Seminar Nachhaltiger Konsum Dipl.-Soz. Dirk Dalichau Sitzung am 9. Dezember 2014 Wintersemester 2014 / 2015 Fachbereich Gesellschaftswissenschaften Goethe-Universität Frankfurt am Main 1 Seminarplan D. Nachhaltiger Konsum: Herausforderungen (gesellschaftlich) und Strategien 02.12.2014 Nachhaltiger durch Suffizienz, Effizienz und Konsistenz Huber, Joseph (1995): Kontroverse Strategien. Suffizienz, Effizienz und Konsistenz von Produktionsweise und Lebensstil. In: ders.: Nachhaltige Entwicklung. Strategien für eine ökologische und soziale Erdpolitik, S. 123-160. Ergänzung: Sammlung von Strategien und Initiativen aus der Praxis [alternativ / ergänzend zur Beantwortung von Fragen] 09.12.2014 Wachstumsdilemma und Entkopplung Jackson, Tim (2012): Das Wachstumsdilemma. In: (ders.): Wohlstand ohne Wachstum. Leben und Wirtschaften in einer endlichen Welt. München: oekom, S. 66-80. Paech, Nico (2013): Mythos Entkopplung. Die Mär vom >grünen Wachstum<. In: (ders.): Befreiung vom Überfluss. Auf dem Weg in die Postwachstumsökonomie. München: oekom, S. 71-101. 2 Rückblick: Suffizienz, Effizienz, Konsistenz Vorab eingereichte Beispiele - Suffizienz Ein Beispiel für die Suffizienz Strategie könnte die anhaltende Diskussion um die Verschwendung von Lebensmitteln sein. Würde man auf bestimmte Lebensmittel verzichten (beispielsweise Fleisch oder generell Tierprodukte) und ausschließlich das kaufen was man auch verbraucht würde man suffizient handeln. Man würde auf bestimmte Lebensmittel verzichten und im Konsum von Nahrung bescheiden und genügsam handeln. Da die Suffizienz Strategie allerdings an der Nachfrageseite ansetzt ist es schwierig, einen suffizienten Ansatz zu verallgemeinern oder gar gesetzlich zu bestimmen. Als aktuelles Beispiel dient der Vorschlag zur Einführung eines sogenannten „VeggieDays“, was deutlich veranschaulichte, wie die Menschen auf eine Einschränkung in ihrem Konsumverhalten bei Lebensmitteln reagieren. Ein Beispiel von Konsumhandeln im Sinne einer Suffizienz-Strategie ist das „Containern“. Beim „Containern“ handelt es sich um das Suchen nach Lebensmitteln in den Mülltonnen von Supermärkten. Lebensmittel werden aufgrund ihres Mindesthaltbarkeitsdatums, ihrer Klassifikation als B-Ware und weiteren ähnlichen Gründen, die den Richtlinien nicht entsprechen, weggeworfen. „Containern“ weist suffiziente Merkmale auf. Suffizient ist es zum einen, da das konsumtive Anspruchsniveau gesenkt wird und auf den Wohlstand perfekte und den Richtlinien entsprechende Lebensmittel zu konsumieren verzichtet wird. Zum anderen wird hierbei der soziale Aspekt deutlich, der vor dem technischen steht. Die Annahme, dass die Suffizienz-Strategie eine Verzicht-Strategie ist, lässt sich auf das Beispiel „Containern“ beziehen, da hierbei eine Ablehnung und ein Verzicht auf Materielles im Mittelpunkt steht. 