Perkutane CT-gesteuerte Hochdosis

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316
Interventionelle Radiologie
Perkutane CT-gesteuerte Hochdosis-Brachytherapie
(CT-HDRBT) von primären und metastatischen
Lungentumoren in nicht chirurgischen Kandidaten
Percutaneous CT-Guided High-Dose Brachytherapy (CT-HDRBT) Ablation of
Primary and Metastatic Lung Tumors in Nonsurgical Candidates
Autoren
F. Collettini1, D. Schnapauff1, A. Poellinger1, T. Denecke1, J. Banzer1, M. J. Golenia1, P. Wust2, B. Gebauer1
Institute
1
Radiologie, Charité – Universitätsmedizin Berlin
Strahlentherapie, Charité – Universitätsmedizin Berlin
Key words
Zusammenfassung
Abstract
"
!
!
Ziel: Evaluierung der CT-gesteuerten HochdosisBrachytherapie (CT-HDRBT) zur lokalen Tumorkontrolle bei primären und metastatischen Lungentumoren.
Material und Methoden: Es wurden alle konsekutiven Patienten mit Lungenmalignomen eingeschlossen, die zwischen November 2007 und Mai
2010 mittels CT-HDRBT behandelt wurden. Postinterventionelle Kontrollen erfolgten durch kontrastverstärkte CT-Untersuchungen erstmalig
6 Wochen nach Therapie, im Rahmen des Follow-ups einmalig nach 3 Monaten und anschließend alle 6 Monate. Als Endpunkte wurden die
lokale Tumorkontrolle sowie das progressionsfreie Intervall untersucht. Zur Beurteilung der
Überlebensfunktion sowie der lokalen Tumorprogression wurde eine Kaplan-Meier-Analyse
durchgeführt.
Ergebnisse: Es wurden 34 Interventionen zur Behandlung von 33 Lungenläsionen bei 22 Patienten
durchgeführt. Der mittlere Durchmesser der 33
Lungenherde betrug 33,3 mm (SD = 20,4). In allen
Fällen konnte in der ersten CT-Kontrolle eine vollständige Umfassung der Läsionen nachgewiesen
werden. Die mittlere minimale tumorumschließende Dosis betrug 18,9 Gy (SD = 2). 3 Patienten
(13,6 %) entwickelten einen Pneumothorax nach
der Behandlung. Die mittlere Verlaufskontrollzeit
betrug 13,7 Monate (3 – 29 Monate). 2 von 32 Läsionen (6,25 %) entwickelten ein Lokalrezidiv. Bei
8 Patienten (36,3 %) zeigte sich im Verlauf ein Voranschreiten der Tumorerkrankung in Form eines
nicht lokalen Tumorprogresses. Nach 17,7 Monaten lebten 13 Patienten, 9 waren zu diesem Zeitpunkt verstorben.
Schlussfolgerung: Die CT-HDRBT ist eine sichere
und vielversprechende Behandlungsoption zur
Ablation von Lungentumoren. Sie ermöglicht die
gezielte Zerstörung des Tumorgewebes mit
gleichzeitiger Erhaltung wichtiger Lungenstruk-
Purpose: To evaluate the safety and efficacy of CTguided high-dose brachytherapy (CT-HDRBT) ablation of primary and metastatic lung tumors.
Materials and Methods: Between November 2007
and May 2010, all consecutive patients with primary or metastatic lung tumors, unsuitable for
surgery, were treated with CT-HDRBT. Imaging
follow-up after treatment was performed with
contrast-enhanced CT at 6 weeks, 3 months and
every 6 months after the procedure. The endpoints of the study were local tumor control and
time to progression. The Kaplan-Meier method
was used to estimate survival functions and local
tumor progression rates.
Results: 34 procedures were carried out on 33 lesions in 22 patients. The mean diameter of the tumors was 33.3 mm (SD = 20.4). The first contrastenhanced CT showed that complete ablation was
achieved in all lesions. The mean minimal tumor
enclosing dose was 18.9 Gy (SD = 2). Three patients developed a pneumothorax after the procedure. The mean follow-up time was 13.7 (3 – 29)
months. 2 of 32 lesions (6.25 %) developed a local
tumor progression. 8 patients (36.3 %) developed
a distant tumor progression. After 17.7 months,
13 patients were alive and 9 patients had died.
Conclusion: CT-HDRBT ablation is a safe and attractive treatment option for patients with lung
malignancies and allows targeted destruction of
tumor tissue with simultaneous preservation of
important lung structures. Furthermore, CTHDRBT is independent of the size of the lesion
and its location within the lung parenchyma.
