Gewebelehre

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Gewebelehre
Vorlesung: Grundlagen der Medizin
J. Frömke
Klinik für Herz­Thorax­Gefäßchirurgie
St. Johannes Hospital Dortmund
2
Inhaltsverzeichnis
Einführung
3
Epithelgewebe
4
Binde­ und Stützgewebe
7
Muskelgewebe
15
Nervengewebe
19
Histologische Technik
27
Anhang
30
3
Gewebelehre
Zellen werden als kleinste lebende Funktionseinheit des Organismus definiert. Sie werden im Lateinischen cella oder im Griechischen cytos genannt und sind Bestandteil aller im Körper vorkommenden biologischen Strukturen. Einzelne gleichartige Zellen können im Verband bestimmte Aufgaben übernehmen und bilden so die Gewebe. Die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit dem Aufbau, der Differenzierung und Funktion einzelner Gewebe wird als Histologie (Gewebelehre) be­
zeichnet.
Die Zelle als kleinste lebende Einheit, das Organ als ein bereits zu eigenständiger Leistung spezialisierter Teil und schließlich der gesamte Organismus sind am Aufbau eines lebenden Individuums beteiligt.
Gewebe und Organe
Die Gewebe werden in vier Hauptgruppen und mehreren Nebengruppen unterteilt.
Einteilung der Gewebe:
l Epithelgewebe
l Binde­ und Stützgewebe
l Muskelgewebe
l Nervengewebe
Verschiedene Gewebearten können in einem zusammengesetzten, komplexen Gebilde zu­
sammengefaßt sein, welches als Organ bezeichnet wird. Die von einem Organ erbrachte Leistung ist an das Vorhandensein eben dieser organ­
eigenen spezifischen Gewebe gebunden, die auch als Parenchym (bestehend aus Parenchymzellen) bezeichnet werden.
Zelle
Gewebe
Organ
4
5
1. Epithelgewebe (griechisch: epi = auf; thelos = Hülle)
Hierunter werden alle Gewebe gerechnet, die eine Oberfläche bedecken und damit ab­
grenzen. Die jeweiligen Zellen können dabei aus einer Einzelschicht oder aus mehreren Schichten zusammengesetzt sein. Dazu zählen:
­ Außenhaut ­ Schleimhäute ­ Gefäßwände Zu ihren vielfältigen Funktionen gehören:
­ Schutzfunktion (Epidermis der Haut: Austrocknung, Barriere)
­ Abgabe von Stoffen (Sekretion der Drüsen)
­ Aufnahme von Stoffen (Resorption im Darm)
­ Aufnahme von Reizen (Sinneszellen verschiedener Organe)
Entsprechend dieser Funktionen werden epitheliale Gewebe in folgende Gruppen unterteilt:
­ Deck­ oder Oberflächenepithel
­ Drüsenepithel
­ Sinnesepithel •Deckepithel
Merkmale:
Funktion:
Beispiele:
flächenhafter Zellverband an inneren und äußeren Körperflächen
Schutzfunktion, Abgrenzung zu Nachbarstrukturen, Stoffaustausch
gesamte Oberhaut (Epidermis), Lungenbläschen (Alveolen), Blutgefäße
(Endothelschicht), Bauchfell (Peritoneum), Gelenkhöhlen, Gallengänge,
Schleimhaut des Magen­Darm­Kanals, Harnwege
1:
2:
flache Epithelzelle
Basalmembran (Grundhäutchen)
3:
bindegewebige Schicht
6
7
Blick auf den Dünndarm mit zahl­
reichen Schlingenbildungen.
durch eine spiegelnde glatte Haut, die auch Serosa genannt wird.
Oberflächenvergrößerungen durch Faltenbildung (Zotten) finden häufig (z.B. im Verdauungssystem) Ver­
wendung. Die Oberfläche wird durch Epithel­
zellen gebildet, worüber die Auf­
nahmekapazität, der mit der Ernährung zugeführten Substan­
Histologisches Präparat mit Darstellung der Dünndarmzotten.
8
9
•Drüsenepithel
Merkmale:
Funktion:
Beispiele:
spezialisierte Organe mit der Fähigkeit der Bildung und Abgabe von zell­
eigenen Stoffen, den Sekreten
1. exokrine Drüsen (exo = außen; krinein = abscheiden):
Bildung und Ausscheidung des Sekrets an innere Flächen (Körperhöhlen)
oder nach außen über einen Ausführungsgang
2. endokrine Drüsen (Hormondrüsen) (endo = innen):
Bildung und Abgabe des Sekrets direkt in die Blutbahn
für exokrine Drüsen: Schweißdrüsen, Tränendrüsen, Speicheldrüsen, Verdauungsdrüsen
(Speicheldrüsen produzieren etwa 700 ml Sekret pro Tag)
für endokrine Drüsen: Hirnanhangsdrüse (Hypophyse), Schilddrüse (glandula thyreoidea), Epithelkörperchen (Nebenschilddrüse), Bauchspeicheldrüse (Inselzellen des Pankreas), Geschlechtsdrüsen (Eierstock = Ovar, Hoden = Testis)
•Sinnesepithel
Merkmale:
Funktion:
alle spezialisierten Organe mit der Aufgabe der Wahrnehmung
Reizaufnahme (Reizerzeugung durch Druck, chemische Substanzen, Licht, Beispiele:
Schmerz) und Erregung entsprechender Rezeptoren
Haut (Tastsinn durch Mechanorezeptoren), Zunge (Geschmack), Nase (Geruch), Auge (Pigmentepithel der Netzhaut)
Entsprechend ihren vielfältigen Funktionen unterliegt das Epithelgewebe einer stetigen Abnutzung. Diesem wird in einem ständigen Erneuerungsprozeß Rechnung getragen, wobei spezielle Zellstrukturen (endoplasmatisches Retikulum) und Zelleistungen (Mitochondrien als Energielieferanten, intrazellulare Verarbeitung von Informationen) hierfür benötigt werden.
