Rechte und Pflichten festhalten

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B E R AT U N G
3. NOVEMBER 2006
B AU E R N Z E I T U N G
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Rechte und Pflichten festhalten
Fuss- und Fahrwegrecht / Problemen mit Wegdienstbarkeiten vorbeugen: Zwei mögliche Fälle und deren rechtliche Beurteilung.
BRUGG ■ Eine Fuss- und Fahr-
mit dem Wegrecht Belasteten
nicht jede Mehrbelastung zugemutet werden. Eine erhebliche
Mehrbelastung muss nicht toleriert werden. Bei der Beurteilung
hat der Richter einen Ermessensspielraum. Einige zusätzliche Fahrbewegungen pro Tag als
Folge einer intensiveren Nutzung des berechtigten Grundstücks führen nicht bereits zu einer unzumutbaren Mehrbelastung. Landwirt X hat im Weiteren kein grosses Interesse am bestehenden Fuss- und Fahrwegrecht, da inzwischen seine Liegenschaft anderweitig besser erschlossen worden ist. Der Nachbar stellt nun das Begehren um
Löschung der Dienstbarkeit. Der
Richter könnte somit zum
Schluss kommen, dass zwischen
dem Interesse an der Ausübung
der Dienstbarkeit und der Belastung ein Missverhältnis besteht,
welches eine Fortdauer der
Grunddienstbarkeit nicht mehr
zu rechtfertigen vermag und
spricht für die Ablösung des
Wegrechts Landwirt X eine Entschädigung nach seinem Ermessen zu.
wegdienstbarkeit wird durch
den Abschluss eines schriftlichen Vertrags und den Eintrag
ins Grundbuch begründet.
Rechte und Pflichten, die daraus
entstehen, sollten im Vertrag
festgehalten werden, der als Beleg beim Grundbuchamt einsehbar ist. In der Regel handelt es
sich dabei um Grunddienstbarkeiten, was heisst, dass ein
Grundstück mit einem Wegrecht
zugunsten
eines
anderen
Grundstücks belastet wird. Das
Eigentumsrecht am belasteten
Grundstück wird durch die
Rechte des begünstigten Grundstücks eingeschränkt. Das Bundesgericht befasst sich laufend
mit Fragen in diesem Zusammenhang. Nachfolgend sind
zwei mögliche Fälle und deren
Beurteilung dargestellt.
Beispiel 1: Fuss- und
Fahrrecht auf Nachbarland
Landwirt X hat ein Fuss- und
Fahrwegrecht auf dem Grundstück seines Nachbarn. Der
Nachbar möchte auf seinem
Grundstück Tiere weiden lassen. Er zäunt das Grundstück
ein und sperrt den Zugang zum
Weg mit einem elektrischen Tor
ab. Landwirt X fährt mit seinem
neuen Fahrzeug durch, und die
Stäbe des elektrischen Tors zerkratzen die Seiten des Fahrzeugs. X findet, dass die Strasse
etwas breiter sein dürfte und
verbreitert sie mit seinem Bagger. Er hat auf seinem Grundstück, das er über den Weg des
Nachbarn erreicht, in der bestehenden Scheune rechtmässig
Wohnungen ausgebaut, die er
vermieten will. Seine Mieter
können mit ihren Fahrzeugen
denselben Weg benutzen. Zwischen Landwirt X und seinem
Nachbarn besteht ein Grunddienstbarkeitsvertrag
betreffend Fahrwegrecht mit ordnungsgemässem Grundbucheintrag. Im Vertrag ist lediglich
Streitigkeiten um
Wegrechte enden
oft vor dem
Bundesgericht.
Schriftliche
Verträge
sind von Vorteil.
Beispiel 2: Notweg auf
Grundstück des Nachbars
(Bild dj)
die Einräumung eines Fuss- und
Fahrwegrechts festgehalten.
