UNIVERSITÄTSKLINIKUM DES SAARLANDES - Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie D – 66421 Homburg/Saar Neuropsychiatrie für Psychologen Suchterkrankungen SS 2009 Dr. Bernd Behrendt Neuropsychiatrie für Psychologen SS 2009 UKS Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. Bernd Behrendt Folie 1 Übersicht • Störungen durch psychotrope Substanzen nach ICD10 • Begriffsbestimmungen, Zahlen, Symptomatik • Alkoholbedingte Störungen • Drogenbedingte Störungen Neuropsychiatrie für Psychologen SS 2009 UKS Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. Bernd Behrendt Folie 2 Neuropsychiatrie für Psychologen SS 2009 UKS Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. Bernd Behrendt Folie 3 Das v erk nüpfte Bild k ann nicht angezeigt werden. Möglicherweise wurde die Datei v erschoben, umbenannt oder gelöscht. Stellen Sie sicher, dass die Verk nüpfung auf die k orrek te Datei und den k orrek ten Speicherort zeigt. Der Kleine Prinz ANTOINE DE SAINT-EXUPÈRY Kapitel XII Den nächsten Planeten bewohnte ein Säufer. Dieser Besuch war sehr kurz, aber er tauchte den kleinen Prinzen in eine tiefe Schwermut. »Was machst du da?« fragte er den Säufer, den er stumm vor einer Reihe leerer und einer Reihe voller Flaschen sitzend antraf. »Ich trinke«, antwortete der Säfer mit düsterer Miene. »Warum trinkst du?« fragte ihn der kleine Prinz. »Um zu vergessen«, antwortete der Säufer. »Um was zu vergessen?« erkundigte sich der kleine Prinz, der ihn schon bedauerte. »Um zu vergessen, daß ich mich schäme«, gestand der Säufer und senkte den Kopf. »Weshalb schämst du dich?« fragte der kleine Prinz, der den Wunsch hatte, ihm zu helfen. »Weil ich saufe!« endete der Säufer und verschloß sich endgültig in sein Schweigen. Und der kleine Prinz verschwand bestürzt. Die großen Leute sind entschieden sehr, sehr wunderlich, sagte er zu sich auf seiner Neuropsychiatrie für Psychologen SS 2009 UKS Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. Bernd Behrendt Reise. Folie 4 Überblick: ICD10-Kategorien • • • • • • F0 F1 F2 F3 F4 F5 • • • • F6 F7 F8 F9 • F99 Organische und symptomatische psychische Störungen Psychische Störungen durch psychotrope Substanzen Schizophrenie, schizotype und wahnhafte Störungen Affektive Störungen Neurotische, Belastungs- und somatoforme Störungen Verhaltensauffälligkeiten in Verbindung mit körperlichen Störungen Persönlichkeits- und Verhaltensstörungen Intelligenzminderung Entwicklungsstörungen Verhaltens- und emotionale Störungen mit Beginn in der Kindheit und Jugend nicht näher bezeichnete psychische Störung Neuropsychiatrie für Psychologen SS 2009 UKS Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. Bernd Behrendt Folie 5 F 1 Psychische und Verhaltensstörungen durch psychotrope Substanzen (ICD 10) F10 Störungen durch Alkohol F11 Störungen durch Opioide F12 Störungen durch Cannabinoide F13 Störungen durch Sedativa oder Hypnotika F14 Störungen durch Kokain F15 Störungen durch andere Stimulantien, einschliesslich Koffein Neuropsychiatrie für Psychologen SS 2009 UKS Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. Bernd Behrendt Folie 6 F 1 Psychische und Verhaltensstörungen durch psychotrope Substanzen (ICD 10) F16 Störungen durch Halluzinogene F17 Störungen durch Tabak F18 Störungen durch flüchtige Lösungsmittel F19 Störungen durch multiplen Substanzgebrauch und Konsum anderer psychotroper Substanzen Neuropsychiatrie für Psychologen SS 2009 UKS Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. Bernd Behrendt Folie 7 Begriffsbestimmungen Sucht