Dieser Regenerationsprozeß wird durch zahlreiche Faktoren beeinflußt, wobei Einfluß­
größen wie Sauerstoffangebot (Durchblutung), Hormonbildung und Vitaminzufuhr eine wesentliche Rolle spielen.
Äußere Reize durch Temperaturänderungen oder therapeutische Maßnahmen (Chemo­
therapie, Bestrahlungen) können zu Störungen der empfindlichen epithelialen Strukturen führen.
Aufgrund der genannten Eigenschaften des Epithels mit hohem Zellumsatz und starker Beanspruchung ist möglicherweise die Ursache des häufigsten bösartigen Tumors, des Karzinoms, zu sehen, der von diesen Geweben seinen Ursprung nimmt.
10
11
2. Binde­ und Stützgewebe
Dieses weit verbreitete Körpergewebe dient als Skelettsystem dem inneren Körpergerüst, im weiteren als Zwischensubstanz der Abgrenzung, Formgebung und Polsterung einzelner Organe und hat vielseitige Funktionen. Aus einer gemeinsamen Vorstufenzellart (Mesenchymzellen) entstehen am Ende des Differenzierungsprozesses einzelne Formen wie Knochen, Knorpel, Sehnen, Herzklappen und Gefäßwände.
Zum Bindegewebe gehören:
­ mesenchymales, gallertiges Bindegewebe (nur passager angelegtes, während der embryonalen Entwicklung auftretendes Bindegewebe)
­ retikuläres Bindegewebe (als Grundgerüst des Knochenmarks und lymphatischer Organe)
­ Fettgewebe (Sonderform des retikulären Bindegewebes mit hohem Fettanteil)
­ Sehnengewebe (Kraftübertragung von Muskel auf Knochen oder Knorpel)
Zum Stützgewebe gehören:
­ Knorpel
­ Knochen
­ Zähne Bestandteile des Binde­ und Stützgewebes sind spezielle Zellen und die Interzellular­
substanz, wozu im einzelnen folgende Arten gehören:
1. Zellen
•zum Gerüst­ und Formaufbau zählen sogenannte ortsständige (fixe) Zellen: ­ Bindegewebszellen → Fibrocyten
­ Knorpelzellen → Chondrocyten
­ Knochenzellen → Osteocyten
• verantwortlich für die Abwehr, aber auch andere Aufgaben, sind sogenannte be­
gleitende (freie) Zellen:
­ Histiocyten
Gewebe­Freßzellen: Abbau von Zelltrümmern, Blut­
körperchen, Staub
­ Mastzellen enthalten Heparin zur Blutgerinnungshemmung ­ Plasmazellen ­ Rundzellen und Histamin zur Gefäßerweiterung
Zuständig für die Bildung von Antikörpern
Lymphocyten: können pro Sekunde 2000 Antikörper­
moleküle bilden, ihr "Gedächtnis" für bestimmte Erreger wird bei Impfungen genutzt; 12
Monocyten: Zellen des weißen Blutsystems
­ Granulocyten
Untergruppe der weißen Blutkörperchen
13
Elektronenmikroskopische Darstellung des Phagozytosevorganges:
Eine große Gewebefreß­
zelle (Makrophage, gelb­
braun) umhüllt teilweise Hefezellen (Candida, blaue kugelige Zellen) um sie danach aufzulösen.
2. Interzellularsubstanzen
diese sind tote Ausscheidungsprodukte von Zellen
• zur ungeformten (strukturlosen) Interzellularsubstanz zählt die:
­ Grundsubstanz (Kittsubstanz für Zellen und Fasern; wichtiger Bestandteil von Knorpel und Knochen aber auch im Muskel vorhanden)
• zu den geformten Interzellularsubstanzen zählen die:
­ Fasern (Verbindung und Festigung einzelner Körperstrukturen untereinan­ der: Sehnen und Bänder aus kollagenen Fasern, Arterienwand, Haut und Lunge aus elastischen Fasern, Knochenmark und Lymphknoten aus Gitter­
fasern).
Knorpel
Ein besonders widerstandsfähiges Gewebe, was aufgrund seiner elastischen
Bauart zur Formstabilität befähigt ist. Knorpelzellen (Chondrocyten) und Grundsubstanz (Matrix) bilden die Be­
standteile des Knorpels. Je nach Aufbau (anteilmäßiger Gehalt von Zellen
zur Grundsubstanz) unterscheidet man 3 Arten:
­ faseriger Knorpel aus dichtem kollagenen Bindegewebe Beispiele: Zwischenwirbelscheibe, Meniskus
­ elastischer Knorpel aus kollagenen und elastischen Fasern
Beispiele:
Ohrknorpel, Kehldeckel
­ hyaliner Knorpel aus kollagenen Fasern
Beispiele:
Nasenknorpel, Rippenknorpel, Luftröhre,
Überzug der Gelenkflächen 14
Faserknorpels
Knorpelzellen kollagene Fasern
15
Die nachstehende Abbildung zeigt den Knochen­Knorpel­Übergang am Beispiel eines Gelenks
16
17
Knochen
Entsteht entweder direkt aus mesenchymalem Bindegewebe oder aus
knorpeliger Vorstufe (Ossifikationsprozeß) und bildet den wesentlichen Teil
des passiven Bewegungsapparates aus. Er kennzeichnet sich durch seine besondere Stabilität aus und bietet als knöcherne Umhüllung wichtigen Organsystemen wie dem Gehirn und Rückenmark einen Schutzraum.