● thorax
● ablation procedures
● interventional procedures
● percutaneous
● neoplasms
"
"
"
"
eingereicht 12.6.2011
akzeptiert 19.12.2011
Bibliografie
DOI http://dx.doi.org/
10.1055/s-0031-1299101
Online-Publikation: 1.2.2012
Fortschr Röntgenstr 2012; 184:
316–323 © Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York ·
ISSN 1438-9029
Korrespondenzadresse
Federico Collettini
Radiologie, Charité –
Universitätsmedizin Berlin
Augustenburger Platz 1
13353 Berlin
Tel.: ++ 49/30/4 50 55 70 01
Fax: ++ 49/30/4 50 55 79 01
[email protected]
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2
Interventionelle Radiologie
317
Einleitung
Behandlungsplanung und interventionelle Technik
!
Die Platzierung der Brachytherapiekatheter erfolgte unter CTFluoroskopie (Somatom Definition AS, Siemens, Erlangen,
Deutschland). Alle Interventionen wurden unter i. v. Analgosedierung durchgeführt. Initiale Dosen von 50 µg Fentanyl und
1 mg Midazolam wurden verabreicht und bei Bedarf individuell
angepasst.
Nach Punktion der Läsion über eine 17-G Nadel wurde eine
270 mm lange 6-F-Schleuse (Radiofocus, Terumo™, Tokio, Japan)
über einen steifen angiografischen Führungsdraht (Amplatz, Boston Scientific, Boston, USA) eingeführt. Anschließend wurde der
Führungsdraht entfernt und ein endgeschlossener 350 mm langer 6-F-Afterloadingkatheter (Primed™, Halberstadt Medizintechnik GmbH Halberstadt, Germany) in die Schleuse eingesetzt
" Abb. 1a, b).
(●
Unmittelbar nach Platzierung der Brachytherapiekatheter wurde
zur Bestrahlungsplanung ein CT der Lunge in Atemanhaltetechnik angefertigt. Die computergestützte 3-D-Bestrahlungsplanung
erfolgte mittels des erworbenen Datensatzes und der Software
Brachyvision™ (Gammamed™, Varian, Palo Alto, CA, USA). Zu
diesem Zweck wurden alle Afterloadingkatheter von der Spitze
bis zum Körperaustrittspunkt eingezeichnet.
Anschließend wurde die Lungenläsion als klinisches Zielvolumen
(CTV) eingezeichnet und alle relevanten Risikostrukturen (z. B.
Haut, Ösophagus, Myelon u. a.) markiert. Die Haltezeiten der Iridium-192-Festkörperquelle im Katheter wurden semiautomatisch
und manuell optimiert, um die vollständige Abdeckung des Zielvolumens unter Schonung der Risikostrukturen zu gewährleisten.
Die Minimaldosis zur Abdeckung des klinischen Zielvolumens betrug 20 Gy [15]. Maximaldosen > 50 Gy waren im Tumorzentrum
zugelassen. Um das Risiko eines beidseitigen Pneumothorax zu reduzieren, wurde jeweils nur ein Lungenflügel pro Sitzung behandelt. Sämtliche Bestrahlungen erfolgten als Einzelfraktionsbestrahlung mittels eines Afterloadingsystems (Gammamed™,
Varian, Palo Alto, CA, USA). Als Strahlenquelle diente Iridium-192
(192Ir) mit einer Nennaktivität von 10 Ci und einem Durchmesser
" Abb. 1c, d).
< 1 mm (●
Beim Entfernen der Brachytherapiekatheter wurde Fibrinkleber
durch die Schleuse (Tissucol™, Baxter, Unterschleißheim, Germany) in den Stichkanal injiziert. Zwei Stunden nach dem Eingriff wurde bei allen Patienten eine Exspirationsaufnahme des
Thorax zur Kontrolle eines eventuellen Pneumothorax angefertigt.
Primäre und sekundäre Lungentumoren sind die häufigste
Krebstodesursache in den entwickelten Ländern [1]. Allgemein
gilt die Resektion als Methode der Wahl für die Behandlung isolierter Lungenmetastasen sowie lokal begrenzter Primärmalignome der Lunge [2 – 4]. Bei der Mehrzahl der Patienten mit
primären oder sekundären Lungentumoren ist die Resektion allerdings aufgrund des zu hohen OP-Risikos, ihrer schlechten Lungenfunktion oder wegen schwerer Begleiterkrankungen nicht
durchführbar [5 – 7]. Behandlungsalternativen für diese Patienten sind traditionell die perkutane Radiatio, die Radiofrequenzablation und die Salvage-Chemotherapie [8 – 10].