leitet sich aus dem altgermanischen ab: Suht = Krankheit Siechtum Neuropsychiatrie für Psychologen SS 2009 UKS Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. Bernd Behrendt Folie 8 Begriffsbestimmungen Seelische Abhängigkeit das unwiderstehliche Verlangen, nach einer weiteren oder dauernden Einnahme einer Substanz, um Lust zu erzeugen und Missbehagen zu vermeiden. Körperliche Abhängigkeit Ist ein Zustand des Organismus, in dem gegenüber der Droge eine Toleranz entwickelt worden ist. Um ein Entzugssyndrom zu vermeiden, muss die Droge ständig zugeführt werden. Neuropsychiatrie für Psychologen SS 2009 UKS Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. Bernd Behrendt Folie 9 Begriffsbestimmungen Toleranzentwicklung Nach längerem Gebrauch muss die Dosis gesteigert werden, um die gleiche Wirkung zu erzielen Entzugssyndrom Symptome, die nach längerem Gebrauch und deren nachfolgendem Absetzen der Substanz auftreten Neuropsychiatrie für Psychologen SS 2009 UKS Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. Bernd Behrendt Folie 10 Begriffsbestimmungen Suchtpotential „Fähigkeit“ einer Substanz, bei einem Menschen Abhängigkeit zu erzeugen; korreliert mit der Anzahl der Menschen, die davon abhängig werden und der Geschwindigkeit der Abhängigkeitsentwicklung Polytoxikomanie Mehrfachabhängigkeit; die Betroffenen haben mindestens 6 Monate lang wiederholt mindestens 3 unterschiedliche psychotrope Substanzen konsumiert. Neuropsychiatrie für Psychologen SS 2009 UKS Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. Bernd Behrendt Folie 11 Begriffsbestimmungen Missbrauch (Abusus)/schädlicher Konsum bezeichnet die Verwendung von Medikamenten oder Genussmitteln ohne medizinische Indikation und/oder in übermäßiger Dosierung; oft ist es noch möglich, dass die Betroffenen aufgrund eigener Anstrengungen den Missbrauch beenden können, häufig aber auch die Vorstufe zur Abhängigkeit. - Der Suchtmittelkonsum führt zur Vernachlässigung von Pflichten - Das Suchtmittel wird trotz körperlicher Risiken konsumiert. - Das Suchtmittel wird konsumiert, obwohl Probleme mit der Polizei auftreten (z.B. Führerscheinentzug) - Das Suchtmittel wird konsumiert, obwohl psychosoziale Folgeprobleme auftreten Missbrauch = Mindestens eines dieser Kriterien im letzten Jahr Neuropsychiatrie für Psychologen SS 2009 UKS Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. Bernd Behrendt Folie 12 Begriffsbestimmungen Abhängigkeit (nach ICD-10) • starker Wunsch oder eine Art „Zwang“, Suchtmittel zu konsumieren • verminderte Kontrollfähigkeit • körperliches Entzugssyndrom • Nachweis einer Toleranz • fortschreitende Vernachlässigung anderer Vergnügen oder Interessen • anhaltender Konsum trotz Nachweises eindeutiger schädlicher Folgen (Mindestens drei dieser Kriterien gleichzeitig im letzten Jahr) Neuropsychiatrie für Psychologen SS 2009 UKS Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. Bernd Behrendt Folie 13 Diagnostik Veränderungen von Laborwerten pathologische Erhöhung bei - Gamma-Glutamyl-Transferase (Gamma-GT) bei 70-80% der Alkoholabhängigen erhöht - mittleres Erythrozytenvolumen (MCV), bei mehr als zwei Dritteln der Alkoholabhängigen - Leberenzyme GOT und GPT erhöht - ebenso das „Carbohydrate-deficient transferrin“ CDT Neuropsychiatrie für Psychologen SS 2009 UKS Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. Bernd Behrendt Folie 14 Diagnostik Zusatzdiagnosen bei Alkoholabhängigen (Komorbidität) • bei 40-60% der alkoholabhängigen Frauen - Angststörungen und depressive Syndrome - seltener