KULTUR REGIONAL DIENSTAG, 4. APRIL 2017 21 Vielfältige Klangfarben KOMPAKT Schubert-Quartett im Kammerkonzert Frühjahrskonzert des Orchesters Osnabrücker Musikfreunde mit Werken von Schumann und Mahler setzen und sich gleichzeitig so stark zurückzunehmen, dass die Sänger zu hören sind. Die Inhalte der Lieder sind teilweise ausgesprochen düster, und Reinmar Neuner hat sich, da die Reihenfolge von Mahler nicht festgelegt ist, dazu entschieden, den Zyklus in trübster Stimmung zu beenden mit „Wo die schönen Trompeten blasen“. Dafür sind hier beide Gesangssolisten beteiligt, denn bei den Musikfreunden werden die Dialoglieder tatsächlich als solche aufgeführt und nicht von nur einem Sänger. Ein heiterer Schumann, ein düsterer Mahler, so bestritt das Orchester Osnabrücker Musikfreunde sein Frühjahrskonzert, unterstützt von den Solisten Rose Weissgerber und Marco Vassalli. Von Jan Kampmeier OSNABRÜCK. Schumanns erste Symphonie führt den Frühling sogar im Namen, doch vielleicht wären drinnen einige Zuhörer mehr gewesen, wenn nicht draußen der echte Frühling der Musik so starke Konkurrenz gemacht hätte. Reinmar Neuner dirigiert das Orchester inzwischen seit 20 Jahren, und das Konzert war daher auch als sein Jubiläum am Pult des Orchesters angelegt. In der Pause beschenken ihn die Musiker mit Rosen und sagen ihrem offenbar beliebten Leiter Dank. Sanfter Sopran Reife Leistung Und Reinmar Neuner ist als Dirigent trotz vorgerückten Alters agil wie eh und je und liefert mit seinen Musikfreunden auch nach 20 Jahren eine reife Leistung ab. Die Einleitung bei Schumann klingt gewichtig, frisch das Allegro. Scherzo und Finale kommen in etwas ruhigerer Gangart daher, aber immer sauber intoniert und musiziert vom Orches- Mit viel Hingabe spielte das Orchester Osnabrücker Musikfreunde unter Leitung von Reinmar Neuner Schumanns Frühlingssinfonie. Foto: Hermann Pentermann ter, dessen Name „Musikfreunde“ sich wieder einmal als treffend erweist, weil die Musiker ganz offensichtlich mit Hingabe an die Musik bei der Sache sind. Im Zusammenspiel erreichen sie Rotarier spenden für Oskar dabei nahezu professionelles Niveau, und das gilt auch für den Orchesterklang. Der ist diesmal recht üppig, denn das Orchester hat bei diesem Konzert eine beachtliche Größe, zehn Celli und fünf Kontrabässe sind da zum Beispiel besetzt. Eine große Orchesterbesetzung erwartet man natürlich auch besonders bei einem Komponisten wie Gustav Mahler, allerdings spie- len die Musikfreunde von ihm keine Symphonie, sondern die Wunderhorn-Lieder. Das Orchester bewältigt dabei die heikle Aufgabe, die enorm vielfältigen Klangfarben der Partitur in Szene zu Die junge Sängerin Rose Weissgerber interpretiert mit ihrem außerordentlich sanften Sopran besonders Lieder wie das zarte „Urlicht“ angenehm schlicht. Ihr männlicher Partner ist Marco Vassalli, als Solist inzwischen schon Stammgast der Musikfreunde, der wie immer mit großer Eleganz singt. Zwar sind die Texte im Programmheft abgedruckt, doch das braucht man kaum, denn bei beiden Sängern ist fast jedes Wort klar zu verstehen. Lediglich in den satirischen Liedern könnte die Gestaltung bissiger und frecher sein. Bei der Wiederholung von „Trost im Unglück“ als Zugabe deuten die beiden an, was in dieser Hinsicht möglich wäre. Installation