3 Rückblick: Suffizienz, Effizienz, Konsistenz Vorab eingereichte Beispiele - Suffizienz Das von mir angeführte Beispiel bezieht sich auf das angewandte Konzept der sogenannten Kochhäuser, die mittlerweile nicht nur in Berlin, sondern auch in Frankfurt, München und Hamburg aufzufinden sind. Diese Kochhäuser sind so aufgebaut, dass die einkaufende Person sich beim Durchgehen an verschiedenen Stationen Rezepte zum Nachkochen aussuchen und mitnehmen kann. Direkt vor Ort – an diesen Stationen– findet sie zudem noch die benötigten Zutaten vor. Das Besondere daran ist nun, dass sie wählen kann, für wie viele Personen das Rezept zubereitet werden soll. Je nach Anzahl der Personen bekommt sie die exakte Menge der Lebensmittel angezeigt, die sie für die Zubereitung benötigt. Ziel dieses Kochhauses ist, dass potentielle Reste (die durch das Kochen für mehrere Personen zwecks falscher Kalkulation ja durchaus leicht entstehen) nicht mehr weggeschmissen werden müssen. Wie im Text schon erläutert liegt der Fokus innerhalb der Suffizienzstrategie auf den Aspekten der Genügsamkeit und Bescheidenheit. Ähnlich wie bei der Strategie lautet auch bei den Kochhäusern die Hauptfrage, die hinter diesem Konzept steht: Wie viel wird denn überhaupt benötigt und was ist überflüssig? Andererseits erklärt die Strategie weiterhin die Gleichverteilung von Wohlstand sowie die Abschaffung von gewissen Privilegien und eine damit verbundene Rückbesinnung auf das Wesentliche als Zielsetzung, was sich jedoch nicht eins zu eins auf die oben genannte Konsumtätigkeit beziehen lässt. Der Slogan ‚Überdruß am Überfluß’ kann aber trotzdem stellvertretend aufgrund des oben genannten Aspektes für das Konzept der Kochhäuser angewendet werden. 4 Rückblick: Suffizienz, Effizienz, Konsistenz Vorab eingereichte Beispiele - Suffizienz Im Folgenden soll der Verzicht bzw. Einschränken des Fleischkonsums als Beispiel für eine Suffizienzstrategie kurz dargelegt werden. Hierbei soll der Fokus vor allem auf der flächenintensiven Herstellung von Fleisch liegen. Durch die Produktion von Fleisch wird ein Großteil der Agrarflächen, die auch für die Produktion pflanzlicher Lebensmittel genutzt werden könnten belegt, was zur Folge hat, dass insgesamt eine kleinere Menge Lebensmittel produziert werden kann. Durch die Reduktion des Fleischkonsums könnte also auf Dauer sicher gestellt werden, dass eine größere Anzahl Menschen mithilfe der selben Fläche ernährt wird. Hierbei ist es auch nicht unbedingt notwendig vollkommen auf den Konsum von Fleisch zu verzichten, sondern es wäre ausreichend gewisse Einschränkungen vorzunehmen. Im Gegensatz zu den Ausführungen Huber stellt diese Maßnahme, unter verschiedenen Anderen, meiner Meinung nach eine äußerst gute Maßnahme dar, die Suffizienzstrategie sinnvoll anzuwenden. Denn ein Umdenken in dieser Frage würde dazu führen, dass es einfacher möglich ist den Nahrungsmittelkonsum des Menschen wieder mit der Natur in Einklang zu bringen, auch wenn es natürlich unbestritten ist, dass noch weitere soziale und technologische Innovationen von nöten sein werden um dieses Ziel zu erreichen. Trotzdem kann die Suffizienzstrategie hier dazu führen, dass ein halbwegs "konsistenter Stoffstrom" entsteht, wie ihn Huber im Rahmen der Konsistenzstrategie als das große Ziel anpreist. Den Denkfehler den er dabei meiner Meinung begeht, ist die Fixierung auf technische Innovationen, durch die es irgendwann laut Huber möglich sein wird die meisten Stoffströme konsistent zu gestalten und somit dem Menschen zu ermöglichen ohne allzu große Einschränkungen so weiter zu leben wie bisher. Dabei vergisst er allerdings, dass auch soziale Innovationen (die sich unter anderem teilweise in verschieden Formen von Suffizienzstrategien präsentieren) zu konsistenten Stoffströmen beitragen können. 