Persönlichkeitsstörungen • bei Männern 20-40% psychiatrische Komorbidität - depressive Erkrankungen - Angststörungen - Persönlichkeitsstörungen - 10% zusätzlich abhängig von anderen Substanzen • bei Komorbidität intensivere Behandlung, schlechtere Prognose Neuropsychiatrie für Psychologen SS 2009 UKS Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. Bernd Behrendt Folie 15 Einige Zahlen... - in Deutschland gibt es ca. 2 Millionen Alkoholabhängige: - 5 % der erwachsenen Männer - 2 % der erwachsenen Frauen - der jährliche pro-Kopf-Konsum beträgt etwa 12 Litern reinen Alkohol - Todesfälle an Leberzirrhosen korrelieren mit dem Alkoholkonsum - hohe Suizidraten Behandlungsprävalenz - 30% aller Patienten in psychiatrischen Krankenhäusern - 20% Alkoholabhängige in internistischen und chirurgischen Abteilungen - 10% der Patientinnen in der Gynäkologie Neuropsychiatrie für Psychologen SS 2009 UKS Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. Bernd Behrendt Folie 16 Relative Häufigkeit der Abhängigkeitserkrankungen Neuropsychiatrie für Psychologen SS 2009 UKS Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. Bernd Behrendt Folie 17 Entwicklung von Abhängigkeit Biologische Faktoren (Rezeptoren) Genetische Faktoren Soziale Faktoren Lerngeschichte Sucht Persönlichkeitsstruktur Neuropsychiatrie für Psychologen SS 2009 Aktuelle Belastungen Verfügbarkeit der Droge UKS Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. Bernd Behrendt Folie 18 Dispositions-Expositions-Modell hohe Disposition niedrige Exposition a krank niedrige Disposition hohe Exposition b gesund Neuropsychiatrie für Psychologen SS 2009 c UKS Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. Bernd Behrendt Folie 19 Dispositions-Expositions-Modell Heroin a krank Alkohol b gesund Neuropsychiatrie für Psychologen SS 2009 c UKS Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. Bernd Behrendt Folie 20 Alkoholbedingte Störungen Entwicklungsstadien (nach Jellinek): • Präalkoholische Phase Trinken zum Spannungsabbau, erhöhte Alkoholtoleranz • Prodromalphase weitere Toleranzentwicklung, heimliches Trinken, amnestische Lücken • Kritische Phase starke psychische Abhängigkeit, beginnende Wesensänderung • Chronische Phase prolongierte Räusche, beginnende Alkoholintoleranz, morgendliche Entzugserscheinungen Neuropsychiatrie für Psychologen SS 2009 UKS Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. Bernd Behrendt Folie 21 Typologie nach Jellinek Typ Muster Abhängigkeit Kennzeichen Alpha Konflikt-Trinker zeitweise psychisch Kein Kontrollverlust Fähigkeit zur Abstinenz GelegenheitsTrinker keine Kein Kontrollverlust Fähigkeit zur Abstinenz Zuerst psychisch dann physisch Kontrollverlust zeitweise Fähigkeit zur Abstinenz physisch Kein Kontrollverlust Unfähigkeit zur Abstinenz psychisch Kontrollverlust Fähigkeit zur Abstinenz 5% Beta 5% Gamma Süchtiger 65% Trinker Delta GewohnheitsTrinker 20% Epsilon Episodischer 5% Trinker ‚Dipsomanie‘ Neuropsychiatrie für Psychologen SS 2009 UKS Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. Bernd Behrendt Folie 22 Typologie nach Cloninger Typ Kennzeichen I Später Krankheitsbeginn Kaum familiäre Belastung Keine Geschlechterpräferenz Bessere Prognose II Beginn vor dem 25. Lebensjahr Erhöhte familiäre Belastung Eher männlich Häufig in Kombination mit antisozialer Persönlichkeitsstörung Schlechtere Prognose Neuropsychiatrie für Psychologen SS 2009 UKS Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. Bernd Behrendt Folie 23 Symptomatik Einfacher Alkoholrausch: Psychopathologie