UNIVERSITÄTSKLINIKUM DES SAARLANDES - Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie D – 66421 Homburg/Saar Neuropsychiatrie für Psychologen Affektive Störungen SS 2009 Dr. Bernd Behrendt Neuropsychiatrie für Psychologen SS 2009 UKS Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. Bernd Behrendt Folie 1 Übersicht • • • • • Ursachen, Modelle, Theorien Affektive Störungen nach ICD10 Epidemiologie Therapie affektiver Erkrankungen Psychologisch/psychotherapeutische Interventionen • Suizidalität Neuropsychiatrie für Psychologen SS 2009 UKS Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. Bernd Behrendt Folie 2 Neuropsychiatrie für Psychologen SS 2009 UKS Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. Bernd Behrendt Folie 3 Überblick: ICD10ICD10-Kategorien • • • • • • F0 F1 F2 F3 F4 F5 • • • • F6 F7 F8 F9 • F99 Organische und symptomatische psychische Störungen Psychische Störungen durch psychotrope Substanzen Schizophrenie, schizotype und wahnhafte Störungen Affektive Störungen Neurotische, Belastungs- und somatoforme Störungen Verhaltensauffälligkeiten in Verbindung mit körperlichen Störungen Persönlichkeits- und Verhaltensstörungen Intelligenzminderung Entwicklungsstörungen Verhaltens- und emotionale Störungen mit Beginn in der Kindheit und Jugend nicht näher bezeichnete psychische Störung Neuropsychiatrie für Psychologen SS 2009 UKS Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. Bernd Behrendt Folie 4 Ursachen depressiver Störungen Genetische Prädisposition Psychosoziale Belastung Persönlichkeits -faktoren Neurobiologische Veränderungen Körperliche Erkrankungen ...Coping? Depressive Symptomatik Neuropsychiatrie für Psychologen SS 2009 UKS Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. Bernd Behrendt Folie 5 Ursachen depressiver Störungen Genetische Disposition Persönlichkeitsfaktoren: Introversion, Angstneigung Imbalance der Transmittersysteme Aktivität des neuroendokrinen Systems Schlaf und zirkadiane Rhythmik Mangel an positiver Verstärkung Noradrenalin Serotonin belastende oder traumatische Lebensereignisse defizitäre Umweltbedingungen gesund depressiv depressive Symptomatik emotional / kognitiv / somatisch Neuropsychiatrie für Psychologen SS 2009 erlernte Hilflosigkeit dysfunktionale kognitive Schemata UKS Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. Bernd Behrendt Folie 6 Modell der erlernten Hilflosigkeit Neuropsychiatrie für Psychologen SS 2009 UKS Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. Bernd Behrendt Folie 7 Theorie der kognitiven Schemata Dysfunktionale Grundannahmen, rigide Schemata, negative kognitive Stile Ereignisse interne und externe Auslöser Neuropsychiatrie für Psychologen SS 2009 Automatische Gedanken Depression absolutistisch verallgemeinernd verzerrt unlogisch unangemessen emotionale somatische motorische motivationale Symptome UKS Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. Bernd Behrendt Folie 8 F 3 Affektive Störungen F30 Manische Episode F31 Bipolare affektive Störung F32 Depressive Episode F33 Rezidivierende depressive Störungen F34 Anhaltende affektive Störungen F43: Anpassungsstörungen Neuropsychiatrie für Psychologen SS 2009 UKS Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. Bernd Behrendt Folie 9 Klassifikation depressiver Störungen • Schweregrad der Depression (leichte, mittelschwere, schwere Depression) • Auftreten psychotischer Symptome (z.B. Depression/Manie mit/ohne psychotische Symptome) • Vorliegen somatischer Symptome • Krankheitsverlauf (depressive Episode, rezidivierende depressive Störung…) Neuropsychiatrie