Arbeiten mit dem »Kompendium der Psychotherapie« Tilo Kircher 1.1 Literatur – 3 1.1.1 Basiswissen – 3 1.1.2 Verhaltenstherapie – Grundlagen – 3 1 1 Kapitel 1 · Arbeiten mit dem »Kompendium der Psychotherapie« Das »Kompendium der Psychotherapie« ist für Ärzte und Psychologen konzipiert, die sich in Ausbildung befinden oder diese bereits durchlaufen haben und sich fort- und weiterbilden möchten. Die im Kompendium beschriebenen Module können bei stationären, teilstationären oder ambulanten Patienten durchgeführt werden. Voraussetzungen für die Anwendung der Therapiemodule: 1. Es muss beim Patienten eine diagnostische und differentialdiagnostische Abklärung erfolgt sein (u. a. Anamnese, Fremd­anam­ nese, psychopathologischer Befund, ­körperliche Untersuchung, technische ­Untersuchungen – Laborchemie, EKG, EEG, kraniale Bildgebung, Liquor, etc. –, ggf. weitere somatische Abklärung). 2. Die Indikation für die Therapieeinheiten aus dem »Kompendium« muss von einem hierfür ausgebildetem Facharzt oder ­Supervisor gestellt werden. 3. Der Therapeut muss psychiatrisches Basis­ wissen (Gesprächsführung, Anamnese, Symptome, Psychopathologie, Diagnose, Ätiologie, Therapie, Dokumentation, etc.), wie es in den gängigen Lehrbüchern dar­ gestellt ist, beherrschen und praktisch um­ setzen können. 4. Die Grundlagen der psychiatrischen Phar­ makotherapie müssen beherrscht werden. Diese Punkte setzen die Wissensaneignung aus der Literatur, den Besuch von Fortbildungen, die kontinuierliche und enge Supervision (z. B. täglich auf Station) durch erfahrene Kollegen voraus. Nach eini­ gen Monaten der Stationsarbeit und der intensiven Selbstweiterbildung (Lesen) sollten die meisten Ärzte und Psychologen sich das psychiatrische Basis­ wissen in Grundzügen angeeignet haben, dann ­sollten sie mit der supervidierten Psychotherapie beginnen. Die im »Kompendium« dargestellten störungsspezifischen Therapien wurden anhand der Kriterien Evidenzbasierung, Kürze der Durchführung und einfache Erlernbarkeit ausgewählt. Es wurde auf die häufigsten Störungen in psychiatrisch-psychotherapeutisch-psychosomatischen Kliniken fokussiert. Weiterhin wurde auf absolute Praxisnähe abgehoben, daher haben die störungsspezifischen Kapitel Manualcharakter. Es soll so auch dem Anfänger eine praktische Anleitung an die Hand gegeben werden, mit der er sofort einzelne Therapiesitzun­ gen gestalten kann. Auf die theoretischen Grundlagen wurde bewusst verzichtet, diese sind in den Lehrbüchern der Psychotherapie dargestellt und sollten dort nachgelesen werden. Das ­ »Kompendium« erhebt keinen Anspruch auf die vollständige Darstellung aller möglichen Techniken, sondern fokussiert auf evidenzbasierte Praxisnähe. Wer allerdings die hier beschriebenen Ansätze beherrscht, hat sich ein umfangreiches psychotherapeutisches Praxiswissen angeeignet. Für die einzelnen Kapitel im »Kompendium« gilt, dass die Module hintereinander oder aber auch selektiv durchgeführt werden können. Das heißt, je nach vorherrschendem Problem oder der zur Verfügung stehenden Zeit können bei einzelnen Patien­ ten bestimmte Module selektiv durchgeführt werden. Die Modulabfolge und spezifische Indikatio­ nen für einzelne Module sind in den jeweiligen Kapiteln dargestellt. Die Therapieeinheiten sind in 25-Minuten- oder 50-Minuten-Sitzungen aufgeteilt, was den praktischen Möglichkeiten einer stationären Behandlung und der Patientenbelastbarkeit im Einzelfall angepasst werden muss. Für den Anfänger empfehlen sich idealerweise Patienten, die sozial gut integriert sind (Wohnung, Arbeit, Familie, Freunde