
zeigt sich für die erst mit dem DCGK i. d. F.
vom 12. 6. 2006 bzw. vom 14.6.2007 aufgenommenen Empfehlungen in Ziffer 4.2.5
und 5.3.3 eine interessante Beobachtung.
Während sich die Entsprechensraten von
DAX- und Prime-Gesellschaften mit Ziffer
4.2.5 im Zeitablauf kontinuierlich annähern, besteht bei Ziffer 5.3.3 konstant die
höchste Differenz der Entsprechensgrade
zwischen DAX- und Prime-Unternehmen14. Zwar nennt die vorausgehende
Empfehlung in (der ebenfalls niedrige Ak-
zeptanzraten aufweisenden) Ziffer 5.3.1
ausdrücklich die Abhängigkeit der Ausschussbildung von den spezifischen Gegebenheiten des Unternehmens und der Anzahl qualifizierter Aufsichtsratsmitglieder, jedoch stellt sich angesichts der niedrigen Entsprechensraten beider Ziffern
die Frage, ob diese Formulierung geeignet
ist, dem naturgemäß mit weniger Personen besetzten Aufsichtsrat kleiner und
mittlerer Unternehmen ausreichend
Rechnung zu tragen.
Einen Sonderfall stellt Ziffer 4.2.4 dar, so
enthält diese in den ersten beiden Kodex-
fassungen des Jahres 2002 eine Anregung
zur individualisierten Offenlegung der
Vorstandsvergütung, welche in der Fas13 Die in der Abbildung enthaltenen Balkendiagramme indizieren den jährlichen Mittelwert
der Entsprechensraten für die Gesamtstichprobe. Als Prime-Unternehmen bezeichnete Gesellschaften notieren im Prime Standard der
Deutschen Börse, sind jedoch nicht Teil der
Sub-Indizes (DAX, MDAX, TecDAX und SDAX).
14 Ziffer 5.3.3 lautet: „Der Aufsichtsrat soll einen
Nominierungsausschuss bilden, der ausschließlich mit Vertretern der Anteilseigner besetzt ist
und dem Aufsichtsrat für dessen Wahlvorschläge
an die Hauptversammlung geeignete Kandidaten vorschlägt.“ DCGK i. d. F. vom 15.5.2012.
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202 • ZCG 5/14 • Management
Akzeptanz des DCGK
c Übersicht der Entsprechens­
raten von DCGK-Ziffern. 
Ziffer 5.3.1 Bildung von Ausschüssen
Ziffer 5.4.6 Aufsichtsratsvergütung
DAX
100%
90%
80%
70%
60%
50%
40%
30%
20%
10%
0%
DAX
Prime
Prime
200220032004200520062007200820092010 20112012
Ziffer 5.3.2 Prüfungsausschuss (Audit Committee)
100%
90%
80%
70%
60%
50%
40%
30%
20%
10%
0%
200220032004200520062007200820092010 20112012
Ziffer 6.6 Veröffentlichung von Anteilsbesitz
Prime
DAX
DAX
Prime
200220032004200520062007200820092010 20112012
200220032004200520062007200820092010 20112012
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Ziffer 5.3.3 Nominierungsausschuss
Ziffer 7.1.2 Konzernabschluss
100%
90%
80%
70%
60%
50%
40%
30%
20%
10%
0%
DAX
DAX
Prime
Prime
200220032004200520062007200820092010 20112012
200220032004200520062007200820092010 20112012
Ziffer 5.4.1 Zusammensetzung des Aufsichtsrats
100%
90%
80%
70%
60%
50%
40%
30%
20%
10%
0%
DAX
Prime
200220032004200520062007200820092010 20112012
Abb. 3 (Fortsetzung von S. 201)
sung von 2003 in eine Empfehlung umgewandelt wurde. Mit Inkrafttreten des Gesetzes über die Offenlegung der Vorstandsvergütungen (VorstOG) vom
3. 8. 2005 beinhaltet die Ziffer ab der Ko-
dexfassung des Jahres 2006 die Beschreibung eben dieser gesetzlichen Regelung.
