Assoziierung

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Assoziierung
derWeltgemeinschaftReformierterKirchenmitder
GemeinsamenErklärungzurRechtfertigungslehre
Weltgemeinschaft
Reformierter Kirchen
Assoziierung von WGRK und GE
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Präambel
1. InjüngererZeitwurdeeinerfreulichesMaßanÜbereinkunftbezüglichderRechtfertigungslehre
erreicht.NachvielenJahrenverbindlicherGesprächewurde1999dieGemeinsameErklärungzur
RechtfertigungslehrevonderKatholischenKircheunddemLutherischenWeltbundunterzeichnet.
DieseÜbereinkunftineinerFrage,dieinderZeitderReformationkirchentrennendwar,stellteinen
Meilensteindar,denwirfeiern.ImJahr2006habenderMethodistischerWeltratundseineMitgliedskirchenbereitsihregrundsätzlicheZustimmungzurLehre,dieinderGemeinsamenErklärung
zurRechtfertigungslehrezumAusdruckkommt,erklärt.NachausgiebigerÜberlegungunterbesondererBeachtungderBeziehungenzwischenRechtfertigungundGerechtigkeitnimmtdieWeltge-
meinschaftReformierterKirchenjetztfreudigdieEinladungan,sichderGemeinsamenErklärung
zurRechtfertigungslehre(GE)anzuschließen.FürdieReformiertenistdieRechtfertigungausGnade
durchdenGlaubeneinewesentlicheAuslegungdesEvangeliums.
2. WirbekräftigenunserelehrmäßigeÜbereinstimmungmitdergemeinsamenErklärungzurRecht-
fertigungslehre(SieheGE14-18,19,22,25,28,31,34,37).Wirfreuenunsgemeinsamdarüber,
dassdiehistorischenLehrdifferenzeninderRechtfertigungslehreunsnichtmehrtrennen,undwir
erlebendiesenAugenblickalseineZeitderSelbstprüfung,derBekehrungunddererneutenZu-
wendungzueinanderalsAusdruckneuerEinheitundalsBeitragzumgemeinsamenZeugnisfür
FriedenundGerechtigkeit.ImEinklangmitdemreformiertenPrinzip„ecclesiareformata,semper
reformandasecundumverbumdei”begrüßenwirdieneueRealität,dieunsdieseÜbereinkunft
verheißt.WirmöchtendasbestehendeMaßderÜbereinstimmungnichtnurbekräftigen,sondern
auchanreichernund ausweiten.
WirbegrüßendasModelldesdifferenzierendenKonsensessowiedieOffenheit,Vielfaltundden
ReichtumtheologischerSprache,denesermöglicht.WirstimmendenAbschnittenzu,indenen
LutheranerundKatholikenihrejeweiligeLehrtraditionimLichtediesesKonsensesdarlegen(20-21,
23-24,26-27,29-30,32-33,35-36,38-39)undwirhaltendieseunterschiedlichenAkzentuierungen
nichtfürausreichend,umeineTrennungzwischenihnenunddenReformiertenzurechtfertigen.
WirwerdenunserespezifischenAkzentezudenenhinzufügen,diebereitsvonandereneingebracht
wurden.Wirerwarten,dasseinigePunktezumweiterenDialogundzurKlärungAnlassgeben
werden.Wirsindunsdessenbewusst,wiewichtigesimökumenischenDialogist,aufeinanderzu
hörenundgemeinsamaufdieSchriftzuhören.
3. EsgibteinelangeundinteressanteGeschichtedesDialogsüberdieRechtfertigungzwischenRe-
formierten,LutheranernundKatholiken.TatsächlichwurdebeimRegensburgerReligionsgespräch
von1541einbemerkenswerterKonsensüberGrundfragenderRechtfertigungslehreerreicht(Ar-
tikelVdeiustificatione).1 CalvinhatdieseÜbereinkunftwärmstensbegrüßt(BriefanFarel11.5.1541).
WegenderReligionskriegescheitertenjedochdieBemühungen,unddieRegensburgerÜbereinkunft
geriet450JahrelangnahezuinVergessenheit.
