Schönheit vom Lande

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RAUM
Ein Rathaus bekennt Farbe
Schönheit vom Lande
Die grob behauenen Wände des Foyers waren früher die Außenwände des Altbaus.
Seckach mit seinen 4 320 Einwohnern ist ein beschauliches, badisches
Örtchen. Bis vor kurzem gab es hier
keine erkennbare Ortsmitte. Im
Herbst 2001 jedoch begannen die Sanierungs- und Umbauarbeiten für das
neue Rathaus und den Vorplatz.
Es entstand ein moderner Neubau, der
zusammen mit zwei angrenzenden denkmalgeschützten Gebäuden sowohl das
Verwaltungs- als auch das Veranstaltungszentrum von Seckach bildet. Auf
den ersten Blick wirkt der kubische Baukörper, als ob er die Gebäude an seiner
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Seite wegschiebt, sich vorschiebt, um
mehr Aufmerksamkeit zu erhaschen.
Doch die klare Formensprache des Neubaus macht das konsequent ausgeführte
Raumprogramm dahinter schon an der
Fassade ablesbar. So klar und schnörkellos sich das Rathaus nach außen hin
auch gibt, umso facettenreicher wirkt es
in der Inneneinrichtung.
Durch den Haupteingang geht es vom
Foyer aus entweder ins Bürgerbüro oder
über das helle Treppenhaus in die Obergeschosse und in die angrenzenden Altbauten. Die transparente Treppenanlage
verbindet geschickt die unterschiedli-
chen Höhen von Alt- und Neubau miteinander, wurde von den Architekten
aber bewusst als trennende gläserne Fuge gestaltet. So bleiben alle drei Gebäude, trotz ihrer funktionalen Einheit als separate Baukörper identifizierbar.
Durch die Sanierung der historischen
Schulhäuser und die Verbindung mit
dem Neubau erweiterte sich die Gesamtfläche der Verwaltung auf das Doppelte.
In den oberen Etagen finden Verwaltung
und Ämter nun gleichermaßen Platz. Der
Bürgermeister sitzt auf Ebene fünf.
Durch ein großzügiges Panoramafenster
genießt er den Blick über „seine“ Stadt.
Mensch&Büro 3/2006
Der Saal ist bei Gemeinderatsitzungen für 20 Ratsmitglieder
und 30 Zuhörer bestuhlt. Die Bestuhlung in Reihe kann jedoch
jederzeit bis auf 120 Personen aufgestockt werden.
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Der Bürgermeister behält den Durchblick dank des quadratischen Fensters (links im Bild).
Andere Büros werden durch großzügige
Fensterbänder belichtet.
Im sechsten und siebten Geschoss, direkt unter dem Dach, liegen zwei helle
Sitzungssäle. Ihre offene Tragkonstruktion aus Holzverbindungen erstreckt sich
über die gesamte Ebene und lässt eine
transparente, fließende Raumfolge entstehen. Die moderne Vortrags- und Präsentationstechnik ist unsichtbar hinter
Zwischenwänden versteckt und wird
nach Bedarf ausgefahren. Eine Kamera
ist ebenfalls beinahe unsichtbar in die
Decke eingelassen. Die Bestuhlung kann
je nach Veranstaltungsart – Sitzung, Konzert oder örtliches Vereinstreffen – aufgestockt oder reduziert werden.
Das Fensterband im Büro des Standesamtleiters geht über Eck und lässt viel Licht hinein.
Im Aufenthaltsraum mit der roten Bestuhlung ist eine zweckmäßige Ikea-Küchenzeile eingebaut.
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Offen für alle
Durch das Zusatzangebot, die Räumlichkeiten des Rathauses für nichtkommerzielle Veranstaltungen mit zu nutzen, gewinnt Seckach als Treffpunkt regional an
Bedeutung. Das erklärt auch, warum die
Seckacher so geschlossen und begeistert hinter ihrem modernen Rathaus stehen. „Das war nicht von Anfang an so“,
erzählt Bürgermeister Thomas Ludwig.
