6. Symposium Universität Heidelberg Septische Unfallchirurgie und Orthopädie Ingolstadt, 25./26. Januar 2013 Kommunikation – Vorbild Biofilm Prof. Dr. med. Christof Wagner Chirurgie II Klinik für Unfall-, Wiederherstellungs-, Hand- und Plastische Chirurgie Klinikum Ingolstadt Agenda Einführung Implantat-Infektionen Bakterielle Biofilme Kampf gegen Infektionen Kommunikation Biokommunikation Vergleich Mensch - Bakterien Fazit und Ausblick Kommunikation Bakterien Universität Heidelberg Mikroorganismen mit eigenem Stoffwechsel Vermehrung durch Zellteilung (hohe Verdopplungsrate) seit 3,5 Milliarden Jahren ubiquitär weltweit „erfolgreichste Lebensform des Planeten“ „Gesundheitspolizei“ Bakterien Universität Heidelberg körpereigenes Abwehrsystem (Immun-System) komplexes System verschiedener „Mitspieler“ „innate immunity“ (unspezifisch) „adaptive immunity“ (spezifisch) zellulär humoral Makropahgen Neutrophile Granulozyten Naturliche Killer (NK)Zellen Komplement Zytokine T-Lymphozyten Helfer-Zellen Suppressor-Zellen Memory-Zellen zytotoxische Zellen B-Lymphozyten Antikörper (produziert von Plasmazellen & B-Zellen) kein singuläres Organ („mobile Einsatztruppe“) körpereigene Abwehr sehr erfolgreich: Universität Heidelberg nur Infektionen, die dem Immunsystem „entkommen“, werden klinisch apparent !!! Bakterienfreie Höfe um PMN Implantat-assoziierte Osteitis Universität Heidelberg …. einige HintergrundInformationen Implantat-assoziierte Knocheninfektionen Universität Heidelberg bakterielle Infektion als schwerwiegende posttraumatische / postoperative Komplikation Science 1987, 237: 1588-1595 „Race for the surface“ Bakterien körpereigene Zellen (Immunabwehr, Fibroblasten, Osteoblasten) gewinnen die körpereigenen Zellen gewinnen die Bakterien Integration des Implantats Infektion Universität Heidelberg Therapie Komplikationsmanagement: Erkennen – Bekennen - Handeln individueller Behandlungsplan Revisionsoperationen: -radikales chirurgisches Debridement (avitales und infiziertes Gewebe), ggf. Erhalt des Implantats, Totraummanagement -Rekonstruktion der Weichteile und des Knochens ggf. plastische Deckungen, Knochenaufbau, Wechseloperationen (ein-/zweizeitig) + additive antibiotische Behandlung (lokal, systemisch – initial Breitspektrum-AB, dann testgerecht) Dauer kontrovers diskutiert zentrales Ziel: dauerhafte Infektberuhigung In 10-30 % d. F. keine Infektberuhigung Universität Heidelberg schwierig zu therapierende chronisch-persistierende Verläufe fortschreitende Destruktion des umgebenden Gewebes Persistenz der Heidelberg Infektion: Universität Bakterielle Biofilme Science 1999; 284:1318-1322 (aus: Neu et al, FEMS Microbiol Ecol 2010; 72:1-21) Universität Heidelberg …… was ist das überhaupt ? Bakterielle Biofilme Universität Heidelberg älteste Form des Lebens Stomatolithe von Mikroorganismen in Biofilmen stammende biogene Sedimentgesteine (Alter: ca. 3,2 Milliarden Jahre) Shark Bay West-Australia Blaualgen (Cyanobakterien) Sauerstoffproduktion Voraussetzung für Entwicklung höherer Lebensformen ! „Wir verdanken unser Dasein den Bakterien“ BIOspektrum 3/03 9. Jahrgang Universität Heidelberg 99 % der Bakterien in Biofilmen organisiert vermittelt durch Zell-Zell-Signalmoleküle („quorum Universität Heidelberg sensing Moleküle“) Aufbau extrazelluläre polymere Substanz (EPS, „Schleim“) komplexe Struktur verschiedener biochemischer Polymere Zusammensetzung