Besichtigung Evangelisch-methodistische Kirche Langnau Im Rahmen des EmK Projekts „Kirchen Sprache(n) – ein Versuch“ besichtigten die Architekten Stefan Keller und Reto Wegmüller verschiedene Gebäude der EmK . Die gewonnenen Eindrücke zu folgenden Fragestellungen werden in diesem Bericht schriftlich und fotografisch festgehalten: Was sagt das Gebäude aussen und innen über die Nutzer und über deren Einstellung zum Leben und zum Glauben? Wer lebt hier drin? Was strahlt das Gebäude für Botschaften aus? Was liegt in der Luft? Was ist die Sprache? Besichtigung EmK Langnau, 8. April 2016 Die Lage Das Gebäudeensemble der EmK Langnau befindet sich an der Alleestrasse 34 nördlich des Sekundarschulhauses Höhenweg und südlich der Kniematte. Das ursprüngliche Kirchengebäude steht ganz in der Tradition eines klassichen Kirchenbaus mit klar gegliederter Fassade, hohen Fenstern und aufgesetztem Glockenturm. Westseitig angebaut ist ein modernes, in Sichtbeton und Glas ausgeführtes, zurückhaltend gestaltetes Verbindungsgebäude, ergänzt mit einem hohen gläsernen Pavillon und einem Aussenbereich mit Holzdeck. Süd-, ost- und nordseitig umschliesst ein mit einer kniehohen Betonmauer eingefasster Grünbereich die Parzelle. Anbau mit Pavillon Südfassade Gebäude EmK Langnau Die Gesamtanlage Alt und neu sind in einer besonderen Weise zusammengefügt und machen neugierig auf das Innere. Durch die Komposition von Gebäudeteilen in ihrer jeweils zeitgemässen auf ihrer Entstehungszeit basierenden Formensprache entstehen spannungsvolle Begegnungen. Die beiden Gebäude bilden durch ihre Situierung und Stellung zueinander zudem eine Vielfalt von Zwischen- und gestalteten Aussenräumen. Tradition begegnet Moderne und die Moderne entwickelt sich begleitet von der Tradition - ein interessanter Ansatz! Die Zugänge Der Zugang zum Kirchenbau sowie der Weg zum angegliederten Neubaukomplex erfolgt jeweils über den Vorplatz vor der ostseitigen, schmalen Fassade des ursprünglichen Kirchenbaus. Der Vorplatz in Gestalt einer asphaltierten Fläche wird stark geprägt vom älteren Kirchenbau. Auf der rechten Seite des Kirchengebäudes befindet sich ein freistehender Schaukasten der EmK. Bahnhof Langnau Das Kirchengebäude Ein klassischer und mächtiger Kirchenbau erzählt die Geschichte einer langjährigen Tradition der EmK in Langnau. Die Fassaden sind verputzt, alle Öffnungen und Gebäudeecken wurden sorgfältig mit Sandstein gefasst und unterteilt. Aufgrund der grossen Fenster in der Seitenfassaden lässt sich deutlich der dahinterliegende, hohe Gottesdienstraum vermuten. Luftbild mit Lage der EmK Langnau (Kreis) Kirchen - Sprache(n) - ein Versuch © CNES, Spot Image, swisstopo, NPOC Fassade mit Haupteingang, Schaukasten 0 20 40 60m Massstab 1: 2,500 Gedruckt am 18.04.2016 16:47 https://s.geo.admin.ch/6b55322b5e www.geo.admin.ch ist ein Portal zur Einsicht von geolokalisierten Informationen, Daten und Diensten, die von öffentlichen Einrichtungen zur Verfügung gestellt werden Haftung: Obwohl die Bundesbehörden mit aller Sorgfalt auf die Richtigkeit der veröffentlichten Informationen achten, kann hinsichtlich der inhaltlichen Richtigkeit, Genauigkeit, Aktualität, Zuverlässigkeit und Vollständigkeit dieser Informationen keine Gewährleistung übernommen werden.Copyright, Bundesbehörden der Schweizerischen Eidgenossenschaft, 2007. http://www.disclaimer.admin.ch Besichtigung EmK Langnau 8. April 2016 Seite 2 Das Dach des Gebäudes ist mit einem Kreuzfirst ausgeführt und auf drei Seiten mit Krüppelwalmdächern gestaltet. Auf dem Kreuzungspunkt im First erhebt sich ein schlanker Glockenturm. Über den Seitenfassaden sind oberhalb der übergrossen Fenstern des Kirchenschiffes zusätzlich noch dreieckig ausgeformte