Informationsblatt des Stadtarchiv Hannover

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Stadtarchiv Hannover Stolpersteine
2007
Kurzinformation
Familie Braun / Rosenbach / Blum
Wagenerstraße 17
HIER WOHNTEN
BERTA BLUM
GEB. ROSENBACH GESCH. BRAUN
JG. 1902
DEPORTIERT 2.3.1943
TOT 10.06.1944 IN
AUSCHWITZ
Günter Braun
Hedwig Rosenbach
geb. 20.01.1933
DEPORTIERT 2.3.1943
TOT IN
AUSCHWITZ
geb. 09.09.1936
DEPORTIERT 2.3.1943
TOT 20.03.1944 IN
AUSCHWITZ
Brigitta Braun
Paul Blum
geb.14.06.1934,
DEPORTIERT 2.3.1943
TOT 24.03.1944 IN
AUSCHWITZ
geb. 26.12.1937
DEPORTIERT 2.3.1943
TOT IN
AUSCHWITZ
Elsa-Vera Braun
Berno Blum
geb. 11.07.1935,
DEPORTIERT 2.3.1943
TOT 11.02.1944 IN
AUSCHWITZ
geb. 13.12.1939
DEPORTIERT 2.3.1943
TOT IN
AUSCHWITZ
Rosemarie Blum
geb. 30.11.1940
DEPORTIERT 2.3.1943
TOT 13.01.1944 IN
AUSCHWITZ
Hinweise
ƒ Erinnerungsstein / Gedenkort für ermordete Sinti und Roma am Bahnhof Fischerhof
ƒ Gedenkort mit Erinnerungstafel im Altwarmbüchener Moor
ƒ „Aus Niedersachsen nach Auschwitz“, Ausstellungskatalog. Bielefeld 2004 (mit
Erwähnung anderer Familienschicksale)
Stadtarchiv Hannover
Am Bokemahle 14-16
30171 Hannover
Tel 0511 168 46590 Fax 0511 168 46590
Öffnungszeiten des Lesesaals (168-43073): Mo u. Fr 8.30-15.30 | Di u. Do 11-18 |
www.stadtarchiv-hannover.de | [email protected]
Information zum Stolperstein für Familie Blum / Braun / Rosenbach
Reichsweite Verhaftungsaktion
Auschwitz-Birkenau
Am 1. März 1943 begannen in Hannover die Verhaftungen von Sinti Familien, zunächst im so
genannten Sammellager im Altwarmbüchener Moor,
dann in der Altstadt und in der Calenberger Neustadt.
In einem Erlass im Dezember 1942 hatten die
Nationalsozialisten jene reichsweite Verhaftungsaktion
gegen „Zigeuner und Zigeunermischlinge“ verfügt, die
Anfang März 1943 begann.
Sie waren die ersten, die nach mehreren Tagen Fahrt
erschöpft das so genannte Zigeunerfamilienlager in
Auschwitz-Birkenau erreichten, es bestand aus Lehm
und Schlamm. Zäune waren dort, die später elektrisch
geladen wurden. Es gab nicht genug Nahrung,
Krankheiten breiteten sich aus und schon bald
begannen die Kinder zu sterben. Die älteste Tochter
von Berta Blum, Daniela Braun [geb. 21. Februar
1928] überlebte als einziges Kind, sie sah ein
Geschwister nach dem anderen sterben. ihren
leiblichen Vater Eugen Braun [geb. 2. März 1902] sah
sie in den elektrischen Zaun fallen. Auch andere
Mitglieder der Familie, Geschwister der Mutter und
des Vaters und deren Kinder, waren in diesem Lager
und fast alle starben einen langen Tod. Als Berta Blum
im Alter von 42 Jahren an Bauchtyphus elendiglich
zugrunde ging (Juni 1944), waren die noch
„arbeitsfähigen“ Angehörigen ihrer Familie bereits an
kriegswichtige Arbeitsplätze.verbracht worden.
