Beschluss A006 Suffizienz - BUND

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Beschluss der BDV 2015
A006
Suffizienz
Für eine Suffizienzorientierung von Politik, Gesellschaft und Bürger/inne/n.
Die BDV beauftragt:
• Die BDV beauftragt den Bundesvorstand, im Jahr 2016 eine Initiative für eine positiv besetzte
gesellschaftliche und politische Debatte zur Suffizienzpolitik als wesentlichen Bestandteil nachhaltiger Politik zu starten. Damit initiieren wir eine politische Debatte, die sich gegen die derzeitige Tendenz in Politik, Wirtschaft und Wissenschaft richtet, notwendige Transformationsprozesse
für ein Zukunftsfähiges Deutschland allein als wachstumsgetriebene technologische Umstellungsund Effizienzprozesse zu beschreiben. Zugleich wird Suffizienz in den allermeisten Fällen als „persönliche Haltung“ und „persönliche Entscheidung“ verstanden, weniger zu verbrauchen, anders zu
leben, zu „verzichten“. Wir wollen mit dieser Initiative die politischen Rahmenbedingungen thematisieren, die für Suffizienz notwendig bzw. für Insuffizienz verantwortlich sind.
• den Wissenschaftlichen Beirat, mit Unterstützung der Fachreferate der BGSt eine BUNDPositionierung zum Thema Suffizienz mit Schwerpunkt Suffizienzpolitik zu erarbeiten, und bei der
Aktualisierung bestehender Positionen die Suffizienzperspektive zu integrieren,
• den Verbandsrat, den Bedarf an länderübergreifenden Materialien zu konkretisieren, Die Initiative
soll Vorschläge enthalten, was BUND-Landesverbände und BUNDgruppen tun könnten, um diese
zu unterstützen. Die Aktivitäten sollen eng mit interessierten Landesverbänden, AK-SprecherInnen
und der BUNDjugend abgestimmt werden. Es sollen darauf aufbauend ggf. zusätzliche Finanzmittel im Nachtragshaushalt 2016 eingeplant werden.
• die Bundesgeschäftsstelle, in Abstimmung mit den Landesverbänden und dem Wissenschaftlichen
Beirat eine „Argumentationshilfe Suffizienz“ für die Ort- und Kreisgruppen zu erstellen, vorhandenes Material zu erfassen, gute Beispiele erfolgreicher Arbeit als Material zu dokumentieren, sowie
Austausch und Vernetzung anzuregen. Um auf allen Ebenen politisch aktiv werden zu können,
werden kurze und klare Hinweise an die Untergliederungen erarbeitet. Sie beinhalten eine Verknüpfung der inhaltlichen Fachthemen des BUND mit dem übergreifenden Thema Suffizienz. Konkret: Auf welcher politischen Ebene können welche Suffizienzmaßnahmen in Zusammenhang mit
welchem Fachthema gefordert werden?
• Mit der Initiative soll der BUND im Vorfeld der Bundestagswahl 2017 Druck auf Parteien und Ministerien aufbauen, um nach der Wahl 2017 eine entsprechende politische Zielsetzung in der dann
fälligen Koalitionsvereinbarung zu erreichen, die die Weichen dafür stellt, suffizientes Leben und
Wirtschaften überhaupt zu ermöglichen. Es werden dafür auch mögliche Partner in der Zivilgesellschaft, Politik und Wissenschaft angesprochen (z.B. Initiativen der Suffizienzbewegung, Kirchen,
Gewerkschaften, Nachhaltigkeitsrat, Sachverständigenrat etc.).
Das Motto „immer schneller, immer weiter, immer mehr“ hat in alle Bereiche der Gesellschaft Einzug
gehalten, in unsere Arbeitswelt, in Schule und Ausbildung, in unsere Beziehungen, selbst das „Ich“
gilt es zu optimieren. Dort wie auch in der Wirtschafts- und praktisch allen anderen Politikresorts ist
es kein zukunftsfähiger Leitgedanke. Es führt zur Plünderung der Erde, zur Beschädigung der natürlichen Lebensgrundlagen zu beschädigen und zur Unterminierung des sozialen Zusammenhalts der
Gesellschaft.
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Dem setzen wir ein entschiedenes „Genug, es reicht!“ entgegen, in Ausbildung, Arbeitswelt, und Freizeit, beim Konsum und vielen anderen Bereichen. Wir brauchen eine Politikwende, die den Menschen
ein Leben in Würde ermöglicht ohne eine Übernutzung der Natur zu verursachen: das ist der Kern
von Suffizienz, und ein unverzichtbarer Bestandteil jeder nachhaltigen Entwicklung.
