Alpenglück

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Wohnreportage Vipiteno
Alpenglück
Produktion: Martina Hunglinger, Übersetzung: Susanne Lieber
Fotos: Mads Mogensen
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Wohnrevue 2 2013
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Wohnreportage Vipiteno
Um einen «coolen», ganzjährig nutzbaren Rückzugsort zu
schaffen, entwarf das Architekturbüro Bergmeister Wolf
eine Skihütte der besonderen Art. Nahe dem Städchen
Vipiteno und 1400 Meter hoch in den italienischen Alpen
gelegen, wohnen dort Kurt und Claudia Brunner mit ihren drei Kindern. In keinem Winkel des Hauses kommt
Langeweile auf, und überall finden sich spannende Raumlösungen. An der Stelle eines heruntergekommenen Bauernhauses haben die Architekten drei einzelne Gebäude
aus Stein, Holz, Stahl und Glas geschaffen. Gerd Bergmeister erklärt dazu: «Beim Baukörper des Hauptgebäudes
spielten wir unter anderem mit der Idee, Formen herauskragen zu lassen.» Das Ergebnis ist allerdings mehr als das
Definieren der Kubatur. Es ist ein bemerkenswerter BalanceAkt zwischen Alt und Neu. Denn die moderne Architektur
integriert hierbei auch gekonnt alte Elemente des früheren
Bauernhauses. Eine Gesamtkomposition, die nicht zuletzt
auch harmonisch im Einklang mit der Umgebung steht.
Das oberste Gebot war, dass zwei Steinmauern des alten
Gebäudes unbedingt mit dem Originalmaterial wieder aufgebaut werden sollten – exakt an der Stelle, wo sie vorher
waren. Zwischen diesen beiden Mauern wurde der neue
Baukörper eingebettet. Inspiriert von den Schindeldächern
einer kleinen Kapelle, die sich auf dem Grundstück befindet, wurde auch beim Neubau die Fassade mit jenen sich
überlagernden Holztafeln verkleidet. Wobei diese bereits
eineinhalb Jahre vorher Sonne, Wind und Regen ausgesetzt wurden, um vorab eine gleichmässige Patina und
Farbe zu erhalten.
Eine kleine Brücke aus Metallgittern führt zur Eingangstür
aus Stahl, die umrahmt ist von Stein und Holzschindeln.
Der Kontrast zwischen dem kühlen Metall und den beiden
traditionellen Baumaterialien ist tonangebend. Begleitet
von der atemberaubenden Sicht auf die Dolomiten nimmt
der Wohn- und Essbereich die gesamte obere Etage ein.
Eine hohe gestalterische Qualität, überzeugende Detaillösungen und die Materialwahl bilden die Eckpfeiler der
gelungenen Innenarchitektur, die beides vereint: Form und
Funktion. Zwischen der Betondecke und den Eichendielen
herrscht eine ganz spezielle Atmosphäre.
Traditionelle Elemente, die typisch sind für Südtirol, wurden neu interpretiert und erhielten somit eine gewisse frische Würze: Die grob strukturierte, schwarze Wand in der
Küche erinnert an alte Räucherküchen. Dieser wurde als
modernes Element ein minimalistisch gestalteter Küchenblock aus Stahl entgegengesetzt, der einen starken Kontrast bildet. Hinter Stahlfronten verbergen sich Stauräume.
Der moderne Kamin wurde mit alten Kacheln, die eine heimelige Atmospähre schaffen, verkleidet. Und natürlich
findet sich im Haus auch das obligatorische Hirschgeweih,
das selbstverständlich in keiner Berghütte fehlen darf.
Angebracht wurde es an einem drehbaren Wandelement
mitten im Raum, das auf der einen Seite mit Filz bezogen
ist und rückseitig Bücherregalen und dem Fernseher Platz
bietet. Das speziell angefertigte Sofa, ein Entwurf der
Architekten, schmiegt sich dicht an den Kamin. Die farbigen Eames-Stühle, die sich um den Tisch gruppieren,
setzen Farbakzente. Der Tisch selbst geht auf einen Entwurf der Architekten zurück, die dafür die Platte einer al-
ten Bank recycelten, die sie auf dem Grundstück gefunden
hatten. Eine Trutzburg in Sachen traditioneller Wohnform
und gleichzeitig eine Insel inmitten der modernen Gestaltung bildet die sogenannte «Stube» mit Essecke. Der holzvertäfelte Raum, der sich einst im Bauernhaus befand,
wurde in einem Stahlkubus, der aus dem Gebäude kragt,
wieder original aufgebaut. Die Vorliebe der Eigentümer
für Kontraste scheint schier unbegrenzt. In einem weiteren
Kubus aus Metall, der ins Hauptgeschoss integriert wurde,
ist das Badezimmer untergebracht, dessen Wände blaue
Bisazza-Steinchen zieren. Die Decke aus Glas ist mit
Blattmotiven versehen, die vom Künstler Lies Bielowski
stammen. Ergänzend dazu gestaltete er im selben Design
auch zwei Küchenschränke.
Das Haus bietet raffinierte wie einfallsreiche und schöne
Konstruktionsdetails. Beispielsweise bei der Treppe mit
Metallstufen, die in einen Korridor übergeht, der auf
einer Seite von schwarz gestrichenen Schindeln flankiert wird. Auf der anderen Seite ist eine dicke Glaswand.