für Psychologen SS 2009 UKS Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. Bernd Behrendt Folie 10 F30 Manische Episode F30.0 F30.1 F30.2 F31.8 Hypomanie Manie ohne psychotische Symptome Manie mit psychotischen Symptomen andere manischen Episoden Neuropsychiatrie für Psychologen SS 2009 UKS Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. Bernd Behrendt Folie 11 Hypomanie (F30.0) „Eine Störung, charakterisiert durch eine anhaltende, leicht gehobene Stimmung, gesteigerten Antrieb und Aktivität und in der Regel auch ein auffallendes Gefühl von Wohlbefinden und körperlicher und seelischer Leistungsfähigkeit. Gesteigerte Geselligkeit, Gesprächigkeit, übermäßige Vertraulichkeit, gesteigerte Libido und vermindertes Schlafbedürfnis sind häufig vorhanden, aber nicht in dem Ausmaß, dass sie zu einem Abbruch der Berufstätigkeit oder zu sozialer Ablehnung führen. Reizbarkeit, Selbstüberschätzung und flegelhaftes Verhalten können an die Stelle der häufigen euphorischen Geselligkeit treten. Die Störungen der Stimmung und des Verhaltens werden nicht von Halluzinationen oder Wahn begleitet. Neuropsychiatrie für Psychologen SS 2009 UKS Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. Bernd Behrendt Folie 12 Hypomanie (F30.0) Konzentration und Aufmerksamkeit können beeinträchtigt sein, und damit auch die Fähigkeit, sich der Arbeit zu widmen, sich zu entspannen und zu erholen. Das verhindert nicht das Interesse an ganz neuen Unternehmungen und Aktivitäten oder etwas übertriebene Geldausgaben“ Zeitkriterium: Gehobene Stimmung bzw. Aktivität über mehrere Tage durchgehend; bei schwerer oder vollständiger Störung dieser Funktionen ist eine Manie (F30.1 oder F30.2) zu diagnostizieren.“ Neuropsychiatrie für Psychologen SS 2009 UKS Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. Bernd Behrendt Folie 13 Manie ohne psychotische Symptome (F30.1) „Die Stimmung ist situationsinadäquat gehoben und kann zwischen sorgloser Heiterkeit und fast unkontrollierbarer Erregung schwanken. Die gehobene Stimmung ist mit vermehrtem Antrieb verbunden, dies führt zu Überaktivität, Rededrang und vermindertem Schlafbedürfnis. Die Aufmerksamkeit kann nicht mehr aufrechterhalten werden, es kommt oft zu starker Ablenkbarkeit. Die Selbsteinschätzung ist mit Größenideen oder übertriebenem Optimismus häufig weit überhöht. Der Verlust normaler sozialer Hemmungen kann zu einem leichtsinnigen, rücksichtslosen oder in Bezug auf die Umstände unpassenden und persönlichkeitsfremden Verhalten führen.“ . Neuropsychiatrie für Psychologen SS 2009 UKS Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. Bernd Behrendt Folie 14 Manie ohne psychotische Symptome (F30.1) Zeitkriterium: Die Episode dauert mindestens eine Woche lang und ist schwer genug, um die berufliche und soziale Funktionsfähigkeit mehr oder weniger vollständig zu unterbrechen. Die gehobene Stimmung ist dabei von vermehrtem Antrieb und mehreren der genannten Symptome, besonders Rededrang, vermindertem Schlafbedürfnis, Größenideen und übertriebenem Optimismus begleitet. Neuropsychiatrie für Psychologen SS 2009 UKS Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. Bernd Behrendt Folie 15 Manie mit psychotischen Symptomen (F30.2) Zusätzlich zu dem unter F30.1 beschriebenen klinischen Bild treten Wahn (zumeist Größenwahn) oder Halluzinationen (zumeist Stimmen, die unmittelbar zum Betroffenen sprechen) auf. Die Erregung, die ausgeprägte körperliche Aktivität und die Ideenflucht können so extrem sein, dass der Betroffene für eine normale Kommunikation unzugänglich wird. Neuropsychiatrie