Gender Mainstreaming Begriffsklärung, historische und politische Zusammenhänge, Bedeutung für die Gestaltung von Projekten und Bildungsangeboten Dr. Karin Derichs-Kunstmann STAR-Projekt LWL, Sept./Okt. 2013 © Dr. Karin Derichs-Kunstmann Gliederung Begriffsklärungen und zugrunde liegende Konzepte Rechtliche Rahmenbedingungen Pädagogische Herausforderungen Gender-ABC fürs Projektmanagement Gender-sensible Durchführung von Projekten und Angeboten © Dr. Karin Derichs-Kunstmann Begriffsklärungen und zugrunde liegende Konzepte © Dr. Karin Derichs-Kunstmann Gender Mainstreaming gender = soziales Geschlecht im Gegensatz zu sex = biologisches Geschlecht mainstream = Hauptstrom gender mainstreaming = Integrieren der Geschlechterperspektive in zentrale Denkansätze und Aufgabenfelder © Dr. Karin Derichs-Kunstmann Gender Mainstreaming II Das Ziel ist: Geschlechtergerechtigkeit Das Instrument zu deren Erreichung ist: Gender Mainstreaming Dahinter liegende Werte: Gleichheit und Gerechtigkeit © Dr. Karin Derichs-Kunstmann Gender „Gender“ bedeutet, dass „Geschlecht“ immer soziale, kulturelle, politische und biologische Komponenten beinhaltet, die sich historisch verändern können. Gender bezieht auch mit ein, dass es vielfältige Lebenslagen von Frauen und Männern gibt, z.B. junge und ältere Frauen, Menschen mit und ohne Behinderung oder Frauen und Männer mit oder ohne Zuwanderungsgeschichte, mit oder ohne Kinder. © Dr. Karin Derichs-Kunstmann Soziologische Theorien ‚Doing gender‘ = alltägliche Herstellung von Geschlechterdifferenzen Soziale Konstruktion von Geschlecht © Dr. Karin Derichs-Kunstmann Diversity Management, Vielfalt Diversity Management ist ein betriebswirtschaftliches Personalmanagementkonzept aus den USA, das zum Ziel hat, die Potentiale der Beschäftigten, die aus ihrer Unterschiedlichkeit resultieren, so einzusetzen, dass für das Unternehmen der höchstmögliche Nutzen entsteht. Diversity Management wird auch als „Kunst der situativen Optimierung von Heterogenität und Homogenität zur Erreichung gesetzter Ziele“ bezeichnet. dt. Vertreterinnen u.a.: Gertraude Krell © Dr. Karin Derichs-Kunstmann Unterschiede zwischen Gender Mainstreaming und Diversity Management • Ziel von GM ist (Geschlechter-)Gerechtigkeit • Gender Mainstreaming ist das Instrument • GM setzt bei Strukturen und Verfahren in Politik und in Organisationen an • Ziel von DM ist Output Optimierung • durch zielgenaue Anspracheinstrumente nach außen • und ressourcenorientiertes Personalmanagement nach innen © Dr. Karin Derichs-Kunstmann Intersektionalität Intersektionalität beschreibt die Überschneidung (engl. intersection = Schnittpunkt, Schnittmenge) von verschiedenen Diskriminierungsformen in einer Person. Intersektionelle Diskriminierung liegt vor, wenn eine Person aufgrund verschiedener zusammenwirkender Persönlichkeitsmerkmale Opfer von Diskriminierung wird. Schwarze Frauen in den USA haben sich zuerst das Zusammenwirken von ‚sex, class and race‘ als Diskriminierungsmerkmale in die Diskussion eingebracht. Behinderung ist eine weitere Diskriminierungs-Kategorie. dt. Vertreterinnen u.a.: Regina Becker-Schmidt, Gudrun Axeli Knapp © Dr. Karin Derichs-Kunstmann Zwischen Alltagserfahrungen und Zuschreibungen – ein Dilemma Es gibt z.T. Differenzen zwischen Menschen, auch zwischen Frauen und Männern in der Kommunikation. Sie wandeln sich historisch und kulturell. Indem wir diese Unterschiede benennen, besteht die Gefahr der Festschreibung und Einordnung als „geschlechtsspezifisch“. Wichtig ist zu erkennen, warum wir etwas als „spezifisch“ männlich oder weiblich zu identifizieren meinen und welche Funktion dies für uns und andere in dem jeweiligen Zusammenhang hat. © Dr. Karin Derichs-Kunstmann Weitere aktuelle (pädagogische) Begriffe Geschlechtergerechte Didaktik Pädagogik der Vielfalt Diversitätsbewusste Sozialpädagogik Inklusion © Dr. Karin