FAS Jahrestagung - Gender 2010 - 27.10.2010 Kriterien für den Gendercheck Zielt auf verschiedene Ebenen: Sprache: Werden Mädchen und Jungen/Frauen und Männer als Zielgruppen benannt? Werden durchgehend beide Geschlechter angesprochen? Grundsätzlich: Bei welchen Inhalten / Themenbereichen und in welchen Situationen muss ich nach Geschlecht differenzieren? Wo nicht? 1.Genderkompetenz 1.1 Wissenschaft Sind die wissenschaftlichen Erkenntnisse zu geschlechterspezifischen Anforderungen in der Jugend-/ Suchthilfe ausreichend. An welchen Punkten muss nachgebessert werden? Was wissen wir noch nicht? Sind z.B. die Geschlechtsunterschiede im Hinblick auf den Substanzkonsum der Mädchen und Jungen ausreichend erforscht? Muss das fachspezifische Wissen über unterschiedliche Konsummuster, Konsummotive, Risiko- und Schutzfaktoren, Suchtverläufe, Resilienzforschung erweitert werden? Sind die unterschiedlichen Sozialisationsfaktoren und entwicklungspsychologischen Aspekte substanzbezogener Störungen bei den Mädchen und Jungen ausreichend erforscht? Sind die Schnittstellenprobleme zwischen medizinischer Versorgung, Jugendhilfe und Drogenhilfe im Hinblick auf Genderaspekte ausreichend erhoben? Ist der Versorgungsbedarf für von Sucht betroffene oder gefährdete Mädchen und Jungen/ Frauen und Männer ausreichend erhoben? 1.2. Ausbildung/Weiterbildung/Fortbildung der Fachkräfte in der Suchthilfe Ist das fachspezifische Wissen über unterschiedliche Konsummuster, Konsummotive, Risikound Schutzfaktoren, Suchtverläufen bei jugendlichen Mädchen und Jungen /Frauen und Männern bei den Fachkräften vorhanden? Sind die Stärken des jeweiligen Geschlechts, seine Resilienzfaktoren und Ressourcen bekannt, um Mädchen und Jungen Erlebens- und Verhaltenspotenziale zu eröffnen, die sie vor Suchtmittelkonsum und süchtigen Verhaltensweisen zur Lebensbewältigung schützen können (vgl. Kolip, 2002)? Findet eine Auseinandersetzung mit sich immer wieder verändernden gesellschaftlichen Rollenerwartungen und Anforderungen an Mädchen und Jungen/Frauen und Männern und deren Auswirkungen auf eine Identitätsentwicklung statt? Welche Bedingungen ergeben sich daraus für die Prävention, Beratung und Therapie? 2. Strukturelle und konzeptionelle Ebene Sind die strukturellen Gegebenheiten der Institution im Sinne von Gender Mainstreaming organisiert? 2.1 Leitbilder Geschlechterspezifische Konzeption oder Konzeptionsteile Auf welche Vorstellung von Weiblichkeit / Männlichkeit wird zurückgegriffen? Wird sich auf den Ansatz „Diversität“ bezogen? Einschätzungen zu Faktoren sowie zum Versorgungsbedarf für problematisch Suchtmittel konsumierende Mädchen und Jungen/Frauen und Männern Welche Zielformulierungen ergeben sich unter Berücksichtigung der geschlechterspezifischen Erkenntnisse und Informationen? Sind die Arbeit und Erfahrungen mit der Umsetzung geschlechterspezifischer Konzepte festgehalten? Kann darauf zurückgegriffen werden? Wird in der Anamnese nach spezifischen gesellschaftlichen Anforderungen und männlichen bzw. weiblichen Rollenerwartungen gefragt? Wird aktiv nach genderbedeutenden Ereignissen/geschlechtsspezifischen Traumatisierungserfahrungen im Leben gefragt? Wird die individuelle geschlechtsspezifische Identitätsentwicklung beleuchtet? Inwiefern fließen genderbezogene Aspekte bei der Betreuung der Klientinnen und Klienten ein? Orientiert sich die Angebotsstruktur an den Zielgruppen? In gemischtgeschlechtlichen Einrichtungen müssen gleichgeschlechtliche AnsprechpartnerInnen und Bezugspersonen zur Verfügung stehen. Wünsche nach geschlechtsspezifischen Angeboten seitens der KlientInnen sollten berücksichtigt werden. 2.2 Öffentlichkeitsarbeit Welche Sprache, Ansprache, Bilder werden in der Öffentlichkeitsarbeit genutzt? 2.3 Personalpolitik Geschlechtergerechtigkeit u.a. bei der Verteilung der Voll- und Teilzeitstellen, bei der Besetzung der mittleren und oberen Leitungspositionen, beim Gehalt, bei der Teilnahme an Weiterqualifizierungsmaßnahmen Transparente Einstellungskriterien und – verfahren Anforderungsprofile und Tätigkeitsbeschreibungen von MitarbeiterInnen sollen an den geschlechtsspezifischen Bedarfen der Zielgruppe orientieren qualitätssichernde Maßnahmen (z.B. Qualifikation, auch im Hinblick auf genderspezifische Arbeitsansätze) Supervision: Inwiefern gehören einerseits die geschlechtlichen Sozialisations- und Entwicklungsbedingungen der Klientinnen und Klienten und andererseits die Geschlechtsrolle der Fachkräfte zu den Supervisionsaspekten. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sollten ein reflektiertes geschlechtsspezifisches Rollenverständnis mitbringen und /oder entsprechende Qualifizierungsangebote wahrnehmen können 2.4 Koordination und Schnittstellenmanagement; Art des Zugangs und infrastrukturelle und organisatorische Voraussetzungen zur Realisierung der jeweiligen Zugangswege (z.B. Kooperation, Vernetzung) Zielgruppenerreichung und Merkmale der Jungen und Mädchen/Frauen und Männer (Alter, Problemausprägung, Einschätzungen zu anderen Faktoren sowie zum Versorgungsbedarf für problematisch Suchtmittel konsumierende Mädchen und Jungen/Frauen und Männern) 3. Bei Material Auf welche Rollenbilder wird zurückgegriffen? Spiegelt sich in diesen Rollenbildern die Vielfalt von Mädchen und Jungen wider (Eigenschaftszuschreibungen, Abbildungen usw.): Aussehen, Migrationshintergrund, mit und ohne Beeinträchtigung, sexuelle Orientierung usw. Regt das Material, die Methode dazu an, eigene Haltungen zu Geschlechterrollen bewusst wahrzunehmen und diese kritisch zu reflektieren? Werden Anregungen (nicht moralisierender Art!) gegeben, eigene Bilder von Geschlechterrollen zu erweitern? Wird deutlich / praktisch erfahrbar, dass man / frau etwas davon hat, dass man seine Vorstelllungen erweitert? aus: Geschlechterspezifische Anforderungen an die Suchthilfe- Gender Mainstreaming in der Suchttherapie Jugendlicher, Forschungsbericht FOGS und DZSKJ 2009 und Gender Mainstreaming in der Suchtarbeit Eine Empfehlung der AG Frau und Sucht des Fachrats der ambulanten Sucht- und Drogenhilfe in Hamburg Zusammengestellt und bearbeitet von der Vorbereitungsgruppe Gender 2010