Prof. Dr. Peter Bürgisser Jesko Hüttenhain Einführung in die Geometrie Sommersemester 2013, Universität Paderborn Aufgabenzettel 5 Mit Lösungsansätzen von Jesko Hüttenhain Die folgenden Ansätze stellen Leitfäden für eine korrekte Lösung dar, ohne jegliche Gewähr. Sie haben keinen Anspruch auf Vollständigkeit oder Korrektheit. Es handelt sich lediglich um meine persönlichen Notizen. Sei stets E ein affiner Raum über R. Wir vereinbaren weiterhin 0 ∈ / N. Aufgabe 1 (4 Punkte). Für natürliche Zahlen n ∈ N schreiben wir [n] := { 1, . . . , n }. Betrachte die Gruppe der Permutationen von n Elementen Sn := { φ : [n] → [n] | φ bijektiv } . Die Gruppenoperation ist das Verknüpfen von Abbildungen: Die Verknüpfung von φ, ψ ∈ Sn wird mit φ ◦ ψ bezeichnet und ist definiert als die Funktion, welche i ∈ [n] auf (φ ◦ ψ)(i ) = φ(ψ(i )) abbildet. Die Identitätsabbildung id : [n] → [n] ist das neutrale Element. Wenn φ ∈ Sn und i ∈ [n] mit φ(i ) = i, so heißt i ein Fixpunkt von φ. (a) Beschreibe für alle k ∈ [4] die Permutationen in S4 , die genau k Fixpunkte haben. (b) Die Permutationen in S4 ohne Fixpunkt lassen sich auf naheliegende Weise in zwei Mengen aufteilen. Was ist das Unterscheidungsmerkmal? Lösungsansatz. (1) Es gibt nur eine Permutation mit genau 4 Fixpunkten, nämlich die Identität. (2) Es gibt keine Abbildung mit genau 3 Fixpunkten. Wenn φ genau drei von vier Elementen unverändert lässt, so muss es aufgrund der Bijektivität auch das vierte Element auf sich selbst abbilden. (3) Wenn eine Abbildung φ ∈ S4 genau zwei Fixpunkte hat, so gilt für die anderen Beiden Elemente i, j ∈ [4], dass φ(i ) 6= i und φ( j) 6= j, aber φ({ i, j }) = { i, j }. Es folgt φ(i ) = j und φ( j) = i. Die Abbildungen mit genau zwei Fixpunkten sind also die Transpositionen. (4) Sei φ ∈ S4 eine Abbildung mit genau einem Fixpunkt. Nehmen wir an, φ(4) = 4. Dann induziert φ eine Permutation ψ ∈ S3 ohne Fixpunkt. Sei i := ψ(1) und j := ψ(i ). Wir behaupten { 1, 2, 3 } = { 1, i, j }. Da ψ fixpunktfrei ist, gilt j 6= i. Es genügt zu zeigen, dass j 6= 1. Wäre j = 1, so würde ψ die Elemente 1 und i vertauschen und müsste daher das dritte Element in { 1, 2, 3 } fixieren - ein Widerspruch. Es folgt ψ( j) = 1. Man nennt ψ einen 3-Zykel und schreibt ψ = (1 7→ i 7→ j). Es folgt, dass jedes φ mit genau einem Fixpunkt die Verknüüfung eines 3-Zykels und eines 1-Zykels ist. (5) Eine Klasse von Permutationen ohne Fixpunkt sind die 4-Zykel, also i 7→ j 7→ k 7→ ` 7→ i für { 1, 2, 3, 4 } = { i, j, k, ` }. Nehmen wir nun an, dass φ kein 4-Zykel ist. Wenn φ einen 3-Zykel enthalten würde, so müsste es einen Fixpunkt haben - was unmöglich ist. Wenn andererseits φ keinen Zykel der Länge 2 enthält, so kann φ nur Zykel der Länge 1 haben, also φ = id. Dies ist unmöglich. Es bleibt nur die Möglichkeit, dass φ aus zwei 2-Zyklen besteht. Wenn φ eine Verknüpfung von zwei 2-Zyklen ist, so ist sgn(φ) = 1. Das Vorzeichen eines 4-Zykels hingegen ist −1. Aufgabe 2 (5 Punkte). Seien A1 , B1 , A2 , B2 ∈ E vier verschiedene Punkte, die ein Tra−−→ −−→ pez aufspannen, also A1 B1 ∈ R · A2 B2 . O2 B2 A2 S P A1 O1 B1 Sei S der Schwerpunkt von { ( A1 , 1), ( A2 , 1), ( B2 , 1) }. Für i ∈ { 1, 2 } sei Oi der Mittelpunkt der Strecke von Ai nach Bi . Sei P = hS, B1 i ∩ hO1 , O2 i. Zeige, dass P der − → −→ Mittelpunkt der Strecke von O1 nach O2 ist. Ermittle den Skalar λ, der SP = λ · SB1 erfüllt. Lösungsansatz. Sei P0 der Schwerpunkt von { ( A1 , 1), ( A2 , 1), ( B1 , 1), ( B2 , 1) } . Nach Zettel 3 ist P0 der Schwerpunkt von { (O1 , 2), (O2 , 2) }. Damit ist P0 auch der Schwerpunkt von { (O1 , 1), (O2 , 1) }. Also ist P0 der Mittelpunkt der Strecke von O1 nach O2 . Andererseits ist P0 auch der Schwerpunkt von { (S, 3), ( B1 , 1) } und somit − → −→ enthalten in der Geraden hS, B1 i. Damit muss P = P0 gelten. Da 3 · PS + PB1 = 0, −→ − → −→ − → −→ − → −→ −→ wissen wir SP = 31 · PB1 . Daraus folgt SB1 = SP + PB1 = 43 PB1 , also SP = 41 · SB1 . Aufgabe 3 (5 Punkte). Wir erinnern an die Definition der Strecke [ P, Q] zwischen zwei Punkten P, Q ∈ E : Sie ist definiert als die Menge aller Schwerpunkte von Systemen { ( P, α), ( Q, 1 − α) } mit α ∈ [0, 1]. Eine Menge K ⊆ E heißt konvex, wenn die Bedingung ∀ P, Q ∈ K : [ P, Q] ⊆ K erfüllt ist. Zeige, dass das Bild einer konvexen Menge unter einer affinen Abbildung konvex ist. Lösungsansatz. Sei ϕ : E → E affin. Aus der Vorlesung ist bekannt, dass affine Abbildungen Schwerpunkte erhalten. Daraus folgt ϕ([ P, Q]) = [ ϕ( P), ϕ( Q)].