Derichs-Kunstmann Rechtliche Rahmenbedingungen © Dr. Karin Derichs-Kunstmann Amsterdamer Vertrag 1997 „Aufgabe der Gemeinschaft ist es, (...) durch die Durchführung (von) gemeinsamen Politiken und Maßnahmen in der ganzen Gemeinschaft (...) die Gleichstellung von Männern und Frauen (...) zu fördern“. „Bei allen in diesem Artikel genannten Tätigkeiten wirkt die Gemeinschaft darauf hin, Ungleichheiten zu beseitigen und die Gleichstellung von Männern und Frauen zu fördern“. Amsterdamer Vertrag 1997, Art. 2 und 3, Abs. 2 © Dr. Karin Derichs-Kunstmann Rechtliche Rahmenbedingen in Deutschland Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland Artikel 3, Abs. 2: „Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.“ Damit ist die tatsächliche Gleichstellung von Frauen und Männern Staatsziel. Bundesgleichstellungsgesetz (BgleiG) vom 30. November 2001 Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (AGG) vom 14. August 2006 Landesgleichstellungsgesetze © Dr. Karin Derichs-Kunstmann Pädagogische Herausforderungen © Dr. Karin Derichs-Kunstmann Entwicklung der didaktischen Konzepte Teilnehmerorientierung ⇒ Hans Tietgens Subjektorientierung ⇒ Erhard Meueler Geschlechtergerechte Didaktik ⇒ Karin Derichs-Kunstmann Gleichstellungsorientierte Didaktik ⇒ Karin Derichs-Kunstmann/ Gerrit Kaschuba Diversitätsbewusste Pädagogik ⇒ Rudolf Leiprecht/ Gerrit Kaschuba © Dr. Karin Derichs-Kunstmann Gleichstellungsorientierte oder geschlechtergerechte Didaktik Gleichstellungsorientierte Didaktik ist eine Didaktik, in der niemand, weder Frauen noch Männer, weder Alte noch Junge, weder Weiße noch Schwarze, bevorzugt oder benachteiligt wird. Diese Didaktik erhebt den Anspruch, Lernarrangements „Lerngelegenheiten“ zur Verfügung zu stellen, in denen alle Beteiligten in der Entfaltung ihrer Lernbedürfnisse gefördert werden. Gleichstellungsorientierte Didaktik will einen Beitrag zur Demokratisierung der Bildungsarbeit leisten. © Dr. Karin Derichs-Kunstmann Dimensionen des Lernens für Geschlechtergerechtigkeit Strukturelle Dimension Analyse der (Geschlechter-)Hierarchie in der Organisation Professionelle Dimension Überprüfung des eigenen professionellen Handelns und dessen evtl. notwendige Veränderung Personale Dimension kritischer Blick auf die eigene Geschlechterrolle, Erkennen des eigenen Anteils an der sozialen Konstruktion von Unterschieden © Dr. Karin Derichs-Kunstmann Gender-Kompetenz als (pädagogische) Handlungskompetenz Gemeinsame Werte und Normen: Geschlechtergerechtigkeit, Geschlechterdemokratie Fachkompetenz Personale Kompetenz Gender-Kompetenz Methodenkompetenz Quelle: Schnier 2009, S. 56 © Dr. Karin Derichs-Kunstmann Sozialkompetenz Gender-ABC fürs Projektmanagement Gender-bezogene Konzeptentwicklung und Programmplanung Evaluierung von Angeboten unter Gender-Aspekten Gender-sensible Verfahren der Gewinnung von AnleiterInnen, DozentInnen bzw. AusbilderInnen Projektmanagement Gender-sensible Rahmenbedingungen für die Durchführung von Projekten und Angeboten © Dr. Karin Derichs-Kunstmann Gender-sensible Öffentlichkeitsarbeit und Teilnehmendenansprache Gender-bezogene Konzeptentwicklung Welche Zielgruppen sollen mit dem Angebot erreicht werden? Wie sieht es dort mit den Männer- und Frauenanteilen aus? Welche Interessen wurden von Teilnehmenden aus unterschiedlichen sozialen und kulturellen Gruppen selber artikuliert? Sind mit dem Angebot gleichstellungsorientierte Ziele verbunden? Ist ein ausdrückliches Ziel des Angebots, Frauen oder Männer für ‚untypische‘ Berufe zu interessieren? Soll ‚geschlechtstypisches‘ Berufswahlverhalten thematisiert werden? © Dr. Karin Derichs-Kunstmann Gender-sensible Gewinnung von AnleiterInnen, DozentInnen bzw. AusbilderInnen An welchen „harten“ Fakten erkennen Sie Gender-Kompetenz? Nachweis über besuchte Gender-Fortbildungen Nachweis über selbst durchgeführte gender-bezogene