aus Klebestreifen Künstler Felice Varini fertigt „Vier blaue Kreise“ auf dem Osnabrücker Marktplatz Von Stefan Lüddemann Über finanzielle Unterstützung können sich die Mitglieder des Kinder- und Jugendtheaters Oskar freuen: Eine Spende von 1700 Euro überreichten Günther Fülbier (2. v. l.) und Norbert Stallkamp (r.) vom Rotary Club Osnabrück Süd an Christiane Wulff, Vorsitzende des Fördervereins Oskars Freunde, und Theaterintendant Ralf Waldschmidt. Das Geld dient dazu, die drei Mitglieder des Oskar-Ensembles zu finanzieren. Foto: Egmont Seiler OSNABRÜCK. „Vier blaue Kreise“ lautet der Titel der Installation, die der Schweizer Künstler Felice Varini seit Montag auf dem Osnabrücker Marktplatz installiert. Für sein Werk wird Varini Klebestreifen auf der Marienkirche und an Gebäuden der Marktstraße, darunter die Dombuchhandlung und mehrere Restaurants, anbringen. Die aus den Klebestreifen gebildete geometrische Figur soll aus einer Perspektive zu sehen sein. Sobald der Betrachter diesen Punkt verlässt, zerfällt die Figur in ihre Einzelteile. Nach diesem Prinzip hat der 1952 in Locarno geborene, in Paris beheimatete Künstler bereits in über 20 Städten seine Kunstwerke auf zentralen Plätzen installiert. Nach den Worten von Kunsthallen-Direktorin Julia Draganovic, die dieses Projekt gemeinsam mit Valérie Schwindt-Kleveman kuratiert, bezieht sich das Werk „Vier blaue Kreise“ auf das Jubiläum der Reformation, das 2017 gefeiert wird. Das Projekt gehe auf eine Kooperation der beiden Konfessionen zurück, sagte Draganovic. Mehrere der in das Projekt einbezogenen Häuser gehörten zum Bistum Osnabrück beziehungsweise den Evangelischen Musikalische Attraktionen Kammerkonzert mit Theremin und Uraufführung von Joe Schittino Von Jan Kampmeier OSNABRÜCK. Obwohl das Theremin in wenigen Jahren 100 wird, erweckt es noch immer Staunen, wird es doch ohne Berührung gespielt. Mittels zweier Antennen werden Tonhöhe und Lautstärke verändert. Das bekannteste Stück für eine Variante des Theremins lieferten die Beach Boys 1966 mit „Good Vibrations“. Auch im Film wird das Instrument gerne benutzt, weniger haben sich dagegen die „ernsten“ Komponisten um das Instrument gekümmert. Einer der wenigen mit großem Namen war Bohuslav Martinu, und dessen Fantasie für Theremin, Oboe und Klavierquintett beendet das Kammerkonzert im Theaterfoyer. Solistin, wenn man es denn so sagen will, war Carolina Eyck am Theremin. Kleine Veränderungen in der Handstellung genügen ihr, um ihr Instrument zu spielen. Während sich Musiker beim Spielen unwillkürlich mehr oder weniger stark bewegen, ist das bei ihr überhaupt nicht der Fall, Harmonierten perfekt: Anton Govorun, Denys Proshayev, Carolina Eyck, Kathrin Bogensberger und Lukas Brandt (von Foto: Jörn Martens links). denn jede noch so kleine Körperbewegung verändert ja massiv den Klang. So ist ihre Gestik also sehr kontrolliert und präzise. Klanglich ist das Theremin, in mittleren Lagen jedenfalls, der Oboe nicht ganz unähnlich, vielleicht hat Martinu deshalb die beiden Instrumente kombiniert. Eine weitere Attraktion bei diesem Konzert ist das Werk von Joe Schittino für die gleiche Besetzung wie Martinus Fantasie, denn der Italiener hat es eigens für diesen Anlass komponiert und ist auch nach Osnabrück gekommen, um der