Vegetative Symptome Neuropsychiatrie für Psychologen SS 2009 Bewußtseinstrübung Durchgangssyndrom Denk-, Konzentrationsstörungen Euphorie und Enthemmung Depressive Verstimmung Erhöhte Suizidgefahr Gesichtsrötung, Augentränen, Tachykardie, Schwitzen, Übelkeit UKS Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. Bernd Behrendt Folie 24 Symptomatik Alkoholwirkung: ab 0,3‰ Euphorisierung, Enthemmung, Reaktionsverlangsamung 0,8 - 1,2‰ Angetrunkenheit: erste Anzeichen von Störungen der Koordination 1,2 - 1,6‰ leichter Rausch: ausgeprägte Enthemmung mit Situationsverkennung und Fehleinschätzung von Gefahrensituationen, erhebliche Störung von Aufmerksamkeit und Reaktionsvermögen, Gangunsicherheit, lallende Sprache 1,6 - 2,0‰ sukzessive Zunahme der erwähnten Merkmale > 2,0‰ schwerer Rausch: zunehmende Schwerbesinnlichkeit mit Übergang in Somnolenz; erheblich eingeschränkte Steuerungsfähigkeit Neuropsychiatrie für Psychologen SS 2009 UKS Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. Bernd Behrendt Folie 25 Symptomatik Alkoholentzugssyndrom (Prädelir): Magen-Darm-Trakt: Brechreiz, Durchfälle Kreislauf: Tachykardie, Hypertonie Atmung: Tachypnoe Vegetativum: erhöhte Schweißneigung, Schlafstörungen ZNS: generalisierte Krampfanfälle, Tremor, Dysarthrie, Ataxie, innere Unruhe, Antriebssteigerung, ängstliche, dysphorische, depressive Verstimmung, (opt.)Halluzinationen, Wahrnehmungsstörungen Generalisierte Krampfanfälle Folie 26 Neuropsychiatrie für Psychologen SS 2009 UKS Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. Bernd Behrendt Symptomatik Alkoholentzugssyndrom (Prädelir): • Das Entzugssyndrom klingt in der Regel nach 3 bis 7 Tagen ab • Bei etwa einem Drittel ist eine medikamentöse Mitbehandlung erforderlich (z.B. Distraneurin, Carbamazepin oder Benzodiazepine) Neuropsychiatrie für Psychologen SS 2009 UKS Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. Bernd Behrendt Folie 27 Symptomatik Alkoholdelir (Delirium Tremens) : • Tritt bei 5 – 15% aller Alkoholabhängigen auf • Auslöser oft „Gelegenheitsursachen“ (z.B. Infekte, Unfälle, die das Fortsetzen des Konsums nicht zulassen) • Letalitätsrate bei 25%, wenn unbehandelt • Dauer ca. 3-5 Tage • Symptomatik ist ausgeprägter als beim Prädelir • Interindividuelle Unterschiede bei der Symptomatik UKS Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. Bernd Behrendt Neuropsychiatrie für Psychologen SS 2009 Folie 28 Symptomatik Alkoholdelir (Delirium Tremens) : • • • • • • • • Bewusstseinstrübung Desorientiertheit Situations- und Personenverkennung Optische Halluzinationen und Akoasmen Paranoides Erleben Erhöhte Suggestibilität Hypermotorik (Nesteln, Herumsuchen) Ausgeprägte vegetative, psychische und körperliche Symptomatik Neuropsychiatrie für Psychologen SS 2009 UKS Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. Bernd Behrendt Folie 29 Symptomatik Alkoholhalluzinose : • • • • • akustische Halluzinationen Dauer: einige Tage bis mehrere Monate Patienten sind meist zeitlich und örtlich orientiert keine vegetativen Entgleisungen Patienten wissen, dass sie halluzinieren („Pseudohalluzinationen“) • ängstliche Grundstimmung • Symptome bilden sich bei Abstinenz und Therapie mit Antipsychotika zurück • bei fortgesetztem Abusus Chronifizierung möglich Neuropsychiatrie für Psychologen SS 2009 UKS Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. Bernd Behrendt Folie 30 Symptomatik Wernicke-Enzephalopathie : • schwerste Alkoholfolgeerkrankung • Bewusstseinstrübung • amnestisches Syndrom • neurologische Symptome (pathologischer Nystagmus, Augenmuskellähmungen, Pupillenstörung, Ataxie) Atrophie der Corpora mamillaria Neuropsychiatrie für Psychologen SS 2009 UKS Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. Bernd Behrendt Folie 31 Symptomatik Korsakow-Syndrom: • • • • • • amnestisches Syndrom kann bei verschiedensten Hirnschädigungen auftreten gekennzeichnet durch 1. Desorientierung zu Zeit, Ort und evtl. eigener Person 2. Merkfähigkeitsstörung (besonders KZG) 3. Konfabulationen Kann sich nach einem Alkoholdelir entwickeln prinzipiell rückbildungsfähig, oft aber chronischer Verlauf Letalität 15 – 20% Neuropsychiatrie für Psychologen SS 2009 UKS Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. Bernd Behrendt Folie 32 Symptomatik Folgen: neurologisch psychiatrisch internistisch sozial: Neuropsychiatrie für Psychologen SS 2009 - Anfälle, Wernicke-Syndrom, Korsakow-Syndrom, Atrophie (Groß- und Kleinhirn) Polyneuropathie, Myopathie - Delir, Halluzinose, Wesensänderung, KorsakowSyndrom, Demenz - Magen-Darm-Trakt (Magenschleimhaut- LeberBauchspeicheldrüsenentzündung, Leberzirrhose, Mangelernährung, B1-Mangel, Karzinome), Herzmuskelerkrankung, Bluthochdruck, hormonell: Hodenatrophie, erniedrigtes Testosteron und erhöhtes Östrogen, Abwehrschwäche, Infektionskrankheiten (z.B. Tuberkulose) - Invalidität, Delikte, Suizidalität (1/4 Suizidversuche, 15 % Suizid), soziale Komplikationen (in Beruf und Familie) UKS Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. Bernd Behrendt Folie 33 Therapie Frühintervention: individuelle Planung je nach Krankheitsstadium - bei schädlichem Gebrauch: Gespräch mit Hinweis auf Warnsymptome - bei Alkholabhängigkeit: aufklärendes und konfrontierendes Gespräch - Motivationsarbeit unter Einbeziehung der Angehörigen - Überweisung in Fachambulanz bzw. Suchtberatungsstelle Neuropsychiatrie für Psychologen SS 2009 UKS Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. Bernd Behrendt Folie 34 Therapie Entgiftung: - stationäre Entwöhnungstherapie - ambulante Behandlung - Selbsthilfegruppen pharmakologische Behandlung bei 30-50% der Entgiftungen • Distraneurin (Clomethiazol – hypnotische und antikonvulsive Wirkung) • Neuroleptika (bei halluzinatorischen Symptomen) • Carbamazepin (zur Anfallsprophylaxe) • Aponal (bei leichten Entzugssymptomen) Neuropsychiatrie für Psychologen SS 2009 UKS Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. Bernd Behrendt Folie 35 • Therapie Entwöhnung: Ziel: Festigung des Abstinenzwunsches individuelle Therapieplanung: - ambulante Behandlung - teilstationäre Behandlung - stationäre Kurzzeitbehandlung (4-6 Wochen), mittelfristige Behandlung (2-4 Monate) -6 Monatsbehandlung bei schlechter Prognose - Prognose eher ungünstig: Rezidivquote nach 5 Jahren zwischen 50 und 80% Neuropsychiatrie für Psychologen SS 2009 UKS Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. Bernd Behrendt Folie 36 Therapie Einteilung • Kontaktphase • Entgiftungsphase • Entwöhnungsphase • Nachsorgephase Erfolgsraten • bei der Entgiftung können bis zu 50 % der primär unmotivierten Patienten zum Antreten der nächsten Behandlungsschritte motiviert werden • nach der Entwöhnung können 50 % langfristig stabilisiert werden Neuropsychiatrie für Psychologen SS 2009 UKS Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. Bernd Behrendt Folie 37 Therapie Selbsthilfegruppen: • Kreuzbund • Anonyme Alkoholiker • Blaues Kreuz • Caritas-Verband • Guttempler ... Neuropsychiatrie für Psychologen SS 2009 UKS Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. Bernd