Am 1. März rollte ein Zug der Reichsbahn über Osnabrück und Minden nach Hannover, am 2. März wurden
die Sinti aus Braunschweig und Magdeburg in den Zug
gedrängt. Das Ziel war Auschwitz – Birkenau.
Was geschah in der Mittelstraße
Im Haus in der Mittelstraße 5 [heute: Wagenerstraße
17] wohnte Familie Blum. Die Eheleute Kurt und
Berta Blum und ihre neun Kinder. Einige Kinder hatte
Berta Blum aus ihrer ersten Ehe mit Eugen Braun in
die Ehe gebracht. Die älteren Kinder gaben bei ihren
Befragungen durch die Polizei und Lagerverwaltung
den Namen Blum an. Sie waren eine Familie.
Kurt Blum arbeitete im Schaustellerbetrieb seines
Vaters und in der Schänke dem Wohnhaus gegenüber
spielte er Musik. „Zigeuner“ waren zu dieser Zeit hier
bekannt und nicht nur geduldet, insbesondere als
Musiker geschätzt. Im Stadtzentrum waren weitere
Sintifamilien ansässig. Die Wohnverhältnisse waren
extrem beengt. Die Wohnung für die elfköpfige
Familie Blum hatte drei Räume. Dies entsprach aber
der üblichen Belegung in den kleinen Fachwerkhäusern der Alt- und Neustadt. In der Mittelstraße
stehen heute noch zwei dieser Häuser.
Im Morgengrauen des 2. März erschienen Polizisten
begleitet von bewaffneten Gestapo-Männern und
holten die Familie aus der Wohnung. Einige hundert
Meter entfernt, im Polizeipräsidium in der
Hardenbergstraße, wurden sie erkennungsdienstlich
behandelt, d.h. die Namen der Verhafteten wurden
noch einmal mit den aus Berlin zugesandten Listen der
„Zigeuner und Zigeunermischlinge“ abgeglichen.
Bahnhof Fischerhof
Sie wurden zum Bahnhof Fischerhof nach Linden
überstellt, wo der Deportationszug wartete. Mehr als
150 Sinti aus der Altstadt und Neustadt Hannovers, aus
Holzminden, Hildesheim und Peine drängte die Polizei
in den Zug.
Stadtarchiv Hannover
Mit dem Vorrücken der Kriegsfront im Osten löste die
SS das Konzentratrationslager Auschwitz-Birkenau
seit Oktober 1944 auf.
„Vernichtung durch Arbeit“
Von den Nationalsozialisten wurde der Einsatz der
„arbeitsfähigen Zigeuner“ in der Industrie geplant: Nur
jene sollten eine Zeitlang überleben, die für den
Ausbau der Rüstungsproduktion nützlich erschienen.
Kurt Blum (Jg. 1912), der zweite Ehemann von Berta,
überlebte die Schrecken dieses Lagers und das KZ
Sachsenhausen.
Ravensbrück
Kurt Blums Stiefkind Daniela wurde in das FrauenKonzentrationslager Ravensbrück deportiert. Die
15jährige galt als „Noch-Arbeitsfähige“. Sie und alle
anderen Frauen und Mädchen des Blocks 22 wurden
dort Anfang 1944 in einem Massenversuch sterilisiert.
„Sie gebärdete sich vor Schmerzen wie wild und war
nicht mehr zu beruhigen“ sagten später Zeugen aus.
„Wiedergutmachung“
Nach dem Krieg wurde im Wiedergutmachungsverfahren eine Gesundheitsschädigung der 1945 17jährigen Daniela durch rassische Verfolgung abgelehnt: Begründung: Ihre „nervöse Übererregbarkeit“
und „seelische Depression“ sei vermutlich auf ein
angeborenes Nervenleiden zurück zu führen.
Quellenhinweise
Meldekartei - Entschädigungsakten Daniela TöngesBlum und Kurt Blum - Hausbuch Hannover-Mittelstraße.
Am Bokemahle 14-16
30171 Hannover
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