1
In Article V de iustificatione hatten katholische, lutherische und reformierte Theologen (Contarini, Eck, Gropper,
Melanchthon, Bucer, Calvin) festgestellt: “Das wird jedoch keinem zuteil, wenn nicht auch zugleich die Liebe [caritas]
eingegossen [infundatur] wird, die den Willen heilt, so daß der geheiligte Wille anfängt, das Gesetz zu erfüllen, wie
Augustin sagt [De spir. et lit., c. 9,15].Das ist also der lebendige Glaube, der sowohl die Barmherzigkeit in Christus ergreift und glaubt, daß die Gerechtigkeit, die in Christus ist, ihm umsonst zugerechnet wird, als auch zugleich die Verheißung des Heiligen Geistes und die Liebe empfängt. So daß der Glaube, der rechtfertigt, jener Glaube ist, der durch die
Liebe tätig ist [Gal 5, 6]. Aber gleichwohl ist dies wahr, daß wir durch diesen Glauben sofern gerechtfertigt werden
– d.h. angenommen und mit ihm versöhnt werden –, soweit man die Barmherzigkeit und Gerechtigkeit ergreift, die uns
zugerechnet [imputatur] wird um Christi und seines Verdienstes willen, nicht [aber] um der Würdigkeit oder Vollkommenheit der Gerechtigkeit willen, die uns in Christus mitgeteilt [communicata] worden ist.“ (Kirchen-und Theologiegeschichte in Quellen, Bd.3 Reformation, ausgewählt, übersetzt und kommentiert von Volker Leppin, NeukirchenVluyn 2005, 197f).
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Wir hören den Consensus und stimmen zu.
4. WirstimmenderGemeinsamenErklärungzu,dassRechtfertigungdasWerkdesdreieinigenGot-
tesist.DieguteNachrichtdesEvangeliumsbestehtdarin,dassGottdieWeltdurchdenSohnund
denGeistmitsichversöhnthat.RechtfertigungsetztdieFleischwerdung,denTodunddieAufer-
stehungChristivorausundistdaraufgegründet.Rechtfertigungbedeutet,dassChristusselber
„unsereGerechtigkeit(δικαιοσύνη)undHeiligungundErlösung“ist(1.Kor.1,30).Nachreformier-
tem Verständnis ergeben sich Rechtfertigung und Heiligung, die man nicht voneinander trennen
kann,ausderVerbindungmitChristus.
IndemwirdurchdenHeiligenGeistmittelsWortundSakramentmitChristusverbundenwerden,
erhaltenwirAnteilanseinererlösendenGerechtigkeit.AlleindurchGnade,imGlaubenandas
ErlösungswerkChristi–undnichtaufgrundirgendwelchereignenVerdienste–werdenwirvon
Gottangenommen.InChristuserneuertderGeistunsereHerzenundmachtunsfähigzuden
gutenWerken,dieGottfürunsvorbereitethat(vgl.GE§15).
5. Wirstimmenauchdarinüberein,dassGottallesVolkzurErlösunginChristusberuft.Wennwir
dieseErlösungausGnadedurchdenGlaubenerhalten,sindwiralleindurchChristusgerechtfer-
tigt,alleinausGlauben(solafide).MittelsWortundSakramentinderGemeinschaftdesGlaubens
führtderGeistdieGläubigenzujenerErneuerungdesLebens,dieGottimewigenLebenvollen-
denwird(vgl.GE§16).
6. Wirstimmenauchdarinüberein,dassdieBotschaftderRechtfertigunginbesondererWeiseauf
dasHerzdesbiblischenZeugnissesweist.AusgehendvonGottesHeilshandelninChristussagtuns
dieRechtfertigung,dass„weilwirSündersind,wirunserneuesLebenalleindervergebendenund
neuschaffendenBarmherzigkeitverdanken,dieGottunsalsGeschenkzuteilwerdenlässtunddie
wirimGlaubenempfangenundnieinirgendeinerWeiseverdienenkönnen.“(GE§17)
7. WirstimmenmitKatholikenundLutheranernüberein,dassdieRechtfertigungslehreunterden
wichtigenchristlichenGlaubenslehrenvonzentralerBedeutungist.SieisteinunerlässlichesKrite-
riumfürdieLehreunddiePraxisderKirche.(vgl.GE§18).
Wir begrüßen markante Einsichten der GE mit Nachdruck.
