Darstellung und Kristallstruktur von Zinkazid • 4-Methylpyridin Preparation and Crystal Structure of Zinc Azide • 4-Methylpyridine Franz A. Mautner, Harald Krischner* Institut für Physikalische und Theoretische Chemie, Abteilung für Strukturforschung, Technische Universität Graz, Rechbauerstraße 12, A-8010 Graz, Österreich Christoph Kratky Institut für Physikalische Chemie der Universität Graz, Heinrichstraße 28, A-8010 Graz. Österreich Z. Naturforsch. 43b, 253-256 (1988); eingegangen am 22. Oktober/3. Dezember 1987 Azide, Crystal Structure, 4-Methylpyridine, Pentacoordination, Zinc Zinc azide • 4-methylpyridine (1) is formed by the reaction of zinc azide with the corresponding pyridine in aqueous solution. The crystal structure was determined by single crystal X-ray diffraction methods. The crystals of 1 are monoclinic, space group C2/c, Z = 4, a = 1085.5(2), b = 1692.7(11), c = 619.7(6) pm, ß = 113.47(5)°. Each zinc atom is surrounded by five nitrogen atoms (four from azide groups and one from the pyridine adduct) in a distorted trigonal bipyramidal fashion. The ZnN5-polyhedra share common edges to form chains along the crystallographic c-axis. Einleitung Das Koordinationsverhalten von Zink in Azidverbindungen war Gegenstand verschiedener Untersuchungen. In Zn(N 3 ) 2 -2,5 H 2 0 [1] wird Zink oktaedrisch von vier Azidgruppen und zwei Wassermolekülen umgeben. In [N(CH 3 )4]Zn 2 (N 3 ) 5 • H 2 0 [2] befinden sich in der Umgebung eines Zinkatomes sechs N 3 -Gruppen, in der Umgebung des zweiten Zinkatomes aber fünf Azidgruppen und ein Wassermolekül. In beiden Verbindungen sind die Koordinationspolyeder über gemeinsame Kanten zu Ketten verknüpft. Mit den Aziden der Alkalimetalle K, Rb und Cs sowie des Thalliums bildet Zinkazid rhombische Kristalle der Zusammensetzung M 2 Zn(N 3 ) 4 [3—5]. Zink wird in diesen Verbindungen tetraedrisch von vier Azidgruppen umgeben, die Zn(N 3 ) 4 -Tetraeder haben mit Nachbartetraedern keine gemeinsamen Atome. Auch N H 3 kann in Zinkazid eingebaut werden, wobei sich eine rhombische Verbindung der Zusammensetzung [Zn(N 3 ) 2 (NH 3 ) 2 ] bildet [6]. Auch mit Pyridin entsteht ein Addukt der Zusammensetzung [Zn(N 3 ) 2 (C 5 H 5 N) 2 ], das monoklin in der Raumgruppe P2]/c kristallisiert [7], In beiden Verbindungen werden zwei Ligandmoleküle eingebaut und Zink * Sonderdruckanforderungen an Prof. Dr. Harald Krischner. Verlag der Zeitschrift für Naturforschung, D-7400 Tübingen 0932 - 0776/88/0300 - 0261 /$ 01.00/0 tetraedrisch von vier Stickstoffatomen umgeben, zwei N-Atome stammen von Azidgruppen. zwei von NH 3 bzw. C5H5N. Die ZnN 4 -Tetraeder sind ähnlich wie in den Verbindungen der Zusammensetzung M 2 Zn(N 3 ) 4 isoliert voneinander angeordnet. Hingegen bildet sich bei der Umsetzung von Zinkazid mit 4-Methylpyridin ein Monoaddukt. dessen Darstellung und Kristallstruktur in dieser Arbeit beschrieben werden. Diskussion der Struktur von Zinkazid • 4-Methylpyridin (1) Die Zinkatome werden von vier Stickstoffatomen der Azidgruppen und von einem N-Atom des substituierten Pyridinmoleküls umgeben. Die ZnN 5 -Polyeder haben die Form verzerrter trigonaler Bipyramiden. Das Pyridin und zwei Azidgruppen befinden sich in äquatorialen Stellungen, die beiden anderen Azidgruppen nehmen axiale Positionen ein (Abb. 1). Die ZnN 5 -Polyeder haben gemeinsame Kanten und sind über Azidgruppen, die als einzähnig verbrückende Liganden fungieren, in Richtung der c-Achse zu eindimensionalen Polyederketten verknüpft. Die substituierten Pyridinmoleküle beteiligen sich nicht an der Kettenbildung (Abb. 2). Interatomare Abstände und Winkel sind