Uraufführung beizuwohnen. Avantgarde ist sicher auch sein Werk nicht, sonst hat es aber wenig Gemeinsamkeiten mit Martinu. Es steckt viel drin in seinem „Kleinen Konzert für Theremin, Oboe und Klavierquintett“: Walzer- und Jazzrhythmen, viele Dissonanzen, einige Geräuschanteile, ferner in den drei Sätzen je ein Name in rhythmischer Morse-Gestalt: Carolina, Lukas und Anita. Gemeint sind die Vorsitzende des Musikvereins Anita Schnitker sowie die beiden Solisten Carolina Eyck und Lukas Brandt. Wobei es sich in diesem Fall eigentlich verbietet, von Solisten zu sprechen, dem Titel „Konzert“ zum Trotz, denn es handelt sich wirklich um eine Kammermusik, bei der zudem alle Musiker ihre Soli haben. Wenn hier die übrigen Komponisten, noch einmal Martinu, Carolina Eyck und Joseph Rheinberger, noch gar nicht erwähnt wurden, so ist das eigentlich, zugegeben, ausgesprochen ungerecht, und mehr noch gilt das für die übrigen Musiker des Konzerts, Anton Govorun, Priscilla Vargas, David Boyd, Kathrin Bogensberger, Lukas Brandt, Denys Proshayev, denn das Ensemble harmoniert perfekt, spielt vorbildlich zusammen und gestaltet klanglich wunderbar. ·· ·· ·· ·· ·· ·· ·· ·· ·· · Was ist los in der regionalen Kulturszene? Mehr dazu auf noz.de/kultur-regional Stiftungen. Die Arbeit Varinis bezieht sich indirekt auf das in der Geschichte oft konfliktreiche Verhältnis der christlichen Konfessionen. In den Arbeiten des Künstlers gehe es um die Zentralperspektive als eine Position der Macht, die aufgebrochen werde, so Draganovic. Nach den Planungen der Kunsthalle wird das Kunstwerk „Vier blaue Kreise“ bis zum 12. November 2017 zu sehen sein. Vom 6. Juni bis zum 29. Oktober läuft zusätzlich eine Ausstellung mit Werken Varinis in der Kunsthalle. „Wir eröffnen die Installation von Felice Varini bewusst vor der Do- cumenta und den Skulptur-Projekten in Münster“, sagte Draganovic. Die Ausstellungsformate in Kassel und Münster starten am 1. Juni, die Osnabrücker Installation soll ab dem 21. April zu sehen sein. Die Installation Varinis steht im Kontext der Ausstellung „Konkret mehr Raum“, die 2015 in Osnabrück ausgerichtet worden war. Einen künstlerischen Bezug bildet auch das Werk des Osnabrücker Konstruktivisten Friedrich Vordemberge-Gildewart (1899–1962). Info: kunsthalle.osnabrueck.de/ausstellungen/vorschau KURZ IN DER KRITIK Facettenreiche Romantik Benefizkonzert mit Viola Mokrosch Von Christoph Beyer OSNABRÜCK. Ein facettenreiches Spektrum romantischer Klaviermusik bot Pianistin und Musikprofessorin Viola Mokrosch beim Benefizkonzert der Osnabrücker Bürgerstiftung in Kooperation mit dem IfM der Hochschule. Es war erst der zweite Auftritt, den Viola Mokrosch als Solistin in Osnabrück bestritt. Sicherlich eine Erklärung dafür, dass an diesem Sonntagabend kaum ein Platz in der Aula der Hochschule unbesetzt blieb. Die Pianistin reüssierte bereits vielfach als Kammermusikerin, gab Meisterkurse, absolvierte zahlreiche Festivalauftritte und begeisterte ihr Publikum an diesem Abend mit enormer Virtuosität. Bei Johannes Brahms’ (1833–1897) Rhapsodie hMoll, op.79, 1 verband sie Ausdrucksstärke mit flirrender Eleganz und verlieh Fanny Hensel-Mendelssohns (1805–1847) Prelude e-Moll im Anschluss eine harmonische Aura. Anschaulich und mit interessanten Anekdoten