variiert (z.B. Bakterienspezies, Biofilm-Alter) noch wenig erforscht („dark matter of biofilm“) „Host defense strategies“, C.Wagner, EBJIS 2010 bakterielle Mikrokolonien meist mikrobiell sehr heterogen september 3, 2010 Seite 14 symbiotische Lebensform Universität Heidelbergkomplexe Architektur (aus: Neu et al, FEMS Microbiol Ecol 2010) Netzwerk von wasserführenden Kanälen (Lewandowski et al 1992, Tolker-Nielsen et al 2000) - Gewährleistung der Homöostase innerhalb Biofilm - Austausch/Transport von Nährstoffen - biochemischer Informationsaustausch (Quorum sensing) Antonie van Leeuwenhoek erste mikroskopische Untersuchungen an Bakterien im Biofilm durch den zur Zahnreinigung verwendeten Essig wurden nur die äußeren Schichten der bakteriellen Plaques angegriffen, während die tieferen Schichten widerstanden erst ca. 1940 Existenz mikrobieller Biofilme grundsätzlich erkannt aufgrund der präferierten Bildung auf anorganischen Oberflächen zunächst v.a. in der Umweltbiologie u. der Wassertechnik als wichtiges Problem geltend erst später Bedeutung in der Medizin erkannt 65 – 80 % der Infektionen durch Biofilme verursacht Universität Heidelberg (Donlan, Emerg Infect Dis 2002) Körpereigenes Gewebe/Oberflächen z.B. Otitis media, Endocarditis zystische Fibrose (Mukoviszidose) chronische Wunde Fremdoberflächen - Implantat-assoziierte Infektionen z.B. Herzklappen Kontaktlinsen Katheter Osteosynthesematerialien Prothesen USA: FEMS Immunol Med Microbiol 2010;58:147-160 pro Jahr bis zu17 Millionen neue Biofilm-Infektionen (bis zu 550.000 Todesfälle) (Wolcott et al, J Wound Care, 2010) Problem Biofilm: Universität Heidelberg Resistenz im Gegensatz zu ihren planktonischen „freischwimmenden“, einzeln lebenden Counterparts sind Bakterien im Biofilm relativ resistent gegenüber extremen Temperaturen, Licht und Austrocknung (Dewanti & Wong 1995) Antibiotika (Gristina u. Costerton 1985; Anwar et al. 1992, Gilbert et al. 1997; Schwank et al. 1998; Donlan et al. 2001, Stewart u. Costerton 2001, Mah u. O`Toole 2001, Stewart 2002, Davies 2003, Neut et al 2007) - Resistenzsteigerungen um 100-1.000faches (Ceri et al 1999, Boles et al 2004) - subminimal inhibitorische Konzentrationen mancher Antibiotika induzieren Biofilmbildung (Kaplan 2011) körpereigenen Abwehrmechanismen (Leid et al 2002, Jesaitis 2002) Universität Heidelberg keine mission impossible -- aber: effiziente körpereigene Abwehr nur bei „jungen“, sich entwickelnden Biofilmen ( Wagner et al 2003, 2004, 2006, Hänsch et al 2008, Günther et al 2009, Meyer et al 2010, Stroh et al 2011) Universität Heidelberg PMN (grün) auf großen Fragmenten e. Staph. aureus –Biofilm (rot) (aus: Günther et al, Mol Immunol 2009) Phagozytose Universität Heidelberg …… was ist wichtig ? „Kampf gegen Infektionen“ Vorbeugen – Erkennen – Bekennen - Handeln Taktik / Strategie Koordination erfordert Kommunikation Universität Heidelberg …… was ist damit gemeint ? Kommunikation lat. communicare = „mitteilen“ Austausch (gegenseitiges Geben u. Nehmen) oder Übertragung (Überwindung von Distanzen) von Informationen (zusammenfassende Bezeichnung für Wissen, Erkenntnis oder Erfahrung) Kommunikation – Wikipedia http://de.wikipedia.org/wiki/Kommunikation Massenkommunikation (u.a. Zeitungswissenschaft) Nonverbale Kommunikation (Austausch über visuellen oder akustischen Kanal in Form von Körperhaltung, Mimik, Betonung, Sprachmelodie oder