„Es gab auch viele skeptische Stimmen.
Nach dem Tag der offenen Tür verstummten diese aber schnell, denn allen
wurde klar, wie viel regionale Geschichte
und wie viel Herzblut in den Planungsprozess eingeflossen ist.“
Das ausführende Planungsbüro Ecker Architekten siedelte im Jahr 2000 aus den
USA ins deutsche Buchen über und gewann gleichzeitig den ausgelobten Rathaus-Wettbewerb. Einer der Gründe für
die Erstplazierung war die intensive Aus-
Mensch&Büro 3/2006
einandersetzung mit den örtlichen Gegebenheiten. Die Architekten bauten den
rechten Gebäudeteil denkmalgerecht in
die Ursprungsform vor 1950 zurück und
gewannen somit Platz für den Mittelbau.
Auch kamen regional typische Materialien wie Kalk- oder Sandstein für die Fassade, Kupfer für die Dachdeckung oder
Holz für die sichtbare Dachkonstruktion.
Farbenfroher Blickfang
Die Architektin Dea Ecker weiß aus Erfahrung, dass die Wahl der Inneneinrichtung aus Budgetgründen oft auf kostengünstigere Produkte falle, jedoch ohne
deren Langlebigkeit, die Wartungskosten
und ihre Ästhetik zu berücksichtigen.
Trotz des eng gesteckten finanziellen
Rahmens bewiesen die Planer, dass
preiswerte Möbel nicht billig aussehen
müssen. Ein Beispiel dafür sind die Miesvan-der-Rohe-Freischwinger im Foyer.
Diese sind keine Bauhaus-Originale, aber
das fällt dem Wartenden nicht auf. Die
Stühle schwingen ergonomisch leicht
und sind deshalb bequem und praktisch.
Als zeitlose Klassiker setzen sie zusammen mit dem roten Teppich elegante Akzente. „Wir hätten im Innenbereich gerne einen durchgehenden Bodenbelag
eingesetzt“, erklärt die Architektin weiter. „Aber in Abstimmung mit dem Bauherrn fiel die Entscheidung zu Gunsten
von Schieferboden auf den Fluren und
im Treppenhaus sowie einem dem Schie-
fer farblich angeglichenen Kautschukbelag in den Büros.“ Um die monochrome Farbgestaltung zu durchbrechen,
wählten Ecker Architekten farbenfrohes
Mobiliar als Blickfang für jedes Büro.
Auch die Mitarbeiter hatten bei der Innenausstattung ein Mitspracherecht. Sie
durften sieben verschiedene Bürodrehstühle in einer Testwoche ausprobieren und den komfortabelsten für sich
auswählen. Genauso demokratisch ging
es bei der Auswahl des Wandschmuckes
zu. In jedem Büro hängen zwei von den
Nutzern ausgesuchte Siebdrucke des
Bauhaus-Künstlers Josef Albers.
Ein individuell gestaltetes Rathaus mit
einladender Atmosphäre ist in Seckach
entstanden. „Jetzt haben wir endlich zukunftsfähige Verwaltungsräume und
gleichzeitig einen ansprechenden Gemeinde-Treffpunkt“, freut sich Bürgermeister Ludwig über die Multifunktionalität des Neubaus. Die kleine Gemeinde
beweist, dass moderne Architektur auch
auf dem Lande alltagstauglich ist.
leo
Sie glauben,
dass ist seine
beste Seite?
... dann sollten Sie ihn erst von
vorne sehen!
Sie finden Informationen zur
Geschichte und Platzgestaltung,
sowie detailierte Baudaten unter
www.office-work.net/community.
“Modern Art”
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Der Stuhl von morgen für Menschen von
heute: Faszinierende Flexibilität und
dynamisches Design, mit raffiniertem
Materialmix aus Aluminium, Gummi
und Verbundstoffen.
Design: PLH design
Die Fassade besteht
aus regional typischem Muschelkalk.
Alle Fotos:
Robert Piotrowski
Mensch&Büro 3/2006
www.labofamunch.com
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