5 Rückblick: Suffizienz, Effizienz, Konsistenz Vorab eingereichte Beispiele - Suffizienz Ausweitung von Car-Sharing als Konzept insbesondere in Großstädten bzw. wirtschaftlich starken Regionen mit hohem Verkehr von und zur Arbeitsstelle. • Kann auf verschiedenen Ebenen angesetzt werden: z.B. auf Organisationsebene: Bereitstellung einer bestimmten Anzahl von Fahrzeugen durch den Arbeitgeber (Firma, Organisation), die von ArbeitsnehmerInnen mit ähnlichen Arbeitswegen- und Zeiten in Anspruch genommen werden; Problem: zunehmende Flexibilisierung (unterschiedliche Arbeitszeiten, Mobilität etc.) • Deshalb ergänzend: Bereitstellung von Autos durch Gemeinden, unabhängig von Arbeitgebern bzw. durch private Car-Sharing Anbieter • Oder: Ausweitung einer privaten Fahr-Gemeinschaftspraxis, die durch Arbeitgeber oder staatliche Gelder unterstützt wird und das „Commitment“ der TeilnehmerInnen z.B. dadurch gewährleistet, dass jeder davon Nutzen hat und etwas beitragen muss (z.B. durch abwechselnde Bereitstellung vorhandener Autos) • im Grunde Ausweitung und Insitutionalisierung bzw. Normalisierung der Car-Sharing Praxis als dominante Mobilitätspraxis. Bewusstseinsänderung im Sinne einer Priorität der Nutzung von Car-Sharing Angeboten und einer danach kommenden Inanspruchnahme privater Fahrzeuge (soll nicht auf einen kompletten Verzicht privater Fahrzeuge etc. hinauslaufen, die zunehmender individualisierter Mobilität und Flexibilität widersprechen würde) • Quantitativ werden Ressourcenverbrauch und Extraktion vermindert • Qualitativ kann ein erforderlicher Standard an Mobilität und Flexibilität durch sich ergänzendes Angebot mehrerer Car-Sharing Anbieter erhalten werden und gleichzeitig ein Bewusstseinswandel unterstützt werden, der sich möglichweise auch auf andere Lebensbereiche positiv im Sinne von Nachhaltigkeit auswirkt („Weniger ist mehr“, anderes Anspruchsdenken auch bei anderen Konsumprodukten,…) 6 Rückblick: Suffizienz, Effizienz, Konsistenz Vorab eingereichte Beispiele - Suffizienz Der Text zeigt deutlich, dass ich im Sinne einer „Suffizienz-Strategie“ handle, wenn ich materiell auf gewisse Dinge/Konsumgüter etc. verzichte. „Weniger ist mehr“ scheint das Credo der „Suffizienz-Strategie“ zu sein. Angenommen, Person X hat vor, sich ein neues Auto zu kaufen, um Ihrem „Bedürfnis“ nach Mobilität nachzukommen. Person X würde im Sinne der „Suffizienz-Strategie“ handeln, wenn Sie von dem Autokauf abließe und sich mit anderen Personen ein Auto teilt. Sie übt damit „Konsumverzicht“ und schafft sich auf clevere Art und Weise eine andere Möglichkeit, dem Wunsch nach Mobilität nachzukommen. 