Obwohl Bestrahlung, Chemotherapie oder die kombinierte Strahlenchemotherapie eine gewisse Verlängerung des Überlebens erreichen können, gehen diese Therapien oft mit substanzieller
Toxizität einher; dies gilt insbesondere für Patienten mit Komorbiditäten [8, 9, 11, 12]. Aufgrund dieser Einschränkungen haben
sich in den letzten zwei Jahrzehnten minimalinvasive Ablationstechniken stark entwickelt, die eine zunehmende Rolle in der integrierten onkologischen Versorgung einnehmen. 1995 wurde
von Goldberg et al. die perkutane Radiofrequenzablation (RFA)
als minimalinvasive Option für Patienten mit inoperablen Lungentumoren vorgeschlagen [13, 14]. Dieser Technik wird seitdem
sehr viel Aufmerksamkeit als effizientes Verfahren zur minimalinvasiven Ablation von Lungenmalignomen zugeteilt. Es bestehen jedoch grundsätzliche Limitationen für den Einsatz der RFA.
Hierbei handelt es sich einerseits um die Größe des zu behandelnden Tumors (< 5 cm) und andererseits um dessen Lokalisation in der Nähe von Gefäßen und des damit einhergehenden Kühlungseffekts [10]. Die CT-gesteuerte Hochdosis-Brachytherapie
(CT-HDRBT) ist eine neue Therapieoption, die im Vergleich zu anderen interventionellen Verfahren erhebliche Vorteile bezüglich
interferenzfreier und präzise vorhersagbarer Energieverteilung
sowie der Größe und der Lokalisation innerhalb des Lungenparenchyms der behandelbaren Läsionen zeigt [15]. In der vorliegenden Studie untersuchten wir die Sicherheit und Effizienz der
HDRBT zur lokalen Tumorkontrolle bei Lungenmalignomen.
Material und Methoden
!
Patientenselektion
Eingeschlossen wurden alle konsekutiven Patienten mit inoperablen Lungenmalignomen, die an unserer Klinik im Zeitraum
zwischen November 2007 und Mai 2010 mittels CT-gesteuerter
hochdosierter Brachytherapie behandelt wurden. Die Einschlusskriterien für die CT-HDRBT waren: 1. ein oder mehrere
primäre oder sekundäre Lungenmalignome, 2. ein KarnofskyIndex ≥ 75 % sowie 3. Kontraindikationen zur operativen Resektion bzw. Ablehnung der Operation. Als Kontraindikationen zur
Ausführung der CT-HDRBT galten 1. unkorrigierbare Gerinnungsstörungen (Zielwerte: Thrombozyten > 50 000 /nl, Quick
> 50 %, partielle Thromboplastinzeit < 50 s) und 2. fehlende Einwilligung. Hinsichtlich der Größe der Läsion und der Lungenfunktion bestanden keine Einschränkungen.
Verlaufskontrolle und Datenerhebung
Die Bildgebungskontrollen nach der Behandlung erfolgten mittels kontrastverstärkter CT nach 1 und 3 Monaten und anschließend alle 6 Monate. 2 Beobachter befundeten sämtliche CT-Kontrollaufnahmen im Konsensus. Der technische Erfolg sowie
Fortschreiten des lokalen Tumors nach Ablation wurden tabellarisch erfasst, ebenso wie mögliche Komplikationen. Der technische Erfolg der Behandlung (vollständige Umfassung der behandelten Läsion im ersten postinterventionellen CT) wurde anhand
der primären Baseline-CT-Befunde nach Behandlung ausgewertet. Die vollständige Umfassung der behandelten Läsion zeigte
sich in der ersten bzw. den darauffolgenden Nachuntersuchungen mittels Spiral-CT als Größenkonstanz bzw. geringe Größenabnahme des behandelten Tumors mit milchglasartiger Trübung
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turen und ist dabei unabhängig von der Größe der Läsion und ihrer Lokalisation innerhalb des Lungenparenchyms.
Interventionelle Radiologie
Abb. 1 a Thorax-CT einer 73 Jahre alten Frau mit
einer 4,4 cm messenden Lungenmetastase eines
Mammakarzinoms. b Implantation des Brachytherapiekatheters unter CT-Fluoroskopie und
c, d anschließende Bestrahlungsplanung am
Bestrahlungsplanungscomputer.
des umgebenden Lungenparenchyms. Leichte und schwerwiegende Komplikationen wurden gemäß den Standards der „Society of Interventional Radiology“ stratifiziert [16].
Endpunkte und statistische Auswertung
Endpunkte der Studie waren die lokale Tumorkontrolle (Fehlen
der Tumorprogression im Verlauf) sowie das progressionsfreie
Intervall, berechnet ab dem Datum der Ablationsbehandlung.
