holzbauer Wir FOKUS Goldener Mitarbeiter Cadre-d’Or-Gewinner Reto von Gunten kam auf Umwegen zum Holzbau Seite 6 VOR ORT Verbandsneuigkeiten an den Regionalveranstaltungen 2014 Seite 12 BAUWERK «Suurstoffi» – Grösste Holzbausiedlung der Zentralschweiz Seite 26 SERVICE Rechtsfragen zu Krankheit und Arbeitsunfähigkeit Seite 20 www.wirholzbauer.ch April 2.2014 26 Wir holzbauer Das Verbandsmagazin von Holzbau Schweiz HOLZBAU MIT TURBOLADER In Rotkreuz ZG entsteht die grösste Holzbausiedlung der Zentralschweiz. Ein grosses Bauvolumen, viele Beteiligte und ein ehrgeiziges Timing verlangen den beteiligten Holzbauern einiges ab. TEXT MICHAEL STAUB Ausgabe 2.2014 bauen 27 28 Wir holzbauer Das Verbandsmagazin von Holzbau Schweiz Ein kurzer Blick auf den Plan schafft Klarheit (oben). Noch das kleinste Bauteil ist individuell nummeriert (Mitte). Die Stahlteile stammen aus der hauseigenen Schlosserei der Zaugg AG Rohrbach (unten). A m Kranhaken schwebt ein Giebel­ dach auf den frisch aufgerichteten Rohbau hinab und bringt den Besucher ins Grübeln: Sind hier nicht Flachdächer vorgesehen? «Der Deckel ist nur ein temporärer Regenschutz. Das Dach montieren wir in den nächsten Tagen», sagt Daniel Käser, Leiter Realisierung bei der Zaugg AG Rohrbach. Die Berner Fir­ma bildet zusammen mit der Fussenegger Holzbautechnik AG eine von zwei Arbeitsgemeinschaften (siehe Infobox). Diese ist für fünf der insgesamt neun Holzbauten verantwortlich, die auf dem «Suurstoffi»-Areal in Rekordzeit entstehen. Die Abläufe, Vorgaben und Schnitt- Kaum sind die Treppenhauskerne betoniert, gehen die Holzbauer ans Werk. Brettschicht-Holzdecken und Tafelbauweisen ermöglichen einen raschen Baufortschritt. stellen des Bauvorhabens sind ehrgeizig. «Ein solches Volumen habe ich schon früher gebaut, aber mit mehr Platz, mehr Zeit und weniger Schnittstellen», meint Käser. Die komplexe Projektorganisation macht genaue und häufige Absprachen notwendig. Der Platz ist beschränkt und das Timing eng: In Rotkreuz wird nicht linear, sondern parallel gebaut. Während die Holzbauer Anfang Februar im ersten Haus ihre Elemente setzen, ist der Betontreppenturm des Gebäudes daneben gerade erst ausgeschalt worden. Mitte März steht das erste Haus im Rohbau. Auf der Geschossdecke des Nach- bargebäudes montieren die Holzbauer die Stahlverbindungen zwischen den Elementen und dem Betonkern. Bereits Ende März soll es fertig sein. Auf den meisten Baustellen misst man den Fortschritt in Stockwerken. In Rotkreuz sind eher die Gebäude der Massstab. Enger Zeitplan Das Arbeitstempo ist zügig, aber nicht hektisch. «Es ist interessant, in einem solchen Ameisenhaufen zu arbeiten», meint Monteur Roger Brand und dirigiert ein Element an den richtigen Platz. Die Holzbauer haben ihren eigenen Mobilkran im Einsatz. Wegen des Ausgabe 2.2014 bauen Projekt-Info Auf dem Baufeld 3 der «Suurstoffi» in Rotkreuz ZG entsteht bis Mitte 2015 eine Holzbausiedlung mit neun Gebäuden. Investorin ist die Zug Estates Gruppe (Zug), das Projekt- und Baumanagement über­ nimmt die Archobau AG (Chur/ Zürich). Zwei verschiedene Arbeits­ gemeinschaften kümmern sich um den Holzbau: Gebäude 1–4 Architektur: Masswerk AG (Kriens/ Luzern); Holzbau: Hecht Holzbau AG (Sursee), Tschopp Holzbau AG (Hochdorf ), Bisang Holzbau AG (Küssnacht); Holzbauingenieur: Pirmin Jung AG (Rain). Gebäude 5–9 Architektur: Müller Siegrist Architekten AG (Zürich); Holzbau: Zaugg AG Rohrbach (Rohrbach), Fussenegger Holzbautechnik AG (Dornbirn/ Rheineck); Holzbauingenieur Rohbau: Merz Kley Partner (Dornbirn/ Altenrhein), Holzbauingenieur Fassade: Pirmin Jung AG (Rain). knappen Luftraums über der Baustelle war dafür eine Spezialbewilligung der Suva nötig. Bis zu sechs Krane drehen sich gleichzeitig über dem Areal. Nur ein einziger kann den vollen Drehradius ausschöpfen. Bereits Ende Juni sollen die fünf Gebäude im Rohbau fertig sein. Von April bis Oktober 2014 sind die Arbeiten an den aufwendigen Fassaden geplant, und Ende November 2014 werden idealerweise bereits die ersten Mieter einziehen. «Hier läuft alles just in time. Abklärungen und Planungen machen wir oft parallel», sagt Florian Ottacher, Geschäftsführer bei der Fussenegger Holz- bautechnik AG. Ein fingerdickes Buch listet jedes einzelne Holzbauteil detailliert auf, damit die Spediteure ihre Fahrzeuge richtig beladen können. Für das Rangieren von Anhängern oder gar für das Suchen