Die Knochenzellen sind in ihrer aktiven Form als Osteoblasten in der Lage Knochensubstanz zu bilden. Nach Abschluß der Knochen­
bildung treten sie in ihrer Ruhe­
form als Osteocyten (Knochen­
zellen) auf. Ein fertiger Knochen bleibt jedoch nicht bis an das Lebensende als stabiler Baustein des Skelett­
systems bestehen, sondern unter­
liegt einem ständigen Auf­ und Abbau, was wiederum von spezia­
lisierten Zellen, den Osteo­clasten, bewerkstelligt wird. Dieser Mechanismus dient der Erhaltung Aufbau:
äußere Rindenschicht (Corticalis)
innere Schwammschicht (Knochenbälkchen der Spongiosa)
Nach Entfernung (Ausglühen) der organischen Substanz,
erhält man die anorganische Hartsubstanz. Sie besteht aus:
­ 85% Kalziumphosphat
­ 10% Kalziumkarbonat
­ 5% Magnesiumsalzen
Funktion:
die Corticalis verleiht dem Knochen seine Festigkeit,
die Spongiosa enthält blutbildendes Mark (Knochenmark) oder Fett
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Periost
Ein den Knochen umgebendes, besonders gefäß­ und nervenreiches Binde­
gewebe.
Bedeutung:
Vorhandensein von sogenannten osteogenen Zellen. Diese sind befähigt, nach Reizung (z.B. nach einem Knochen­
bruch), sich in Osteoblasten umzuwandeln und damit zur
Knochenneubildung (Frakturheilung) beizutragen.
19
Knochenaufbau:
Spongiosa
Corticalis
Knochenmark
Feinstrukturen des Knochens:
1, 3, 7 :
2 :
4, 6, 10 :
5 : 8 :
Knochenlamellen
Periost mit Gefäßen und nerven
Gefäßversorgung durch Gefäßkanälchen (Haver’sche ­Systeme)
Fasern
innere Knochenhaut (Endost)
20
9 :
fetthaltiges Knochenmark
21
Darstellung des Handskeletts beim Erwachsenen in der Röntgenaufnahme.
Anatomische Präparation der Handwurzel
Zähne
Die Zähne gehören zu den härtesten Substanzen des Körpers. Sie ent­
wickeln sich aus mehreren spezialisierten Zellvorstufen und bilden so
zunächst die Milchzähne. Zwischen dem 7. und 14. Lebensjahr werden sie
dann vom bleibenden Gebiß abgelöst. Dieses Dauergebiß besteht aus 32
Zähnen mit unterschiedlicher (=heterodonter) Zahnform. Hierzu zählen die Schneidezähne, Eckzähne, Backenzähne und Mahlzähne.
Aufbau:
Jeder Zahn besteht aus folgenden Anteilen:
­ der Zahnkrone (sichtbarer Teil),
­ dem Zahnhals (unsichtbar, da vom Zahnfleisch bedeckt; wird bei Zahnfleischschwund, der Paradontose, sichtbar)
­ der Zahnwurzel (im Wurzelfach des Kieferknochens ver­
ankert). Die Versorgungsleitungen (Gefäße und Nerven) durchbohren
die Wurzelspitze und gelangen in die Zahnhöhle (= Pulpa).
Zu den am Zahnaufbau beteiligten Hartsubstanzen gehören:
­ der Zahnschmelz (Enamelum, gebildet von Adamanto­
blasten)
­bildet die äußere sichtbare Schicht das Zahnes 22
­überzieht das Zahnbein
­zählt zu der härtesten Körpersubstanz
­ist nicht regenerationsfähig
­ das Zahnbein (Dentin, gebildet von Odontoblasten)
­wird als innere Schicht nach außen vom Schmelz,
gegen den Kieferknochen vom Zement überzogen
­bildet die Hauptmasse des Zahnes
23
­ist durchsetzt von Nerven und damit schmerzempfind­
lich
­durch lebenslange Fähigkeit der Odontoblasten, das
Dentin (Prädentin → Einlagerung von anorganischen
Substanzen → Dentin) nachzubilden, besteht eine
gewisse Regenerationsfähigkeit
­ das Zahnzement (Cementum, gebildet von Cementoblasten)
­bildet die innere, nicht sichbare Grenzschicht des
Zahnes mit angrenzender Wurzelhaut
­überzieht den im Kieferknochen gelegenen Anteil des
Zahnbeins
Die Festigkeit und Verankerung der Zähne (mit der jeder
Zahnarzt beim Zahnziehen zu kämpfen hat) wird neben dem
Zahnzement durch die bindegewebige Wurzelhaut des im
Kieferknochen befindlichen Zahnanteils sowie durch kollagene
Fasersysteme gewährleistet.
Funktion:
Aufgrund ihrer Härteeigenschaften (Schmelz), der Form
(Schneidezähne, Mahlzähne) sowie ihrer Reihenanordnung im
Ober­ und Unterkiefer dienen die Zähne der Aufnahme und
Zerkleinerung der Nahrung.
Aufbau eines Zahnes: höckerige Zahnoberfläche
Zahnbein (Dentin)
Zahnbein Zahnzement Wurzelhaut
24
Zahnschmelz
Zahnfleisch
Pulpahöhle (Kronenpulpa)
Wurzelpulpa
25
Zusammenfassung Bindegewebe
Fixe Zellen
•
•
•
•
Fibrozyten
Chondrozyten
Osteozyten
Adipozyten
Mobile Zellen
Zellen
•
•
•
Histiozyten, Makrophagen
Mastzellen
Leukozyten
o Granulozyten
o Monozyten
Fasern
•
•
Extra­
zelluläre Substanz
Kollagene Fasern
Elastische Fasern
Grundsubstanz
•
•
•
Glykosaminglykane
Proteoglykane
Glykoproteine
Stützfunktion
•
•
Funktionen
Fasern
Grundsubstanz
Abwehr
•
Mobile Zellen
Ernährung
•
Grundsubstanz
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Extrazelluläre Substanz wird synonym mit interzellulärer Substanz oder Matrix benutzt.
27
3. Muskelgewebe
Das Muskelgewebe stellt den wesentlichen Teil des aktiven Bewegunsapparates in Form der Skelettmuskulatur dar. Es macht über 40% unseres Körpergewichtes aus.
Diese besteht aus Muskelfasern, welche Myofibrillen enthalten und zur Kontraktilität
befähigt sind. Die am Knochen befestigten Sehnen werden durch den daraus resultierenden Zug angespannt, was zum Bewegungsablauf (z.B. Gehen) führt.
