Heft 1-2, Januar-Februar 2012 10. Jahrgang manage IT - S t r a t e g i e n u n d 10 Tipps für eine intelligente Klimatisierung Energieeffizientes Rechenzentrum Sonderdruck für L ö s u n g e n Bilder: Rittal; Shutterstock.com/Oleksiy Mark Top-Thema: Moderne Rechenzentren 10 Tipps für eine energieeffiziente Klimatisierung Energieeffizientes Rechenzentrum Jedes Rechenzentrum lässt sich durch gezielte Maßnahmen klimatechnisch optimieren. Die Einsparungen bei den Stromkosten lohnen den Aufwand allemal. Eine sorgfältige thermische Analyse ist jedoch Voraussetzung für eine optimale Klimatisierung. 2 manage it 1-2 I 2012 Top-Thema: Moderne Rechenzentren n vielen Unternehmen lautet die Devise »Kosten reduzieren«. So gilt es in diesem Zusammenhang, große Energiefresser zu eliminieren. Wie energieeffizient ein Rechenzentrum arbeitet, gibt der sogenannte PUE-Wert (Power Usage Effectiveness) an. Dieser setzt die insgesamt zum Betrieb des Rechenzentrums erforderliche Leistung ins Verhältnis zur Leistungsaufnahme der Server-Hardware. Würde die technische Infrastruktur genauso viel Energie verbrauchen wie die angeschlossenen Server, ergäbe sich ein PUE von 2,0. Leider sind in älteren Data Centern Beträge in dieser Höhe durchaus üblich. Im Gegensatz dazu erreichen besonders energieeffiziente Rechenzentren Werte um 1,3. Vielfach werden für die PUE sogar Beträge von bis zu 1,1 genannt. Dies erfordert jedoch besondere Projektierungen im Bereich der Kälteerzeugung. mäßig bestückt werden. Die übergeordnete Zielsetzung energieeffizienter Kühlkonzepte liegt darin, die Abwärmeleistung aller Serverracks einer Rackreihe zu vereinheitlichen. Thermische Analyse. Klimatische Mängel von Rechenzentren lassen sich durch eine thermische Analyse identifizieren. Diese umfasst eine Messung der Kühllufttemperaturen am Lufteintritt jedes Servers. Zudem werden die RackOberflächentemperaturen mittels einer IR-Thermografie bestimmt. Nach Aufbereitung aller Messwerte erhält der Kunde einen ausführlichen Messbericht. Damit lassen sich Temperaturprobleme leicht erkennen. Auf Basis der Messwerte können anschließend gezielte Maßnahmen zur Optimierung der Klimatisierung eingeleitet werden. Grundsätzlich gilt es aber schon bei der Auswahl der geeigneten Klimatisierungslösung verschiedene Aspekte in Betracht zu ziehen. Für eine energieeffiziente Klimatisierung empfehlen sich die folgenden Tipps: Im Betrieb unterliegt der Kühlleistungsbedarf ständigen Änderungen – beispielsweise, wenn am Wochenende die Hardware weniger belastet ist. Hier können Klimasysteme, die abhängig von der Wärmelast die Drehzahl der Ventilatoren variieren, die Stromverbrauchskosten beträchtlich senken. Speziell bei der EC-Technologie entspricht die elektrische Leistungsaufnahme der Antriebsmotoren der Lüfter immer nur dem Betrag der jeweiligen Drehzahl. Deshalb sind EC-Antriebe besonders gut für Teillastbetrieb geeignet. I Tipp 1: Sauberer Konzeptaufbau Die Definition der erforderlichen Leistungsparameter eines Rechenzentrums sollte nicht nur die Performance der Server sowie die mögliche Redundanzdarstellung der Hardware unter Einsatz zweier IT-Standorte umfassen, sondern ebenfalls grundlegende versorgungstechnische Einrichtungen wie die Klimatisierung und die Stromversorgung einbeziehen. Maßgeblich sind hinsichtlich Performance und Verfügbarkeit die Ansprüche der Anwender. Bei der Projektierung der Klimatisierung ist es wichtig, für jedes Server-Rack die elektrische Leistungsaufnahme und die Abwärmeleistung zu ermitteln. Bei der Entwicklung des Kühlkonzeptes kommt es aufs Detail an:Wer beispielsweise die Umluft-Kühlgeräte weit von den Racks mit der größten Leistungsdichte entfernt vorsieht oder die Doppelbodenhöhe