OSNABRÜCK. Das FelixNussbaum-Haus und das Theater Osnabrück laden im Rahmen der Sonderausstellung „Danse Macabre. Tanz und Tod in der Kunst des frühen 20. Jahrhunderts“ für Donnerstag, 6. April, um 19.30 Uhr zu einem Liederabend ins Nussbaum-Haus ein. Michal Majerski (1. Geige), Nikola Panicic (2. Geige), Kaori Yoshida (Viola) und Susanne Lamke (Violoncello) interpretieren Franz Schuberts Streichquartett „Der Tod und das Mädchen“. Die Schauspielerin Helene Stupnicki liest aus der Erzählung von Anna Seghers „Der Ausflug der toten Mädchen“. Karten im Vorverkauf an der Theaterkasse. Abendkasse im FelixNussbaum-Haus. Charisma durch Schauspiel lernen OSNABRÜCK. Mehr Charisma erlernen die Teilnehmer eines Schauspielworkshops mit Regina Neumann am Donnerstag, 6. April, und Freitag, 7. April, um jeweils 18.30 bis 21 Uhr in der Lagerhalle. Denn was Schauspielern zum Erfolg verhilft, kann auch im Alltag sehr hilfreich sein. Durch gezielte Übungen verleihen die Teilnehmer ihrer Stimme und Körpersprache mehr Energie und Überzeugungskraft. Vorkenntnisse sind nicht nötig. Der Workshop „Fit für die Bühne des Lebens! – Was wir von Schauspielern lernen können“ findet am Donnerstag im Raum 207 und am Freitag im Spitzboden statt. Bequeme Kleidung und Schuhe mitbringen. Anmeldung unter Tel. 05 41/33 78 40 oder unter www.lagerhalle-osnabrueck.de. Jugendorchester in Jüdischer Gemeinde OSNABRÜCK. Das Jugendsinfonieorchester der Kinder- und Jugendaliya Israel gibt am Dienstag, 4. April, ein Konzert unter dem Titel „Diversity – Vielfalt“ in der Jüdischen Gemeinde (In der Barlage 43). Das Orchester, das erzieherische Ziele verfolgt, ist eines von vielen Projekten in der Kinder- und Jugendaliya. In den Kinderdörfern leben junge Menschen, die ohne Eltern nach Israel eingereist sind oder aus sozial schwachen Familien in Israel kommen. Integration und Toleranz sind wichtige Themen des Orchesters, dessen Vielfalt sich in den Klängen verschiedener Kulturen verbunden mit klassischen Werken ausdrückt. Beginn ist um 19 Uhr. „Physik ist keine Angststörung“ Virtuoses Klavierspiel: Viola Mokrosch. Foto: Pentermann und Begebenheiten ausgeschmückt, erläuterte Mokrosch galant den Entstehungskontext der Werke. Bei Franz Schuberts (1797–1828) „Grazer Fantasie“, D 605 A, und Ilse Fromm-Michaels (1888–1986) Variationen op.8 arbeitete sie die dramatischen Passagen prägnant heraus und verlieh bei Letzteren den fast schon expressiven, spätromantischen Klangbildern neue Akzente. Für die stehenden Ovationen und Bravo-Rufe bedankte sich die Pianistin mit zwei Zugaben, darunter „Das Kinderspiel“ von Wolfgang Amadeus Mozart (1756–1791). BerühOSNABRÜCK. rungsängste mit Naturwissenschaften nimmt Wissenschaftscomedian Felix Homann seinen Zuschauern. Am Mittwoch, 5. April, um 20 Uhr gastiert er mit seinem Programm „Physik ist keine Angststörung“ im Rosenhof. Dann geht er etwa der Frage nach, warum wir gern dort Zusammenhänge sehen, wo es keine gibt, und warum es gut ist, dass Naturgesetze nicht per Zweidrittelmehrheit geändert werden können. Das Programm des Osnabrücker Diplomphysikers sei eine „kurzweilige Physik-Lektion“, schrieb die Rezensentin unserer Zeitung über die Premiere des Programms im vergangenen Sommer. Karten in den NOZ-Geschäftsstellen und unter www.eventim.de.