vorhanden), nur an einer Störung leiden (insbesondere keine komorbide Suchterkrankung oder Persönlichkeitsstörung), introspektionsfähig (können eigene Gefühle und Gedanken wahrnehmen und verbalisieren) und motiviert sind (möchten Psychotherapie machen). Es sollte nur ein Syndrom behandelt werden, da sich gezeigt hat, dass eine Reihe von komorbiden Syndromen (z. B. depressives Syndrom bei Panikstörung) durch die Therapie der Grunderkrankung (hier: Panikstörung) remittieren. Üblicherweise ist die Behandlung von Patienten mit Depression und Angststörung am besten geeignet, sich mit den praktischen Ansätzen der störungsspezifischen Psychotherapie vertraut zu machen. Der Therapeut sollte zunächst das ganze Ka- 1.1 · Literatur pitel einschließlich der Arbeitsblätter durcharbeiten und dann erst mit der Therapie beginnen, nur so kann er auch dem Patienten kompetent Vorgehen und Ziele vermitteln. Für die Therapie von Patien­ ten mit Borderline-Persönlichkeitsstörung sollte bereits eine gewisse Erfahrung mit anderen Störungen vorliegen. Für die Therapie sollten der Patient und der Therapeut sich realistische Ziele setzen. Das heißt, manchmal ist eine komplette Remission der Symp­ tome und volle soziale Funktionsfähigkeit nicht möglich. Dann ist es wichtig, mit dem Patienten zusammen Teilziele zu stecken. 1.1 Literatur 1.1.1 Basiswissen 1 Benkert O, Hippius H (2010) Kompendium der Psychiatrischen Pharmakotherapie. Springer, Berlin, Heidelberg Brunnhuber S, Frauenknecht S, Lieb K (2005) Intensivkurs Psy­ chiatrie und Psychotherapie. Urban und Fischer, München, Jena Ebert D (2011). Psychiatrie systematisch. Uni-Med Verlag, Bremen Arbeitsgemeinschaft f. Methodik u. Dokumentation in d. Psy­ chiatrie (2006). Das AMDP-System: Manual zur Dokumen­ tation psychiatrischer Befunde. Hogrefe-Verlag, Göttin­ gen Beispiele für Teilziele: 5 Patient mit Agoraphobie: Busfahren und Ein­ kaufen ist wieder möglich. Weiterhin sind längere Urlaubsfahrten nicht möglich. 5 Zwangsstörung: Reduktion der Zeit für Zwangs­ rituale. Somit kann der Patient wieder seinem ­Studium nachgehen, verwendet aber immer noch rund 30 min. täglich für seine Rituale. 5 Patient mit Schizophrenie: Stimmen weiterhin vorhanden, aber diese beschimpfen Patienten nicht mehr, Patient ist nicht mehr emotional in­ volviert. Jeder Patient sollte sich eine Arbeitsmappe anlegen, worin die Arbeitsblätter und andere Aufzeichnungen abgeheftet werden, auf die er immer wieder zurückgreifen kann. Die psychotherapeutischen Sitzungen sollten inhaltlich von Besprechungen der Pharmakotherapie und sozialer Maßnahmen getrennt werden. Es hat sich gezeigt, dass sonst ggf. die Diskussion über Medikamente oder soziale Integration die Zeit der eigentlichen Sitzungen verkürzt (u. U. Vermeidung von Veränderung beim Patienten). Für die genaue Besprechung von Behandlungsinhalten, die nicht in einer Therapieeinheit dargestellt sind, sollte ein separates Gespräch mit dem Patienten vereinbart werden, in dem ihm die Gründe für die inhaltliche Trennung erklärt werden. Ausnahmen bilden natür­ lich Situationen, wo Medikamentenaufklärung und -adhärenz oder Motivation für sozialtherapeutische Maßnahmen Ziele der Therapieeinheit sind. 1.1.2 Verhaltenstherapie – Grundlagen Linden M, Hautzinger M (2011) Verhaltenstherapiemanual. Springer, Heidelberg Margraf J, Schneider S (2008, 2011) Lehrbuch der Verhaltens­ therapie, Band 1, 2, 4. Springe, Berlin Wittchen H-U, Hoyer J (2011) Klinische Psychologie und Psycho­ therapie. Springer, Berlin http://www.springer.com/978-3-642-23663-1