Behrendt Folie 38 Therapie Psychologische Therapieverfahren • Aversionsverfahren • Verdeckte Konditionierung • tiefenpsychologisch orientierte Psychotherapie • kognitive Verhaltenstherapie • Selbstkontrolltechniken • multimodale Behandlungsstrategien • Psychoedukation Neuropsychiatrie für Psychologen SS 2009 UKS Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. Bernd Behrendt Folie 39 F 1 Psychische und Verhaltensstörungen durch psychotrope Substanzen (ICD 10) F10 Störungen durch Alkohol F11 Störungen durch Opioide F12 Störungen durch Cannabinoide F13 Störungen durch Sedativa oder Hypnotika F14 Störungen durch Kokain F15 Störungen durch andere Stimulantien, einschliesslich Koffein Neuropsychiatrie für Psychologen SS 2009 UKS Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. Bernd Behrendt Folie 40 Drogenbedingte Störungen „Illegale Drogen“ • „weiche“ Drogen: Cannabis, Marihuana, ... • „harte“ Drogen: Opiate, Kokain, Crack, ... • Lebenszeitprävalenzrate für Marihuana: Männer 17%, Frauen 9% • Anstieg von Kokain- und Amphetaminkonsum, Reduzierung bei Heroin (aber immer noch die häufigste Droge) Neuropsychiatrie für Psychologen SS 2009 UKS Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. Bernd Behrendt Folie 41 Drogenbedingte Störungen Störungen vom Morphin-/Opiat-Typ (F11) • Wichtigste Substanzen: Morphin, Heroin, Codein, Methadon • Hauptwirkung: euphorisierend; Morphinderivate: schmerzlindernd • Höchstes Abhängigkeitspotential unter den Drogen, rasche Toleranzentwicklung • Entzugssymptomatik etwa 8 Stunden nach Absetzen (v.a. Unruhe, Muskelschmerzen, Schlaflosigkeit, abdominelle Krämpfe, Temperatur- und Blutdruckanstieg); Dauer der Entzugssymptomatik: ca. 10 Tage Neuropsychiatrie für Psychologen SS 2009 UKS Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. Bernd Behrendt Folie 42 Drogenbedingte Störungen Störungen durch Cannabinoide (F12) • Wichtigste Substanzen: Cannabis, Marihuana • Hauptwirkung: euphorisierend; aber auch vegetative Symptome, Angstzustände, Wahrnehmungsstörungen • Marihuana: Blätter und Blüten der Cannabispflanze, THCGehalt 1-5%(∆-9-Tetrahydrocannabinol) • Haschisch: Cannabisharz, bis 10% THC-Gehalt • Keine körperliche Abhängigkeit • Cannabisintoxikation: u.a. Beeinträchtigung der motorischen Koordination, Euphorie, Angst, Mundtrockenheit, Zeitgitterstörung, Inhibition von Übelkeit und Erbrechen; Horror-Trip; Flash-Back (psychotische Episode ohne Einnahme der Droge) Neuropsychiatrie für Psychologen SS 2009 UKS Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. Bernd Behrendt Folie 43 Therapie drogenbedingter Störungen Psychotherapeutische Behandlung • Verhaltenstherapie • Tiefenpsychologische Therapieformen • Gesprächspsychotherapie • Eklektische Ansätze Neuropsychiatrie für Psychologen SS 2009 UKS Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. Bernd Behrendt Folie 44 Therapie drogenbedingter Störungen Sozialtherapeutische Behandlung • Therapeutische Wohn- und Lebensgemeinschaften mit „Exusern“ als Betreuern • Therapeutische Gemeinschaft mit professionellen Therapeuten (Fachklinik) • Ambulante Selbsthilfegruppen (z.B. Blaukreuz, Guttempler, Anonyme Alkoholiker) Neuropsychiatrie für Psychologen SS 2009 UKS Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. Bernd Behrendt Folie 45 Therapie drogenbedingter Störungen Medikamentöse Behandlung • Unterstützung bei der Entgiftung (z.B. Beruhigung, Schmerzlinderung) • Behandlung der Begleit- und Folgeerkrankungen • Methadon-Substitution bei Drogenabhängigen (Behandlung mit legalen Ersatzstoffen