SYSTEME & SOFTWARE Energiemanagement mit smarten Komponenten Ein unzureichendes Energiemanagement kann die schnelle Entleerung und mangelnde Ladung des Stromspeichers im Kfz begünstigen; dies zeigt Jahr für Jahr die Pannenstatistik des ADAC. Ein effizientes Energiemanagement sorgt dafür, DASS LEERE BATTERIEN WIEDER DER VERGANGENHEIT ANGEHÖREN – vielversprechende Ansätze zeigt Automobil Elektronik. E ine häufige Pannenursache ist streng genommen gar kein Defekt. So kann man es nämlich sehen, wenn ein Auto erst gar nicht anspringt, weil der Ladezustand der Batterie zu niedrig für den Betrieb des Anlassers ist. Bei einer ansonsten gesunden Batterie sind diese ärgerlichen Probleme in der Regel auf die Nutzung von (Komfort-)Verbrauchern im Stillstand oder auf einen zu hohen Ruhestrom zurückzuführen. Eine weitere Ursache kann in einer unzureichenden Ladung der Batterie im Fahrbetrieb begründet liegen. Drei Hauptkomponenten zur Lösung der Probleme liefert der Elektronik-Spezialist Hella: Intelligenter Batteriesensor, Bordnetzsteuergerät und Ruhestromschalter. Der Intelligente Batteriesensor als Herzstück des Energiemanagements (Bild 1) liefert Informationen über den Zustand der Batterie, das Bordnetzsteuergerät übernimmt dabei die Verbrauchersteuerung und das Generatormana- Bild 1: Der Intelligente Batteriesensor ist Herzstück des Energiemanagements. Bilder: Hella 42 AUTOMOBIL-ELEKTRONIK Dezember 2007 gement, während der Ruhestromschalter im Bedarfsfall Stromverbraucher vom Bordnetz trennt. Präzise Messung Der in die Polklemme integrierbare Intelligente Batteriesensor (IBS) wird auf dem Minuspol der Batterie montiert. Der Montageplatz nahe am Energiespeicher hat mehrere Vorteile (Bild 2). Er minimiert Mess-Ungenauigkeiten, die durch Spannungsabfälle auf Verbindungsleitungen entstehen könnten. Eine genaue Bestimmung der Batterietemperatur ist sogar nur dort möglich. Eine wesentliche Funktion des IBS ist neben Spannungs- und Temperaturmessung die präzise Messung des Batteriestroms über den gesamten Bereich der im Fahrzeug auftretenden Ströme. Der Spannungsabfall über einem Mess-Shunt wird von einem Analog/Digital-Wandler erfasst. Ein weiterer A/D-Wandler bestimmt synchron zur Strommessung die Bild 2: Der Montageplatz nahe am Energiespeicher hat mehrere Vorteile. Batteriespannung. Neben den beiden Wandlern ist im Batteriesensor ein Mikrocontroller integriert. Mit seiner Hilfe lässt sich eine Batteriezustandserkennung (BZE) als Softwarefunktion direkt auf dem IBS integrieren. Neben der präzisen Messung von Strom, Spannung und Temperatur kann der Intelligente Batteriesensor noch eine ganze Reihe weiterer Aufgaben übernehmen. Er überwacht Stromschwellen und kann beim Überschreiten das Bordnetzsteuergerät aus dem Ruhezustand wecken. Dabei lassen sich die Schwellen individuell einstellen. Über einen programmierbaren Timer lässt sich der Zeitabstand zwischen zwei Messungen während der Ruhephase im Bereich von Sekunden bis zu Stunden einstellen. Der Ruhestromverbrauch des IBS selbst ist dabei Dank seiner Sleep-Funktion minimal. Trotzdem erfasst er aber während jeder Ruhephase den aktuellen Strom bei Schwellwertüberschreitungen! Bild 3: Bordnetzsteuergeräte kontrollieren alle Verbraucher und schalten bei Bedarf Komfortfunktionen ab. Bilder: Hella Bordnetz zusammen. Fahrzustände und Fahreranforderungen