Die statistischen Analysen erfolgten mittels SPSS Version 18.0
(SPSS, Chicago, III). Die Kaplan-Meier-Analyse wurde zur Abschätzung der Überlebensfunktionen für Mortalität sowie der lokalen Tumorprogression angewandt.
Ergebnisse
!
Innerhalb des 30-monatigen Zeitraums wurden 34 Interventionen zur Behandlung von 33 Lungenläsionen bei 22 Patienten
" Tab. 1, 2 zusamdurchgeführt. Die erzielten Ergebnisse sind in ●
mengefasst. Der Altersdurchschnitt der Gesamtkohorte betrug
65,4 Jahre (Range: 45 – 82). Ein Patient hatte ein primäres,
schlecht differenziertes Plattenepithelkarzinom der Lunge im
Stadium IIIa. Bei den übrigen 21 Patienten lagen Lungenmetastasen folgender Primärtumore vor: 4 kolorektale Karzinome, je 1
Larynx-, Mamma- sowie Ovarialkarzinom, 2 Ösophaguskarzino" Tab. 1).
me, 3 Pankreaskarzinome und 8 Weichteilsarkome (●
Bei dem primären Lungenkarzinom handelte es sich um einen
großen solitären Tumor mit Infiltration der Thoraxwand, der
uns von der Thoraxchirurgie bei Inoperabilität überwiesen wurde. 16 der 21 Patienten mit Lungenmetastasen hatten solitäre, 5
Tab. 1 Charakteristika der Patientenpopulation und der Tumore (Range in
Klammern).
Patientenkollektiv
no.
Patientenzahl
22
Durchschnittsalter
65,4 Jahre
(45 – 82)
%
Geschlechtsverteilung
weiblich
10
45,4
männlich
12
54,5
Anzahl der Tumoren
33
Primarius
Bronchialkarzinom
1
4,5
kolorektales Karzinom
4
18,1
HNO-Tumor (Parotis, Larynx)
2
9
Mammakarzinom
1
4,5
Ovarialkarzinom
1
4,5
Ösophaguskarzinom
2
9
Pankreaskarzinom
3
13,6
Weichteilsarkom
8
36,3
Patienten multiple Metastasen, insgesamt wiesen diese 5 Patienten 19 Lungenmetastasen auf. Der Patient mit primärem Lungenkarzinom litt an multiplen Begleiterkrankungen und hatte eine
FEV1 von 0,7 l/s, weshalb er als nicht operabel galt und daher
von der Thoraxchirurgie zu uns überwiesen wurde. Keiner der
Patienten erhielt in den Monaten unmittelbar vor, während und
nach der Therapie eine systemische Chemotherapie.
Eine Einzelsitzung erfolgte bei 15 Patienten (68,1 %), 2 Interventionen bei 4 Patienten (18,1 %), 3 bei 2 Patienten (9 %) und 4 Sitzungen bei 1 Patienten (4,5 %) wegen mehrfacher intrapulmona-
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ler Tumorprogression. Die mittlere Eingriffsdauer betrug 30 min,
die mittlere Verweildauer der Brachytherapiekatheter 2 h.
Der mittlere Durchmesser der 33 Lungenherde betrug 33,3 mm
(Range: 10 – 86; SD = 20,4). Die Anzahl der eingesetzten Afterloadingkatheter hing von der Lage und der Konformation des Tumors ab, wobei die maximale Anzahl der eingesetzten Katheter
pro Patient 3 nicht überschritt (bei 2 Patienten). Mit einer Ausnahme wurde pro Behandlung eine Läsion bestrahlt. Bei einem
Patienten erfolgte die simultane CT-HDRBT von 2 kleinen pulmonalen Metastasen eines kolorektalen Karzinoms. Die minimale
Tab. 2 Überblick über die Ergebnisse der eigenen Untersuchung zur CTHDRBT von primären und metastatischen Lungentumoren (Range in Klammern).
Interventionen/Hochdosis-Brachy-
no.