in Tab. III angegeben. Die Atome N l , C 4 und C 5 nehmen wie Zn die spezielle Punktlage (0, y, 1/4) ein. Das Picolinmolekül befindet sich auf der zweizäh'igen Drehachse, die Protonen der Methylgruppe sind fehlgeordnet. Unauthenticated Download Date | 8/20/17 3:40 AM 254 F. A. Mautner et al. • Darstellung und Kristallstruktur von Zinkazid • 4-Methylpvridin dylamin)Zink(II) [9] und in (2,3,7,8-Tetrahydro5,10.15,20-tetraphenylporphinato)(pyridin)Zink(II) [10] beschrieben. In der vorgestellten Azidverbindung wird im Gegensatz zu den in [8—10] beschriebenen Verbindungen die Pentakoordination bemerkenswerterweise durch fünf Einzelliganden verwirklicht. Experimenteller Teil Strukturbestimmung pyridin (1) Abb. 1. Trigonal bipyramidale Koordination in Zinkazid • 4-Methylpyridin. Die Azidgruppen sind jeweils nur über das Endstickstoffatom N i l zu je zwei Zinkatomen koordiniert. Als Brückenatome sind die N i l - A t o m e alternierend in axialer und äquatorialer Stellung zu zwei benachbarten Zentralatomen angeordnet. Die äquatoriale Zn—N11-Bindung ist um 22 pm kürzer als die axiale. Innerhalb der Azidgruppen sind die N—NAbstände verschieden. Die Asymmetrie der Azidgruppen ist charakteristisch für einseitig koordinierte N —N —N-Gruppen mit kovalenten Bindungsanteilen zwischen Azidgruppen und Zentralatom. Eine Pentakoordination um Zink ist üblicherweise als eine stereochemische Konsequenz der Molekülgerüste umgebender Polydentate anzusehen. ZnN 5 -Polyeder sind u.a. in den Strukturen von {2,6-Bis[l-(2-imidazol-4-ylethvlimino)ethyl]pyridin}Zink(II) [8], in Bis(2-aminoethyl)amin(di-2-pyri- von Zinkazid • 4-Methyl- Für die röntgenographischen Untersuchungen bei Raumtemperatur wurde eine dünne Kristallnadel in eine Glaskapillare eingeschmolzen und auf einem modifizierten STOE-Vierkreisdiffraktometer vermessen. Die Substanz kristallisiert monoklin in der Raumgruppe C2/c mit vier Formeleinheiten in der Elementarzelle. Die aus Drehkristall- und Weissenbergaufnahmen ermittelten Gitterparameter wurden am Einkristalldiffraktometer anhand von 22 Reflexen verfeinert. Experimentelle Angaben zur Strukturbestimmung und die Gitterkonstanten sind in Tab. I angeführt. Die Intensitätsmessung erfolgte mit monochromatisierter MoKa-Strahlung im Beugungswinkelbereich von 26 — 3—60°. Die Datenreduktion umfaßte LP-Faktor und numerische Absorptionskorrektur [11]. Die Struktur wurde mit Patterson-Methoden gelöst und die Nichtwasserstoffatome mit anisotropen Temperaturfaktoren verfeinert. Anschließende Differenzfouriersynthesen zeigten nur die Positionen der H-Atome des Pyridinringes, die mit isotropen Temperaturfaktoren in die Verfeinerung einbezogen wurden. Für 74 Parameter ergab sich ein /?-Wert von 0,051 bzw. Rw von 0.047. Die Lageparameter der Atome sowie die Temperaturfaktoren von 1 sind in Tab. II zusammengestellt. Unauthenticated Download Date | 8/20/17 3:40 AM 255 F. A. Mautner et al. • Darstellung und Kristallstruktur von Zinkazid • 4-Methylpvridin Chemische Formel Molekülmasse Gitterkonstanten a C 6 H 7 N 7 Zn 242,54 1085,5(2) pm 1692,7(11) pm 619,7(5) pm 113,47(5)° 1044,45 • 106 pm3 C2/c 4 480 1,53(3)/1,54 Mg-rn"3 0,28x0,09x0,60 mm3 293(2) K, 3 < 29 < 60° b c ß V Raumgruppe Z F(000) beobachtete/berechnete Dichte ungefähre Kristallabmessungen Meßtemperatur und -bereich Tab. I. Gitterkonstanten und experimentelle Angaben zur Strukturbestimmung von 1. h,k,l: -15,0,0/15,23,8 a»-scan, A to = 2,0° 1528 1157 //(MoKa) = 2,356 mm"1 74 0,051 0,047 Scanmodus symmetrieunabhängige Reflexe Meßwerte mit F 0 > 4a(F n ) linearer Absorptionskoeffizient Anzahl der Parameter /?,: Z(|F 