zu niedrig dimensioniert, darf sich über überhitzte Rechner nicht wundern – die gekühlte Zuluft wird diese Racks unter Umständen nicht mit dem nötigen Volumenstrom erreichen. Tipp 2: Für gleichmäßige Auslastung sorgen Volle Racks, aber auch solche mit großen Lücken in der Bestückung der 19-Zoll-Rahmen, erschweren die optimale Kühlung. Speziell Serverracks sollten daher möglichst gleichmanage it 1-2 I 2012 Tipp 3: Konzeption der Luftführung Bei Einsatz eines Doppelbodenhohlraumes zur Luftführung muss dafür gesorgt werden, dass die gekühlte Zuluft an den Ort gelangen kann, wo sie gebraucht wird. Datenleitungen und Kabel der Betriebsstromversorgung dürfen nicht die Lüftungswege verstopfen. Es ist daher bereits in der Konzeptionsphase zu erwägen, zumindest die Datenleitungen unter der Decke des Serverraumes zu führen. Tipp 4: Einsatz von Klimageräten mit EC-Lüftern Tipp 5: Trennung von Kalt- und Warmluft In Rechenzentren mit einer Wärmeentwicklung der einzelnen Serverracks im Medium-Density-Bereich (bis 6 kW) erfüllen in der Regel Umluft-Klimageräte mit Verteilung der Zuluft per Doppelbodenhohlraum die Anforderungen an eine effiziente Kühlung. Diese saugen frei aus dem Serverraum erwärmte Luft an, kühlen diese bei Durchströmen des integrierten Wärmetauschers und bringen die gekühlte Luft unter Einsatz von Ventilatoren in den Doppelboden ein. Energieeffizient können solche Systeme nur dann arbeiten, wenn die erwärmte Rückluft mit so hoher Temperatur wie möglich angesaugt wird. Dazu muss vermieden werden, dass sich gekühlte Zuluft mit warmer Serverabluft vermischt. Trennung von Luftqualitäten bedeutet, dass sich die Rack-Vorderseiten der Hardwareracks in einem Gang direkt gegenüberstehen. Dieser Gang stellt den Kaltgang zur Versorgung der Hardware mit gekühlter Luft dar. An den jeweiligen Rückseiten der Server-Schränke strömt die Warmluft frei in den umgebenden Raum ab. Leere Höheneinheiten müssen geschlossen werden, da diese zu Luftkurzschlüssen zwischen kalter und warmer Seite führen. Diese mechanischen Maßnahmen sorgen für einen maximal möglichen Temperaturunterschied zwischen Warmund Kaltgang von 10 bis 15 Kelvin und führen dazu, dass die Luftmenge der Umluftkühlgeräte reduziert werden kann und kleinere Umluftkühlgeräte eingesetzt werden können. Weniger Luftmenge bedeutet weniger elektrische Leistungsaufnahme und damit Energie-Einsparung. 3 Top-Thema: Moderne Rechenzentren Tipp 6: Höhere Vorlauftemperaturen Durch die beschriebene konsequente Trennung von Luftqualitäten können die Umluftkühlsysteme mit höheren Vorlauftemperaturen betrieben werden, der wichtigste Faktor überhaupt bei der Einsparung von Energie. Bei der Klimatisierung mit Umluftkühlsystem können heute Wassertemperaturen von 15 Grad Celsius realisiert werden, hingegen reichen bei Einsatz der Rack-basierten Direktkühlung oft 20-21 Grad Celsius aus, um ein ausreichendes Kühlergebnis zu erzielen. Tipp 7: Außenluft zur indirekten Freikühlung Egal, ob die Hardware-Abwärme über konventionelle Umluftkühlsysteme oder Direktkühlsysteme abgeführt wird – in jedem Fall muss das Kühlmedium innerhalb des Kältekreislaufs zurück gekühlt werden. Dies erfolgt bei hohen Außentemperaturen zwangsläufig mit Chillern, das heißt Kältemaschinen. Die energieeffiziente Methode zur Rückkühlung ist hingegen die freie Kühlung. Diese nutzt eine Ressource, die im Winter und in den Übergangszeiten ausreichend vorhanden ist: Kühle Außenluft. Nur wenn die Außentemperatur die Vorlauftemperatur erreicht, werden die herkömmlichen Kältemaschinen in Betrieb genommen. Technische Basis der indirekten Freikühlung ist ein leistungsstarker Luft-Wasser-Wärmetauscher, der außerhalb des Gebäudes steht und dort die