ergänzen die Messwerte des Intelligenten Batteriesensors und anderer Sensoren. Das Bordnetzsteuergerät (Bild 3) kontrolliert alle Verbraucher und kann bei Defiziten in der Energieversorgung beispielsweise Komfortfunktionen wie die Sitzheizung temporär reduzieren bzw. abschalten. Das Bordnetzsteuergerät ist sowohl im Betrieb des Fahrzeugs als auch während seiner Standphasen aktiv und hält das Bordnetz praktisch ständig unter Beobachtung. Es speichert den letzten gültigen Ruhestromwert samt weiterer Fahrzeugzustände. Weiter bewertet es Mit Hilfe verschiedener Batteriezustandsden Zustand der Algorithmen berechnet das EnergieBatterie auf Basis Management SoC, SoH und SoF der Batterie. der vom Intelligenten Batteriesensor zur Verfügung gestellten Informationen. Wähden Zustand des Energiespeichers. Ein rend der Ruhephase werden nämlich niedriger Innenwiderstand steht für eine Spannung und Strom zyklisch vom Batgute Leistungsfähigkeit. Zusammen mit teriesensor erfasst. Wird eine einstellbare dem Ladezustand, dem Alterungszustand Warnschwelle erreicht, informiert der sowie gespeicherten Daten aus voranBatteriesensor das Bordnetzsteuergerät. gegangenen Starts kann der BatteriesenIn mehreren Stufen kann dieses auf Prosor eine Warnung ausgeben, sobald die bleme in der Energieversorgung des AuStartfähigkeit des Fahrzeugs nicht mehr tos reagieren. Wenn ein hoher Entgesichert ist. ladestrom während einer Leerlaufphase Durch das kontinuierliche Monitoring auftritt, kann es bei kritischem Batterievon Batteriedaten durch den IBS kann zustand die Leerlaufdrehzahl anheben, dem Fahrer eine Empfehlung zum rechtdamit der Generator mehr Strom liefert. zeitigen Austausch einer gealterten BatReicht dies noch nicht aus, werden Verterie gegeben werden. braucher – unterteilt in mehrere Abschaltstufen – ausgeschaltet. Im RuhezuZentrale der Energieverwaltung stand des Fahrzeugs kann hierbei – beiIm Bordnetzsteuergerät (BSG) laufen alle spielsweise durch ein frühzeitiges Öffnen Informationen zum Energieverbrauch im Bild 4: Das Trennrelais ermöglicht die Abtrennung von Steuergeräten innerhalb einer Ruhephase. photocase.com Bild: santdtman/ Das Energie-Management von Hella kann aber noch viel mehr, als nur den Stromverbrauch im Ruhezustand und im Fahrbetrieb zu messen und zu regeln. Mit Hilfe verschiedener Batteriezustands-Algorithmen berechnet es auf Wunsch den Ladezustand (State of Charge, SoC), den Alterungszustand (State of Health, SoH) und die Leistungsfähigkeit (State of Function, SoF) der Batterie. Zur Bestimmung der Startfähigkeit SoF misst der Batteriesensor Spannungs- und Stromänderungen und berechnet daraus u.a. den Innenwiderstand der Batterie. Dieser Wert hat eine hohe Aussagekraft über Bild: Hella SYSTEME & SOFTWARE Bild 5: Das Bordnetzsteuergerät kann beispielsweise durch eine Anpassung der Generatorspannung das Laden der Batterie kurzzeitig komplett stoppen des Ruhestromschalters – die Startfähigkeit des Fahrzeugs sichergestellt werden. Zusätzlich speichert das Bordnetzsteuergerät, welcher Verbraucher – zum Beispiel das Abblendlicht – die Batterie übermäßig entladen hat. Diese Information kann später eine Werkstatt auslesen und eventuelle Fehler beheben. Während des Fahrbetriebs übernimmt das Energiemanagement von Hella zusätzliche Aufgaben. Der Batteriesensor stellt dem Bordnetzsteuergerät die für