für Psychologen SS 2009 UKS Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. Bernd Behrendt Folie 16 Bipolare affektive Störung (F31) F31.0 F31.1 F31.2 F31.3 gegenwärtig hypomanische Episode gegenwärtig manische Episode ohne psychotische Symptome gegenwärtig manische Episode mit psychotischen Symptomen gegenwärtig mittelgradige oder leichte depressive Episode F31.30 ohne somatische Symptome F31.31 mit somatischen Symptomen Neuropsychiatrie für Psychologen SS 2009 UKS Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. Bernd Behrendt Folie 17 Bipolare affektive Störung (F31) F31.4 F31.5 F31.6 F31.7 F31.8 F31.9 gegenwärtig schwere depressive Episode ohne psychotische Symptome gegenwärtig schwere depressive Episode mit psychotischen Symptomen gegenwärtig gemischte Episode gegenwärtig remittiert andere bipolare affektive Störung (z.B. rezidivierende manische Episoden) nicht näher bezeichnete bipolare Störung Neuropsychiatrie für Psychologen SS 2009 UKS Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. Bernd Behrendt Folie 18 Bipolare affektive Störung (F31) Hierbei handelt es sich um eine Störung, die durch wenigstens zwei Episoden charakterisiert ist, in denen Stimmung und Aktivitätsniveau des Betroffenen deutlich gestört sind. Diese Störung besteht einmal in gehobener Stimmung, vermehrtem Antrieb und Aktivität (Hypomanie oder Manie), dann wieder in einer Stimmungssenkung und vermindertem Antrieb und Aktivität (Depression). Wiederholte hypomanische oder manische Episoden sind ebenfalls als bipolar zu klassifizieren. Beginn häufig abrupt (?), Dauer zwischen 2 Wochen und 4-5 Monaten. Neuropsychiatrie für Psychologen SS 2009 UKS Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. Bernd Behrendt Folie 19 Bipolare affektive Störung (F31) gehoben Manie ohne psychotische Symptome mit (sub)depressiver Hypomanie Nachschwankung Stimmung/Antrieb schwere depressive Episode 1 2 3 Zeit (Jahre) G Gesenkt Schwere depressive Episode Neuropsychiatrie für Psychologen SS 2009 UKS Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. Bernd Behrendt Folie 20 Depressive Störungen Epidemiologie • Punktprävalenz: 10-15% der Gesamtbevölkerung leiden derzeit an einer Depression • Lebenszeitprävalenz Frauen: 10-25% Männer: 5-12% • Rezidive in >50% • mind. 10% der Patienten in einer allgemeinmedizinischen Praxis leiden an einer Depression Neuropsychiatrie für Psychologen SS 2009 UKS Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. Bernd Behrendt Folie 21 Depressive Episode (F32) F32.0 F32.1 F32.2 F32.3 F32.8 leichte depressive Episode F32.00 ohne somatische Symptome F32.01 mit somatischen Symptomen mittelgradige depressive Episode F32.10 ohne somatische Symptome F32.11 mit somatischen Symptomen schwere depressive Episode ohne psychotische Symptome schwere depressive Episode mit psychotischen Symptomen andere depressive Episode Neuropsychiatrie für Psychologen SS 2009 UKS Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. Bernd Behrendt Folie 22 Depressive Episode (F32) - depressive Verstimmung Interessenverlust, Freudlosigkeit Verminderung des Antriebs Verminderung der Energie erhöhte Ermüdbarkeit Aktivitätseinschränkung Appetit-/Gewichtsverminderung Schlafstörungen psychomotorische Erregung / Hemmung Energieverlust / Ermüdbarkeit Gefühle der Wertlosigkeit / Schuldgefühle Neuropsychiatrie für Psychologen SS 2009 UKS Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. Bernd Behrendt Folie 23 Depressive Episode (F32) - Konzentrations-, Aufmerksamkeits- und Entscheidungsstörungen - Negative und pessimistische Zukunftsperspektive - wiederkehrende Gedanken an den Tod, Suizidideen, Selbstverletzungen - Verlust des Selbstvertrauens / Selbstwertgefühls - Frühmorgendliches Erwachen (2 oder mehr Stunden vor der üblichen Zeit) - Morgentief - Deutlicher Libidoverlust - Dauer: mindestens 2 Wochen - Schweregrad: leicht (4-5), mittelgradig (6-8), schwer (>8) Neuropsychiatrie für Psychologen SS 2009 UKS Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. Bernd Behrendt Folie 24 Depressives Syndrom Vorkommen: • unipolare und bipolare affektive Störungen F31, F32, F33 • Dysthymia F34.1 • Schizoaffektive Störung F25.1 • organische depressive Störung F06.32 • Anpassungsstörung (depressive Reaktion) F43.2 Neuropsychiatrie für Psychologen SS 2009 UKS Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. Bernd Behrendt Folie 25 Symptome einer Depression Verhalten emotional physiologisch kognitiv Körperhaltung: kraftlos, gebeugt, spannungsleer, Rückzug traurig, verzweifelt, innerlich unruhig, ängstlich, feindselig, innerlich getrieben, resigniert, Gefühl der Gefühllosigkeit schlaflos, appetitlos, antriebslos, Schwäche, wetterfühlig, (Kopf)schmerzempfindlich, VerdauungsProbleme, Morgentief, Müdigkeit interesselos, traurig, negatives Denken, misserfolgsorientiert, Grübeln, Wahngedanken, Zwänge, Zweifel, abhängig, ohne Kontrollmögichkeiten, Suizidgedanken Mimik: maskenhaft, versteinert, weinerlich Sprache: leise, monoton Neuropsychiatrie für Psychologen SS 2009 UKS Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. Bernd Behrendt Folie 26 Tagesschwankungen gehoben Zerhackter Schlaf( 2. Nachthälfte) Schlaf (1. Nachthälfte) Vorzeitiges Erwachen 6 12 18 24 Zeit (Stunden) gesenkt Neuropsychiatrie für Psychologen SS 2009 UKS Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. Bernd Behrendt Folie 27 Rezidivierende depressive Störung (F33) F33.0 F33.1 F33.2 F33.3 F33.4 F33.8 gegenwärtig leichte Episode F33.00 ohne somatische Symptome F33.01 mit somatischen Symptomen gegenwärtig mittelgradige Episode F33.10 ohne somatische Symptome F33.11 mit somatischen Symptomen gegenwärtig schwere Episode ohne psychotische Symptome gegenwärtig schwere Episode mit psychotischen Symptomen gegenwärtig remittiert andere rezidivierende depressive Störung Neuropsychiatrie für Psychologen SS 2009 UKS Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. Bernd Behrendt Folie 28 Rezidivierende depressive Störung (F33) Hierbei handelt es sich um eine Störung, die durch wiederholte depressive Episoden (F32.0 – F32.3) charakterisiert ist. In der Anamnese finden sich dabei keine unabhängigen Episoden mit gehobener Stimmung und vermehrtem Antrieb (Manie). Kurze Episoden von leicht gehobener Stimmung und Überaktivität (Hypomanie) können allerdings unmittelbar nach einer depressiven Episode, manchmal durch eine anti-depressive Behandlung mitbedingt, aufgetreten sein. Der Beginn kann akut oder schleichend sein, die Dauer reicht von wenigen Wochen bis zu vielen Monaten. Risiko, eine manische Episode zu entwickeln, ist stets vorhanden. Neuropsychiatrie für Psychologen SS 2009 UKS Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. Bernd Behrendt Folie 29 Anhaltende affektive Störungen (F34) F34.0 Zyklothymia (andauernde Instabilität der Stimmung mit zahlreichen Perioden leichter Depression und leicht gehobener Stimmung, die nicht die Kriterien F30 – F33 erfüllen) F34.1 Dysthymia (chronische depressive Verstimmung, die nicht die Kriterien einer leichten oder mittelgradigen rezidivierenden depressiven Störung (F33.0 oder F33.1) erfüllen; früher: depressive Neurose, neurotische Depression) F34.8 