Einzelne Muskelfasern können eine Länge bis 12 cm erreichen.
• Begriff der Kontraktilität
1. Bereitstellung von Energie und Verkürzungsvorgang
Die mit der Nahrung aufgenommene Substrate werden auf dem Blutweg in die Muskelzellen herantransportiert wo es über biochemische Vorgänge (Atmungskette mit aerober und anaerober Glykolyse) letztendlich zur Umwandlung von chemischer Energie in mechanische Arbeit und damit zum Verkürzungsvorgang kommt. Die hierfür verantwortlichen Elemente sind spezielle Muskeleiweiße, die auch als kontraktile Proteine (Aktin und Myosin) bezeichnet werden. Die köpfchenartigen Auswüchse des Myosins sind über dünne Halsstücke mit dem Myosinkomplex verbunden und führen durch ruderartige Bewegungen zum Verkürzungsvorgang (D).
Als weitere unabdingbare Substanz für die kontraktilen Muskeleigenschaften ist das Vorhandensein von Kalziumionen erforderlich, über welche die Interaktionen des Aktin­Myosin­Komplexes erfolgen. Beide zusammen (Muskelproteine und Kalziumionen) unterliegen einem energie­
abhängigen komplizierten Prozeß (An­
wesenheit energiereicher Phosphate: ATP = Adenosin­tri­phosphat) bei dem es nach Aufbau von kurzlebigen Haftbrücken durch Ineinandergleiten der Aktin­Myosin­Anteile zur ausreichenden Muskelverkür­zung (Kontraktion) kommt.
28
Aktin
Myosin
Aktin
Myosin
Aktin
D
Myosin
29
Schematische Darstellung des Muskelaufbaus. Durch Ineinandergleiten kommt es zur Verkürzung (Kontraktion) und damit zu Bewegungen.
Aktin
Myosin
2. Nervale Stimulation, elektromechanische Kopplung
Jede Muskelfaser wird durch einen zuständigen peripheren Nerv (motorische Nervenfaser) versorgt. Den Kontakt zwischen Nerv und Muskelfaser bildet eine spezielle Synapse, die auch motorische Endplatte genannt wird. Eine einzelne Nervenfaser kann dabei bis zu 200 Muskelfasern erreichen (innervieren). Primär verantwortlich für den Kontraktionsvorgang ist eine durch Nervenimpulse ausgelöste Reizung der Muskelfasern. Dieser Vorgang läuft folgendermaßen ab: Eine ankommende elektrische Erregung (Aktionspotential) gelangt zunächst bis zur Nervenendigung. Die hier vorhandenen Speicher (Vesikel) setzen nun Überträgerstoffe (Transmitter) frei, die eine Überleitung der Erregung von der Nervenfaser zur Muskelzelle, die einen kleinen Zwischenraum (=synaptischen Spalt) überbrücken muß, hinweg er­
möglichen. Das jetzt entstandene neue Aktionspotential läuft an der Muskelzelle entlang und erregt zusammenhängende Muskelfasergruppen. Es kommt jetzt durch ruderartige Kippbewegungen der kontraktilen Muskeleiweiße zum Ineinandergleiten und damit zum 30
Verkürzungsvorgang, welcher auch unter dem Begriff der elektromechanischen Kopplung bekannt ist. Bei der Übertragung elektrischer Erregung auf die Skelettmuskulatur fungiert eine spezielle Botensubstanz (Neurotransmitter), das Acetylcholin.
Durch spezifische Gegenmittel (z.B.Curare) kann das Acetylcholin unwirksam gemacht werden (neuromuskulärer Block), so daß eine Erregung der Muskulatur ausbleibt. Es kommt zur Lähmung des Skelettmuskels, die zur Bewegungsunfähigkeit aber auch, infolge Versagen der Atemmuskulatur, zum Ersticken führen würde. Diese Vorgänge werden zum Beispiel in der Narkoseführung zum Ausschalten von Bewegungen (Muskelrelaxantien) bei bestimmten Operationen benötigt, setzen aber eine Beatmung des Patienten voraus.
31
• Einteilung
Aufgrund ihrer Morphologie und Funktion werden 2 Formen des Muskelgewebes unter­
schieden:
­ quergestreifte Muskulatur
­ glatte Muskulatur
¡ quergestreifte Muskulatur
Aufbau:
Je nach Muskulaturort unterschiedliche Zellgrößen; charakteristisch ist
bei starker Vergrößerung eine Querstreifung (periodische Anordnung
von hellen und dunklen Streifen).
Den hellen Streifen (I­Abschnitte) entspricht das dünnere Aktin,
den dunklen Streifen (A­Abschnitte) das dickere Myosin. Beide Eiweißanteile ragen dabei im erschlafften Zustand teilweise in­
einander hinein.
Merkmale:
Versorgung durch das animalische Nervensystem;
rasche motorische Funktion (willkürliche Kontraktion) möglich
Vorkommen:
Muskeln des gesamten Bewegungsapparates, Zunge, Schlund,
Herzmuskel als Sonderform
Beispiel Skelettmuskulatur (makroskopisch):
32
33
Elektronenmikroskopisches Bild der quergestreiften Muskulatur:
einzelne Myofibrillen
mit Querstreifen
Beispiel Skelettmuskulatur funktionell:
¡ glatte Muskulatur
Aufbau:
Merkmale:
Vorkommen:
Spindelförmige Zelle, deren Länge vom Spannungszustand abhängt
Versorgung durch das vegetative Nervensystem;
Aufrechterhaltung von Dauerspannung (unwillkürliche Kontraktion)
Gefäßwände, Magen­Darm­Trakt, Gallenblase, Luftwege, Auge
34
Die für die kontraktilen Vorgänge erforderliche hohe Eiweißkonzentration äußert sich in der unterschiedlichen Verteilung in den einzelnen Muskelgeweben. So enthält
die Skelettmuskulatur etwa 40%,
die glatte Muskulatur etwa 20%,
die Herzmuskulatur etwa 0,3% der Gesamtproteine.