Ziergiebelchen ins Dach eingesetzt. Die Eingangsfassade ist symmetrisch gegliedert. Der Zugang In der Mittelachse der Fassade befindet sich der Zugang. Ein kleiner Vorbau unter einem abgewalmten Vordach mit zwei Sitzbänken beidseitig der Eingangstüre empfängt den Besucher und führt ihn durch die reich gestaltete Türe ins Innere. Eine Briefkastenanlage ist auf unpassende Weise eingefügt. Vorbau beim Eingang Sitzbank bei Eingangsbereich Der Vorraum Vom Vorraum führt auf der linken Seite eine steinerne Treppenanlage ins Obergeschoss. Im Obergeschoss befindet sich der Kinderbetreuungsraum, der in der baulich abgegrenzten, ehemaligen Empore eingerichtet wurde. Weiter führt die Treppe zu zwei Wohnungen ein Geschoss darüber. Vom Vorraum führt ein Abgang in das Untergeschoss, in welchem sich zur Hauptsache technische Räume und Nebenräume befinden. Geradeaus gelangt man direkt in den grossen Gottesdienstraum. Vorraum mit Treppenhaus Der Gottesdienstraum Der Gottesdienstraum beeindruckt durch seine Dimensionen. Er weist unterschiedliche Raumhöhen auf. Durch den niedrigen Vorbereich unter der ehemaligen Empore gelangt der Besucher in den grossen, hohen Gottesdienstraum. Der Vorbereich ist asymmetrisch unterteilt in einen geschlossenen Abstellraum (Lager, Mobiliar, Putzraum) und einen offenen Bereich mit Infomaterial und Tisch. Die Asymmetrie passt nicht recht zum ganzen Gebäude, das stark auf die Komposition und Wirkung von Achsen und Symmetrien aufgebaut ist. Eingangstüre - Einblick in Vorraum Kinderbetreuungsraum in der ehemaligen Empore Kirchen - Sprache(n) - ein Versuch Angesichts der aussen verzierten Fassade erscheint der Gottesdienstraum innen aussergewöhnlich schlicht. Vermutlich wurde er in der letzten Innenraum-Sanierung „ausgeräumt“ und vereinfacht. Geprägt wird er stark von der Materialisierung wie dem roten Tonplattenboden, Besichtigung EmK Langnau 8. April 2016 Seite 3 dem schlichten holzfarbenen Mobiliar und den weiss verputzten Wänden. Die geschlossenen und verutzten Teile der Empore wirken fremd in der gesamten Struktur. Verzierungen oder eine Angleichung an die historische Gestaltung des Kirchenäusseren sind nicht mehr auszumachen. Eine gestufte Holzverkleidung mit integrierter indirekter Beleuchtung schliesst den Raum gegen oben ab. Im Vorbereich zu Gottesdienstraum Gottesdienstraum - Blick zum Eingang Vorbereich mit Garderobe und Abstellraum Das überhohe Kreuz hinter dem Altar fällt als erstes ins Auge. Es ist in der Symmetrieachse des Raumes, eingelassen in die verputzte Wand platziert. Zusätzlich leiten die beidseitig hinter dem Altarbereich errichteten, gerundeten Holzverkleidungen den Blick auf diese Mitte hin. Sie schliessen einen ursprünglich mit farbigen Fenstern verglasten Chorbereich ab, die historische Befensterung wurde einfach durch die neuen Elemente versteckt. Natürlich belichtet wird der Raum zweiseitig von hohen Fenstern. Die Brüstungen sind hoch angesetzt. Ein direkter Ausblick in die Umgebung und auch ein Einblick von aussen in das Innere ist aufgrund der Lage der Befensterung nicht möglich. Für den Besucher entsteht ein Eindruck eines Raums, der sich stark von der Aussenwelt abgrenzt. Nüchtern und ohne Ablenkung lädt er den Besucher ein zu einer besinnlichen Konzentration. Der Bereich zwischen alt-neu Vom Gottesdienstraum gelangt man durch eine schlichte Türe direkt in den Zwischenbereich, der sich zwischen dem Kirchengebäude und einem neuen Anbau aufspannt.Die Gestaltung des Neubaus, welcher das bestehende Kirchengebäude an seinem östlichen Ende umfasst, überrascht. Geprägt wird der Zwischenbereich vom Ausdruck und der Gestalt der unterschiedlich ausgeformten Bauten. Die traditionelle, steinerne und geschlossene