%
therapie
Interventionen
34
mittleres Zielvolumen (CTV) (ml)
29,2 (1,2 – 91,7)
mittlerer Durchmesser (mm)
33,3 (10 – 85)
mit 20 Gy behandelte Läsionen
25
75,7
mit 15 Gy behandelte Läsionen
8
24,2
periinterventionelle Komplikationen
3
8,8
Lokalrezidive
2
6,25
Nachbeobachtungszeit
mittlere Verlaufskontrollzeit
13,7 (3 – 29)
mittlere lokale Tumorkontrolle
12,3 (3 – 29)
mittlere progressionsfreie Zeit
mittlere Überlebenszeit
7,8 (2 – 29)
17,7 (3 – 29)
tumorumschließende Dosis betrug 20 Gy bei 15 Patienten und
15 Gy bei 8 Patienten (mittlere Dosis: 18,9 Gy, SD = 2). Das mittlere Tumorvolumen (CTV) betrug 29,2 ml (SD = 38,4).
Die technische Erfolgskontrolle nach 4 – 6 Wochen zeigte in allen
Fällen eine vollständige Umfassung der behandelten Läsion (primäre technische Erfolgsrate von 100 %). Eine vollständige Abdeckung (> 99 %) des Tumors mit der vorgeschriebenen Dosis von
20 Gy konnte in 25 Läsionen (83,3 %) erreicht werden. In 8 Läsionen wurde die Dosis auf 15 Gy reduziert, um benachbarte Risikostrukturen zu schonen (insbesondere Ösophagus und Myelon).
Es gab keine perinterventionelle Mortalität und keine schwerwiegenden Komplikationen. Drei Patienten (13,6 %) entwickelten
nach der Behandlung einen Pneumothorax, welcher in allen 3
Fällen mit einer Thoraxdrainage therapiert werden konnte. Dies
führte zu einem verlängerten Krankenhausaufenthalt der betroffenen Patienten.
Ein Patient entzog sich den regelhaften Nachuntersuchungen. Die
mittlere Nachbeobachtungsdauer für die übrigen Patienten betrug 13,7 Monate (Range: 3 – 29 Monate). Innerhalb dieser Nachbeobachtungsdauer entwickelten 2 von 32 Tumoren (6,25 %) ei" Abb. 2, 3). Diese traten nach
nen lokalen Tumorprogress (LP) (●
einem Intervall von 7 und 9 Monaten auf und konnten beide mit
einer erneuten CT-HDRBT erfolgreich behandelt. Bei den mittels
Re-Ablation behandelten Läsionen konnte im Nachbeobachtungszeitraum von 7 bzw. 11 Monaten kein erneuter lokaler Pro" Abb. 4).
gress festgestellt werden (●
Bei 8 von 22 Patienten (36,3 %) zeigte sich im Verlauf ein systemisches Fortschreiten der Tumorerkrankung in Form eines nicht lokalen intrapulmonalen Tumorprogresses. Die progressionsfreie
" Tab. 2).
Zeit betrug im Mittel 7,8 Monate (2 – 29 Monate) (●
Abb. 2 Lokale Tumorkontrolle (LTC) durch CTHDRBT (nach Kaplan-Meier).
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Interventionelle Radiologie
Interventionelle Radiologie
Abb. 3 46 Jahre alte Frau mit einer Lungenmetastase eines myxoiden Lipsarkoms. a zeigt den Ausgangsbefund der 4,2 cm großen Metastase. Nach Therapie
mittels Afterloading (20 Gy tumorumschließend) zeigt sich eine deutliche Größenregredienz b. 7 Monate später trat ein lokaler Progress der Metastase auf c,
welcher durch erneute Ablation mit CT-HDRBT erfolgreich behandelt wurde [23].
Zum Zeitpunkt der Analyse (mittlere Nachbeobachtungsdauer:
17,7 Monate) lebten 13 Patienten, 9 waren verstorben. Die mittels Kaplan-Meier-Analyse für die 21 vollständig verfolgten Patienten errechnete Überlebenswahrscheinlichkeit betrug 90 %
" Abb. 5).
nach einem Jahr und 45 % nach 2 Jahren (●
Diskussion
!
Die CT-gesteuerte Hochdosis-Brachytherapie (CT-HDRBT) von
Lungentumoren ist nicht als alternative Behandlungsmethode
zur Resektion zu verstehen, mit welcher sich 5 – und 10-JahresÜberlebensraten von 36 bzw. 26 % erzielen lassen und die nach
wie vor das Standardverfahren bei Patienten mit resezierbaren
Läsionen darstellt. Vielmehr steht die Resektion den meisten Patienten mit Lungenmetastasen nicht zur Verfügung, da diese in
der Regel eine schlechten Lungenfunktion haben oder an schweren Begleiterkrankungen leiden [5, 6, 7, 17]. Kommt eine Operation nicht infrage, erhalten die Patienten in der Regel eine systemische Chemotherapie. Kürzlich konnte gezeigt werden, dass
einige neue systemische Chemotherapien beim metastasierten
kolorektalen Karzinom mit verbesserten Ansprechraten einhergehen, wobei jedoch die Langzeitüberlebensraten nach wie vor
niedrig bleiben [18, 19]. Verschiedene thermische Ablationsverfahren wie Radiofrequenzablation (RFA), Laserthermotherapie
(LITT), Kryoablation sowie die Mikrowellenablation (MWA) sind
als adjuvante Behandlungsverfahren oder als Alternativen zur
operativen Resektion primärer und sekundärer Lebermalignome
entwickelt und erforscht worden [20 – 28].
