Dunkle Biene Nordstrandischmoor

Werbung
JOURNAL
Sonnabend, 12. Juli 2014
Lokführer Thore
Siefert brachte den
Nordbienentransport sicher über
den 3,3 Kilometer
langen Bahndamm
auf die Hallig Nordstrandischmoor.
Fotos Tietgen
Ein besonderes Völkchen
usanne und Thor Siefert beherbergen
auf ihrem Hof auf der Neuwarft derzeit ein ganz besonderes Völkchen: Am
Hang ihrer Warft auf der Hallig Nordstrandischmoor summen für mehrere Wochen
Tausende Drohnen um rund 70 Bienenköniginnen von apis mellifera mellifera – besser
bekannt als die Nordbiene. Mit der Aktion
wollen Imker für jede Menge Nachwuchs einer Honigbienenart sorgen, die ursprünglich
im Norden heimisch war und fast ausgerottet
wurde.
Sebastian Runge hat mit dem Osthang der
Neuwarft den optimalen Platz für die sogenannte Reinbegattung festgelegt. „Damit
stehen die Bienenstöcke schön im Windschatten des Hauses“, erzählte der 31-jährige Norderstedter. Mit den Imkerfreunden
Otto Vollertsen aus Hamburg und der Rendsburgerin Dörte Nibbe brachte Runge ein
knappes Dutzend Drohnenvölker und zahlreiche bunt bemalte Kistchen mit Königinnen zur kleinen Hallig in Nordfriesland. Dafür holte sich das Trio Unterstützung von den Halligbewohnern: Die Sieferts kamen mit
ihrer eigenen Lorenbahn zur
Verladestation Lüttmoorsiel
auf dem Festland. Mehrere
Dutzend Kisten wurden auf die
selbstgebauten Waggons verladen
und mit Gurten gesichert, die Imker nahmen Platz im benachbarten Passagierabteil
auf den Freiluft-Holzbänken. Gezogen von
einer Feldbahnlok ais einem ehemaligen
Torfwerk, die Thore Siefert in Niedersachsen
S
Vor 100 Jahren war
die Dunkle Biene
Nord weit verbreitet
in Europa. Dann
verdrängte eine andere Art die Nordbiene. Auf der Hallig Nordstrandischmoor wird sie nun
wieder gezüchtet.
Von Sven Tietgen
kaufte und überholte, zuckelten
die Waggons in flotterem Fußgängertempo über den Bahndamm
durchs Wattenmeer – bis zur Endstation Neuwarft auf Nordstrandischmoor.
Dort wurden die aus Hannover abgeholten
Drohnenvölker in Reihe aufgebaut. Drumherum platzierten die Imker die Königinnen,
die aus Norwegen stammen – und damit von
einem der wenigen Orte in Europa, in denen
Mit der roten Feldbahnlok werden die Magazinbeuten mit den Drohnenvölkern und den Nordbienenköniginnen bis dicht an die Neuwarft
auf Nordstrandischmoor gefahren.
es noch Restbestände der Nordbiene gibt.
Maximal 2000 Völker produzieren derzeit
noch Honig bei Imkern in Norwegen, Schweden und Finnland, auf einem Zipfel im Westen Irlands und einer Insel vor der Bretagne.
Früher muss es nach Erkenntnissen der
Zuchtgemeinschaft Dunkle Biene Nord, in
der sich Sebastian Runge und weitere Fans
der Nordbiene organisieren, nördlich der Alpen bis in den Ural viele Millionen Völker gegeben haben. Der Rückgang der Nordbiene
begann nach dem Ersten Weltkrieg, als
Zuchtverbände die Carnica propagierten.
Diese aus dem Mittelmeerraum stammende
Biene breitete sich rasant in Deutschland
und den Nachbarländern aus und verdrängte
die Dunkle Biene bis auf wenige Populationen.
In den vergangenen Jahren stieg das Interesse an der großen, breit gebauten Biene mit
dem schwarzen Chitinpanzer wieder an.
Züchter berichteten in Internetforen von
langlebigen und flugstarken Bienen, die
auch kühler und feuchter Witterung trotzen
und keineswegs stechlustig sind. Zudem hätten neuere Untersuchungen ergeben, dass
viele einheimische, seltene Pflanzen von der
Dunklen Biene bestäubt werden. Im Zusammenspiel mit Ameisen, Hornissen, Hummeln
und Solitärbienen erfüllen sie eine unersetzliche Rolle in den hiesigen Ökosystemen.
„Die Nordbiene ist eine alte Haustierrasse,
die ursprünglich in unserer Region heimisch
war. Mit der Aktion auf der Hallig wollen wir
eine eigene Königinnenzucht etablieren, damit die Imker nicht teuer aus Norwegen oder
Sebastian Runge zeigt Waben einer Testreihe vor der Reinbegattung. Die Tests ergaben, dass auf der Hallig keine Drohnen
anderer Bienenrassen leben.
anderen
Ländern importieren müssen“, erläuterte Sebastian Runge.
Als Körmeister hat
der junge Bienenfreund den Landesverband
Schleswig-Holstein/Hamburg
überzeugt,
der Einrichtung einer sogenannten Belegstelle auf Nordstrandischmoor zuzustimmen. Damit kann auf dem 160 Hektar großen
Eiland offiziell die Nordbiene gezüchtet
werden. Etwa drei Wochen lang haben die
Drohnen Zeit, die Königinnen zu begatten,
dann werden sie wieder abgeholt. Während
der Paarungszeit werden die Bienenoberhäupter mit einer speziellen Zuckerlösung
gefüttert. Mit dem Sperma können die Königinnen bis zu fünf Jahre lang Eier produzieren – und so für jede Menge Nachwuchs bei
Imkern sorgen. Familie Siefert hat der Einrichtung der Belegstelle auf ihrer Warft gern
zugestimmt. „Unser Hof war früher schon
Standort für Bienenzüchter, es ist ja auch interessant für unsere Gäste“, erzählte Thore
Siefert, der mit seiner Ehefrau Susanne drei
Ferienwohnungen vermietet.
Weitere Informationen zur Dunklen Biene und
zur Zuchtgemeinschaft gibt Sebastian Runge
unter [email protected] und
www.nordbiene.de
Über Bienen, aber auch Wespen, Hornissen,
Hummeln und Libellen gibt es allerlei Vorurteile. Das Journal klärt die Irrtümer auf. Seite 4
Geschützt durch die Schleier, öffnen die Nordbienenimker die Kistchen mit
den Königinnen und die Drohnenbeuten – und geben damit den Startschuss für die Reinbegattung.
Herunterladen