Der BUND engagiert sich für Suffizienz, denn Klimaschutz, Arten- und Naturschutz, eine ökologische
Finanzreform (Ende der nicht-nachhaltigen Subventionen, Ressourcensteuer statt Besteuerung des
Faktors Arbeit) oder die Energiewende lassen sich nicht umsetzen, ohne dass wir dem Beschleunigungs- und Wachstumswahn Einhalt gebieten. Effizienzsteigerungen werden nicht auffangen können, was dieser anrichtet, Umweltentlastung durch Strukturwandel hat sich als Illusion erwiesen, und
„grünes Wachstum“ wird dies ebenso tun – auch deshalb ist Suffizienz unverzichtbar. Dabei ist uns
bewusst, dass Suffizienz nicht ohne weiteres als Leitmotiv wirtschaftlichen Handelns eingeführt oder
als "Gestaltungsnorm" der Politik von oben verordnet werden kann. Anders gesagt: Transformationsprozesse hin zu einer Suffizienzgesellschaft werden konfliktreich, langwierig und tiefgreifend sein.
Dazu setzt der BUND auf den Ebenen der Politik, der Gesellschaft und der individuellen Lebensführung an:
Politik: Suffizienz ist kein eigenständiger Politikbereich, sondern eher ein Gestaltungsziel für alle
Politiken. Wirksam wird Suffizienz, indem sie erstens alle Politikfelder so verändert, dass die Orientierung am ständigen Wachstum von einer Orientierung an den menschlichen Bedürfnissen abgelöst
wird. Zweitens erfordert Suffizienz, dass die Möglichkeiten geboten werden, in allen Lebensbereichen
einen suffizienten Lebensstil zu realisieren der Übermaß wie Mangel vermeidet. Hier ist der BUND als
politikgestaltender Akteur gefordert; dazu muss das Thema kampagnenfähig gemacht und so aufbereitet werden, dass der Richtungswechsel zu einer Politik der Suffizienz politikfähig gemacht wird.
Gesellschaft: Die fetischartig positive Bewertung von Wachstum und Beschleunigung ist tief in viele
gesellschaftliche Bereiche eingedrungen. Ein Wandel der gesellschaftlichen Wertmuster ist überfällig
– und hat vielerorts schon begonnen. Um seiner gesellschaftlichen Orientierungsfunktion gerecht zu
werden, muss der BUND einerseits als Ganzes (also auch die Landesverbände, Orts- und Kreisgruppen
sowie die Jugend) in die Lage versetzt werden, zum Thema Suffizienz sprachfähig und argumentationsstark aktiv zu werden. Hier sind Beispiele hilfreich – die Dokumentation auf der BUND Homepage
(http://www.bund.net/themen_und_projekte/nachhaltigkeit/suffizienz_gutes_leben/) ist ein guter
Schritt in diese Richtung. Zum anderen muss er die Zusammenarbeit mit den Partner/inne/n im
Transformationsprozess und darüber hinaus suchen (z.B. mit der Degrowth-Bewegung, Anti-TTIPKampagnen etc.), die zum Thema „Suffizienz“ ihre eigenen legitimen und komplementären Zugänge
haben.
Lebensführung ist nicht nur Privatsache, sondern spielt sich auch im öffentlichen Raum ab und wird
durch diesen beeinflusst. Suffiziente Lebensstile können nicht verordnet, aber sie können ermöglicht
und befördert werden. Der BUND kann hier, durch Informationen zu öffentlichen Initiativen (z.B. mit
Aktionspaketen zum „Vor-Ort-Selber-machen” z.B. zum Thema „Wie gründe ich ein eigenes RepaircaSeite 2
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fé?“) ebenso wie schon bisher durch Praxistipps zur persönlichen Lebensführung – beides unter dem
Label der Suffizienz – eine Unterstützungsfunktion wahrnehmen.
Als Vorbild kann der BUND dienen, wenn er sich selbst kritisch hinterfragt, wie Kriterien der Suffizienz in der Verbandsarbeit umgesetzt werden können und werden. Jenseits der unbestrittenen Sachzwänge würde das einen Reflektionsraum eröffnen, in dem nach strukturellen Alternativen zum
Wachstums- und Beschleunigungsparadigma und den Tretmühlen des Alltags gefragt werden kann.
Ein Pilotprojekt des BUNDjugend-Bundesverbandes wird angeregt, um die Bedeutung, Chancen und
Grenzen von Suffizienz in Organisationen zu diskutieren und konkrete Handlungsoptionen aufzuzeigen.
Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland e.V. (BUND)
Bundesdelegiertenversammlung
Bad Hersfeld, 22. November 2015
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