Vorlesung F1 Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie Diagnostik und Klassifikation psychischer Störungen Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie Zentrum für Psychosoziale Medizin Universitätskrankenhaus Hamburg-Eppendorf (UKE) Vorlesung F1 Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie Erstellung des Inhalts durch das Lehrteam Psychiatrie Bei Fragen, Anregungen und Kritik schreiben Sie an [email protected] Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie Zentrum Psychosoziale Medizin Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE) Martinistr. 52, 20246 Hamburg Gebäude W37 A. Einführung Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie Wozu brauchen wir ein Klassifikationssystem in der Medizin? Wozu brauchen wir ein Klassifikationssystem in Psychiatrie und Psychotherapie? Rolf van Meli „Stethoskop I“ Download 21.8.2015 A. Einführung Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie Was ist „gesundes“ Erleben und Verhalten? Wie kann man psychische Störungen definieren? Gibt es eindeutige Grenzen zwischen normal, abnorm, gesund und krank? „…der spinnt ja!“ „…die ist ja neurotisch!“ „…der ist doch verrückt!“ „…die ist ja paranoid!“ „…der hat doch ne Macke!“ Michael Bayer „Du spinnst doch…“ Download 21.8.2015 Gliederung Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie A. Einführung B. Der Diagnostische Prozess 1. Allgemeine Aufgaben der Diagnostik 2. Arten der Diagnostik 3. Schritte und Methoden C. Klassifikationssysteme D. Zusatzmaterial: Vergütung und Diagnose „Roter Faden“ JudithTB Dowload: 23.6.2015 B. Der Diagnostische Prozess 1. Allgemeine Aufgaben der Diagnostik Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie Dokumentation Klassifikation Diagnose Begründung und Rechtfertigung Indikation Erklärungen Prognose Aufgaben der Diagnostik Differenzialdiagnostik Evaluation Grobe Interventionszuweisung Beschreibung Vergütung Qualitätskontrolle und -sicherung Institutionelle Zuweisung B. Der Diagnostische Prozess 2. Arten der Diagnostik Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie • Desweiteren werden verschiedene Arten von Diagnostik unterschieden. • Unter „klassifikatorischer Diagnostik“ versteht man die Zuweisung von Diagnosen zum Symptomkomplex der Person. • Weiter unterschiedet man zwischen: „funktionale Diagnostik“ „Prozessdiagnostik“ „Strukturdiagnostik“ und „dimensionaler Diagnostik“. B. Der Diagnostische Prozess 2. Arten der Diagnostik Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie Was halten Sie von dieser Übersicht? Was sind Vor- und Nachteile klassifikatorischer und dimensionaler Diagnostik? B. Der Diagnostische Prozess 3. Schritte und Methoden Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie Diagnostik Klassifikation der psychischen Erkrankung?! • Im Rahmen der Diagnostik sollte man zur Klassifikation der psychischen Erkrankung gelangen. • Die Klassifikation ist jedoch nicht das einzige Ziel der Diagnostik. • Ebenfalls soll durch die Diagnostik: …ein Grundverständnis für die vorliegende Erkrankung ….und die beeinflussenden Bedingungen gewonnen werden, ….sowie nach Möglichkeit die Planung einer Therapie erfolgen. B. Der Diagnostische Prozess 3. Schritte und Methoden Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie Labor Bildgebung Neuropsychologische Testdiagnostik Klinik/Anamnese Diagnose B. Der Diagnostische Prozess 3. Schritte und Methoden Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie Im Rahmen der Diagnostik sollen folgende Faktoren erfasst werden: Prädispositionierende Faktoren Auslösende Faktoren Aufrechterhaltende Faktoren B. Der Diagnostische Prozess 3. Schritte und Methoden Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie „DANN rendering“ Ynse Download 11.8.2015 Prädispositionierende Faktoren „Heart of gold“ Leo Grübner Download 11.8.2015 Faktoren, die eine erhöhte Vulnerabilität für eine psychische Erkrankung bedingen. Genetische Disposition, Schwangerschafts- und Geburtskomplikationen, Frühentwicklungsstörungen, Traumatische Ereignisse, Alkohol- oder Drogenkonsum. B. Der Diagnostische Prozess 3. Schritte und Methoden Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie Guiseppe Savo „Stress“ Download 