Goldberg et al. beschrieben 1995 die Möglichkeit der Behandlung
von Lungentumoren mittels Radiofrequenzablation (RFA), die zuvor nur bei fokalen Leberläsionen angewandt worden war
[13, 14]. In dieser Pionierarbeit zeigten Goldberg et al., dass die
RFA auch im Lungenparenchym sicher anwendbar ist und dass
die Gewebsreaktion auf die thermale Schädigung vorhersagbar
ist und mittels CT gut überwacht werden kann, wobei eine hohe
radiologisch-pathologische Korrelation bestand.
Seitdem haben verschiedene Autoren die Sicherheit und den
Therapieerfolg dieses Verfahrens untersucht. Insgesamt deuten
alle Studien darauf hin, dass die RFA eine sichere Destruktion
von Lungentumoren erlaubt. Einigkeit besteht auch über die Limitationen, im Wesentlichen die Läsionsgröße und die Nähe zu
großen Gefäßen sowie anderen Risikostrukturen wie dem Lungenhilus [29 – 31].
In einer kürzlich erschienenen Studie beschrieben Yan et al. ihre
Erfahrungen mit der perkutanen Radiofrequenzablation von Lungenmetastasen kolorektaler Tumore bei 55 Patienten [32]. Zusammenfassend stellten die Autoren fest, dass die perkutane
RFA bei ausgewählten Patienten mit kleinen (< 3 cm) inoperablen
kolorektalen Lungenmetastasen eine sinnvolle Behandlungsalternative darstellt, sofern sich die Herde nicht in Hilusnähe befinden. Bei Patienten mit größeren Lungenmetastasen schien die
RFA nicht wirksam zu sein und 70 % der Patienten mit Läsionsgrößen über 3 cm verstarben innerhalb von 14 Monaten an ihrer
Erkrankung. Ebenfalls zeigte sich bei 10 Patienten mit hilären Läsionen eine erheblich verminderte Gesamtüberlebensrate, welche die Autoren auf eine unzureichende Ablation aufgrund einer
geringeren thermischen Energie zurückführen, die durch den
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Interventionelle Radiologie
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Abb. 5 Variation der Tumordurchmesser im Verlauf nach CT-HDRBT (gestrichelte Linie). BL: Baseline, TP1: 1 Follow-up, TP2: 2 Follow-up, TP3: 3 Follow-up.
Wärmeabtransport in Hilusnähe bewirkt wurde („heat sink effect“).
Bezüglich der perkutanen Strahlentherapie zeigten die letzten
Jahre signifikante Fortschritte. 1996 berichteten Graham et al.
über eine Kohorte von 53 Patienten mit nicht kleinzelligem Lungenkarzinom im klinischen Stadium I, die mit alleiniger Bestrahlung behandelt wurden. Hier fand sich eine lokale Tumorprogression des Primärtumors bei 22 Patienten, woraus sich ein 3-
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Abb. 4 Mittlere Überlebenszeit nach CT-HDRBT
(nach Kaplan-Meier).
Interventionelle Radiologie
Jahres-Intervall ohne lokale Tumorprogression von 51 % ergibt
[11]. Neuere Studien zeigen eine deutliche Verbesserung der
Technik mit vielversprechenden Ergebnissen: In einer Studie
von Haasbeck et al. an 193 Patienten mit nicht kleinzelligen Bronchial-Ca. (< 5 cm) im Stadium I erreichte die lokale Kontrolle mittels stereotaktischer Bestrahlung über 3 Jahre 89 % [33]. In einer
weiteren kürzlich erschienenen Studie stellten Timmerman et al.
ihre Ergebnisse über 55 Patienten mit Lungenkrebs im Frühstadium vor, die mit stereotaktischer Bestrahlung behandelt wurden
(60 Gy in 3 Fraktionen mit jeweils 20 Gy). In dieser multizentrischen Phase-II- Studie geben die Autoren eine 3-jährige primäre
Tumorkontrollrate von 97,6 % an [34].