Rückkühlung übernimmt. Dafür ist normalerweise eine Temperaturdifferenz zwischen Außenluft und Kaltwasser von drei Grad Celsius nötig. Mit leistungsfähigen Kälteregistern lässt sich der notwendige Unterschied auf 1,5 bis 1,0 Kelvin reduzieren. Ein Freikühlkreislauf mit 21 °C Vorlauftemperatur funktioniert dann beispielsweise bis zu einer Außentemperatur von 19,5 Grad Celsius. (In Berlin liegt zu ca. 90 Prozent des Jahres die Außenlufttemperatur unterhalb von 19,5 °C.) Tipp 8: Vorsicht bei der Nutzung von Außenluft Wird die kalte Außenluft direkt zur Kühlung eines Serverraumes verwendet, spricht man von der direkten Freikühlung. Durch die Mischung mit der warmen Rückluft des Serverraums mit Hilfe eines Luftklappensystems wird hierbei die Temperatur der Zuluftmenge auf den gewünschten Wert geregelt. Bis zirka 24 °C Außentemperatur kann frei gekühlt werden. Bei der direkten Freikühlung muss allerdings der Aufwand für die Filtrierung der Außenluft sowie die erforderliche Befeuchtung der, je nach Wetterlage, trockenen Außenluft berücksichtigt werden. Der Aufwand für die Befeuchtung – in der Regel wird mit elektrischem Strom Dampf erzeugt, um die Mindest- » 4 Luftfeuchte im RZ aufrecht zu erhalten – verschlechtert wieder die PUE. Tipp 9: Wärmebilanz entlasten Blade-Server-Systeme erzeugen bis zu 25 kW Abwärme pro Schrank. Aufgrund der hohen Leistungsdichte stellen solche Racks oftmals »Wärmenester« dar, deren Kühlung das Effizienzkonzept in Frage stellt. Hier kommt es schnell zur Überhitzung, etwa wenn die Höhe des Doppelbodens und die Luftauslassplatten es nicht erlauben genügend Luft zu solchen Aufstellbereichen zu bringen. Die Erhöhung der Luftmenge erfordert die Erhöhung des statischen Überdrucks im Doppelboden, verbunden mit einem exponentiellen Anstieg der elektrischen Leistungsaufnahme der Ventilatoren. Die Absenkung der Vorlauftemperatur führt zur Verminderung der Freikühlung und damit einem starken Anstieg des Stromverbrauchs durch die Kältemaschinen. Sind Hot-Spot-Racks nicht vermeidbar, so müssen diese durch den Einsatz von Direktkühlsystemen aus der Gesamtwärmebilanz herausgenommen werden. Dabei wird an einem Rack jeweils ein Direktkühlsystem seitlich angeflanscht. Die gekühlte Luft wird seitlich in das Rack vor die Serverfront eingeblasen, an der Rückseite wird die warme Luft wieder aufgenommen. Der umgebende Raum »spürt nichts« von der hohen Wärmelast und kann weiter im Sinne der Energieeffizienz betrieben werden. Tipp 10: Neue Technologien in Betracht ziehen Eine weitere Alternative bietet die Geothermie. Dabei wird die im Data Center aufgenommene Wärme durch ein Erdsondensystem ins Erdreich abgeleitet, dort abgekühlt und anschließend wieder zurück zum Rechenzentrum geführt. Bei dieser Form der Nutzung von regenerativen Energien müssen die Bodengegebenheiten berücksichtigt werden. Überschlägig kann man aus einer Erdsonde mit 100 m Bohrtiefe ca. 2,5 kW an Kälteleistung beziehen. Resümee. Jedes Rechenzentrum stellt individuelle Anforderungen an die Klimatisierung. Diese ergeben sich aus der Abwärmeleistung der einzelnen Schränke, der Raumgeometrie sowie der Nutzung des Gebäudes. Daher sollte jedes Kühlsystem speziell an das jeweilige Data Center angepasst werden. Nach einer Untersuchung des Bundesministeriums für Umwelt kann der Stromverbrauch eines durchschnittlichen Bestands-Rechenzentrums durch gezielte Maßnahmen um bis zu 35 Prozent reduziert werden. Bernd Hanstein Bernd Hanstein, Hauptabteilungsleiter Produktmanagement System Solutions bei Rittal in Herborn, www.rittal.de Der Stromverbrauch eines durchschnittlichen Bestands-Rechenzentrums kann durch gezielte Maßnahmen um bis zu 35 Prozent reduziert werden. « manage it 1-2 I 2012