Die in der Abb. 3 dargestellten „Abweichungen“ in den Folgejahren erklären
sich durch Unternehmen, welche die Of-
fenlegung nach entsprechendem Hauptversammlungsbeschluss (gem. VorstOG
mit Dreiviertelmehrheit der HV) unterlassen und dies im Rahmen ihrer Entsprechenserklärung berichten.
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Akzeptanz des DCGK
c Determinanten des Entspre­
Management • ZCG 5/14 • 203
chensverhaltens. 
Spezifikation
1
2
3
4
5
6
7
8
9
10
Endogene
Variable
Excess
Compliance
Excess
Neuralgic
Excess
Compliance
Excess
Neuralgic
Excess
Compliance
Kap. 2
Excess
Compliance
Kap. 3
Excess
Compliance
Kap. 4
Excess
Compliance
Kap. 5
Excess
Compliance
Kap. 6
Excess
Compliance
Kap. 7
Methode
OLS
OLS
OLS
OLS
OLS
OLS
OLS
OLS
OLS
OLS
0.414
(1.88) *
–0.896
(–2.44) **
Paketaktionär
> 25 %
–1.203
(–4.80) ***
–3.271
(–4.33) ***
–0.984
(–2.20) **
–3.678
(–2.96) ***
–1.088
(–1.77) *
–0.288
(–0.47)
–1.997
(–4.03) ***
–1.854
(–4.75) ***
Unternehmensgröße
0.201
(3.18) ***
0.423
(2.24) **
–1.383
(–3.47) ***
–4.707
(–4.05) ***
0.084
(0.55)
0.043
(0.27)
0.221
(1.71) *
0.094
(1.01)
0.222
(3.88) ***
0.515
(5.62) ***
Liquidität
1.580
(2.09) **
–2.387
(–1.01)
–1.374
(–1.09)
–3.378
(–0.97)
4.954
(2.53) **
0.015
(0.01)
1.319
(1.12)
1.758
(2.78) ***
4.108
(3.70) ***
–0.655
(–5.68) ***
–2.235
(–6.17) ***
–0.315
(–2.16) **
–0.925
(–2.06) **
–0.610
(–2.02) **
–0.462
(–1.73) *
–0.925
(–4.34) ***
–0.585
(–3.42) ***
FuE–Intensität
1.049
(5.91) ***
3.395
(5.52) ***
0.207
(3.22) ***
1.067
(2.37) **
0.233
(0.32)
0.260
(0.47)
0.563
(2.59) ***
1.794
(6.14) ***
Risiko
0.164
(0.25)
3.019
(1.58)
0.512
(0.74)
1.956
(1.00)
–5.556
(–3.24) ***
3.333
(2.10) **
–0.060
(–0.66)
–0.039
(–0.14)
–0.045
(–0.38)
–0.142
(–0.40)
–0.542
(–2.30) **
Jahreseffekte
ja
ja
ja
ja
Industrieeffekte
ja
ja
nein
nein
Kodexeffekte
ja
nein
nein
nein
nein
ja
Fremdkapitalquote
Tobin’s Q
Unternehmens­
effekte
Anzahl Beob.
F–Statistik
–1.881
(–1.25)
–0.270
(–2.52) **
–1.095
(–6.00) ***
0.262
(2.69) ***
1.108
(4.67) ***
1.395
(2.41) **
2.393
(2.13) **
–0.971
(–0.75)
–0.602
(–0.61)
–0.247
(–1.24)
0.287
(1.57)
–0.190
(–1.35)
–0.025
(–0.30)
0.188
(1.46)
ja
ja
ja
ja
ja
ja
ja
ja
ja
ja
ja
ja
nein
ja
ja
ja
ja
ja
ja
ja
nein
nein
nein
nein
nein
nein
3.207
3.207
3.207
3.207
3.207
3.207
3.207
3.207
3.207
3.207
6,31 ***
6,66 ***
2,56 ***
2,80 ***
2,81 ***
6,26 ***
3,59
6,17 ***
2,85 ***
9,28 ***
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Tab. 3: Determinanten des Entsprechensverhaltens15
Weiterhin zeigt sich bei Betrachtung der
ziffernspezifischen Kodexbefolgung im
Zeitablauf, dass von den 13 Ziffern mit
Entsprechensraten von weniger als 90%
in der Querschnitts-Betrachtung der Gesamtstichprobe (vgl. Tab. 2 auf S. 200)
neun Ziffern auch im Zeitablauf entlang
des Beobachtungszeitraums von elf Jahren seit ihrer Einführung kontinuierlich
Akzeptanzniveaus unterhalb der
90 %-Schwelle aufweisen.