andere anhaltende affektive Störungen Neuropsychiatrie für Psychologen SS 2009 UKS Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. Bernd Behrendt Folie 30 Anhaltende affektive Störungen (F34) Hierbei handelt es sich um anhaltende und meist fluktuierende Stimmungsstörungen, bei denen die Mehrzahl der einzelnen Episoden nicht ausreichend schwer genug sind, um als hypomanische oder auch nur leichte depressive Episoden gelten zu können. Da sie jahrelang, manchmal den größeren Teil des Erwachsenenlebens, andauern, ziehen sie beträchtliches subjektives Leiden und Beeinträchtigungen nach sich. Gelegentlich können rezidivierende oder einzelne manische oder depressive Episoden eine anhaltende affektive Störung überlagern. Neuropsychiatrie für Psychologen SS 2009 UKS Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. Bernd Behrendt Folie 31 Verlaufsformen depressiver Störungen Manie Hypomanie Stimmungsschwankung Manie Depression Dysthymia Zyklothymia schwere Depression Neuropsychiatrie für Psychologen SS 2009 unipolare Depression Bipolar IStörung UKS Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. Bernd Behrendt Bipolar IIStörung Folie 32 Psychologische Diagnostik Selbstbeurteilungsbögen • Becks Depressionsinventar (BDI) • Fragebogen zur Diagnose von Depression (FDD) Fremdbeurteilungsbögen • Hamilton Depression-Ratingskala (HDRS) • Strukturiertes Klinisches Interview für psychische Störungen (SKID) • Diagnostisches Expertensystem für psychische Störungen (DIA-X) Verlaufsbeurteilung • Allgemeine Depressionsskala (ADS) Neuropsychiatrie für Psychologen SS 2009 UKS Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. Bernd Behrendt Folie 33 Therapieempfehlungen der Bevölkerung Frage: Welche Behandlungsmethode würden Sie empfehlen? % 70 60 50 Schizophrenie (n=936) 40 Depression (n=843) 30 20 Angstneurose (n=797) Neuropsychiatrie für Psychologen SS 2009 Akupunktur Psychopharmaka Meditation/Yoga Entspannungsübungen Psychotherapie 0 Naturheilmittel 10 UKS Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. Bernd Behrendt Folie 34 Therapie depressiver Störungen • Psychopharmakotherapie (Antidepressiva, Neuroleptika, Medikamente zur Phasenprophylaxe, Anxiolytika, Hypnotika) • Psychotherapie, Psychoedukation • Soziotherapie • Somatische Therapien (Lichttherapie, Schlafentzug, Elektrokrampftherapie (nur bei schwersten therapieresistenten Depressionen) Neuropsychiatrie für Psychologen SS 2009 UKS Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. Bernd Behrendt Folie 35 Psychotherapie oder Antidepressiva? • bei leichter bis mittelschwerer Depression ist der Erfolg von Psychotherapie (VT, IPT) mit dem von Antidepressiva vergleichbar • bei schwerer Depression zeigen die meisten Studien für Antidepressiva die bessere Wirkung • für die Langzeittherapie bzw. Rezidivprophylaxe scheint die Kombination von medikamentöser und Psychotherapie am wirksamsten zu sein Neuropsychiatrie für Psychologen SS 2009 UKS Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. Bernd Behrendt Folie 36 Antidepressiva Trizyklische Antidepressiva Tetrazyklische Antidepressiva MAO-Hemmer SSRI NARI Amitryptilin, Doxepin Maprotilin Moclobemid Paroxetin, Citalopram Reboxetin • kein genereller Wirkunterschied zwischen den Gruppen • Antidepressive Wirkung oft erst nach etwa 10 – 20 Tagen • Bei etwa 30% kein ausreichender Therapieerfolg nach 4-6 wöchiger Behandlung Neuropsychiatrie für Psychologen SS 2009 UKS Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. Bernd Behrendt Folie 37 Nebenwirkungen Trizyklische Antidepressiva • vegetative Störungen • anticholinerge Nebenwirkungen (Harnverhalt, Obstipation, Akkomodationsstörung, Delir) • kardiovaskuläre Störungen (orthostatische Hypotonie) • kognitive Störungen • Auslösung manischer oder schizophrener Phasen möglich • Gewichtszunahme Neuropsychiatrie für Psychologen SS 2009 UKS Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. Bernd Behrendt Folie 38 Nebenwirkungen MAO-Hemmer • hypertone Blutdruckkrisen • Schwindel • Kopfschmerzen • Unruhezustände Neuropsychiatrie für Psychologen SS 2009 UKS Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. Bernd Behrendt Folie 39 Nebenwirkungen SSRI • Innere Unruhe • Schlafstörungen • Übelkeit & Erbrechen • Gastrointestinale Störungen • Inappetenz • Kopfschmerzen Neuropsychiatrie für Psychologen SS 2009 UKS Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. Bernd Behrendt Folie 40 Neuropsychiatrie für Psychologen SS 2009 UKS Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. Bernd Behrendt Folie 41 Kognitive Verhaltenstherapie (Hautzinger) Behandlungselemente • Aufbau positiver Aktivitäten • Veränderung von Kognitionen • Verbesserung sozialer Fertigkeiten • Beibehaltung des Therapieerfolgs Neuropsychiatrie für Psychologen SS 2009 UKS Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. Bernd Behrendt Folie 42 Kognitive Verhaltenstherapie Generelles Ziel: • Erreichen eines angemessenen Aktivitätsniveaus mit ausgewogener Verteilung von angenehmen, positiv erlebten Tätigkeiten und neutralen, unangenehmen Tätigkeiten; • Reduzierung depressionsfördender Tätigkeiten Neuropsychiatrie für Psychologen SS 2009 UKS Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. Bernd Behrendt Folie 43 Kognitive Verhaltenstherapie Vorgehen – Selbsteinschätzung und Sammlung der Ausgangsdaten – Prinzip der Verstärkung/Selbstverstärkung vermitteln – Planung und Durchführung positiver Aktivitäten – Reduktion depressionsfördernder Aktivitäten Neuropsychiatrie für Psychologen SS 2009 UKS Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. Bernd Behrendt Folie 44 Kognitive Verhaltenstherapie Verhaltensziel: Erkennen, Überprüfen und Verändern der gestörten Grundannahmen, Einstellungen und Überzeugungen Methode: Sokratischer Dialog Neuropsychiatrie für Psychologen SS 2009 UKS Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. Bernd Behrendt Folie 45 Kognitive Verhaltenstherapie Veränderung von Kognitionen Bestandteile: – Beobachten und Erkennen automatischer Gedanken – Tagesprotokoll negativer Gedanken – Bennennen von kognitiven Fehlern und kognitive Neubenennung – Identifikation und Modifikation der Grundannahmen Neuropsychiatrie für Psychologen SS 2009 UKS Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. Bernd Behrendt Folie 46 Kognitive Verhaltenstherapie Verbesserung sozialer Fertigkeiten Ziele: – – – – erkennen und durchsetzen eigener Wünsche Äußerung positiver Gefühle soziale Kontakte und Aktivitäten verbessern Problemlösefähigkeit verbessern Methoden: – Verhaltensbeobachtung – Rollenspiel – Verhaltensübungen in der Realsituation Neuropsychiatrie für Psychologen SS 2009 UKS Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. Bernd Behrendt Folie 47 Kognitive Verhaltenstherapie Verbesserung sozialer Fertigkeiten Vorgehen: – Einschätzung individueller sozialer Kompetenz und Vermittlung sozialer Grundfertigkeiten – Bearbeitung individueller Problembereiche Neuropsychiatrie für Psychologen SS 2009 UKS Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. Bernd Behrendt Folie 48 Kognitive Verhaltenstherapie Beibehaltung des Therapieerfolgs Ziel: - Patient soll Fähigkeit zur