7 Rückblick: Suffizienz, Effizienz, Konsistenz Vorab eingereichte Beispiele - Effizienz Als aktuelles Beispiel für nachhaltige Entwicklung im Sinne einer Effizienz-Strategie kann der Supermarkt „Original Unverpackt“ in Berlin gelten. Die Betreiber des Marktes verzichten auf Einwegverpackungen, es gibt Spender sowohl für trockene (z.B. Mehl) als auch flüssige (z.B. Olivenöl) Lebensmittel, Mehrweggläser und natürlich unverpacktes Obst und Gemüse. Die Idee der Effizienzstrategie beinhaltet die Steigerung der Ressourcenproduktivität, bzw. der Stoff- und Energieeffizienz, sowie Langlebigkeit und Modulbauweise der Produkte (vgl Huber 132 f.). Durch das Weglassen der Einwegverpackungen werden Ressourcen effizient eingespart, z.B. Plastik. Natürlich kommt auch dieser Supermarkt nicht ganz ohne Verpackung aus (schließlich benutzen sie Spender, Gläser und Kisten für das Obst), aber sie nutzen sie effizient, da wenig Verpackung für eine große Warenmenge genutzt wird. Außerdem sind vielleicht nicht exakt die Produkte des Supermarktes langlebig (immerhin sind es zum Verzehr vorgesehene Lebensmittel), aber die Behältnisse sind langlebig (Gläser und Kisten können wiederverwendet werden). Ein dritter Aspekt des Supermarktmodells trägt zur Nachhaltigkeit bei, nämlich dass die Konsumenten nur so viel einkaufen bzw. abfüllen können, wie sie gerade brauchen. Allerdings ist nicht ganz klar inwieweit das auch auf die Effizienzstrategie passt. 8 Rückblick: Suffizienz, Effizienz, Konsistenz Vorab eingereichte Beispiele - Konsistenz ?? 9 Wachstumsdilemma (Jackson 2012) Diskussion Grundlage: Thesen zur Verteidigung des Wirtschaftswachstums nach Jackson (2012): Die erste besagt, dass Fülle – wiewohl nicht gleichbedeutend mit Wohlstand – eine unerlässliche 1. Bedingung für das gute Leben sei. 2. Die zweite lautet, dass Wirtschaftswachstum in enger Beziehung steht zu gewissen grundlegenden Zugangsrechten – etwa Gesundheit oder Bildung –, die Voraussetzung für Wohlstand sei. 3. Die dritte hält Wachstum für notwendig, um wirtschaftliche und soziale Stabilität aufrechtzuerhalten. Wie diskutiert Jackson (2012) diese drei Thesen? Jackson, Tim (2012): Das Wachstumsdilemma. In: (ders.): Wohlstand ohne Wachstum. Leben und Wirtschaften in einer endlichen Welt. München: oekom, S. 66. 10 Mythos Entkopplung (Paech 2013) Diskussion Wie diskutiert Paech (2013) den „Mythos Entkopplung“? Worin bestehen seiner Ansicht nach die Probleme? Paech, Nico (2013): Mythos Entkopplung. Die Mär vom >grünen Wachstum<. In: (ders.): Befreiung vom Überfluss. Auf dem Weg in die Postwachstumsökonomie. München: oekom, S. 71-101. 11 Fragen zum Text – Sitzung am 16.12.2014 16.12.2014 Gesellschaftliche Steuerung Kaufmann-Hayoz, Ruth; Brohmann, Bettina; Defila, Rico; Di Giulio, Antonietta; Dunkelberg, Elisa; Erdmann, Lorenz; Fuchs, Doris; Gölz, Sebastian; Homburg, Andreas; Matthies, Ellen; Nachreiner, Malte; Tews, Kerstin; Weiß, Julika (2011): Gesellschaftliche Steuerung des Konsums in Richtung Nachhaltigkeit. In: Defila, Rico; Di Giulio, Antonietta; Kaufmann-Hayoz, Ruth (Hg.) Wesen und Wege nachhaltigen Konsums. Ergebnisse aus dem Themenschwerpunkt „Vom Wissen zum Handeln - Neue Wege zum nachhaltigen Konsum. Ergebnisse der Sozial-ökologischen Forschung. München: oekom, S. 125-156. Zur Sitzung am 16.12.2014 gibt es keinen Arbeitsauftrag / keine vorbereitenden Fragen zu beantworten! 12