Optisch scheint damit die alte Steinmauer zu einem Teil
des Korridors zu werden.
Im unteren Stockwerk befindet sich das Hauptschlafzimmer. Zwei grosse Panoramafenster öffnen hier den weiten
Blick auf die Berge und Täler. Ebenfalls auf dieser Etage
befinden sich ein Kinderschlafzimmer, ein Aufenthaltsoder ein Gästezimmer, das Hauptbadezimmer, eine Waschküche, Abstellräume sowie Kleiderschränke. Auf der
einen Seite des Flurs wurden Holzpaneele an der Wand angebracht, die ebenfalls wieder aus dem alten Bauernhaus
stammen. Die gegenüberliegende Wand, hinter der sich
die Schränke verbergen, gibt sich mit ihrem Grünton überraschend heiter. Statt herkömmlicher Türgriffe wurden
hier einfach Lederbänder verwendet. Vorhänge schaffen
Wärme und sorgen abends für die entsprechende Verdunkelung. Dem Thema nachhaltigen Bauens wurde in diesem
Haus übrigens auch Rechnung getragen: Das Energiekonzept bezieht die Nutzung von Solarenergie und Erdwärme mit ein.
Die Garage und die Sauna befinden sich nicht in diesem
Gebäude. Letztere nimmt aber Bezug zum Wohnhaus.
«Der Saunakomplex und der Sockel des Hauptgebäudes bestehen beide aus Beton, der gleichermassen graubraun verputzt wurde, um optisch eine Einheit zu bilden», erklärt Architektin Michaela Wolf. Im Innern der
Sauna sind schwarze Bisazza-Steinchen an der Wand
angebracht. In einem abgetrennten Teil dieses Gebäudes, der aus Schweizer Kiefernholz gefertigt wurde,
befinden sich die Toilette sowie ein Abstellraum. Mit seiner Glasfront und der überdachten Terrasse ist dieser Ort
nahezu perfekt, um nicht nur die Annehmlichkeiten des
Saunierens, sondern auch die überwältigende Aussicht zu
geniessen. «Hier hat man absolut seine Privatsphäre.
Einzig und allein Schafe und Kühe schauen hier mal vorbei», erklärt Claudia lachend.
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Wo heute das Haupthaus der neuen Bebauung steht, befand sich
früher ein altes, heruntergekommenes Bauernhaus. Die Steinmauer,
die aus dem Originalmaterial des alten Hauses besteht, wurde exakt
dort wieder aufgebaut, wo sie auch schon vorher war.
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Vom Wohnbereich im Obergeschoss aus hat man einen traumhaften Blick auf die Dolomiten. Das Sofa ist ein Entwurf der Architekten.
Ledersessel «Egg» von Designer Arne Jacobsen, Bodenleuchte von Lichtfabrik Halotech.
Gelungener Materialmix: Die Eingangstür ist aus Stahl gefertigt, die Fassade ist mit traditionellen Holzschindeln verkleidet.
Die vorgesetzte Mauer ist an der ursprünglichen Stelle aus dem Originalmaterial des abgerissenen, alten Bauernhauses gebaut.
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Der Kaminofen mit alten Kacheln schafft ein gemütliches Flair. Das Sofa schmiegt sich drumrum. Die Wandscheibe mit dem obligatorischen
Hirschgeweih ist rückseitig ein Bücherregal, und auch der Fernseher hat dort sein Plätzchen gefunden. Die holzvertäfelte «Stube» ist
originaler Bestand des alten Bauernhauses, an dessen Stelle nun dieser Neubau steht. Die Raumecke befindet sich in einem Kubus aus
Stahl, der auf der Gebäudeaussenseite bis an die Steinmauer reicht und sich aus dem Gebäude schiebt.
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Die Flurwand im unteren Geschoss ist auf der einen Seite mit alten Holzpaneelen verkleidet, auf der anderen Seite ist die Wand grün. Hinter
den unauffälligen Türen mit Ledergriffen verbergen sich Stauraummöglichkeiten, die Waschküche sowie der Technikraum. Die Treppe führt ins
obere Geschoss. Von dort hat man direkten Blick auf eine der beiden Steinmauern, die dem Haus vorgelagert sind.
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Oben: Das Hauptbad ist in Dunkelgrau und Grün gehalten. Dazu wurden braune Seidenvorhänge und Naturholz kombiniert.
Die Stahlbadewanne «Vieques», ein Entwurf von Patricia Urquiola, ist von Agape. Unten: Die verglaste Sauna befindet sich in einem separaten Bau und bietet einen wunderbaren Panoramablick. Vorgelagert ist ihr eine überdachte Terrasse.
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Aufwachen mit Alpensicht – ein optimaler Start in den Tag! Dunkelbraune Vorhänge aus Satin (von Kahn Sterzing)
sorgen abends für mehr Privatsphäre. Das Bett mit integriertem Bücherregal ist ein Entwurf der Architekten. Pouf «Gloria» von Avec,
Bettleuchten von Lichtfabrik Halotech.
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Mal Lounge-Bereich, mal Gästezimmer – je nach Bedarf kann der Raum unterschiedlich genutzt werden.
Das Doppelbettsofa ist von Ligne Roset, Teppich «Calalonga».
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