Diese neun Ziffern werden als neuralgische Ziffern bezeichnet und betreffen die
folgenden Themenbereiche: D&O Versicherung (Ziffer 3.8), Vorstandsvergütung
(4.2.3), Aufgaben und Ausschussbildung
des Aufsichtsrats (5.1.2 und 5.3.1), Prüfungs- und Nominierungsausschuss (5.3.2
und 5.3.3) sowie die Zusammensetzung
des Aufsichtsrats und dessen Vergütung
(5.4.1 und 5.4.6) und den Konzernabschluss (Ziffer 7.1.2). Wie in der vorangestellten Aufzählung ersichtlich wird, sind
zwei Drittel der neuralgischen Ziffern
dem Kap. 5 zuzuordnen.
3.3 Multivariate Analyse der Determi­
nanten des Entsprechensverhaltens
Um den eingangs bereits beschriebenen
Einfluss der Unternehmensgröße auf das
Entsprechensverhalten abzumindern
und auf nicht-lineare Größeneffekte zu
kontrollieren, wird in der multivariaten
Analyse die größenadjustierte Variante
von Compliance bzw. Neuralgic16 verwendet. Wesentliche erklärende Variable der
15 Tab. 3 beinhaltet die Ergebnisse einer multiplen OLS-Regressionsanalyse, welche die größenadjustierte Entsprechensrate eines Unternehmens anhand des Vorhandenseins eines Paketaktionärs mit mehr als 25 % der Stimmrechte
erklärt. Darüber hinaus werden folgende Kontrollvariablen berücksichtigt: Unternehmensgröße (definiert als Logarithmus der Bilanzsumme), Liquidität (definiert als Barmittel und
Kurzzeitinvestitionen standardisiert durch die
Bilanzsumme), Fremdkapitalquote (definiert als
Fremd- zu Eigenkapital), FuE-Intensität (definiert als FuE-Ausgaben standardisiert über die
Nettoumsatzerlöse bzw. Umsatzerlöse), Risiko
(definiert als die Standardabweichung in 52 wöchentlichen Aktienrenditen), Tobin’s Q (definiert als die Summe aus Marktkapitalisierung
des Eigenkapitals und Gesamtfremdkapital
standardisiert durch die Summe aus Gesamtfremdkapital und Buchwert des Eigenkapitals),
sowie Jahres-, Industrie- und Kodexeffekte. Datengrundlage ist die Entsprechensrate der Jahre
2002 bis 2012, die Kodexeffekte berücksichtigen
damit zehn Versionen des DCGK, die Industrie-
effekte zwölf Industrieklassen. Da Excess-Neuralgic auf der über die Jahre konstanten Datenbasis neuralgischer Ziffern beruht, wird in Model 2 nicht auf Kodexeffekte kontrolliert. Die
Spezifikationen 3 und 4 verwenden eine
OLS-Regression mit fixen firmenspezifischen
Effekten auf Basis von 405 individuellen Unternehmen. Alle nicht binären Kontrollvariablen
sind auf dem 1 %-Niveau winsorisiert sowie einschließlich der binären Paketaktionärsvariable
um eine Periode verzögert. Die angegebenen
Werte in Klammern sind t-Werte und robust gegenüber Heteroskedastizität. Signifikanzniveaus werden bei 10 %(*), 5 %(**) sowie respektive
1 %(***) angegeben.
16 An dieser Stelle sei angemerkt, dass zwar neun
Ziffern im Zeitablauf als neuralgisch erscheinen, dabei aber Ziffer 5.3.3 erst mit der Fassung
von 2007 in den DCGK aufgenommen wurde.
Da Neuralgic auf einer festen, über alle elf Jahre
des Beobachtungszeitraums konstanten Datenbasis beruht, findet Ziffer 5.3.3 somit keine Berücksichtigung bei der Berechnung von Neuralgic bzw. Excess-Neuralgic.