35
4. Nervengewebe
Die Erkennung und Beantwortung von Reizen ist ein wesentliches Merkmal lebenden Gewebes. Steuerung und Aufrechterhaltung lebenswichtiger innerer Abläufe (Regulation) und Anpassung an die Umwelt stellen die Folge dieser Prozesse dar. Das hierfür verant­
wortliche Gewebe besteht aus Anhäufungen entsprechender Zellen sowie deren Leitungen (Fortsätzen), die mit der Peripherie in Kontakt stehen und alle Organe des Körpers versorgen.
1.1 Nervenzellen ( = Ganglienzellen oder Neurocyten)
Sie sind im Hirn (graue Substanz) oder dem Rückenmark angesiedelt sowie in den rücken­
marksnahen Anteilen des vegetativen Nervensystems (Ganglien des sympathischen Nervensystems).
Das Gehirn enthält etwa 1010 Nervenzellen.
1.2. Nervenfasern ( = Neurit mit Umhüllung)
Von den Nervenzellen ausgehende Fasern zeichnen sich durch einen besonders langen Fortsatz aus, der als Neurit (oder Axon) bezeichnet wird und die Erregung von der Zelle fortleitet. Die in sehr unterschiedlicher Zahl als kurze Fortsätze angelegten Fasern leiten die Erregung zur Nervenzelle und werden als Dendriten bezeichnet. An diese Fasern kann eine sehr unterschiedliche Anzahl von Nervenfortsätzen (Axonen) benachbarter Zellen herantreten, so daß die Dendriten als Rezeptoren von Nervenzellen angesehen werden können. Dabei sind pro Dendrit bis zu 200 000 Nervenkontakte möglich.
Die Umhüllung der Axone bildet mit diesen zusammen eine Nervenfaser.
Axon mit Axonhülle → Nervenfaser Die Nervenscheiden stellen Zellen dar , wobei eine Nervenfaser aus zahlreichen hinterein­
ander geschalteten solcher Zellen (Schwann'sche Zelle) aufgebaut ist und durch kurze Unterbrechungen voneinander abgetrennt sind. Die Länge einer einzelnen Schwann­Zelle beträgt etwa 1 mm. Nervenfasern mit Umhüllung (Schwann­Zellen) werden auch markhaltige Fasern, Nervenfasern ohne Hüllen als marklose Fasern bezeichnet. Diese Unterscheidung ist insofern bedeutsam, als die Leitungsgeschwindigkeiten sich erheblich unterscheiden. 36
markhaltige Fasern → Leitungsgeschwindigkeit: etwa 100 Meter pro Sekunde marklose Fasern → Leitungsgeschwindigkeit: etwa 1 Meter pro Sekunde
Schnelle Leitung wird zum Beispiel in den auf­ und absteigenden Bahnen des Rückenmarks erzielt, was zur raschen Information und Reaktion benötigt wird.
In der Regel verlaufen einzelne Nervenfasern gemeinsam als Faserbündel.
Nervenzellen mit Fortsatz können bis zu 1 m Länge haben.
37
Nervenzellen des Großhirns :
langer Nervenfortsatz (Axon)
Nervenzelle (Zellkörper)
kurze Nervenfortsätze (Dendriten)
1.3. Nervenkontakte (Synapsen) (griechisch: synapsis = Verknüpfung)
Eine weitere wesentliche Eigenschaft nervaler Strukturen ist deren Kommunikation unter­
einander und die Möglichkeit einen fortgeleiteten Reiz auf Zielorgane (Muskulatur, Drüsen) zu übertragen. Hierfür sind besondere Übertragungsstellen, die Synapsen vorhanden.
Sie sind in der Lage elektrische Ströme auch über gewisse Entfernungen hinweg (Spalt am Ort zwischen zwei Nervenkontakten) zu übertragen. Hierfür sind bestimmte Überträgerstoffe (sogenannte Neurotransmitter) zuständig. Diese befinden sich in gespeicherter Form innerhalb spezieller Bläschen (Vesikeln) und werden von der ankommenden elektrischen Erregung (dem Aktionspotential) freigesetzt.
Jenseits des Spaltes kann es entweder über eine neue Erregung (Depolarisation) der hier beginnenden Zellmembran (postsynaptische Membran) zur Erregungsweiterleitung oder, infolge Übererregung, zur Hemmung der Erregung kommen. Durch diese beiden Funktionen sind Synapsen als Regulatoren des Informationsflusses anzusehen mit der Möglichkeit einer Bremsung der Informationsflut. Zu den chemischen Überträgerstoffen (Transmittorsubstanzen) in den Synapsen zählen:
­ das Acetylcholin (cholinerge Synapsen)
→ Regulation von zentralem Nervensystem
Muskelbewegungen
­ das Noradrenalin (noradrenerge Synapsen)
→ Regulation von sympatischem Nervensystem zentralem Nervensystem
­ das Adrenalin (adrenerge Synapsen)
→Regulation von Blutdruck
Atmung
Verdauungstätigkeit
38
­ das Dopamin (dopaminerge Synapsen)
→Regulation von
Willkürmotorik
Hormonsekretion der Hypophyse
psychischen Vorgängen
­ das Serotonin (serotoninerge Synapsen)
→Regulation von
zentralem Nervensystem
Magen­Darm­Trakt Vorgängen
39
Zusammenfassung:
Bedeutung der Nervenzellen: Signalverarbeitung
Bedeutung der Nervenfasern: Signalleitung
Bedeutung der Synapsen: Signalübermittlung
Signalhemmung 2. Gliazellen (Neuroglia) (griechisch: neuro = der Nerv, glia = der Leim) Neben den genannten Zellstrukturen, die der Aufnahme, Leitung und Verarbeitung von Reizen (Sinneseindrücken) dienen, befinden sich in der Nähe noch weitere spezialisierte Zellen, die der Stütz­ und Ernährungsfunktion des Nervengewebes dienen. Dieses nervale Bindegewebe wird auch als Neuroglia bezeichnet. Im Gegensatz zur verlorengegangenen Fähigkeit der Zellteilung von Nervenzellen, besitzen die Neurogliazellen zeitlebens die Möglichkeit einer Zellvermehrung. Während die Nerven­
zellen des zentralen Nervensystems demzufolge nicht regenerationsfähig sind, unterliegen periphere Nerven mit Hilfe der Gliazellen einer gewissen (wenn auch nicht im vollen Umfang möglichen) Regeneration. Gliederung und Funktion des Nervensystems
• Zentrales Nervensystem (ZNS) mit Gehirn (Encephalon) und Rückenmark (Medulla spinalis)
Aufbau:
Am Hirnaufbau sind
Nervenzellen mit ihren Fortsätzen, Gliazellen und Gefäße beteiligt.