Fassade trifft auf ein modernes, abstrahiertes und transparentes Gegenüber. Beide Bauten sind eigenständig und definieren mit einer grossen Selbstverständlichkeit ihre jeweilige Haltung und Geschichte. Dies führt im Zwischenbereich zu einem interessanten Dialog zwischen alt und neu, zwischen abgeschirmt und offen, zwischen Tradition und Moderne. Gottesdienstraum - Blick zum Altar Kirchen - Sprache(n) - ein Versuch Zwischenbereich mit Fassaden alt-neu Besichtigung EmK Langnau 8. April 2016 Seite 4 Der Zugang zum Anbau Ein gradlinig gestalteter Zugang über einen eigens angelegten Weg führt entlang der südseitigen Kirchenfassade zum Eingang des modernen Anbaus. Der Eingang zum Neubau Den Besucher empfängt im Entrée eine offene, gut ausgestaltete Raumabfolge. Die grosszügige Befensterung lässt die Lage zum historischen Kirchengebäude gut spürbar werden. Eine lockere Gruppe von Tischen und Stühlen bildet eine Art Foyer und lädt ein zum Verweilen. Ein schmales Bandfenster rahmt den westseiteigen Ausblick. Fussweg zum Eingang Neubau Vom Entrée führt eine Treppe, welche unauffällig in ein Garderobemöbel integriert ist, ins Untergeschoss. Ein Vorraum am Ende des Volumens führt zu den WC-Anlagen. Der grosse Saal im Neubau Durch den Eingang gelangt man links in einen hohen, auf drei Seiten verglasten Saal. Direkte Ausgänge emöglichen bei schönem Wetter eine Aussennutzung des vorgelagerten Holzdecks. Eingang Neubau Saal im Neubau Die Materialisierung des neuen Anbaus mit dunklem Boden, feinen Stahlprofilen und viel Glas und die helle Decke ist zeitgemäss und modern. Die Tageslichtsituation ist angenehm. Die grosszügige Befensterung spricht von Offenheit gegen aussen und Transparenz. Sie lässt Einblicke zu und wirkt sehr einladend. Der hohe Saal mit der feinen modernen Möblierung erscheint dem Besucher angenehm unaufgeregt. Er integriert sich wie selbstverständlich in das gesamte Ensemble. Eine moderne Gastronomieküche gliedert sich an den Saal an. Sie ist gut ausgestattet und ermöglicht auch eine grosszügige und gastfreundliche Bewirtung von Anlässen im Saal. Foyer beim Eingang Neubau Gastronomieküche Saal im Neubau Kirchen - Sprache(n) - ein Versuch Das Untergeschoss Im Untergeschoss befindet sich ein interessantes Angebot an Schulungsräumen. Auch Pfarrbüro, Büro für die Administration und ein Jugendraum finden hier ihren Platz. Eine kleine Cafébar ermöglicht eine vom Saal unabhängige Nutzung z.B. für Pausen oder als Treff. Trotz der Lage im Untergeschoss sind die Räumlichkeiten angenehm belichtet. Tageslicht fällt über raffiniert platzierte Oberlichter ein. Sie bewirken eine positive Lichtstimmung. Besichtigung EmK Langnau 8. April 2016 Seite 5 Als spontane Besucher der EmK Langnau fällt uns besonders auf: • Die Spannung aus Tradition und Aufbruch, welche bei den beiden Gebäuden in der gewählten Architektursprache deutlich zum Ausdruck kommen. • Das kontemplative und geborgene Element des historischen Kirchengebäudes und das offene und einladende Element des Neubaus, welche unterschiedliche Nutzer undBesucher ansprechen und berühren. alt-neu..... kleiner Versammlungs- und Gebetsraum Kursraum im Untergeschoss Neubau Pausencafé mit Stehbar im UG Lichteinfall für Tageslicht ins UG Resumé Kursraum im Untergeschoss Neubau Foyer mit Lichteinfällen zum UG Neubau Tageslicht im UG Kirchen - Sprache(n) - ein Versuch Besichtigung EmK Langnau 8. April 2016 Alt und neu, Tradition und Offenheit sind in einer überraschenden Weise zu einem Ganzen gefügt. Das Gebäudeensemble der EmK Langnau lässt diese unterschiedlichen Haltungen in ihren Bauten spürbar und erlebbar werden und bietet die Struktur, um beiden Strömungen einen angemessenen Raum zu bieten. Seite 6