Gesten) Interpretation der Körpersprache von Frauen http://arbeitsblaetter.stangl-taller.at/KOMMUNIKATION/KommNonverbaleFrauen Kommunikationsmittel neben klassischer Kommunikation (z.B. face-to-face) zunehmender Einsatz von Kommunikationstechnik (z.B. Internet, facebook) Wie wichtig ist Kommunikation ? Universität Heidelberg Kommunikation ist die Grundlage eines jeden menschlichen Miteinanders Christine Brinck DIE ZEIT, 26.1.2012, Nr. 05 Kommunikation als der Mechanismus durch den menschliche Beziehungen existieren und sich entwickeln Horton Cooley: Social Organization. A Study of the Larger Mind. New York 1909: Charles Scribner`s Sons „communication alone can create a great community“ John Dewey: The Public and its problems. Swallow Press 1954. Kommunikationswissenschaft = wissenschaftliche Forschungsdisziplin im Bereich Sozial- und Geisteswissenschaften, die sich mit menschlichen Kommunikationsvorgängen befasst http://www.bwi.ch/sites/seminare/2013/kommunikationstraining_13.htm Ist Kommunikation so schwierig ? “einfaches“ Grundprinzip Sender verschlüsselt sein Anliegen in erkennbare Zeichen (Nachricht), die vom Empfänger entschlüsselt werden (bei Übereinstimmung = Verständigung) Kommunikation ist alltäglich somit scheinbar selbstverständlich und nicht weiter problematisch für die meisten Situationen ausreichend (ständiges Hinterfragen d. eigenen Kommunikation zu aufwändig !) erst bei Missverständnissen wird Kommunikation problematisiert Probleme in d. Kommunikation evtl. schwerwiegende Auswirkungen ! Warum ist Kommunikation problematisch ? eine der komplexesten Fähigkeiten des Menschen nicht allein Weitergabe sachbezogener Informationen, sondern auch (bis 90%) nonverbale Kommunikation Einfluss-Faktoren subjektiv Persönlichkeitsstruktur Motivation Emotionen Neid Begehrlichkeiten Zielsetzung (Des)Interesse etc objektiv Geschlecht Alter Sprache / Dialekt Fremdsprache Kultur Bildungsniveau Sichtweise Verständnis Problembewusstsein Zeitdruck Arbeitsverdichtung etc Kultur je nach Kultur Kopfschütteln Zustimmung (z.B. in Bulgarien) altersabhängige Sprache Yolo = You only lives once Fachsprache „Flatulenz“ „Winde“ „Pups“ gemeinsame interdisziplinäre Sprache Bildungsniveau / „Wissensbarriere“ Aufklärungen Gibt es denn eine „erfolgreiche“ Kommunikation ? zur Vermeidung von Missverständnissen wird Kommunikation oft eingeschränkt ! „Küsse sind das, was von der Sprache des Paradieses übrig geblieben ist.“ Joseph Conrad, 1857-1924, brit. Schriftsteller Universität Heidelberg Krankenhaus-Management Kommunikations-Mix zentrale Bedeutung im Bereich des Praxis-/Klinikmarketings beinhaltet alle Instrumente der Kommunikationspolitik dazu gehören alle auf den Markt gerichteten Informationen eines Unternehmens zum Zweck der Beeinflussung von Meinungen, Einstellungen und Verhaltensweisen i.S. des Unternehmens u.a. Entscheidung über Art d. Werbung u. Erreichen potenzieller Patienten Subbereiche: -Werbung (z.B. Funk, Fernsehen, Internet, Printmedien, Plakate) -Verkaufsförderung -Öffentlichkeitsarbeit („Public Relations“, PR) Kommunikation …… zum Patient …… zu Kollegen (interkollegial) …… zu anderen Leistungserbringern Reden ist Silber, Schweigen ist Gold“ „ ? Universität Heidelberg Kommunikation zum Patient Wandel in Rolle des Arztes: in seinen Entscheidungen kaum hinterfragten Autoritätsperson aus kritischer Distanz bewerteter Dienstleister Kommunikation: als „mündiger“ Patient Behandlung als gleichberechtigter Partner mit Kommunikation auf gleicher Ebene für Patienten nachvollziehbare Entscheidungen erfordern u.a. adaptierte (cave: „Wissensbarriere“ !) und in „Patientensprache“ gehaltene verständliche Kommunikation Partizipative Entscheidungsfindung (PEF) „shared decision making“ gemeinsam verantwortete Entscheidung unter gleichberechtigter aktiver Beteiligung von Patient und Arzt auf der Basis geteilter Information Deutsche Gesellschaft für Chirurgie – Mitteilungen 4/12 Universität Heidelberg TED-Frage 1 Welche Aussage trifft zu ? Nach meiner Schätzung erfolgt im Arzt-Patienten-Gespräch die erste Unterbrechung des Patienten nach A. 8 sec B. 30 sec C. 1 min D. 2 min E. 4 min Deutsches Ärzteblatt, Jg. 109, Heft 47, 23.11.12 „nach durchschnittlich 8 Sekunden unterbricht der Arzt bereits erstmals die Schilderung des Patienten“ Loh et al, Pat Educ Couns 2006 im antiken Griechenland und Rom war das Studium der Rhetorik, der Kunst der Rede und Persuasion, ein grundlegendes Fach für Studenten Kommunikationsinteraktionstraining (KIT) Universität Heidelberg Blech J, Der Spiegel, 14.02.2011 Universität Heidelberg TED-Frage 2 Welche Aussage trifft zu ? Die kommunikative Kompetenz von Ärzten in Deutschland schätze ich im Vergleich zwischen 8 europäischen Ländern auf Platz A. B. C. D. E. F. G. H. 1 2 3 4 5 6 7 8 Kommunikative Kompetenz von Ärzten Deutsche Gesellschaft für Chirurgie – Mitteilungen 4/12 Studie über Patientenzufriedenheit in 8 europäischen Ländern Beurteilung der kommunikativen Kompetenz von Ärzten im europäischen Vergleich nur bei einem Drittel der Befragten ausreichend ! = Platz 7 Härter M. Patientenbeteiligung aus Arztsicht. Symposium AOK, 30.11.2009 (zit. N. Coulter A, Magee H. The European Patient of the future. Open University Press 2003) …. aber Nur Unfähigkeit und mangelndes Training ??? Nein !! vielfältige Gründe !! …… auch und v.a. häufig: Leistungsverdichtung Arbeitsbelastung nicht mehr als 7,5 Minuten Gesprächszeit pro Patient (Koch etal, DÄB 2010) Arbeitszeitmodelle 24-Stunden-Betreuung Sprachbarrieren etc Informationsverlust z.B. im Schichtdienst Universität Heidelberg Universität Heidelberg TED-Frage 3 Welche Aussage trifft zu ? Die interkollegiale bzw. interprofessionelle Kommunikation in „meiner“ Klinik schätze ich auf einer Skala von 0 (low) bis 10 (high) ein mit A. 1-2 B. 3-4 C. 5-6 D. 7-8 E. 9 - 10 interprofessionelle Kommunikation (Arzt – Arzt resp. Arzt – andere Leistungsanbieter) Ausschnitt der Kommunikationswege und –arten im Gesundheitswesen „Schnittstellenproblematik“ schnelle und sichere „nahtlose“ Kommunikation (aus: Master of Health Business Adiministration 2010; Universität Erlangen Nürnberg, Semester 3, Modul 5, Text 49, S.9) medizin-administrativer Bereich Daten-/Befundweitergabe „ohne Zeitverzögerung“ Effizienzsteigerung Vermeidung von Doppeluntersuchungen Patientensicherheit Realität (Beispiel Entlassungsbrief) Behandlung durch verschiedene Ärzte (z. T. „Medizintourismus“) „Großteil“ d. Entlassbriefe zeitlich verzögert (Tage bis Wochen) u./o. unzureichend „Verbesserungsansätze“: Integrierte Versorgung elektronisch gestützter Informationsaustausch durch Einsatz von Informations- u. Kommunikationstechnologie -elektronische Gesundheitskarte -elektronischer Artzbriefe -elektronische Patientenakte -„intelligente“ Bildverarbeitung/-archivierung (RIS-PACS-Technologie) medizinischer Bereich Koordination von Maßnahmen erfordert Kommunikation Lindt,,Dtsch Ärztebl, Jg 108, Heft 19, 13. Mai 2011 klinikinterne Kommunikationsmängel Auswahl typischer Beispiele präoperativ vom Operateur angeordnete und zur Operation erforderliche Blutkonserven werden ohne Rücksprache nicht transfundiert Verschieben der geplanten Operation ökonomisches (außerplanmäßige Leerstände im Op), ggf. medizin. Problem intraoperativ erfolgt keine Information über aufgetretene Probleme (z.B. Blutung, Beatmungsproblem, AZ-Verschlechterung) medizinisches Problem (Gefahr für Patient) zum Ende der Operation in Op bestellter Patient noch nicht auf Station wegen fehlender Rückmeldung kein Vorziehen des nächsten Patienten, sondern Wartezeit ökonomisches Problem (außerplanmäßige Leerstände im Op) „verbesserungsfähige Zustände“ im Schockraum bei Versorgung Schwerverletzter wegen fehlender oder falscher Kommunikation medizinisches Problem (Gefahr für Patient) Bsp: Advanced Trauma Life Support (ATLS) Universität Heidelberg gemeinsame Sprache A Airway B Breathing C Circulation D Disability E Exposure simultane + strukturierte Koordination in der Versorgung Schwerverletzter Kommunikations-/Informationsmängel Implantat-assoziierte Infektionen „Tsunami an Infektionen“ R. Ascherl, 2009 keine Kommunikation über Möglichkeit e. Überweisung an spezialisiertes Zentrum kein interdisziplinärer Informationsaustausch (z.B. interdisziplinäre Visite) keine Kommunikation neuer Erkenntnisse (z.B. keine Fortbildung, keine Konsultation von Experten) Informationsverlust bei Durchführung septischer Revisionen am Ende des Op-Programms (z.T. nachts, meist nicht durch Experte) Fehlen einer einheitlichen Infektionsstatistik (u.a. unterschiedliche Definitionen etc.) “ideale Form der Selbsttäuschung ! Kommunikationsfluss zw. ICT (infection control specialist) und HCW (healthcare worker) bevorzugt werden: Informationen von gleicher Berufsgruppe vertikaler Informationstransfer (innerhalb Hierarchie) Fortbildungen und faceto-face-Kontakt (weniger elektronische Medien) größere Präsenz der ICT auf Station („interdisziplinäre“ Visite) Universität Heidelberg …… was ist das ? Biokommunikation = zeichenvermittelte, regelgeleitete Interaktionen zwischen nicht-menschlichen Lebewesen Gemeinschaft bietet Überlebensvorteil ….aber jetzt kommt der „burner“ ! auch Bakterien „reden“ miteinander ! Mikrobielles Kommunikationssystem Universität Heidelberg intensive Zell-Zell Interaktionen synergistische Mikrokonsortia („vergleichbar mit mehrzelligem Organismus“) „City of microbes“ („Wohngemeinschaft von Bakterien“) Überlebensvorteil ! Universität Heidelberg TED-Frage 4 Welche Aussage trifft zu ? Die „Sprache“ der Bakterien A. ist eine Dialektform der Septischen Chirurgie. B. möchte ich unbedingt lernen. C. ist mir völlig neu. D. Interessiert mich brennend. Kommunikation der Bakterien „alte Sprache“ nach „Entdeckung“ der Bakterien Dogma: Bakterien existieren unabhängig voneinander in strikt solitärer Lebensweise ! erst vor 65 Jahren durch Untersuchungen an marinen Leuchtbakterien (Vibrio fischeri) erste Hinweise auf ein multizelluläres Verhalten von Bakterien seit Anfang der 1990er Jahre zunehmendes Interesse an der „Kommunikation der Bakterien“ Frau Professor Bonnie L. Bassler „How bacteria talk“ - Bonnie Bassler auf TED – Discovering bacteria`s amazing communication system (www.ted.com/index.php/tals/bonnie_bassler_on_how_bacteria_communicate) Kommunikationsformen: intraspezifisch (innerhalb einer Art) interspezifisch (zwischen verschiedenen Arten) inter-kingdom (zwischen Bakterien und höheren Organismen) Ist die „Sprache“ der Bakterien schwierig ? analog zu anderen Kommunikationssystemen Aufbau aus 4 Komponenten Signalausgabe Art des Signals Empfang eines Signals Ausgabe einer Signalantwort ….. aber im Detail sehr komplex ! Interzelluläre Zell-Zell-Kommunikation (ZZK) - Koordination von Gruppenaktivitäten Paradebeispiel: Myxobakterien (terrestriche Mikrobiologie) biochemische Informationsaustausch interzelluläre Signalmoleküle (kleine diffusionsfähige Moleküle) in Abhängigkeit und unter Messung der Populationsdichte Zell-Zell-Kommunikation (Quorum sensing, QS) interbakterielle Kommunikation abhängig von Zelldichte/-anzahl kontinuierliche Abgabe von Signalmolekülen durch Bakterien In Abhängigkeit von Zelldichte steigt d. Konzentration d. Moleküle bei Erreichen bestimmter Dichte/Anzahl v. Bakterien (quorum sensing, QS) (im römischen Senat Mindestanzahl der für Abstimmung erforderlichen Mitglieder) Überschreiten einer kritischen Schwellenkonzentration Gen-Aktivierung und Transkription spezifischer Genprodukte (u.a. auch verstärkte Synthese des Signalmoleküls = Autoinduktion) (= Autoinducer) regulatorische Proteine bewirken phänotypische/ funktionelle Veränderungen z.B. Produktion/Freisetzung von Pathogenitäts-/Virulenzfaktoren (z.B. LPS, Alginat, Adhäsine) Produktion von Polysacchariden („Schleim“) mit Biofilmbildung LuxI/LuxR-QS-System z.B. Regulation der Biolumineszenz von Vibrio fischeri (Photobacterium; Symbiont in Leuchtorganen von Fischen u. Weichtieren) „Leuchten ist dichteabhängig“ Signalmolekül: Autoinducer -1 (AI-1) N-Acyl-Homoserin-Lacton (AHL) (aus: Folwaczny & Hickel, Deutsche Zahnärztliche Zeitschrift 58 (2003), 648-659) Vielzahl AHL-induzierter Signalkaskaden (aus: Folwaczny & Hickel, 2003) v.a. in gram-negativen Bakterien v.a. zur intraspezifischen Kommunikation LuxS/AI-2-QS-System Autoinducer -2 (AI-2) = zyklischer Furanosyl-borat-diester bei gram-positiven und gram-negativen Bakterien v.a. zur interspezifischen Kommunikation Fazit: QS bisher für zahlreiche Bakterienarten nachgewiesen v.a. bei gram-negativen Bakterien verschiedene QS-Systeme beschrieben manche Bakterienspezies verwenden zwei QS-Systeme Wozu „dient“ die Sprache ? durch interzelluläre Kommunikation koordiniere Bakterien ihr Verhalten und passen sich an veränderte Umweltbedingungen an Überlebensvorteil ! Bildung von Biofilmen Adhäsion Verlust von Motilität Produktion von extrazellulären polymeren Substanzen („Schleim“) Produktion von Virulenzfaktoren Austausch von Resistenzgenen erhöhte Resistenz gegenüber Antibiotika „aktive“ Verteidigung gegen körpereigene Abwehrzellen „Shielding“ manche Biofilm-Bakterien „verteidigen“ sich aktiv Universität Heidelberg P. Cornelis, Microbiology 2009 P. aeruginosa Biofilme produzieren durch Vermittlung von Quorum Sensing-Molekülen Rhamnolipide ( Nekrose der PMN) „Schutzschild“ aus Rhamnolipiden („launch a shield“ Modell) (aus: Alhede et al, Microbiology 2009) „Reden“ Bakterien nur miteinander ? Nein ! …. reden auch mit höheren Organismen, z.B. uns ! Beispiel: körpereigene Abwehr des Menschen Universität Heidelberg in vivo ggf. Verhinderung der Biofilm-Bildung ! Wie hören wir die Sprache der Bakterien