8. WirbegrüßendieErkenntnisinderGE,dasswirunsnichtauseigenerKraftrettenkönnen,dass
wirunfähigsind,unsvonunsausGottzuzuwenden,unddassdieFreiheit,diewirkennen,keine
FreiheitzumHeilist.UnsereAntwortaufGottesGnadeistselbsteineAuswirkungderGnadeGot-
tes,dieinunswirkt.WasChristusdurchseinenheilbringendenGehorsamgeleistethat(extranos)
wirdunsoffenbarundinunswirksam(innobis)durchdenHeiligenGeistinsbesonderedurch
GottesWortunddieSakramentederTaufeunddesAbendmahls.NiemandkannaufGottesRuf
antworten,esseidennGotthatzuvorseinGnadenwerkgetan(vgl.GE§19-21).
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9. WirbegrüßendieErkenntnis,dassSündezugleichzuSchuldundKnechtschaftführt,sodass
GottesGnadesowohlVergebungalsauchBefreiungbringt.GottesVergebungentbindetunsvon
unsererSchuld(Rechtfertigung)undGottesBefreiungmachtunsfreivonderKnechtschaftder
Sünde,sodassunserGlaubezumLiebeswerkfähigwird(Heiligung).DieVerbindungmitChristus
istnachreformierterLehrederUrsprungdieserbeidenFrüchtederErlösung.DieHeiligunghat
nichtzurFolge,dassVollkommenheitindiesemLebenerreichtwerdenkann.Wirwissenumden
andauerndenKampfunddasswirzugleichSünderundGerechtfertigtesind.Dennochglauben
wir,dasswirdurchunsereVerbindungmitChristus„TagfürTag,mehrundmehr“verwandelt
werdeninseineGestaltundinseinerGnadewachsen.NachreformiertemVerständnisbekom-
menwirAnteilanChristiGerechtigkeitvorGott(Rechtfertigung)underhaltendasGeschenkneu-
enLebens,umWerkzeugederLiebeGotteszusein(Heiligung),durchunsereTeilhabeanChristus
imGlauben.(vgl.GE§22-24)
10. WirbegrüßendieklareDarlegung,derzufolgeSünderausGnadedurchdenGlaubengerechtfer-
tigtwerden(Eph.2,8)undderGlaubeinLiebeswerkentätigwird.DieGnadeistUrsprungund
GrundderRechtfertigungwährendderGlaubedasMittelihrerAneignungist.DasGanzedes
christlichenLebensisteinLebenimVertrauenaufGottesVerheißungen.EinsolcherGlaubekann
nichtohneLiebeundHoffnungaufGottbestehen.AusderGemeinschaftmitChristusimGlau-
benfolgtsowohldieRechtfertigungausGnadealsauchdasWachstuminderGnade.„Glaubeist
inderLiebetätig;darumkannunddarfderChristnichtohneWerkebleiben“(GE§25).DerGlaube
ohneWerkeisttot(Jakobus2,17).GottesliebeundNächstenliebesinddaherfürdenGlauben
unerlässlich.„Alles,wasimMenschendemfreienGeschenkdesGlaubensvorausgehtundnach-
folgt,istnichtGrundderRechtfertigungundverdientsienicht“(GE§25).DieGnade,diewir
empfangen,bringtErneuerungdesLebens(vgl.GE§25-27).
11. WirbegrüßendieaufrichtigeErkenntnis,dasswir,obwohlwirgerechtfertigtsind,ineinerlebens-
langenAuseinandersetzungmitdemWiderspruchgegenGottstehen,denwirbereuenundfür
denwirtäglichmitdemUnservater-GebetumVergebungbitten.DieseAuseinandersetzungtrennt
unsinChristusjedochnichtvonGott.WirbleibenunserLebenlangstetsabhängigvonGottesGna-
dedurchWortundSakrament.Gnadewirdnieetwas,waswireinfachbesitzen(vgl.GE§28-30).
Die Reformierten haben besondere Schwerpunkte
und zusätzliche Einsichten einzubringen.
12. DieReformiertenstimmenmitdermitNachdruckvorgetragenenÜberzeugungüberein,dassdas
GesetzinChristuserfülltistundfüruns„keinHeilsweg”ist.DasGesetzdecktunsereSündeauf
undleitetunsan,GottesGnadeinChristuszusuchen.Zugleichbegreifenwir,dassesdieLehre
unddasVorbildChristi(derdasGesetzerfüllthat)sind,diefüreinLebeninChristusnormativsind.