illegaler Substanzen) • Einsatz von Opiatantagonisten Neuropsychiatrie für Psychologen SS 2009 UKS Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. Bernd Behrendt Folie 46 Therapie drogenbedingter Störungen Phase Therapievorbereitung Entgiftung Entwöhnung Nachsorge Organisationsform Ambulant In der Regel stationär In der Regel stationär, zunehmend auch ambulant In der Regel ambulant, zunehmend auch teilstationär Durchführende Institution Alkohol- und Drogenberatungsstellen, psychosoziale Beratungsstellen Allgemeinkrankenhaus (internistische Stationen), spezielle Drogenkliniken, Abteilungen psychiatrischer Krankenhäuser Psycho- und soziotherapeut. orientierte Therapieeinrichtungen, weiterführende Stufen von Suchtkliniken, Abteilungen psychiatrischer Krankenhäuser (Therapeutische) Wohngemeinschaften, Nachsorgeeinrichtungen, Drogenberatungsstellen Behandlungsziele Beratung/Motivation, Diagnosestellung, Erstellung des Behandlungsplans, Vorbereitung auf die stationäre Behandlung, Überbrückungsbehandlung bei Wartezeiten Körperliche Entgiftung, Diagnose und Therapie somatischer Begleiterkrankungen, Vorbereitung auf Entwöhnungsbehandlung, erste psychotherapeutische Maßnahmen Behandlung psychischer Störungen, Rückfallprophylaxe, Aufbau von Alternativen in wichtigen Lebensbereichen, Vorbereitung auf die Entlassung Bewältigung von Krisen im Alltag, evtl. Weiterbehandlung mit Therapieinhalten aus der Entwöhnungsphase Behandlungsdauer Ca. 2-10 Wochen, zunehmend nur einige Tage („Therapie sofort“) 1-3 Wochen (soweit keine somatischen Begleiterkrankungen vorliegen) 1,5-6 Monate (Alkohol) bzw. 3-9 Monate (Drogen) 3-12 Monate Vertretene Berufe Vorwiegend Sozialarbeiter und DiplomPsychologen, konsiliarisch tätig niedergelassene Ärzte Vorwiegend Ärzte und Pflegepersonal, begleitende Betreuung durch Mitarbeiter der Beratungsstellen Sozialarbeiter und DiplomPsychologen, Arbeits-, Beschäftigungs- und Sporttherapeuten Teilstationär: Sozialarbeiter und Dipl.-Psychologen; ambulant: siehe Beratungsstelle ... und nun: Werbung gegen • Neuralgie • Hysterie • Depression • Hirntonikum • Kopfschmerz • körperliche und psychische Erschöpfung • etc. 1886 Dr. John Pemberton Atlanta Neuropsychiatrie für Psychologen SS 2009 UKS Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. Bernd Behrendt Folie 48 ... und nun: Werbung 1885 Kokain für Kinder mit Zahnschmerzen Neuropsychiatrie für Psychologen SS 2009 UKS Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. Bernd Behrendt Folie 49 ... und nun: Werbung gegen • Schmerzen • Beruhigung • Depression • Husten • Bronchitis • Asthma • Magenkrebs etc. Neuropsychiatrie für Psychologen SS 2009 UKS Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. Bernd Behrendt Folie 50 ... und nun: Werbung als • Narkotikum • Schmerzmittel • Beruhigungsmittel vor 1937 in USA Neuropsychiatrie für Psychologen SS 2009 UKS Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. Bernd Behrendt Folie 51 ... und nun: Werbung Amphetamine zur • Anregung und als • Appetitzügler 1938 Benzedrin Inhalator im Flugzeug, Methedrine als Appetitzügler Neuropsychiatrie für Psychologen SS 2009 UKS Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. Bernd Behrendt Folie 52 ... und nun: Werbung 1887: Morphiumtropfen für zahnende Babys. Neuropsychiatrie für Psychologen SS 2009 UKS Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. Bernd Behrendt Folie 53 ... und nun: Werbung Neuropsychiatrie für Psychologen SS 2009 UKS Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. Bernd Behrendt Folie 54