11.8.2015 Auslösende Faktoren Dennis Sklex „Leben und Tod 16/52“ Download 10.7.2015 Faktoren, die bei einer erhöhten Vulnerabilität die psychische Erkrankung auslösen. Bei hoher Vulnerabilität häufig normale Lebensereignisse, sonst z.B. akute Lebensbelastung, Tod eines Angehörigen, Mobbing durch Kollegen etc. B. Der Diagnostische Prozess 3. Schritte und Methoden Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie Aufrechterhaltende Faktoren Dirk Vorderstraße „Sektgläser (Aperol Spritz)“ Donwload 16.7.2015 Faktoren, die nach Auslösung der Erkrankung zu deren Aufrechterhaltung beitragen. Fortgesetzter Alkohol- oder Drogenkonsum, medikamentöse Non-Adhärenz, Gesamtbehandlungsabbruch. “Illegal Drug Addiction and Substance Abuse” epSos.de Download 30.6.2015 B. Der Diagnostische Prozess 3. Schritte und Methoden Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie Strukturierte Interviews, z.B. SKID-I und II Interview für DSM-IV Für die Evaluation von psychischen Hauptdiagnosen und psychischen komorbiden Störungen empfiehlt sich das SKID-I und SKID-II Strukturiertes Klinisches Interview für DSM-IV Achse I: Psychische Störungen Achse II: Persönlichkeitsstörungen B. Der Diagnostische Prozess 3. Schritte und Methoden Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie Interview Inhalt Diagnostische Interviews SKID-I und II Strukturiertes Klinisches Interview für DSM-IV • Achse I: psychische Störungen, Achse II: Persönlichkeitsstörungen • Klinische Erfahrung notwendig CIDI Composite International Diagnostic Interview • Für DSM- als auch ICD-Diagnosen • Auch von geschulten Laien anwendbar DIS Diagnostic Interview Schedule • Korrespondiert mit Schedules for Clinical Assessment in Neuropsychiatry (SCAN) • Standardisiertes Instrument zur Diagnosestellung • Auch von geschulten Laien anwendbar DIPS Diagnostisches Interview für Psychische Störungen • Erfassung aller psychischer Erkrankungen nach ICD-10 • Klinische Erfahrung notwendig B. Der Diagnostische Prozess 3. Schritte und Methoden Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie Neuropsychologische Testdiagnostik, z.B. Mini Mental Status Test Rückseite: Bitte schließen Sie die Augen! Satz schreiben Figur abzeichnen Zur Verfügung gestellt von Dr. me d Holger Jahn B. Der Diagnostische Prozess 3. Schritte und Methoden Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie MMST-Figur pathologisch Zur Verfügung gestellt von Dr. me d Holger Jahn B. Der Diagnostische Prozess 3. Schritte und Methoden Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie Uhrentest pathologisch Zur Verfügung gestellt von Dr. me d Holger Jahn B. Der Diagnostische Prozess 3. Schritte und Methoden Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie Zur Verfügung gestellt von Dr. me d Holger Jahn B. Der Diagnostische Prozess 3. Schritte und Methoden Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie • Zusätzlich können zur Diagnostik bildgebende Verfahren wie MRT und CT oder die Elektroenzephalographie (EEG) zum Einsatz kommen. • Außerdem kann ein Routinelabor sowie eine Liquoruntersuchung unter Umständen sinnvoll sein. asymmetrische, temporale Atrophie, zur Verfügung gestellt von Dr. med Holger Jahn Rosmarie Voegtli „ouch... „ Download 28.8.2015 Gliederung Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie A. Einführung B. Der Diagnostische Prozess C. Klassifikationssysteme 1. Kennzeichen und Ziele von Klassifikationssystemen 2. Geschichte der psychiatrischen Diagnostik & Klassifikation 3. ICD - International Statistical Classification of Diseases and Related Health Problems 4. DSM - Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders 5. Unterschiede und Gemeinsamkeiten ICD und DSM D. Zusatzmaterial: Vergütung und Diagnose „Roter Faden“ JudithTB Dowload: 23.6.2015 C. Klassifikationssysteme Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie 1. Kennzeichen und Ziele von Klassifikationssystemen Diagnostik ist also relevant um…. • … deskriptive diagnostische Kategorien zu schaffen. • …klinische Phänomene in ihrer Komplexität zu reduzieren. • …eine Verbesserung der Kommunikation zwischen Klinikern und in der Forschung herzustellen. • …eine Grundlage für die klinisch-psychiatrische Ausbildung zu