Ein besonderer Schutz wird erreicht durch: ­ die knöcherne Hülle (Schädel, Wirbelsäule)
­ die drei Hirnhäute (Meningen)
­ die Hirnflüssigkeit (Liquor cerebrospinalis)
Aufgrund ihrer Farbeigenschaften und ihrer funktionellen Bedeutung werden unterschieden:
­ graue Substanz (Ansammlung von Nervenzellen)
­ weiße Substanz (Ansammlung markhaltiger Nervenfasern, Glia­
zellen, Gefäßen)
40
(beide Substanzen sind im Gehirn und Rückenmark vorhanden)
­ Bahnen (Tractus = gemeinsam verlaufende Nervenfaserbündel)
­ Systeme (Zellreiche Gebiete spezieller einheitlicher Funktion)
­Beispiele:
sensorische Systeme (Hören, Riechen Sehen),
motorische Systeme (Pyramidensystem) u.a.
Funktion:
­ Empfang und Verarbeitung der über periphere Rezeptoren von Sinnesorganen aufgenommenen Reize. ­ Kommunikation mit inneren Strukturen des Körpers und der Außenwelt
41
Oberflächenstruktur des Gehirns:
Man erkennt die zahlreichen Windungen und Furchen, die einer Oberflächenvergrößerung dienen. Jede einzelne Windung ist durch hier lokalisierte Arreale für bestimmte Funktionen zuständig.
Schnitt durch das Gehirn:
graue Substanz (dunkle Anteile)
weiße Substanz (helle Anteile)
42
43
• Peripheres Nervensystem mit animalischem und vegetativen Nervensystem
Animalisches Nervensystem
Zuständig für die willkürlichen Funktionen des Bewegungsapparates.
Beispiele: Skelettmuskulatur
Vegetatives Nervensystem (= autonomes Nervensystem)
Zuständig für die unwillkürlichen und meist unbewußt ablaufenden Organfunktionen.
Beispiele: Funktionen innerer Organe (Atmung, Kreislauf, Drüsentätigkeit, Verdauung)
Aufbau und Bedeutung Aufbau:
­ es existieren 31 Rückenmarkssegmente aus denen entsprechend 31 periphere Nervenpaare entspringen
­ periphere Nerven können Fasern für die Erregungsleitung in zwei
Richtungen führen: ­nach zentral zuführende Bahnen (= afferente Neuronen) ­von zentral wegführende Bahnen (= efferente Neuronen)
­ Bahnen in beiden Leitrichtungen kommen in einem Nerv gemeinsam häufig vor
­ vegetative Fasern können zusätzlich mitgeführt werden (=gemischter Nerv)
Funktion:
­ Aufnahme und Umwandlung von Reizen
­Rezeptoren der Sinnesorgane wandeln verschiedenartige
energetische Informationen (Druck, Licht, Schall) in elektrische Ströme (Erregungen) um
­die maximal verarbeitbare Leistung (Reizfrequenz) liegt bei
500 Impulsen pro Sekunde ("Neuronen­Takt")
­ Elektrische Vorgänge (Ruhepotential, Aktionspotential)
­eine elektrische Ruheladung der Nervenzelle (= Ruhemem­
branpotential = –90 mV) verändert sich bei Reizung: eine positive äußere Ladung der Zelloberfläche wird kurzfristig
negativ (Depolarisation = Verlust der Polarisation)
­Folge ist ein Stromfluß (=Informationsfluß), der als Aktions­
potential bezeichnet wird und etwa 1 Millisekunde dauert
­Rückkehr zum Ausgangszustand (=Repolarisation) führt zur
Wiederherstellung des Ruhepotentials und bedarf weniger als
1 Millisekunde
44
­Voraussetzung zur Entstehung des Aktionspotentials ist ein
ausreichend starker Reiz; elektrisch ausgedrückt muß ein
Schwellenwet von etwa –60 mV erreicht werden
45
Die genannten Vorgänge sind Ausdruck einer unterschiedlichen Durchlässigkeit
(Permeabilität) der Zellmembran (Z) für Natrium­ und Kalium­Ionen, die durch spezielle Strukturen (= Ionenpumpen als gelb gezeichnete Figur in der Mitte der Skizze) vermittelt werden.
Z
Z
(aus: Schmidt, Thews: Physiologie, Springer Verlag, 1997)
46
47
1. Ruhepotential:
In Ruhe besteht eine hohe Permeabilität für Kaliumionen und Undurchlässigkeit für Natriumionen. Aufgrund der hohen Kaliumkonzentration in der Zelle sind die Kaliumionen
bestrebt nach außen zu wandern und bauen so das positive äußere Membran­
potential auf. Im Ruhezustand baut sich diese elektrische Ladung entlang der Zellwand auf. + + + + + + + +
+ ­
+ ­
­ ­ ­ ­ ­ ­ ­ ­ ­
Viel Kalium
­ ­ ­ ­ ­ ­ ­ ­
+
­ +
+ + + + + + + +
2. Aktionspotential (Depolarisation):
Im Erregungszustand tritt eine kurzfristige mehrere hundertfache Permeabilitäts­
steigerung für Natriumionen auf.