AusdiesemGrundhaltendieReformiertendaranfest,dassdieGeboteGottesfürunserLeben
alsGläubigeihreGültigkeitbehalten.DasistdieFunktiondesGesetzesalsRichtlinie,diezuweilen
als„dritterGebrauchdesGesetzes“(tertiusususlegis)bezeichnetwird.NachreformiertenVer-
ständnisistdiesderprimäreGebrauchdesGesetzes–nochwichtigeralsdiebeidenanderen:der
„bürgerliche“(ususcivilis),derdasFehlverhaltenimöffentlichenRaumeindämmensoll,oderder
„pädagogische“,derdieSündeverurteilt.„GesetzundEvangelium“werdennichtscharfeinander
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gegenübergestellt,sonderneheralsmiteinanderdurchihreVerwurzelunginGottesGnadever-
bundenbetrachtet.DieseSichtweiseeinerVerbindungzwischenGesetzundEvangeliumspiegelt
diereformierteBetonungderKontinuitätzwischendemAltenunddemNeuenTestamentalsdem
einenGnadenbundwider.FürdieReformiertenfolgtausdemsolascripturadeswegenauchdas
totascriptura.SowohldasGesetzalsauchdasEvangeliumsindGottesguteGabenanuns.Das
GesetzistGottesgnädigeBereitstellungeinerRichtliniefürdasLeben.ReformierteEmpfindungen
imBlickaufdasGesetzerinnernanjene,diePsalm19ausdrückt:„DieWeisungdesHERRNist
vollkommen,siegibtneuesLeben.DasZeugnisdesHERRNistverlässlich,esmachtdenEinfältigen
weise.DieBefehledesHERRNsindgerecht,sieerfreuendasHerz.DasGebotdesHERRNistlauter,
eserleuchtetdieAugen.“(Ps19,8f).DieErneuerungdesLebens(Heiligung),diemitRechtferti-
gungeinhergeht,bestärktunsdarin,inDankbarkeitundfreudigemGehorsamgegenüberGottzu
leben.DasisteinGeschenkderGnadeGottes,dieinunseremLebenamWerkist.Wirdürfendie
Zuversichthaben,dassdasguteWerk,dasGottinunsbegonnenhat,vollendetwerdenwird.
DurchJesusChristusistdenKindernGottes„dieGnadedesewigenLebenserbarmungsvollver-
heißen“(GE§31-33).
13. WirbegrüßendasZeugnis,dashiervonderäußerstenVerlässlichkeitderVerheißungenGottes
abgelegtwird.WirbezeugendieUnwiderruflichkeitderGabenundderBerufungGottes(Röm
11,29).GottesGnadenbundmitIsraelistungebrochenundwirddurchdenGlaubenanChristus
aufunsausgeweitet.DieGabedesGlaubensmachtunsdesHeilsgewiss.GlaubeohneVergewis-
serungwäreunzureichendoderunsicher.Vergewisserungstütztsichnichtaufdas,wasinunsist
–seiesGlauben,WerkeoderBeweisedesHeiligenGeistes–,sondernaufdieVerheißungenGot-
tes.UnserGottisteintreuerGott,deramBundmitdemVolkGottesdurchalleZeitenhindurch
festhält.GotteserwählendeGnade,dieimVolkIsraelamWerkwar,istjetztdurchChristusinuns
amWerk.ZurVergewisserungblickenwiraufChristusundaufdieVerheißungenGottesinihm.
InZeitendesZweifels,derVersuchungundderSorgeschauenwirnichtaufunsselber,sondern
aufChristus.FürdieReformiertenistdieHeilsgewissheitinbesondererWeisemitderLehrevon
derErwählungverbunden.GöttlicheErwählungistalleininGotteserwählenderGnadegegründet.