0 | - |FC )/2|F 0 | R2: [2W([F 0 | - Fc|)-/2w|F0|2]"2 Gewichtsschema Wellung der letzten Differenzfouriersynthese 1,5171/0^) —0,61/+0,57 el-10"6 pm Tab. II. Atomkoordinaten (xlO 4 ) und äquivalente isotrope Temperaturfaktoren (pnrxlO - 1 ) in 1. U e q wurde als ein Drittel der Spur des orthogonalisierten UyTensors berechnet. Der Temperaturfaktor hat die Form T = exp(-8jrUsin20//l2). Atom X y z ueq Zn Nil N 12 N 13 N1 C2 C3 C4 C5 H(C2) H(C3) 0 1259(3) 2138(4) 2975(5) 0 520(6) 519(8) 0 0 844(44) 876(58) 337(<1) 229(2) 654(2) 1060(3) 1537(3) 1941(3) 2757(3) 3170(4) 4097(4) 1678(29) 2980(32) 2500 407(6) 456(6) 541(10) 2500 4501(10) 4515(14) 2500 2500 6135(52) 6185(51) 48(<1) 58(2) 71(2) 146(5) 56(3) 91(4) 118(5) 106(6) 183(10) 109(18) 141(24) Tab. III. Wichtige interatomare Abstände (pm) und Winkel (°) in 1. Zn —N 11 Zn —N 1 Zn —N 11 Zn —Zn N1-C2 223,5(40) 2x 203,1(6) 201,7(61) 2x 303,2(2) 132,9(27) N 11—Zn —N1 N 11 —Zn —N I I a N 11 — Zn —N I I b Nil—Zn—Nile N 1 —Zn —N11 a 94,7(1) 78,2(2) 170,6(2) 97,2(2) 118,4(1) C2-C3 C3-C4 C4-C5 N 11 —N 12 N 12—N 13 138,1(7) 134,4(27) 156,9(10) 118,6(6) 112,4(7) N i l a—Zn —N 11c Zn —N 11 — N 12 Zn-Nll-Zna Zna-Zn-Znc N11 —N 12—N 13 123,3(2) 127,4(3) 101,8(2) 139,6(2) 178,8(5) Kleinbuchstaben entsprechen folgenden Symmetrieoperationen: a: — x, —y — z; b: —x, y, 1/2—z; c: x, —y, 1/2+z. Präparation Für die Berechnungen fanden die Programme SHELX-76 [11], SHELXS-86 [12] und X-RAY [13] Verwendung. Alle Berechnungen wurden an einer U N I V A C 1108/81 am Rechenzentrum Graz durchgeführt*. * Weitere Informationen zur Kristallstrukturbestimmung können beim Fachinformationszentrum Energie. Physik, Mathematik, D-7514 Eggenstein-Leopoldshafen, unter Angabe der Hinterlegungsnummer CSD 52792, der Autoren und des Zeitschriftenzitats angefordert werden. Zu 10 ml HN 3 -gesättigter Zinkazidlösung (8-10~ 3 mol Zn) werden unter Schütteln tropfenweise 0,50 ml 4-Methylpyridin zugesetzt, wobei Fällung eintritt. Der Bodenkörper wird durch Zusatz von weiteren 28 ml Zinkazidlösung (2,24-10~ 2 mol Zn) und Erwärmen auf 388 K aufgelöst. Beim langsamen Abkühlen am Wasserbad fallen farblose, zu Büscheln verwachsene Kristallnadeln an. Analyse für C6H7N7Zn (242,5) " Ber. Zn 26,9 N 3 " 34,65, Gef. Zn 26,91 N3~ 34,42. Unauthenticated Download Date | 8/20/17 3:40 AM 256 F. A. Mautner et al. • Darstellung und Kristallstruktur von Zinkazid • 4-Methylpvridin [1] H. Krisehner, F. A. Mautner und Ch. Kratky, Z. Anorg. Allg. Chem. 533, 191 (1986). [2] F. A. Mautner. H. Krisehner und Ch. Kratky. Z. Kristallogr. 172, 291 (1985). [3] A. C. Brunner und H. Krisehner. Z. Kristallogr. 142, 24 (1975). [4] G. F. Platzer und H. Krisehner. Z. Kristallogr. 141, 363 (1975). [5] H. Krisehner. O. Baumgartner. H. E . Maier und A. I. Saracoglu. Z. Kristallogr. 164, 89 (1983). [6] I. Agrell und N. G. Vanneberg, Acta Chem. Scand. 25, 1630 (1971). [7] I. Agrell. Acta Chem. Scand. 24, 1247 (1970). [8] J. D. Korp. I. Bernal. C. M. Merrill und L. J. Wilson. J. Chem. Soc. Dalton Trans. 1981, 1951. [9] N. Rav und B. Hathaway, J. Chem. Soc. Dalton Trans. 1980, 1105. [10] K. M. Barkigia. J. Fajer. L. D. Spedding und G. J. B. Williams, J. Am. Chem. Soc. 103, 176 (1981). [11] G. M. Sheldrick. SHELX-76, a Program for Crystal Structure Determination, University of Cambridge, England (1976). [12] G. M. Sheldrick. SHELXS-86. Universität Göttingen. B R D (1986). [13] J. M. Stuart. T H E X - R A Y S Y S T E M , version of 1976. Technical report TR-466 of the computer science center. University of Maryland, College Park, U S A (1976). Unauthenticated Download Date | 8/20/17 3:40 AM