Aufgrund der hohen Natriumkonzentration außerhalb der Zelle entsteht ein
Natriumfluß nach intrazellulär. Dieser überwiegt den Kaliumausstrom, so daß die positiven Natriumionen eine positive Ladung des Zellinneren aufbauen
Na
Reiz
­ ­ ­ ­ ­ ­
+ + +
+ + + + + + ­ ­ ­
­ +
­ +
K
Na
­ + + + ­ ­ ­ ­ ­ ­ ­ +
­ ­ + + + + + + 3. Erregungsrückgang (Repolarisation ):
Infolge Absinkens der Natrium­Permeabilität können diese Ionen nicht mehr in das Zellinnere gelangen, durch zusätzlichen Anstieg der Kalium­Permeabilität können diese Ionen das Zellinnere leichter verlassen. Die dabei transportierte elektrische Ladung sum­
miert sich erneut mit Überwiegen positiver Ladung an der äußeren Zellmembran, das Reiz
Ruhemembranpotential ist wieder aufgebaut.
Gleichzeitig greift die Erregung auf benachbarte, noch in Ruhe befindliche Zellen über, und + + +
führt so zur Erregungsausbreitung .
­ ­ ­ ­ ­ ­
+ + + + + + +
+ + + ­ ­ ­
­ ­ ­ ­ ­ ­ ­ +
­ +
48
­ ­ ­ ­ ­ ­ ­ ­
+ + + + + + + +
+ ­
­ +
­ ++ + + + + + + ++ ­
­ ­ ­ ­ ­ ­ ­ ­
Fortschreiten der Erregung → Entstehung eines Stromflusses
Mensch gegen Maschine
Zwei Beispiele sollen die Leistungsfähigkeit des menschlichen Gehirns verdeutlichen. Im November 2003 werden 4 Partien gegen das Schachprogramm X3D­Fritz ausgetragen. Der Schachweltmeister Garri Kasparow tritt als menschlicher Gegenspieler auf. Obwohl der Cumputer mehrere Millionen Rechenleistungen pro Sekunde ausführen kann, endet das Spiel insgesamt unentschieden (2 mal Remis, 1 mal siegt der Computer, 1 mal siegt Kasparow).
Zuvor spielte im Oktober 2002 Vladimir Kramnik (ebenfalls Weltmeister) gegen das Programm Deep Fritz in Bahrain. Kramnik gewann.
Trotz enormer Rechenleistung der Maschinen gewinnt der menschliche Verstand!
Vladimir Kramnik geb. am 25.6.1975 in Tuapse (Schwarzes Meer)
Garri Kasparow geb. am 13.4.1963 in Baku (Aserbaidschan)
49
50
Bedeutung und Technik der Histologie
Die histolologische Untersuchung wird am toten Gewebe durchgeführt und dient der Diagnostik. Hierzu sind Proben des zu untersuchenden Gewebes notwendig, die durch spezielle Techniken gewonnen werden. Die Entnahme und Betrachtung von Gewebe wird Biopsie (Beschauen) genannt.
Sie stellt immer eine Momentaufnahme zum Zeitpunkt der Fixation dar.
Voraussetzungen und Schritte bei der Gewebeuntersuchung:
1. Entnahme
→ Operation, Punktion, Abstrich
2. Fixieren
→ Einlegen in Formalin (Formaldehyd 4­8%):
dient der Festigung und Schneidbarkeit, verhütet die Schrumpfung
3. Schneiden → entweder nach Einfrieren (Gefrierschnitttechnik) oder nach Entwässerung in Alkohol und Einbetten in Parrafinblöcke
(Paraffin­Technik) werden mit dem Mikrotom sehr dünne Gewebescheiben ( ca. 5 µm dicke Schnitte) angefertigt
4. Färben → Nach Aufbringen auf Objektträger werden die Präparate gefärbt
und damit die Strukturen sichtbar gemacht. Je nach Gewebe sind
spezielle Färbungen benötigt.
51
52
5. Mikroskopie
→ Lupe:
20 fach = einfache Vergrößerung 50 fach = mittlere Vergrößerung 200 fach = starke Vergrößerung
→ Elektronenmikroskop: Vergrößerung ab 100 000 fach
Die Entwicklung von Linsen und damit optischer Systeme sowie die Entdeckung des Mikroskops bilden die Grundlagen zur Erkennung des Mikrokosmos.
1010
Beschreibt der arabische Gelehrte Abu Ali Al Hasan Ibn Al Haitham die Wirkung von Linsen.
1590
Der niederländische Brillenmacher Zacharias Janssen montiert zwei Linsen an die Enden einer Röhre und schafft damit den Vorläufer eines Mikroskops.
53
Als Vater der Mikroskopie gilt der niederländische Gelehrte Antoni van Leeuwenhoek (1632­1723), der zahlreiche Präparate mit seinem Mikroskop unter­sucht.
54
Schema eines Elektronenmikroskops:
55
56
Anhang
A
afferent
•zuführend (lateinisch: afferre = herbeitragen)
Aktionspotential
•kurzfristige elektrische Spannungsänderung
Axon
•langer Fortsatz einer Nervenzelle (= Neurit) (griechisch: axon = Achse)
B
...blasten
•Zellen, die zur Gewebebildung beitragen
z.B.:
Osteoblasten → knochenbildende Zellen
Fibroblasten → bindegewebebildende Zellen
(griechisch: blastos = der Keim)
Biopsie
•histologische Diagnostik mittels entnommenen Gewebeproben
(griechisch: bios = das Leben, opis = das Schauen, Betrachten)
C
cerebro
•Gehirn betreffend (lateinisch: cerebrum = das Großhirn)
Computerschach
•Wladimir Kramnik, Weltmeister im Schach 2000, besiegt den Schach­Computer Deep Fritz. Deep Fritz kostet im Laden 99 Euro. Garri Kasporow spielt im November 2003 4 Partien gegen das Programm X3D­Fritz. Je eine Partie wird gewonnen, 2 Partien bleiben unentschieden. Ergebnis: Remis.