Die stereotaktisch bildgesteuerte Radiochirurgie mit dem CyberKnife-System (Accuray, Sunnyvale, CA) stellt eine weitere Evolution im Bereich der Radiotherapie dar, die sehr gut zur Behandlung
von Lungentumoren geeignet ist. Die Kombination des robotisch
geführten Linearbeschleunigers mit einer Echtzeit-Bildgebung
erlaubt eine präzise Bestrahlung mit Tracking ohne invasive Fixation anatomischer Strukturen.
In einer aktuellen Studie berichten Vahdat et al. über ihre Erfahrungen mit 20 klinisch inoperablen Patienten mit kleinzelligen
Bronchialkarzinom im Stadium I. In einem medianen Follow-upZeitraum von 43 Monaten betrug das ermittelte Überleben 90 %
und die lokale Kontrolle 95 % [35].
Die oben vorgestellten Studien zur bildgeführten Radiotherapie
mit dem Cyberknife weisen sehr zufriedenstellende Ergebnisse
bezüglich der lokalen Tumorkontrolle auf. Jedoch sollte darauf
hingewiesen werden, dass es sich bei einem Großteil der in die
Studie eingeschlossenen Tumoren um kleine (< 5 cm) und periphere Tumoren handelte.
Der große Vorteil der CT-HDRBT im Vergleich zur perkutanen Bestrahlung ist die Möglichkeit zur erfolgreichen Behandlung von
größeren (> 5 cm) bzw. zentral gelegenen Läsionen.
Darüber hinaus erfordert das Cyberknife-System (Accuray, Sunnyvale, CA) aufgrund von atmungsbedingten Organverschiebungen eine kontinuierliche Lagekontrolle der Zielstruktur während
der Behandlung. Hierzu müssen noch vor der Bestrahlungsplanung kleine Goldmarker (Fiducials) in bzw. um den Tumor implantiert werden, um das Lokalisationsverfahren zuverlässig einsetzen zu können. Dies bedeutet jedoch, dass dieses an sich nicht
invasive Bestrahlungsmodell doch mit einem invasiven Eingriff
verbunden ist. Ein weiterer Punkt sind die mit der Behandlung
verbundenen Kosten. In Deutschland beläuft sich die vereinbarte
Fallkostenpauschale für eine Behandlung mittels CyberKnife auf
9500 € (GKV). Im Vergleich dazu sind ca. 4000 €, die mit einer
CT-HDRBT im Rahmen eines 4-tägigen stationären Aufenthaltes
verbunden sind, inklusive Planungs-CT und einer ersten postoperativen CT-Kontrolle, kostengünstiger.
Bei der CT-HDRBT handelt es sich um eine lokoregionäre Ablationstechnik, die Anfang des letzten Jahrzehnts von Ricke et al.
etabliert wurde. Diese fand zunächst Anwendung zur Ablation
fokaler Lebertumore und wurde dann für die Ablation von Lungentumoren weiterentwickelt: 2004 veröffentlichten Ricke et al.
ihre ersten Erfahrungen mit Lungentumoren mit vielversprechenden Ergebnissen und vielversprechender lokaler Tumorkontrolle [36]. Auch in unserem Patientenkollektiv zeigte die CTHDRBT vielversprechende Ergebnisse mit einer hervorragenden
primären technischen Erfolgsrate und einer sehr guten lokalen
Tumorkontrolle bei allen behandelten Läsionen unabhängig von
Tumorgröße und -lokalisation. Eine vollständige Tumorumfassung konnte sowohl bei kleinen Tumoren mit Durchmessern unter 3 cm als auch bei großen Tumoren mit Durchmessern über
5 cm erreicht werden. Methodisch bedingt tritt das Phänomen
der perfusionsbedingten Gewebekühlung, das die maximal erreichbare Temperatur und damit möglicherweise das Ablationsergebnis in hypervaskularisierten Tumorarealen sowie in der
Nachbarschaft großer Gefäße beeinträchtigt, bei der Brachytherapie nicht auf.
Im Vergleich zu thermischen Ablationsverfahren können mit der
CT-HDRBT deutlich größere Läsionen sowie Läsionen an kritischen Lokalisationen erfolgreich behandelt werden. Davon ausgenommen sind Läsionen, die sich in unmittelbarer Nähe strahlensensibler Organe (Ösophagus, Myelon) befinden.
Bezüglich des lokalen Tumorprogresses sind die in dieser Studie
erzielten Ergebnisse (LP = 6,25 %) sehr ermutigend, insbesondere
im Hinblick darauf, dass Läsionen behandelt wurden, deren
Durchmesser 3 cm deutlich überschritt. Diesbezüglich ist hervorzuheben, dass im Falle eines lokalen Tumorprogresses diese mit
einer erneuten Ablation erfolgreich behandelt werden konnten.