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204 • ZCG 5/14 • Management
Akzeptanz des DCGK
c Als Ergebnis lässt sich fest-
halten, dass Unternehmen mit
starkem Paketaktionär über
signifikant niedrigere Entspre­
chensniveaus verfügen. 
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Für die Analyse auf Kapitelebene (Spez.
5-10) zeigen sich stark negative Effekte für
die Kap. 4 (Vorstand) und 5 (Aufsichtsrat).
Beide Kapitel beinhalten einen Großteil
der oberhalb dargestellten neuralgischen
Ziffern. Ebenfalls negativ erscheinen Kap.
2 (Aktionäre und Hauptversammlung)
und Kap. 7 (Rechnungslegung und Abschlussprüfung), wenn auch mit geringerer Signifikanz. Dagegen zeigt sich der
Einfluss des Paketaktionärs insignifikant
für Kap. 3 (Zusammenwirken von Vorstand und Aufsichtsrat) und schwach positiv für Kap. 6 (Transparenz). Für die Interpretation der beiden letzten Teilergebnisse sei an dieser Stelle auf die Auswertung in Abb. 2 (auf S. 200) verwiesen und
der daraus abgeleiteten Relevanz einzelner Ziffern auf die kapitelspezifischen
Entsprechensgrade. Demnach scheinen
Unternehmen mit dominantem Paketaktionär nicht häufiger von der Empfehlung
der D&O-Versicherung in Ziffer 3.8 abzuweichen und zeigen sogar höhere Entsprechensraten mit der Empfehlung zur Veröffentlichung von Anteilsbesitz in Ziffer 6.6.
4. Zusammenfassung und Ausblick
Die vorliegende Studie untersucht anhand eines neuartigen umfassenden
Langzeitdatensatzes das Entsprechensverhalten deutscher Prime-Standard-Unternehmen mit den Empfehlungen der ers-
0 %
10,3 %
7.1 %
Die Ergebnisse der ersten beiden Spezifikationen in Tab. 3 (S. 203) zeigen starke Evidenz dahingehend, dass sich die Anwesenheit eines dominanten Aktionärs negativ
auf das Entsprechensverhalten auswirkt –
sowohl gemessen durch Excess-Compliance (und damit über alle Empfehlungen
des Kodex) wie auch bei Einschränkung
auf die neuralgischen Ziffern durch
Excess-Neuralgic. Dieser Zusammenhang
ist robust auch unter Verwendung fixer
firmenspezifischer Effekte (Spez. 3-4). Die
Basisspezifikationen bestätigen zudem
bisherige Evidenz dahingehend, dass Unternehmen mit höheren Agency-Kosten
stärker dem Kodex folgen18.
10 %
2.2%
dargestellten Regression ist das Vorhandensein eines externen Paketaktionärs,
welcher mehr als 25 % der Stimmrechte
auf sich vereint und damit über Sperrminorität verfügt17.
DCGK i.d.F. DCGK i.d.F. DCGK i.d.F.
vom
vom
vom
26.05.2010 15.05.2012 13.05.2013
Abb. 4: Entwicklung „vorsorglicher“ Abweichun­
gen bei DAX- und MDAX- Gesellschaften
ten zehn Kodexfassungen des DCGK. Dabei zeigen sich niedrigere Entsprechensgrade als in bisherigen Untersuchungen,
was auf die weitergefasste Stichprobenzusammensetzung zurückzuführen ist. So
weisen insbesondere ehemalige Prime-Standard-Unternehmen – also Unternehmen, die im Laufe des Beobachtungszeitraums aus dem Prime Standard ausgeschieden sind – deutlich niedrigere Akzeptanzniveaus auf. Weiterhin ergeben
sich seit der ersten Fassung des Kodex im
Jahr 2002 bis zur letzten berücksichtigten
Fassung im Jahr 2012 neun neuralgische
Ziffern, wobei die überwiegende Mehrheit Kap. 5 zuzuordnen ist. Bei einer indexspezifischen Betrachtungsweise zeigt
sich erneut ein Größeneffekt dahingehend, dass DAX- und MDAX-Unternehmen
auch innerhalb der neuralgischen Ziffern
über die höchsten Entsprechensgrade verfügen. Um den Einfluss dieses Effekts in
der multivariate Analyse zu beschränken,
werden die Determinanten des Entsprechensverhaltens für Excess-Compliance
bzw. Excess-Neuralgic untersucht. Als Ergebnis lässt sich festhalten, dass Unternehmen mit starkem Paketaktionär über
signifikant niedrigere Entsprechensniveaus verfügen. Beeinflusst wird dieser
Effekt dabei im Wesentlichen durch die
neuralgischen Ziffern der Kap. 4, 5 und 7.