schaffen. • …eine Grundlage für die Indikationsstellung und Einleitung von Behandlungsmaßnahmen herzustellen sowie deren Überprüfung am Therapieerfolg zu gewährleisten. C. Klassifikationssysteme Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie 1. Kennzeichen und Ziele von Klassifikationssystemen Diagnostik ist also relevant um…. • …kurz- wie langfristige Prognosen zu ermöglichen. • …eine Basis für die Kostenabrechnung zu bilden (!) • … Patientengruppen in Therapie- und Verlaufsstudien charakterisieren zu können. • …eine Grundlage für die empirischer Untersuchungen von Ätiologie und Verläufen von Störungen zu bilden und um die Entwicklung, Dokumentation und Überprüfung therapeutischer Interventionen zu ermöglichen. C. Klassifikationssysteme Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie 1. Kennzeichen und Ziele von Klassifikationssystemen Die heute besonders bekannten Klassifikationssysteme sind International Statistical Classification of Diseases and Related Health Problems (ICD Version ICD-10 GM; Internationale statistische Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme) Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders (DSM Version DSM5; Diagnostisches und Statistisches Handbuch Psychischer Störungen) C. Klassifikationssysteme Gliederung Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie A. Einführung B. Die Praxis: Der Diagnostische Prozess C. Klassifikationssysteme 1. Kennzeichen und Ziele von Klassifiaktionssystemen 2. Geschichte der psychiatrischen Diagnostik & Klassifikation 3. ICD - International Statistical Classification of Diseases and Related Health Problems 4. DSM - Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders 5. Unterschiede und Gemeinsamkeiten ICD und DSM D. Zusatzmaterial: Vergütung und Diagnose „Roter Faden“ JudithTB Dowload: 23.6.2015 C. Klassifikationssysteme 2. Geschichte der psychiatrischen Diagnostik & Klassifikation Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie • Philippe Pinel (1745-1826) erster Beginn der formalen Klassifikation und „Befreiung der Geisteskranken von ihren Ketten“. • Entstehung einer „Nosologie der Geisteskrankheiten“ in Frankreich. • Wilhelm Griesinger (1817 – 1868) Veröffentlichung von “Pathologie und Therapie der psychischen Krankheiten” im deutschen Sprachraum. ” Eine Eintheilung der psychischen Krankheiten nach ihrem Wesen, d.h. nach den ihnen zu Grunde liegenden anatomischen Veränderungen des Gehirns ist derzeit nicht möglich (§6); sondern, wie die ganze Classe der Geisteskrankheiten nur eine symptomatologisch gebildete ist, so lassen sich als ihre verschiedenen Arten zunächst nur verschiedene Symptomencomplexe, verschiedene Formen des Irreseins angeben. Statt des anatomischen Einteilungsprinzips müssen wir das funktionelle, physiologische festhalten, und dieses wird hier, da die Störungen des Vorstellens und Strebens die hauptsächlichsten und auffallendsten sind, zum psychologischen. Nach der Art und Weise der psychischen Anomalie ist also das Irresein einzutheilen;…” (Grießinger, W. (1845). Pathologie und Therapie der psychischen Krankheiten. Stuttgart: Krabbe Verlag, Online-Version verfügbar unter: http://www.deutschestextarchiv.de/book/show/griesinger_psychische_1845 C. Klassifikationssysteme 2. Geschichte der psychiatrischen Diagnostik & Klassifikation Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie • Emil Kraepelin (1856-1926) etablierte die Klassifikation anhand von Symptomen. • ….bis 1970 existieren erhebliche Diskrepanzen in der psychiatrischen Nosologie. • Durch die Veröffentlichung des ICD-8 existiert erstmal eine international verbindliche, syndromatische Klassifikation (basierend auf dem System von Kraepelin). Caratello „Hier lang“ Download 10.7.2015 C. Klassifikationssysteme 3. ICD - International Statistical Classification of Diseases and Related Health Problems Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie 1965 (ICD-8): 1948 (ICD-6): erste offizielle Klassifikation der WHO 1893 Einführung BertillonKlassifikation (Internationales Todesursachen-verzeichnis) Erweiterung um neue Krankheitsgruppen, internationale Kooperation bei Entwicklung 1977 (ICD-9) 1955 (ICD-7) ohne wesentliche Änderungen 1992 (ICD-10), 1994 