Die bisher etablierten thermischen Ablationsmethoden konnten
bei Lungenmalignomen dieser Größe keine zufriedenstellenden
Ergebnisse aufzeigen.
In einer der größten in der Literatur erschienenen Studien über
153 Patienten mit primären oder sekundären Lungentumoren
beträgt die von Simon et al. berichtete 2-jährige lokale Tumorkontrollrate 25 bzw. 64 % für T2 – bzw. T1-Tumoren. Dies verdeutlicht die entscheidende Bedeutung des Tumordurchmessers als
wichtiger Prognosefaktor [37].
Eine kürzlich erschienene prospektive Studie, die die lokale Tumorkontrolle von pulmonalen Metastasen nach RF-Ablation ermittelte, bestätigt diese Ergebnisse: von Meyenfeldt et al., die 90
Lungenmetastasen mit einem medianen Tumordurchmesser von
16 mm mittels RFA behandelt haben, geben eine 2-jährige lokale
Progressionsrate von 35 % an. Während in dieser Studie andere
Tumorfaktoren wie der Kontakt zu Gefäßen mit > 3 mm Durchmesser, die Lokalisation innerhalb des Lungenparenchyms, vorangegangene thorakale Eingriffe sowie ein krankheitsfreies Intervall von > 18 Monaten und die Art des Primärtumors nicht als
signifikante Prognosefaktoren für die lokale Progression identifiziert wurden, war ein Tumordurchmesser > 3 cm mit einer größeren Wahrscheinlichkeit der lokalen Progression verbunden (47
vs. 24 %, p = 0,07) [38].
Die nicht lokale, intrapulmonale Tumorprogression, die in unserer Serie bei 36,3 % der Patienten auftrat, ist in dieser Größenordnung vergleichbar mit anderen Methoden zur lokalen Tumorablation.
Hinsichtlich der Sicherheit der Technik bestätigen unsere Daten,
dass es sich bei der CT-HDRBT um eine sichere Therapie handelt.
In unserem Kollektiv gab es keine perinterventionelle Mortalität
und keine schwerwiegenden Komplikationen. 3 Patienten
(13,6 %) entwickelten nach der Behandlung einen Pneumothorax,
welcher in allen 3 Fällen mit einer Thoraxdrainage erfolgreich
therapiert werden konnte.
Eine relativ häufige bestrahlungsassoziierte Komplikation ist die
Strahlenpneumonitis. Diese kann in bis zu 15 % der bestrahlten
Patienten auftreten, wobei das Risiko der Entwicklung einer
Strahlenpneumonitis abhängig vom Bestrahlungsvolumen, der
applizierten Strahlungsdosis sowie einer parallel durchgeführten
Chemotherapie ist [39].
Bei der CT-HDRBT ist das Bestrahlungsvolumen aufgrund der direkt intratumoralen, kathetervermittelten Applikation gering.
Abgesehen von der milchglasartigen Trübung des unmittelbar
den Tumor umgebenden Lungenparenchyms wurden in dieser
Studie weder Pneumonitiden beobachtet noch klagten Patienten
Collettini F et al. Perkutane CT-gesteuerte Hochdosis-Brachytherapie … Fortschr Röntgenstr 2012; 184: 316–323
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über Pneumonitis-assoziierte Symptome. Auch in den vorhergehenden Studien über CT-HDRBT der Lunge wurden bisher keine
Fälle der postinterventionellen Strahlenpneumonitis beschrieben [15, 36].
Die wesentlichen Besonderheiten, die diese Technik von den
thermischen Ablationsverfahren unterscheidet, sind die Zerstörung des Tumorgewebes mit gleichzeitiger Erhaltung wichtiger
Lungenstrukturen wie Bronchien und Lungengefäße und die Unabhängigkeit von Größe und Lokalisation der Läsion innerhalb
des Lungenparenchyms.
Obwohl es sich um ein invasives Verfahren handelt, hat die CTHDRBT gegenüber der perkutanen Bestrahlung folgende Vorteile:
Da sich die Strahlenquelle bei der CT-HDRBT direkt im Tumor befindet, können lokal einzeitig sehr hohe Strahlendosen appliziert
werden bei gleichzeitiger Schonung umliegender Strukturen. Zudem besteht die Möglichkeit einer histologischen Sicherung mittels Biopsie.
Zusammenfassend zeigen unsere Studienergebnisse, dass es sich
bei der CT-HDRBT zur Ablation von Lungentumoren um eine sichere und vielversprechende Behandlungsoption für Patienten
handelt, deren Operationsrisiko als zu hoch eingeschätzt wird
oder die einen operativen Eingriff ablehnen.
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