Der Nachbar ist irritiert über
das Vorgehen von X und teilt ihm
zu Recht mit, dass zum gewöhnlichen Unterhalt der Strasse keine baulichen Massnahmen
gehören, sondern nur anfallende kleine Reparaturen und Pflegearbeiten. Der Fuss- und Fahrwegberechtigte muss den Weg in
seinem Bestande erhalten. Sollten wichtigere Arbeiten notwendig werden, namentlich aussergewöhnliche Reparaturen, muss
unverzüglich der Eigentümer
des belasteten Grundstücks benachrichtigt werden. X muss
sein Wegrecht in möglichst schonender Weise ausüben.
Der Nachbar darf seinerseits
nichts vornehmen, was die Ausübung des Wegrechts verhindert
oder erschwert. Das Anbringen
einer Barriere, die Wegbenützer
zum Anhalten zwingen, ist mit
einem unbeschränkt eingeräumten Wegrecht nicht zu vereinbaren (BGE 113 II 151). Auch
ein elektrisches Tor darf in keiner Art und Weise die Ausübung
des Wegrechts erschweren.
Landwirt X hat somit Anspruch
auf die Entfernung des elektrischen Tors, falls dieses so funktioniert, dass Beeinträchtigungen daraus entstehen. Der Nachbar muss auch den Schaden an
seinem Fahrzeug übernehmen
und sein Grundstück so einzäunen, dass der Weg frei zugänglich
bleibt. Andere Vereinbarungen
sind selbstverständlich zulässig.
Der Nachbar beschwert sich
zudem über den zusätzlichen
Verkehr, der durch die Mieter
von Landwirt X verursacht wird.
Gemäss Art. 739 ZGB darf dem
Landwirt Y hat keinen genügenden Weg von seinem Grundstück auf eine öffentliche Strasse
und beansprucht vom Nachbarn
einen Notweg gemäss Art. 694
ZGB. Die bestehende Wegverbindung reicht nicht aus für die
rationelle Bewirtschaftung oder
Benutzung seines Grundstücks.
Der Nachbar muss ihm den Notweg einräumen, allerdings gegen volle Entschädigung.
Der Anspruch richtet sich in
erster Linie gegen den Nachbarn, dem die Gewährung des
Notwegs der früheren Eigentums- und Wegeverhältnisse wegen am ehesten zugemutet werden darf und im Weiteren gegen
denjenigen, für den der Notweg
am wenigsten schädlich ist. Auf
die beidseitigen Interessen ist
Rücksicht zu nehmen. In der Regel wird die Entschädigung
durch eine einmalige Kapitalzahlung erbracht. Falls beide
Parteien einverstanden sind,
können auch periodische Leistungen vereinbart werden.
Was bei der Entschädigung
zu beachten ist
Die Entschädigung von Wegrechten besteht in einer Abfindungssumme für das von der bestehenden Strasse beanspruchte
Land. Laut Bundesgericht setzt
sich die Entschädigung aus folgenden Punkten zusammen:
● Beansprucht
der Notweg
Land, das bisher ausschliesslich
als Kulturland genutzt worden
war, ist der Wert des beanspruchten Landes zu entschädigen.
● Verläuft das Notwegrecht auf
einer bereits bestehenden Strasse, hat der belastete Grundeigentümer auf folgende Entschädigung Anrecht:
– anteilsmässiger Wert, der
durch die Strasse benützten
Landfläche;
– anteilsmässiger Wert am Bauwerk (Wert der Strassenbauten).
Schwierigkeiten verursacht in
der Praxis immer wieder, wie die
anteilsmässige Benutzung berechnet werden soll. Es muss also ausgeschieden werden, welche Partei in welchem Ausmass
die gemeinsame Strasse benützt.
Im Grundsatz wird die Verteilung der Kosten nach der Grösse
oder dem Wert der erschlossenen Grundstücke vorgenommen (inklusive Gebäude). Je
nach zugeordnetem Anteil fällt
die zu entrichtende Entschädigung aus. Als Hilfsgrössen für die
Berechnung können der Ertragswert, allenfalls der Verkehrswert,
aber auch die Benutzungsfrequenz oder die mit der Strasse
erschlossene Landfläche herangezogen werden.
Renza Berger, SBV Treuhand
und Schätzungen
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