eine optimale Ladung notwendigen Informationen über Batterietemperatur und Ladezustand zur Verfügung. Abhängig von der Batterietemperatur kann die Ladespannung des Generators angepasst werden, um speziell bei tiefen Temperaturen den Ladungsvorgang zu verbessern. Zur Erhöhung der Batterielebensdauer kann die Ladespannung bei hohen Temperaturen abgesenkt werden. Auch kann die intelligente Energieverwaltung einen Beitrag zur Kraftstoffverbrauchs- und Emissionsreduktion leisten. Das Bordnetzsteuergerät kann beispielsweise durch eine Anpassung der Bild: Hella, Quelle ADAC 44 AUTOMOBIL-ELEKTRONIK Dezember 2007 Generatorspannung das Laden der Batterie kurzzeitig komplett stoppen, etwa um beim Überholen oder an Steigungen die komplette Motorleistung dem Antrieb zu überlassen (Bild 5). Das Verfahren der Abschaltung von Nebenaggregaten bei Volllast hat sich beim Kompressor der Klimaanlage bereits bewährt. Bei Talfahrt oder im Schubbetrieb ist dann sogar eine elektrische Energierückgewinnung (Rekuperation) möglich. Bei dieser Form der Rekuperation ist keine Veränderung am Bordnetz erforderlich. Dies ist einer der großen Vorteile dieser „kleinen Energierückgewinnung“ gegenüber dem Einsatz von elektrischen Bremsen. Lediglich der Regler wird dabei so angesteuert, dass die Batterie über einen angehobenen Spannungslevel optimal geladen wird. Um elektrische Energie rekuperieren zu können, muss der Ladezustand der Batterie in einem genau definierten Bereich liegen: In einer voll geladenen Batterie kann keine weitere Energie mehr gespeichert werden. Auf der anderen Seite muss ein Ladezustand sichergestellt werden, der auch unter ungünstigsten Bedingungen die Startfähigkeit des Fahrzeugs garantiert. Der Batteriesensor liefert in diesem Fall die erforderlichen Informationen über den Ladezustand der Batterie und die jeweils vorhandene Startfähigkeit des Fahrzeugs. Nebenbei erhöht die Rekuperation die Motorbremswirkung bei Bergabfahrten, was von den meisten Fahrern als angenehm empfunden wird. Allerdings kann mit elektrischer Rekuperation in Starterbatterien nur ein kleiner Teil der beim Bremsen freiwerdenden Energie gespeichert werden. Für eine effizientere Speicherung von Bremsenergie sind neuartige Bremsen und andere leistungsfähigere Energiespeicher wie beispielweise Ultrakondensatoren erforderlich, was allerdings einen deutlich höheren Aufwand im Fahrzeug mit sich bringt. Vollständige Trennung Der Ruhestromschalter ist als bistabiles Relais realisiert (Bild 4). Die Spule wird nur beim Schalten mit Strom versorgt, verursacht also selbst keinen permanenten Energieverbrauch. Das Gerät ermöglicht die Abtrennung von Steuergeräten innerhalb einer Ruhephase. Dadurch wird der Ruhestrom weitaus mehr abgesenkt, als dies über Sleep-Funktionen in den Steuergeräten selbst möglich ist, da die Verbraucher durch den Ruhestromschalter vollständig vom Bordnetz getrennt werden. Dieses ermöglicht eine Reduzierung des Ruhestroms auch bei defekten Steuergeräten, die beispielsweise nicht in den Sleep-Modus wechseln. Bei derartigen Ruhestromproblemen kann das Energiemanagement die Abschaltung aktivieren und so die Fahrzeugstartfähigkeit garantieren(sb). Dr.-Ing. Carsten Hoff, Dr.-Ing. Peter Opgen-Rhein und Dr.-Ing. Matthias Schöllmann, Hella KGaA Hueck&Co., Lippstadt infoDIRECT Link zu Hella: www.all-electronics.de 441AEL0607