InderErwählungslehreerkennenwirGottalsden,derunsinChristuserwählthatvorGrundlegung
derWelt(Eph1,4).Wirhabennichts,waswirnichtempfangenhätten.SogarunsereFähigkeit,auf
Gottzureagieren,istGottesGabeanuns;ebensounsereBeharrlichkeitimGlauben.DieseEinsich-
tenrufenindenGläubigenDemutundDankbarkeithervorundvermittelnHeilsgewissheit.Gottes
BerufungundVerheißungensindverlässlich.InChristushatGottunsdasHeilversprochen,und
die„objektiveWirklichkeitderVerheißungGottes“,dienichtangezweifeltwerdenkann,istdie
Grundlageunserer Heilsgewissheit.
14. WirschätzendievorsichtigeundnuancierteEinordnungdergutenWerkebeidenGerechtfertigten.
SiesinddieFrucht–undnichtdieUrsachederRechtfertigung.GuteWerkespiegelndieAuswir-
kungderGnadeGottesinunswider,denGlaubenderinLiebetätigwird.GuteWerkekönnennur
inAbhängigkeitvonderGnadeGottesgetanwerden.DieReformiertenwürdenhierkommentierend
hinzufügen,wiesiedenStellenwertdergutenWerkebeidenGerechtfertigtenverstandenhaben.
ImZweitenHelvetischenBekenntnis(KapitelXVI)stehteineErklärung,dieverdeutlicht,dassgute
Werkewedergetanwerden,umewigesLebenzuerlangen,nochumgesehenzuwerden,noch
ausGewinnsucht,sondern„zurEhreGottes,zurZierdeunsererBerufung,undumGottunsere
DankbarkeitzubeweisenundzumNutzenunseresNächsten“.SohabenwirdenStellenwertder
gutenWerkefürdieGerechtfertigtenbeschrieben(vgl.GE §37-39).
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Wir möchten die Zusammengehörigkeit
von Rechtfertigung und Gerechtigkeit unterstreichen.
15. WirmöchteneinenBeitragleistenzumVerständnisderBeziehung,diewirzwischenRechtfertigung
undGerechtigkeitsehen.VertreterderRömisch-KatholischenKirche,desLutherischenWeltbundes,
desMethodistischenWeltratsunddesReformiertenWeltbundessindimJahr2001inColumbus,
Ohiozusammengekommen,umüberdieMöglichkeiteinererweitertenBeteiligungandergemein-
samenErklärungzusprechen.DergedankenreicheundkonstruktiveAustauschbeidieserKonsul-
tationhatdieReformiertenzueinemvertieftenNachdenkenüberdieGEgebrachtundzudem
Entschlussgeführt,einerfürunsentscheidendenFragenachzugehen:WieistdasVerhältnis
zwischenRechtfertigungundGerechtigkeit?DieÄhnlichkeitderBegriffelädtdazuein,darüber
nachzudenken,wiesiesichzueinanderverhalten.ImNeuenTestamentwirddasselbeWortim
Griechischen(δικαιοσύνη)fürbeidesverwendet.Eskannmit„Rechtschaffenheit“odermit„Ge-
rechtigkeit“übersetztwerden.ZurKlärungdesZusammenhangsbeiderBegriffehabenwireine
ReihevonregionalenKonsultationenaufgenommen.DieseweiterführendenDiskussionensind
sehrfruchtbargewesen,undwirstellenindenfolgendenAbschnitteneinigederErkenntnissevor,
diedabeiansLichtgekommensind.
16. FürdieReformiertenistGerechtigkeitnichteinfachdieethischeUmsetzungvonRechtfertigung,
gewissermaßenimNachgang.VielmehristGerechtigkeittheologischinderRechtfertigungselbst
enthalten.DieseEinsichtwirdimAbschlussberichtderviertenPhasedesinternationalenDialogs
zwischenReformiertenundKatholiken(JustificationandSacramentality:TheChristianCommunity
asanAgentofJustice)ausgeführt:„DassbeideBedeutungenmitdemselbenWortwiederge
gebenwerden,spiegeltdieTatsachewider,dasssieaufsEngstemiteinanderinBeziehungstehen.