Zukünftige Analysen der Kodexbefolgung
sollten durch eine ausreichend große und
mehrjährige Datengrundlage aussagekräftiger ausfallen. Zum anderen ist bei zukünftigen Auswertungen der Entsprechenserklärungen besonders auf „vorsorg-
liche“ Kodexabweichungen zu achten. Wie
in Abb. 4 dargestellt, zeigt die inhaltliche
Auswertung der Begründungen zu Kodex­
abweichungen seitens DAX- und MDAX-Unternehmen eine deutliche Steigerung dieses speziellen Typs der Ablehnung von
„Soll-Empfehlungen“ in den letzten beiden
Jahren. Für die derzeit gültige Kodexfassung vom 13.5.2013 beträgt der Anteil solcher Abweichungen bereits mehr als 10%
aller durch DAX- und MDAX-Gesellschaften erklärten Abweichungen19.
„Vorsorgliche‘“ (oder sogar „höchstvorsorgliche“) Abweichungen schwächen
zum einen die Transparenzfunktion des
Kodex hinsichtlich der unternehmensspezifischen Governance-Struktur; zum anderen beeinflussen sie die empirische Validität zukünftiger Erhebungen zur
Kodex­befolgung, sofern sie nicht durch
geeignete Maßnahmen bereinigt werden
können. Zukünftige Untersuchungen sollten daher diesem Punkt verstärkte Aufmerksamkeit widmen.
17 Gem. dem AktG bedürfen Entscheidungen wie
z. B. die außerordentliche Abberufung von Aufsichtsratsmitgliedern (§ 103 Abs. 1 AktG) oder
Kapitalerhöhungen (§§ 182, 193 AktG) einer qualifizierten Mehrheit von 75 % der Stimmrechte.
Ein Paketaktionär mit mehr als 25 % der Stimmrechte ist somit in der Lage, diese Entscheidung
zu blockieren, was als Sperrminorität bezeichnet wird.
18 Vgl. etwa Jahn/Rapp/Strenger/Wolff, ZCG 2011
S. 64–68, oder ausführlicher Rapp/Schmid/Wolff,
Hard or Soft Regulation of Corporate Governance, HHL Research Paper Series in Corporate
Governance 2011, Nr. 6. An dieser Stelle sei angemerkt, dass aufgrund der größenadjustierten
Maße des Entsprechensverhaltens der Einfluss
der Unternehmensgröße unter Verwendung fixer firmenspezifischer Effekte (Spez. 3-4) einen
negativen Koeffizienten aufweist. Dieser Zusammenhang ist der Definition der Excess-Variablen
geschuldet. Entsprechend erscheint der Einfluss
der Unternehmensgröße auf das Entsprechensverhalten auch unter Einbeziehung fixer firmenspezifischer Effekte weiterhin positiv, sofern die Standardmaße Compliance oder Neuralgic als endogene Variable verwendet werden.
Die Ergebnisse dieser Zusatzanalysen sind auf
Anfrage bei den Autoren verfügbar.
19 Vgl. Kodexakzeptanzstudie 2014 des Centers for
Corporate Governance der HHL Leipzig Graduate School of Management, auf der auch die
vorliegende Abb. 4 basiert. Die Studie ist abrufbar unter: http://ssrn.com/abstract=2425180. Darin enthalten ist ebenfalls eine Auflistung aller
Erläuterungen im Wortlaut seitens der DAXund MDAX-Gesellschaften zu vorsorglichen Abweichungen von Empfehlungen des DCGK im
Jahr 2013.
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