Einführung der ICD Forschungskriterien Seit 2013 gilt ICD-10-GM 2013 C. Klassifikationssysteme Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie Quelle: http://www.who.int/classifications/icd/revision/en/ 3. ICD - International Statistical Classification of Diseases and Related Health Problems C. Klassifikationssysteme Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie 3. ICD - International Statistical Classification of Diseases and Related Health Problems ICD-10-GM 2015 Systematisches Verzeichnis: Internationale statistische Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheits-probleme 10. Revision bearbeitet von Dr. med Bernd Graubner C. Klassifikationssysteme 3. ICD - International Statistical Classification of Diseases and Related Health Problems Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie Kapitel Gliederung Titel I A00-B99 Bestimmte infektiöse und parasitäre Krankheiten II C00-D48 Neubildungen III D50-D90 Krankheiten des Blutes und der blutbildenden Organe sowie bestimmte Störungen mit Beteiligung des Immunsystems IV E00-E90 Endokrine, Ernährungs- und Stoffwechselkrankheiten V F00-F99 Psychische und Verhaltensstörungen VI G00-G99 Krankheiten des Nervensystems VII H00-H59 Krankheiten des Auges und der Augenanhangsgebilde VIII H60-H95 Krankheiten des Ohres und des Warzenfortsatzes IX I00-I99 Krankheiten des Kreislaufsystems X J00-J99 Krankheiten des Atmungssystems XI K00-K93 Krankheiten des Verdauungssystems XII L00-L99 Krankheiten der Haut und der Unterhaut XIII M00-M99 Krankheiten des Muskel-Skelett-Systems und des Bindegewebes XIV N00-N99 Krankheiten des Urogenitalsystems ……….. XXI Z00-Z99 Faktoren, die den Gesundheitszustand beeinflussen und zur Inanspruchnahme des Gesundheitswesens führen XXII U00-U99 Schlüsselnummern für besondere Zwecke C. Klassifikationssysteme Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie 3. ICD - International Statistical Classification of Diseases and Related Health Problems • Internationale Klassifikation psychischer Störungen: ICD-10 Kapitel V (F). Klinischdiagnostische Leitlinien • Internationale Klassifikation psychischer Störungen. ICD-10 Kapitel V (F). Diagnostische Kriterien für Forschung und Praxis H. Dilling (Herausgeber, Übersetzer), W. Mombour (Herausgeber, Übersetzer), M. H. Schmidt (Herausgeber, Übersetzer) • Multiaxiales Klassifikationsschema für psychiatrische Störungen im Kindes- und Jugendalter nach ICD-10 der WHO Helmut Remschmidt (Herausgeber) Martin H. Schmidt (Herausgeber) Fritz Poustka (Herausgeber) C. Klassifikationssysteme 3. ICD - International Statistical Classification of Diseases and Related Health Problems Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie Kapitel V Gliederung Titel Gliederung psychischer Erkrankungen (F00-F99) F00-F09 Organische, einschließlich symptomatischer psychischer Störungen F10-F19 Psychische und Verhaltensstörungen durch psychotrope Substanzen F20-F29 Schizophrenie, schizotype und wahnhafte Störungen F30-F39 Affektive Störungen F40-F48 Neurotische, Belastungs- und somatoforme Störungen F50-F59 Verhaltensauffälligkeiten mit körperlichen Störungen und Faktoren F60-F69 Persönlichkeits- und Verhaltensstörungen F70-F79 Intelligenzstörung F80-F89 Entwicklungsstörungen F90-F98 Verhaltens- und emotionale Störungen mit Beginn in der Kindheit und Jugend F99-F99 Nicht näher bezeichnete psychische Störungen C. Klassifikationssysteme Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie 3. ICD - International Statistical Classification of Diseases and Related Health Problems • Die Entwicklung der operationalen Diagnosemodelle wird jeweils von empirischen Studien begleitet, die insbesondere Fragen der Praktikabilität und der Reliabilität der Diagnosestellung prüfen. • Das Kapitel V enthält 100 dreistellige diagnostische Hauptkategorien. • Psychische Störungen werden mit dem Buchstaben „F“ und einer maximal 5stelligen Ziffernfolge kodiert. • Die Ziffern 4 und 5 dienen einer differenzierteren Beschreibung der Störung. • Für den Bereich der psychotherapeutischen Medizin sind im engeren Sinne Abschnitte F3 - F6 von Bedeutung. • Komorbide psychische Störungen werden nebeneinander kodiert. C. Klassifikationssysteme Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie Ebene Kodierung 3. ICD - International Statistical Classification of Diseases and Related Health Problems Störung Depressive Störung 2-stellig F3 Affektive Störung 3-stellig F 32 Depressive Störung 4-stellig F 32.1 Mittelgradige depressive Episode 5-stellig F 32.11 mit somatischen Symptomen 2-stellig F4 Neurotische, Belastungs- und somatoforme Störung 3-stellig F 40 Phobische Störung 4-stellig F 40.0 Agoraphobie 5-stellig F 40.01 mit Panikstörungen Angststörung C. Klassifikationssysteme Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie 3. ICD - International Statistical Classification of Diseases and Related Health Problems Fallbeispiel 1: • • Anamnese: Der 52jährige Lehrer war bereits vor 14 Jahren erstmalig an einer depressiven Phase erkrankt und in stationär-psychiatrischer Behandlung gewesen. Nachdem sich seine Ehefrau vor einem Jahr von ihm getrennt habe, kam es erneut zu einer depressiven Symptomatik. Oft sei er Stunden bevor der Wecker klingelt wach und könne nicht mehr einschlafen. Er grüble viel und frage sich, warum es so kommen musste. Oft denke er abends vor dem Einschlafen wie schön es wäre, am nächsten Tag einfach nicht mehr aufzuwachen und alles hinter sich zu lassen. Er fühle sich völlig energielos und niedergeschlagen. Er gehe in der letzten Zeit auch nicht mehr in den Sportverein, wo er Mitglied sei. Er merke auch, dass er Probleme mit seiner Konzentration habe, weshalb er bei der Arbeit bereits Ärger mit den Kollegen habe. Außerdem habe er in den letzten Monaten wenig Appetit. Momentan sei er durch seinen Hausarzt krank geschrieben. Diagnose: Rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig schwere Episode ohne psychotische Symptome (F33.2) Quelle: http://www.depression-leitlinien.de/depression/ Komptenznetz Depression C. Klassifikationssysteme Gliederung Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie A. Einführung B. Die Praxis: Der Diagnostische Prozess C. Klassifikationssysteme 1. Kennzeichen und Ziele von Klassifiaktionssystemen 2. Geschichte der psychiatrischen Diagnostik & Klassifikation 3. ICD - International Statistical Classification of Diseases and Related Health Problems 4. DSM - Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders 5. Unterschiede und Gemeinsamkeiten ICD und DSM D. Zusatzmaterial: Vergütung und Diagnose „Roter Faden“ JudithTB Dowload: 23.6.2015 C. Klassifikationssysteme Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie 4. DSM -Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders 1994 (DSM-IV), deutsch 1996 1880 7 Kategorien für Geisteskrankheiten 1980 (DSM-III): 1984 erste deutsche Version 1952 (DSM-I): Ausarbeitung durch die APA 1893 Einführung BertillonKlassifikation (Internationales Todesursachen-verzeichnis) 1948 (ICD-6): erste offizielle Klassifikation der WHO 1968 (DSM-II) 1965 (ICD-8): Erweiterung um neue Krankheitsgruppen, internationale Kooperation bei Entwicklung 1992 (ICD-10), 1994 Einführung der ICD Forschungs-kriterien Seit 2013 DSM5 Seit 2013 ICD-10-GM 2013 C. Klassifikationssysteme Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie 4. DSM -Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders – Fith Edition, DSM5 American Psychiatric Association (APA) Diagnostisches und Statistisches Manual Psychischer Störungen - DSM-5 Deutsche Ausgabe Herausgegeben von Peter Falkai und Hans-Ulrich Wittchen, ... Winfried Rief, Henning Saß und Michael Zaudig. C. Klassifikationssysteme Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie 4. DSM -Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders DSM-5: Sechs Prinzipien 1) Deskription statt Interpretation. 2) Operationalisierung durch genau spezifizierte inhaltliche und zeitliche Kriterien und stärkere Betonung offen erfassbarer Verhaltensweisen. 3) Keine Annahme der Diskontinuität zwischen den einzelnen Störungen. 4) Keine Annahme der Diskontinuität zwischen Störung und Nicht-Störung. 5) Keine Klassifikation von Individuen, sondern von Störungen, die bei Personen vorliegen. 