von Bauteilen hat auf dieser Baustelle niemand Zeit. In einem Palettrahmen liegen handgrosse Keile für die Montageöffnungen, sortiert wie in einem Tetris-Spiel. Selbst das kleinste Teil ist sorgfältig mit einer Nummer beschriftet. Gute Planung nötig Das komplexe Projekt, bei dem Baumei­s­ ter, Holzbauer, Ingenieure und Fachplaner Seite an Seite arbeiten, bedarf Das gesamte «Suurstoffi» besitzt ein CO2 -freies Energiekonzept. Deshalb werden die Holzbauten mit dachmontierten Fotovoltaik- respektive Solarthermieanlagen ausgestattet. Ein ausgeklügeltes Energienetz sorgt für den Wärme- und Kältetausch zwischen den verschiedenen Gebäuden. Im Winter liefert ein gros­ser Erdspeicher zusätzliche Wärme. 29 30 Wir holzbauer Das Verbandsmagazin von Holzbau Schweiz einer anspruchsvollen Planung. Doch Peter Diggelmann, Geschäftsführer der Archobau AG und Leiter Generalplanung des Projekts, bleibt gelassen: «Wir sind sehr zuversichtlich, dass die beteiligten Holzbauunternehmungen die Qualitätsansprüche erfüllen werden.» Gerade in Rotkreuz bringt der Holzbau eine markante Beschleunigung der Bauprozesse. Der Rohbau eines viergeschossigen Mehrfamilienhauses im Massivbau würde laut Diggelmann vier bis sechs Monate beanspruchen. Die Holzbauer schaffen es in einem Monat. Das rasche Tempo hat die Investoren über- zeugt: «Die kurzen Bauzeiten und der vergleichsweise niedrige Baulärm für die Nachbarschaft waren starke Argumente für den Holzbau», sagt Gabriela Theus, Chief Financial Officer der Zug Estates Gruppe. Als CO2-neutrales, nachhaltiges Baumaterial biete Holz zudem ein angenehmes und natürliches Raumklima. Bei vielen Bauherren sei der Holzbau bis heute als teuer verschrien. «Wir haben die neue Siedlung von Anfang an konsequent in Holzbauweise geplant. Deshalb sind die Kosten mit jenen der konventionellen Bauweise vergleichbar», meint Theus. Labor für die Wissenschaft Während sich die Fussenegger Holzbautechnik AG vor allem auf die Vorfertigung der Elemente fokussiert, übernimmt die Zaugg AG den Löwen­ anteil der Montagearbeiten. Sieben Holzbauer und zwei Poliere sind derzeit auf der Baustelle tätig, in Spitzenzeiten soll die Equipe auf 15 bis 20 Mitarbeiter wachsen. Nicht nur auf der Baustelle, auch im Werk sorgt die «Suurstoffi» für Arbeit. Allein mit der Planung und Vorfertigung der aufwendigen Holzfassade sind derzeit sechs Spezialisten beschäftigt. Ganz nebenbei dient die Bravo, Bravo, Bravo: Wir gratulieren zum ThermoWood® Award. Bühne frei für die Gewinner des ThermoWood® Awards 2014. Wir gratulieren den 1. Preisträgern, die mit ihrer Arbeit nicht nur ihre Kundschaft, sondern auch Jury und Publikum überzeugten: Holzin AG, Appenzell (Jurypreis für Fassaden), Wacker Holzbau, Seon (Jurypreis für Terrassen) und Schöb AG, Gams (Publikumspreis). Bilder der Siegerprojekte sowie Impressionen von der Preisverleihung finden Sie im Web: www.dasoriginal.ch ©ThermoWood ist ein eingetragenes Markenzeichen der Stark AG. Ausgabe 2.2014 Baustelle auch als Labor für die angewandte Forschung. Derzeit entsteht eine Diplomarbeit, bei der die Häuser 1–4 und 5–9 einem Vergleich unterzogen werden. Während die erste Arge ein Konzept mit tragenden Innenwänden, betonierten Decken und einer Holzrahmenbauweise realisiert, bauen Käser und Ottacher ihre fünf Gebäude mit tragenden Kernen, Brettschicht-Holzdecken und Tafelbauweise. Den Lastabtrag der Geschossdecken übernehmen massive Stahlträger aus der Zaugg-Schlosserei. «Pro Haus verbauen wir acht Tonnen Stahl», berich- bauen tet Käser. Alle Elemente sind auf spe­ ziellen Gummipuffern gelagert, damit der Schallschutz eingehalten wird. Die Elemente enthalten bereits Leerrohre für die Elektroverteilung; die Aussparungen für Steigzonen wurden im Werk ausgefräst. Das ermöglicht einen zügigen Innenausbau. Der Baum steht bereit Das hohe Tempo auf der Baustelle wird in den nächsten Monaten noch gesteigert. Wie gehen die Holzbau-Projektlei­ ter mit dem grossen Termindruck um? «Wir schauen, dass unsere Monteure ruhig und sauber arbeiten können», sagt Käser. Die pünktlichste Elementlieferung nütze nichts, wenn niemand den Anhänger abladen könne. Umsicht und Organisation zeigen sich auch in den Details: Zwischen dem ersten fertigen Rohbau und dem zweiten Gebäude steht ein geschmückter Aufrichtbaum auf einem Holzelement. Schon bald wird er mit dem Kran auf das Dach des zweiten Gebäudes gehievt. 31