DerdurchdenGlaubenGerechtfertigteistaufgerufen,gerechtzuhandeln“(Abschnitt56).Recht-
fertigungistbeides:ein„Für-gerecht-erklären“undein„Richtigstellen“.DieseErkenntniswirddie
Ursachedafürsein,dassCalvindaraufbestandenhat,dassRechtfertigungundHeiligungnichtzu
trennensind(InstitutioIII.2.1);siesolltendeshalbalszweifacheGnadeverstandenwerden(duplex
gratia).Wirerkennenan,dassdieFeststellung,dassdieRechtfertigungsowohl„Vergebungder
Sünden“alsauch„ErneuerungdesLebens“beinhalte(GE4.2),indieseRichtungweist.Wirbe-
grüßenauch,dassimAbsatz43derGEzurweiterenKlärungder„BeziehungzwischenRechtfer-
tigungundSozialethik“eingeladenwird.MitdemFolgendenbeabsichtigendieReformierten
diesbezüglicheinenAnfangzumachen.
17. MitderreformiertenBetonungderSouveränitätGotteshabenwirbekräftigt,dassGottüberdas
LebenalsGanzesherrscht,nichtnurüberdieengerenreligiösenodergeistlichenBereichedesin-
dividuellenLebens.MitdemPsalmistenverkündenwir:„DemHERRNgehörtdieErdeundwassie
erfüllt,derErdkreisunddieihnbewohnen“(Ps24,1).GotthatmitderganzenSchöpfungeinen
Bundgeschlossen(Gen9,8-12)undGottesGnadenbundwilleine„Richtigstellung“herbeiführen,
diedieganzeWeltumfasst–einschließlichderpolitischen,ökonomischenundökologischen
Wirklichkeit.AlleBundesschlüsseGottessindTatenderRechtfertigungundderGerechtigkeit.
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Wirerkennen,dassGerechtigkeit(wieRechtfertigung)GottesWirkeninundunterunsist.Durch
unsereSündewurdenunserVerständnisvonGerechtigkeitgetrübtundunsereUmsetzungder
Gerechtigkeitbehindert.EsistGott,derdieGerechtigkeiterfüllenwird.Wirverstehenunsalssol-
che,diedazuberufensind,unsanGottesweltverwandelndemWirkenzubeteiligen.Dieswurdein
neuererZeitimBekenntnisvonAccrahervorgehoben:„GotthateineGemeinschaftaufErdenins
Lebengerufen,dieaufeinerVisionderGerechtigkeitunddesFriedensberuht...Jesuszeigtuns,
dassdieseinalleeinschließenderBundist,indemdieArmenundAusgegrenztendiebevorzugten
Partnersind.Erruftunsdazuauf,dieGerechtigkeitgegenüber„seinengeringstenBrüdernund
Schwestern“(Mt25,40)indenMittelpunktderGemeinschaftdesLebenszustellen.Dieganze
SchöpfungistgesegnetundindiesemBundeingeschlossen(Hos2,18ff)“(BekenntnisvonAccra,
Abs. 20).
18. DieseSichtweisewirdauchvonunserengegenwärtigenPartnernbegrüßt.ImjüngstenDialogmit
demLutherischenWeltbundhabenLutheranerundReformiertegemeinsambekräftigt.„Esgibt
keinenBereichdesLebensodergardergesamtenSchöpfung,dernichtzuJesusChristusgehört,
derunsinalleWeltaussendetalsZeichendesReichesGottes,dasEvangeliumderVersöhnungzu
verkündigenundzulebeningemeinsamerSorgeumGerechtigkeit,Freiheit,FriedenunddieBe-
wahrungderSchöpfung“(Communion:OnBeingtheChurch,Abschnitt56).Ganzähnlichhaben
KatholikenundReformiertegemeinsamimAbschlussberichtderviertenPhasekatholisch-refor-
miertenDialogsbekräftigt:„DietheologischeLehreundWirklichkeitderRechtfertigungdurch
GlaubenundHeiligungtreibtdiechristlicheGemeinschaftan,sichfürGerechtigkeiteinzusetzen.
DieForderungnachGerechtigkeitergibtsichzwangsläufigausderRechtfertigungundderBeru-
fungderganzenKircheheiligzusein“(JustificationandSacramentality:TheChristianCommunity
asanAgentofJustice,Abschnitt79).