Veranstaltungen Formulierung von gender-sensiblen Zielen, Inhalten, Methoden in Konzepten Systematische Differenzierung der Zielgruppen nach Geschlecht, Alter, Migrationshintergrund etc. bei der Konzipierung von Angeboten gender-sensible Sprache © Dr. Karin Derichs-Kunstmann Gender-sensible Öffentlichkeitsarbeit Drei Ebenen sind zu beachten Inhalte Sprache visuelle Kommunikation: Fotos und anderes Illustrationen © Dr. Karin Derichs-Kunstmann Geschlechtergerechte Gestaltung von Rahmenbedingungen Zeitstruktur des Angebots Kinderbetreuung während der Arbeitszeiten Erreichbarkeit des Seminarorts Zusammensetzung der Gruppe der Teilnehmenden evtl. Gestaltung der Arbeitsräume Ansprechpartner und -innen für Konfliktfälle für alle Beteiligten Austauschmöglichkeiten und Fortbildungen für AnleiterInnen und AusbilderInnen © Dr. Karin Derichs-Kunstmann Evaluierung von Fortbildungen Anregungen für den Teilnehmenden-Fragebogen Wurde eine geschlechtergerechte Sprache gesprochen? Wurden Stereotype in Beispielen, Texten, Bildern, Skripten und Materialien vermieden bzw. thematisiert? Gab es ein anerkennendes und diskriminierungsfreies Klima in der Gruppe? Wurden Methoden eingesetzt, die eine Beteiligung aller ermöglichten? © Dr. Karin Derichs-Kunstmann Gender-sensible Durchführung von Projekten und Angeboten Inhalte von Projekten mit integrierter GenderPerspektive Gender-sensible Gestaltung von Medien, Materialien und Skripten Projektdurchführung Gender-sensible methodische Gestaltung von Angeboten und pädagogischen Settings © Dr. Karin Derichs-Kunstmann TeilnehmerInnen bzw. AdressatInnen der Angebote Gender-sensibles Leitungsverhalten von AnleiterInnen und AusbilderInnen Inhalte von Projekten mit integrierter Gender-Perspektive Bei Unterrichtsgegenständen nach den Geschlechterdimensionen fragen. Das Geschlechterverhältnis in seinen den Seminarinhalt betreffenden Facetten deutlich machen. Die Akteurinnen und Akteure differenziert benennen. Fallbeispiele auf Geschlechterstereotype überprüfen. © Dr. Karin Derichs-Kunstmann Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Angebote Meine Bilder von männlichen und weiblichen Teilnehmenden – Ein Selbsttest Welche Vorstellungen verbinde ich mit weiblichen bzw. männlichen Teilnehmenden, ihren Erwartungen, Erfahrungen, ihrem Verhalten? Habe ich mich schon einmal selber dabei beobachtet, wie ich auf eher „untypische“ weibliche oder eher „untypische“ männliche Verhaltensweisen reagiere? Bin ich dann irritiert? Was erwarten Teilnehmende von mir als Frau bzw. Mann in der Leitungsrolle? Wie erlebe ich die Reaktionen von Teilnehmer und Teilnehmerinnen auf mich? © Dr. Karin Derichs-Kunstmann Gender-sensibles Leitungsverhalten Empfehlungen Vergegenwärtigen Sie sich ihre Vorbildrolle als Frau bzw. als Mann in der Leitung. Bemühen Sie sich, keine stereotypen Verhaltensmuster zu benutzen. Bevorzugen oder benachteiligen Sie weder weibliche noch männliche Teilnehmende. Reflektieren Sie Ihren Anteil an der „Inszenierung von Geschlechterverhältnissen“. © Dr. Karin Derichs-Kunstmann Gender-sensible methodische Gestaltung Seminare und Fortbildungen als komplexes Geschehen mit kognitiven, sozialen und emotionalen Dimensionen. Gestaltung der Anforderungen an die Teilnehmerinnen und Teilnehmer entsprechend ihrer Kompetenz und Leistungsfähigkeit. Lerngelegenheiten für viele (alle) Lerntypen = Ermöglichungsdidaktik Abwechslungsreiche Methodik: - Partizipative methodische Gestaltung, - Feedback- und Reflexionsphasen. © Dr. Karin Derichs-Kunstmann Gender-sensible Gestaltung von Medien Inhalte: Beispiele, Aufbrechen von Rollenstereotypen gender-sensible Sprache nicht-stereotype Gestaltung und Illustrationen © Dr. Karin Derichs-Kunstmann Zum Nachlesen und Weiterarbeiten © Dr. Karin Derichs-Kunstmann Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit ! © Dr. Karin Derichs-Kunstmann