Universität Heidelberg und wie verstehen wir sie ? Rezeptor („Ohr“) auf Abwehrzellen ? Informationsverarbeitung ? PD 98059 SB 203580 Staurosporin U73112 Wortmannin 160 Pertussis Toxin 140 Gefinitib HBSS 100 160 160 160 120 leading front (µm) leading front (µm) leading front (µm) leading front (µm) leading front (µm) 140 140 140 120 120 100 120 100 100 100 80 140 120 HBSS PLC PLC HBSS HSL HBSS HSL HSL HBSS DAG DAG 100 80 60 80 PKC Src AC Sos Shc CAMP PAK Ras Akt PKA MEKK SEK JNK Raf MEK Erk Erk PIP3 HSL 12 40 60 40HBSS 20 HSL 100µM 20 40 0 20 0µM 3,1µM 6,3µM 12,5µM 0µM 0,1µM 1 µM 0nM 0,063nM 0,125nM 0,25nM 25µM 50µM 100 µM 100 µMPD 98059 1,0nM 20 SB 203580 20 ohne 0,01µm 0,1µM 1 µM 10 µM 100 µM Staurosporin 20 0nM 0,32nM 0,63nM 1,25nM 2,5nM 5nM 10nM 0ng 0,01ng 0,1ng 1 ng 10ng 100ng 1000ng U73112 20 Wortmannin 0µM 0,01µm 0,1µM 1 µM 10 µM 100 µM Pertussis Toxin 4040 Grb2 PI3K PI3K 60 60 40 G-Protein G-Protein HBSS 60 40 60 60 Adhesionreceptors 80 80 80 Cytokinereceptors Gα Gß γ 120 HSL 80100HSL 12 100µM leading front (µm) leading front (µm) 180 180 180 140 TyrosinKinases 10 µM 0,5nM Gefinitib Cytoskeleton Nucleus Metabolism Signaltransduktion Universität Heidelberg Inhibition der Chemotaxis durch Blockierung definierter Signaltransduktionswege TyrosinKinases PD 98059 SB 203580 Staurosporin U73112 Wortmannin 160 Pertussis Toxin 140 Gefinitib HBSS 100 160 160 160 120 leading front (µm) leading front (µm) leading front (µm) leading front (µm) leading front (µm) 140 140 140 120 120 100 120 100 100 100 80 140 120 HBSS PLC PLC HBSS HSL HBSS HSL HSL HBSS DAG DAG 100 80 60 80 PKC AC Sos Shc CAMP PAK Ras Akt PKA MEKK SEK JNK Raf MEK Erk PIP3 HSL 12 40 60 40HBSS 20 HSL 100µM 20 40 0 20 0µM 3,1µM 6,3µM 12,5µM 0µM 0,1µM 1 µM 0nM 0,063nM 0,125nM 0,25nM 25µM 50µM 100 µM 100 µMPD 98059 1,0nM 20 SB 203580 20 ohne 0,01µm 0,1µM 1 µM 10 µM 100 µM Staurosporin 20 0nM 0,32nM 0,63nM 1,25nM 2,5nM 5nM 10nM 0ng 0,01ng 0,1ng 1 ng 10ng 100ng 1000ng U73112 20 Wortmannin 0µM 0,01µm 0,1µM 1 µM 10 µM 100 µM Pertussis Toxin 4040 Src 60 60 40 Grb2 PI3K HBSS 60 40 60 60 G-Protein 80 80 80 Adhesionreceptors Gα Gß γ 120 HSL 80100HSL 12 100µM leading front (µm) leading front (µm) 180 180 180 140 Cytokinereceptors 10 µM 0,5nM Gefinitib Cytoskeleton Nucleus Metabolism Metabolism „Plaudern“ Bakterien ununterbrochen ? Nein ! …. sie hören auch mal auf ! Inhibition der Zell-Zell-Kommunikation („Quorum Quenching“, QQ) Abbau / Inaktivierung der Signalmoleküle durch QQ-Enzyme (z.B. AHL-degradierende Enzyme wie z.B. AHL-Lactonasen) „Gesprächsende“ durch „Sprachblockierung“ Hemmung konkurrierender Bakterien ?? ….und die Forschung steht erst am Anfang ! „What we know is a drop, what we don`t know is an ocean.“ Sir Isaac Newton, 1642-1727 Was interessiert uns das „Plaudern“ der Bakterien ? bakterielle Kommunikation (Quorum sensing-Regulationssystem) von entscheidender Bedeutung z.B. hinsichtlich neuer Therapieansätze analog dem Quorum Quenching Inhibition der Zell-Zell-Kommunikation („Blockierung“ der Sprache) durch Interferenz mit den Signalmolekülen Vermeidung von Biofilm-Bildung ! Interview, Berliner Seminare 2013 „Hotspot“ Präventions-Strategien Universität Heidelberg Interferenz mit Signalmolekülen der Biofilmbildung Blockierung der Quorum Sensing-Moleküle QS Inhibitor Furanon C-30 Jensen et al 2007; Alhede et al 2009 trotz erfolgversprechender in vitro-Daten bisher kein klinischer Einsatz Bacterial communications in implant infections – a new target Trend zu „intelligentem“ bzw. „biotechnologischem“ Kampf gegen Biofilme Universität Heidelberg Mensch vs. Bakterien ---- sind die Kleinen chancenlos ? Kommunikation „Sprache“ der Menschen Informationsaustausch u. Koordination „neuere Sprache“ - gut erforscht komplex 7 Milliarden Menschen „Sprache“ der Bakterien Informationsaustausch u. Koordination „ältere Sprache – kaum erforscht „nicht einfacher“ – komplexer ? 