19. EsgibtdieMöglichkeitRechtfertigungundHeiligungsozuverstehen,alswärensieaufGerechtig-
keithinausgerichtet.InGottesHeilshandelnwerdendieDingeimLeben„richtiggestellt“.Wir
werdenindierichtigeBeziehungzuGotthineingezogenundindierichtigeVerehrungGottes
(solideogloria).DiewahreVerehrungGotteskommtkonkretzumAusdruckimStrebennach
GerechtigkeitundRechtschaffenheitinderGesellschaft.AufdieseWeisewerdenwirindasRich-
tigstellenderVerhältnisseimweiterengesellschaftlichenKontexteinbezogen.Calvinmeinte,dass
„dieGläubigenGottrechtverehren,indemsieinnerhalbihrerGesellschaftaufdasRechtachten“
(CalvinsMatthäuskommentarzuMt12,7).
20. Wirhaltendaranfest,dass„dieRechtfertigungslehrenichtabstraktbetrachtetwerdenkann,los-
gelöstvonderdurchUnrecht,UnterdrückungundGewaltbestimmtenWirklichkeitinderheutigen
Welt“(JustificationandSacramentality:TheChristianCommunityasanAgentofJustice,Ab-
schnitt56).InderBotschaftundimLebenJesuspieltGerechtigkeiteinezentraleRolle.DasBekennt-
nisvonBelhardrücktdieForderungzurBekämpfungvonUnrechtnochstärkeraus.InChristus
wirdGottalsderEineoffenbar„derGerechtigkeitundwahrenFriedenunterdieMenschenbrin-
genwill….DarumverwerfenwirjedeIdeologie,dieUngerechtigkeitinjederFormlegitimiertund
jedeLehre,dienichtgewilltist,einersolchenIdeologieaufderGrundlagedesEvangeliumszu
wiederstehen“(DasBekenntnisvonBelhar,Artikel4).
21. DieRechtfertigungslehreistfürReformierteäußerstwichtig.Calvinbezeichnetesieals„dasSchar-
nier,umdassichunsereGottesverehrungdreht“(Institutio,III,11.2.1).AusunsererSichtstehtsie
innotwendigerVerbindungmitanderenLehrstücken.UnsereEinigkeitinBezugaufdiesewesent-
licheLehremussgefeiertwerden.Wirsinddankbar,dasssichlutherischeundreformierteKirchen
ineinigenLänderngegenseitigalszureinenKircheJesuChristizugehöriganerkanntundvolle
Kanzel-undAbendmahlsgemeinschaftmiteinandererklärthaben.EsistunseretiefeHoffnung,
dasswiraufderGrundlagedieserErklärungunsresgemeinsamenVerständnissesderRechtfer-
tigungslehreinnaherZukunftauchmitLutheranernananderenOrtenundauchmitderkatholi-
schenKirchesowiemitdenMethodistenineineengereBeziehungtretenwerden.
Offizielle gemeinsame Erklärung
MitdieserStellungnahmebestätigtdieWeltgemeinschaftReformierterKirchenihrelehrmäßigeÜber-
einstimmung mit der Lehre, die in der Gemeinsamen Erklärung zur Rechtfertigungslehre ausgedrückt
wird,dieam31.Oktober1999inAugsburgseitensdesLutherischenWeltbundesundderKatholischen
Kircheunterzeichnetwurde.DerMethodistischeWeltrathatseinegrundsätzlichelehrmäßigeZustim-
mungam23.Juli2006erklärt.
Die Unterzeichnenden der Gemeinsamen Erklärung zur Rechtfertigungslehre begrüßen gemeinsam
die oben stehende Stellungnahme der Weltgemeinschaft Reformierter Kirchen, durch welche die Re-
formiertenihreZustimmungzumKonsensüberdieGrundwahrheitenderRechtfertigungslehre,wieer
indergemeinsamenErklärungzurRechtfertigungslehrezumAusdruckkommt,erklärenundkundtun.
AufderGrundlageihrergemeinsamenErklärungzudenGrundwahrheitenderRechtfertigungslehre,
verpflichtensichKatholiken,Lutheraner,MethodistenundReformiertedazu,ihrgemeinsamesVer-
ständnisderRechtfertigungslehreintheologischerArbeit,LehreundVerkündigungzuvertiefen.
DenvorliegendenSchrittundihreSelbstverpflichtungsehendieUnterzeichnendenalsBestandteilihres
Bestrebens nach voller Gemeinschaft und gemeinsamem Zeugnis vor der Welt gemäß dem Auftrag
ChristianalleChristen.
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