Eigensteuerung erreichen, um erste Anzeichen depressiver Verstimmung frühzeitig zu erkennen und ihnen entgegenzuwirken Vorgehen: - Aufrechterhaltung bzw. Erhöhung positiver Aktivitäten - Hilfen zur Stabilisierung veränderter Kognitionen geben - rechtzeitiges Erkennen depressionsauslösender Ereignisse entwickeln - Planung der Zukunft Neuropsychiatrie für Psychologen SS 2009 UKS Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. Bernd Behrendt Folie 49 Kognitiv-Verhaltenstherapeutisches KognitivGruppenprogramm (Lewinsohn) • • • • • Integratives Modell multimodal inhaltlich und formal strukturiert 6-8 Teilnehmer, 1-2 Therapeuten Vorträge, Diskussionen, Rollenspiele u. strukturierte Aufgaben • übungs- und zielorientiert • psychoedukative Intervention Neuropsychiatrie für Psychologen SS 2009 UKS Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. Bernd Behrendt Folie 50 Kognitiv-Verhaltenstherapeutisches KognitivGruppenprogramm (Lewinsohn) • Patienten, mit „subklinischer“ Symptomatik, mit depressiver Episode in Vorgeschichte, oder unipolarer Depression • Depressionsprophylaxe und Rückfallprophylaxe • breite Anwendungsmöglichkeit (modifizierte Version für depressive Jugendliche und ältere Menschen) • während der Behandlung Begleitdiagnostik und Verlaufskontrolle Neuropsychiatrie für Psychologen SS 2009 UKS Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. Bernd Behrendt Folie 51 Suizidalität Risikofaktoren für Suizid • Soziale Faktoren – Männer, Alter > 45 Jahre, Arbeitslosigkeit, Pensionierung • Klinische Faktoren – Depression, chronische psychische Erkrankung, Persönlichkeitsstörungen – Alkohol, Drogen – frühere Suizidversuche, Suizide in der Familie oder im Bekanntenkreis Neuropsychiatrie für Psychologen SS 2009 UKS Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. Bernd Behrendt Folie 52 Suizidalität Suizidgedanken häufig bei Depression • 15% versterben durch Suizid • 20-60% weisen einen Suizidversuch auf • 40-70% haben Suizidideen • Die meisten Patienten, die sich suizidieren, suchen in den Wochen zuvor einen Arzt auf • Suizidalität soll angesprochen werden Neuropsychiatrie für Psychologen SS 2009 UKS Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. Bernd Behrendt Folie 53 Suizidalität Einschätzung der Suizidalität • Wunsch nach Veränderung • Todeswünsche • Suizidideen • Suizidpläne • Suizidmethoden • Parasuizidale Handlungen • Familienanamnese Neuropsychiatrie für Psychologen SS 2009 UKS Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. Bernd Behrendt Folie 54 Neuropsychiatrie für Psychologen SS 2009 UKS Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. Bernd Behrendt Folie 55 Neuropsychiatrie für Psychologen SS 2009 UKS Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. Bernd Behrendt Folie 56 Neuropsychiatrie für Psychologen SS 2009 UKS Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. Bernd Behrendt Folie 57 Literatur Gabi PitschelPitschel-Walz Josef Bäuml Werner Kissling. 2003. Psychoedukation Depressionen. München: Urban & Fischer. Neuropsychiatrie für Psychologen SS 2009 UKS Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. Bernd Behrendt Folie 58 Literatur Gabi PitschelPitschel-Walz 2003. Lebensfreude zurückgewinnen. Ratgeber für Menschen mit Depressionen und deren Angehörige. München: Urban & Fischer. Neuropsychiatrie für Psychologen SS 2009 UKS Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. Bernd Behrendt Folie 59 Ein Antidepressivum zum Schluss.... Neuropsychiatrie für Psychologen SS 2009 UKS Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. Bernd Behrendt Folie 60