Zuvor gewinnt Kasparow gegen das israelische Programm Deep Junior (gegen das er 1997 verloren hatte).
Stichworte: Strategisches Denken, Rechenhorizont, Mensch gegen Maschine.
...clasten
•Abbau­Zellen (griechisch: klas = brechen)
...cyten
•Zellen nach Beendigung ihrer Produktivität (ortsansässige Zellen)
z.B.: Osteocyten → Knochenzellen
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Fibrocyten → Bindegewebszellen
D
Dentin
•Zahnbein (bildet den Hauptanteil des Zahnes)
(lateinisch: dens = der Zahn)
Dendrit
•kurzer Fortsatz einer Nervenzelle (griechisch: dendron = der Baum)
58
E
efferent
•wegführend (lateinisch: efferre = herausführen)
Enamelum
•Zahnschmelz (überzieht das Zahnbein) (englisch: enamel = Schmelz)
Encephalon
Epithel
•Gehirn (griechisch: enkephalos)
•Zellverband, mit der Aufgabe Oberflächen abzudecken
(griechisch: epithelion = auf der Hülle gelegen)
F
Fett
•auch als paraplasmatische Substanz bezeichnet;
besteht chemisch aus: ­ Neutralfette (Glycerin­Fettsäureester): Stearinsäure, Oleinsäure, Palmitinsäure ­ freie Fettsäuren (Ölsäure)
­ Carotine (Farbgeber)
fibro
•Fasern betreffend (lateinisch: fibra = die Faser)
G
Grundsubstanz
•homogene, ungeformte Masse, die als Kittsubstanz für Zellen und Fasern fungiert (chemisch: saure Mucupolysaccharide)
H
Histologie
•Gewebelehre (griechisch: histion = das Gewebe)
Hormon
•von Drüsen produzierte Reizstoffe, die über den Blutweg an Ziel­
organen wirksam werden (griechisch: hormao = ich treibe an)
I
59
Ionen
•elektrisch geladene Teilchen
K
Kontraktion
•spezifische Eigenschaft der Muskulatur zur Verkürzungsfähigkeit 60
L
Leeuwenhoek
•Entwicklung der mikroskopischen Technik
(Antoni van Leeuwenhoek 1632­1723, Delft, Niederlande)
M
Medulla spinalis
•Rückenmark (dem Gehirn nachgeschalteter Teil) (lateinisch: medulla = das Mark; spina = das Rückgrat)
Meningen
•insgesamt drei existierende Hirnhäute (griechisch: meningos = die Gehirnhaut)
Mesenchym
•Mutter­ oder Stammgewebe während der Embryonalzeit; Ausgangsgewebe für die Entstehung des Binde­ und Stützgewebes (griechisch: mesenchyma = das Hineingegossene)
Morphologie
•Formlehre (griechisch: morphe = die Gestalt)
myo
•Muskulatur betreffend (griechisch: myo = ich schließe, ziehe zusammen)
N
neuro
•Nerven betreffend (griechisch: neuron = der Nerv)
Neuroglia
•Bindegewebe des Nervensystems (Stütz­, Isolier­, Ernährungsfunktion)
(griechisch: glia = der Leim, Kitt)
Neuron
•Nervenzelle mit Fortsatz als funktionelle Einheit. Sie ist nicht mehr teilungs­ und damit regenerationsfähig. Zur Vorstellung ihrer Größenordnung: ca. 30 000 Nervenzellen würden in einem Steck­
nadelkopf Platz finden.
O
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Ossifikation
•Prozeß der Knochenbildung (lateinisch: os = Knochen; facere = machen)
osteo
•Knochen betreffend (griechisch: osteon = der Knochen)
62
P
Paraplasma
•durch Aufnahme oder inneren Abbau entstandene, toten Einschlüsse
in der Zelle (z.B. Fett, Pigmente, Glykogen)
(griechisch: plasma = das Gebilde)
Parenchym
•Zellverband einer Zellsorte, die für eine bestimmte Organfunktion spezialisiert sind (Funktionsgewebe).
(griechisch: parenchyma = das daneben Hineingegossene)
Periost
•den Knochen umgebende Knochenhaut
Pulpa
•Zahnhöhle mit den Versorgungsleitungen (Gefäße, Nerven)
(lateinisch: pulpa = das Fleisch)
R
Rezeptor
•unterschieden werden pharmakologische Rezeptoren (Reaktion auf spezielle Medikamente) und physiologische Rezeptoren (Reiz­
empfang und Auslösung elektrischer Erregung)
(lateinisch: recipere = empfangen)
S
Schwann
•Theodor Schwann (Anatom) nach ihm wird die äußere Hülle der Nervenfaser benannt
Sekretion
•Synthese und Abgabe von Stoffen durch Drüsentätigkeit
T
Tissue engeneering •Forschungsrichtung mit dem Ziel des Gewebeersatzes durch Züchtung von Geweben und Organen mittels körpereigenen (adulten) Stammzellen oder embryonalen Stammzellen (seit etwa 1998) . Die so heranwachsenden Konstrukte werden auf biologischen, z T. drei­
dimensionalen Matrixvorlagen gezüchtet und später im Menschen eingesetzt. Die verwendete Matrix wird dabei spontan abgebaut. Auf 63
diesem Wege sind Knorpelgewebe, Gelenkverbindungen und Herz­
klappen bereits erfolgreich hergestellt und teilweise implantiert worden. V
Vesikel
•mit Inhalt gefülltes Bläschen (lateinisch: vesica = die Blase)
64
Z
Zygote
Gemeinsame Zelle aus väterlicher und mütterlicher Geschlechtszelle
als Ergebnis des Befruchtungsaktes. Auch wenn diese erste Zelle und der durch anschließende Teilungen rasch entstandene Zellhaufen noch keine spezifische Formen erkennen lässt, handelt es sich hier um den Beginn eines neuen lebenden Individuums.
Zytologie
Zellehre (griechisch: kytos = der Hohlraum)
... und tschüss !!
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letzte Änderung:
November 2005
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