6) Gleiche psychische Störung bei verschiedenen Personen bedeutet nicht zwangsläufig auch gleiche Ätiologie und Behandlungsindikation. C. Klassifikationssysteme Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie 4. DSM -Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders Relevante Änderungen im neuen DSM-5: • Abschaffung der multiaxialen Einteilung aus dem DSM-IV-TR • Medizinische Krankheitsfaktoren (vormals Achse III) sollen weiterhin codiert werden, wenn Sie für das Verständnis psychischer Störungen relevant sind. • Relevante Psychosoziale und umgebungsbedingte Probleme (vormals Achse IV) sind in die Codierungen der Störungen miteingegangen. • Die GAF-Skala (vormals Achse V) ist nicht mehr Bestandteil des DSM5. • Betonung von dimensionalen und störungsübergreifenden Maßen. • Einführung neuer Diagnosen (z.B. Binge-Eating Störung, Dermatillomanie) • Diagnosen-Anzahl von 174 auf 157 reduziert. Achse Inhalt DSM IV-TR I Klinische Störungen und andere klinisch relevante Probleme. Hauptsächlich Zustandsstörungen, schwere mentale Fehlstörung und Lernunfähigkeiten (Beispiele: Schizophrenie, Angststörungen, Störungen der Impulskontrolle, Essstörungen) II Persönlichkeitsstörungen (Beispiele: Borderline-Persönlichkeitsstörung, schizoide oder paranoide Persönlichkeitsstörungen, Antisoziale Persönlichkeitsstörung) und geistige Behinderungen III Medizinische Krankheitsfaktoren. Diese Achse umfasst körperliche Probleme, die bedeutsam für die Psychische Störung sein können IV Psychosoziale und umgebungsbedingte Probleme (Beispiele: Wohnungsprobleme, Berufliche Probleme, Probleme im sozialen Umfeld) V Globale Beurteilung des Funktionsniveaus anhand der GAF-Skala. C. Klassifikationssysteme Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie 4. DSM -Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders Gliederung der Informationen zu den einzelnen Störungsbildern nach den Aspekten: • Diagnostische Merkmale • Subtypen/Zusatzcodierung • Zugehörige Merkmale und Störungen • Prävalenz • Entwicklung und Verlauf • Familiäre Verteilungsmuster • Differentialdiagnose • Komorbidität • Spezifische kulturelle, Alters- und Geschlechtsmerkmale Gliederung Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie A. Einführung B. Die Praxis: Der Diagnostische Prozess C. Klassifikationssysteme 1. Kennzeichen und Ziele von Klassifiaktionssystemen 2. Geschichte der psychiatrischen Diagnostik & Klassifikation 3. ICD - International Statistical Classification of Diseases and Related Health Problems 4. DSM - Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders 5. Unterschiede und Gemeinsamkeiten ICD und DSM D. Zusatzmaterial: Vergütung und Diagnose „Roter Faden“ JudithTB Dowload: 23.6.2015 C. Klassifikationssysteme Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie 5. Unterschiede und Gemeinsamkeiten ICD-10 und DSM-5 „In Deutschland haben wir doch die gute alte ICD...“ • Das DSM5 ist das Klassifikationssystem der USA. Es beinhaltet im Vergleich zum ICD speziellere und genauere diagnostische Kriterien. • In Deutschland ist das DSM 5 als eine ausführliche Ergänzung für die reguläre Klassifikation mit der ICD anzusehen. Für die Forschung gilt das DSM 5 als relevant. • Das DSM5 berücksichtigt im Gegensatz zur ICD-10 geschlechtsspezifische Unterschiede und geht genauer auf kulturelle Besonderheiten ein. • Das DSM-5 ist teils expliziter, präziser und „härter“. • DSM-5 als Wegweiser für ICD-11….?! C. Klassifikationssysteme Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie 5. Unterschiede und Gemeinsamkeiten ICD-10 und DSM-5 Anwendungsempfehlungen • ICD-10 zur diagnostischen Kategorisierung von psychiatrischen Hauptdiagnosen und psychisch komorbiden Störungen sowie somatischen Erkrankungen wichtig. • Die Kinder- und Jugendpsychiatrie verwendet im Gegensatz zur Erwachsenenpsychiatrie ein multiaxiales System entsprechend dem DSM. • Für Forschung empfiehlt sich die Anwendung von DSM, da es speziellere und genauere diagnostische Kriterien beinhaltet. Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie Zusatzmaterial: Vergütung und Diagnose folgt in Kürze (derzeit in Bearbeitung) Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit. Dennis Skley „Die Diee 232/365“ Download 25.8.2015 Die kompletten Foliensätze mit allen relevanten Inhalten finden Sie im Downloadbereich in moodle http://elearning.uke.uni-hamburg.de/m/course/view.php?id=6