100 Billionen (100.000 Milliarden) Bakterien pro Mensch >1000 Spezies 1.000 Bakterien / Körperzelle neben sachbezogenem Inhalt persönlich-emotional geprägt (Gefühle, Begehrlichkeiten, Neid, Hass, Liebe etc) Interpretationsspielraum ! „einzelnes Individuum“ biochemische Signale: schnell, zuverlässig, treffsicher, reliable, emotionslos unmissverständlich ! „Gemeinschaft“ Universität Heidelberg und Universität Heidelberg „Take home message“ Reden ist besser als Schweigen ! ….. aber man muss auch zuhören können ! Universität Heidelberg „Take home message“ Wir müssen miteinander reden ! Verbesserung der Kommunikation erforderlich Arzt – Patient interkollegial / interprofessionell „Take home message“ Universität Heidelberg „Erfordernisse“ „Wegfall“ subjektiver Faktoren (Emotionen, Begehrlichkeiten, persönliche Interessen) gerade bei Infekten „offenerer“ Umgang (Patienten, Mitarbeitern u. Kollegen) u.a. keine „Schuldgefühle“ wegen „Versagen“ „Bekennen“ ! bessere „Fehlerkultur“ (u.a. M & M-Konferenz) einheitliche Erfassung in Infektionsregister (verpflichtend, „ehrlich“ ) einheitliche Definition einheitliche Klassifikation „einheitliche Sprache“ „Take home message“ Universität Heidelberg „Mut“ zur Überweisung / Verlegung in spezialisiertes Zentrum (Kommunikation !) regelmäßige „interdisziplinäre“ Visiten (z.B. Mikrobiologie, Hygiene, Infektiologie) Informationsaustausch mit Experten / „Interessierten“ z.B. Spezialsprechstunden interprofessionelle/ interdisziplinäre Fortbildungen / Symposia Hospitationen „national / international“ ! Universität Heidelberg „Take home message“ im „Mittelpunkt“ d. Kommunikation beim Menschen – der „Einzelne“ bei Bakterien im Biofilm – die Gemeinschaft ! Universität Heidelberg „Take home message“ „Flüstern“ der Bakterien nicht unterschätzen ! Universität Heidelberg „Take home message“ Im Kampf gegen Infektionen könnte die „Unterbrechung der Kommunikation der Bakterien“ die Biofilm-Bildung vermeiden ! „Take home message“ Universität Heidelberg Verbesserung der Kommunikation zwischen Klinik (Chirurgie, Mikrobiologie etc) und Grundlagenforschung Kenntnis der Pathophysiologie unverzichtbar ! („Erst verstehen, dann Lösungen suchen“) Bjarnsholt and Hoiby FEMS Immunol Med Microbiol 2012 aktuelles Wissen „was wir brauchen“ = = „Biofilm version 1.0“ „Biofilm version 2.0 and higher“ einheitliche Sprache (z.B. Medics meet Engineers) partnerschaftliche konstruktive Zusammenarbeit „Zusammenkunft ist ein Anfang. Zusammenhalt ist ein Fortschritt. Zusammenarbeit ist der Erfolg.“ Henry Ford (1863-1947) Universität Heidelberg „Take home message“ „Ein erfolgreicher gemeinsamer Kampf gegen Infektionen“ erfordert „interdisziplinäre Zusammenarbeit“ von Spezialisten verschiedener Fachrichtungen (Koordination und Kommunikation) „Take home message“ Auch Bakterien im Biofilm sind keine Einzelkämpfer, sondern sie „reden miteinander“ ! --- nehmen wir uns ein Beispiel !