Angst – und Stressreduktion in der zahnärztlichen Behandlung unter

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Diplomarbeit zur Erlangung des akademischen Grades „Doktor(in) der Zahnheilkunde“,
lat. „Doctor medicine dentalis“, abgekürzt Dr. med. dent.
Angst – und Stressreduktion in der zahnärztlichen
Behandlung unter Berücksichtigung
genderorientierter Ansätze
Psychologische Differentialdiagnosen und differentielle
Therapiemöglichkeiten
Eingereicht bei
Univ. – Prof. Dr. Walter Pieringer
Universitätsklinik für Medizinische Psychologie und Psychotherapie
Medizinische Universität Graz
Auenbruggerplatz 12, A – 8053 Graz
Claudia Krainz
Billrothgasse 45 b / 15
A - 8047 Graz
Tel.: 0650 – 9030777
1
Claudia Krainz
Billrothgasse 45 b / 15
A - 8047 Graz
Tel.: 0650 – 9030777
Eidesstattliche Erklärung
Ich erkläre ehrenwörtlich, dass ich die vorliegende Diplomarbeit selbständig und ohne fremde
Hilfe verfasst habe. Ich habe sämtliche Autoren und Verlagsrechte der verwendeten
Literaturquellen beachtet, nur die angegebenen Quellen benützt und die den benutzten Quellen
wörtlich oder inhaltlich entnommenen Stellen als solche kenntlich gemacht.
____________________
Graz, am
______________________________
Krainz Claudia
2
Danksagung
Mein besonderer Dank gilt Herrn Univ. – Prof. Dr. Walter Pieringer für die Ermöglichung der
Bearbeitung dieses interessanten, mir sehr wichtigen Themenbereiches in der Zahnheilkunde,
sowie für seine ideenreiche und tatkräftige Unterstützung bzw. die fachlich konstruktive
Diskussion zur Realisierung dieser Diplomarbeit.
Mein größter Dank gilt meinen Eltern, Ingrid und Gottfried Krainz, ohne deren mentale und
finanzielle Unterstützung, ich mein Studium in diesem Jahr nicht hätte abschließen können.
Danken möchte ich auch meinem engsten Freundeskreis für die unermüdlichen Hilfestellungen
jeglicher Art vor allem in der Endphase meines Studiums und Christian für die Zeit auf „Luki“.
…stolz bin ich jedoch besonders auf mich, selbst in schwierigsten Zeiten mein Ziel dieses
Studium zu beenden mit aller Kraft verfolgt zu haben.
3
Inhaltsverzeichnis
Angst – und Stressreduktion in der zahnärztlichen Behandlung unter Berücksichtigung
genderorientierter Ansätze ..............................................................................................................0 1 Zusammenfassung...................................................................................................................5 2 Abstract ...................................................................................................................................6 3 Einleitung ................................................................................................................................7 4 Ziel der Arbeit .........................................................................................................................9 5 Allgemeiner Teil ...................................................................................................................10 5.1 Theoretische Grundlagen und Definitionen...............................................................10 5.1.1 Das Modell der „State - Trait – Angst“ zur Erfassung der persönlichkeits – und
situationsspezifischen Angst nach Spielberger et al. (1966).................................................14 5.1.2 Differenzierung zwischen Zahnbehandlungsangst und Zahnbehandlungsphobie
bzw. diagnostische Kriterien .................................................................................................15 6 5.1.3 psychopathologische Differentialdiagnosen der Angst...........................................16 5.1.4 Ätiologische Modelle der Zahnbehandlungsangst und Zahnbehandlungsphobie...17 5.2 Grundformen der Angst nach Riemann.....................................................................23 5.3 Die orale Zone als sensibler Bereich und Ausdrucksorgan für alle Affekte ...........26 Spezieller Teil .......................................................................................................................29 6.1 Ausdrucksverhalten und Angsterleben der Patienten während einer
Zahnbehandlung......................................................................................................................29 6.1.1 Erfassung der Zahnbehandlungsangst und der Zahnbehandlungsphobie unter
Berücksichtigung genderorientierter Aspekte.......................................................................30 6.1.2 Psychologische Untersuchungsinstrumente zur Diagnostik einer Oralophobie .....37 6.1.3 Angst und Compliance in der zahnärztlichen Behandlungssituation......................40 6.2 Zusammenhänge zwischen Angst und Schmerz ........................................................42 6.2.1 Definition und physiologische Grundlagen des Schmerzes....................................44 6.2.2 Messung und diagnostische Kriterien des Schmerzempfindens in Zusammenhang
mit Zahnbehandlungsangst....................................................................................................46 6.2.3 Genderorientierte Aspekte von subjektivem Schmerzempfinden bei zahnärztlichen
Behandlungsmaßnahmen in Verbindung mit Zahnbehandlungsangst ..................................47 4
6.2.4 6.3 Möglichkeiten der Schmerzreduktion .....................................................................47 Arzt – Patienten - Kommunikation im Sinne des „ ärztlichen Gespräches“ ..........55 6.3.1 Der Stellenwert der Kommunikation und Interaktion in der zahnärztlichen
Versorgung ............................................................................................................................55 6.4 Grundprinzipien der Gesprächsführung ...................................................................57 6.5 Das Unbehagen von Zahnärzten bei der Konfrontation mit einem schwierigen
Patienten – emotionale, kognitive und körperliche Belastungsfaktoren............................61 6.6 Darstellung von individuellen, genderorientierten Therapiemöglichkeiten ...........63 6.6.1 Grundlagen des Angstabbaus in der zahnärztlichen Behandlungssituation............64 6.6.2 Therapeutisches Konzept nach Jöhren und Sartory ................................................71 6.6.3 Psychotherapeutische Verfahren .............................................................................74 6.6.4 Ziele der anxiolytischen Behandlung nach Kreyer .................................................79 6.6.5 Weitere Strategien zur Angstbewältigung bzw. Entspannungs – und
Ablenkungsverfahren zur Beeinflussung von Zahnbehandlungsangst und – ängstlichkeit..86 7 Diskussion .............................................................................................................................88 8 Konklusion ............................................................................................................................93 9 Literaturverzeichnis...............................................................................................................95 10 Internetquellen.......................................................................................................................99 11 Abbildungsverzeichnis ........................................................................................................102 12 Tabellenverzeichnis.............................................................................................................103 13 Curriculum vitae..................................................................................................................104 5
1
Zusammenfassung
Ziel meiner Diplomarbeit war es, nach Voraussetzungen, Methoden und psychologischen
Hilfsmitteln für eine angst-, schmerz- und stressarme zahnärztliche Behandlungssituation unter
Berücksichtigung genderorientierter Ansätze, zu suchen. Es sollte dabei der hohe Stellenwert der
Thematik „Angst und Stress“ als bedeutendste psychologische Problemstellung in der
zahnärztlichen Praxis zum Ausdruck kommen.
Meine Arbeit gliedert sich in einen allgemeinen Teil, der die theoretischen Grundlagen wie
Definitionen, Entstehung und Grundformen der Angst enthält, und einen speziellen Teil, der
neben der Darstellung des Ausdrucksverhalten und Angsterleben des Patienten während einer
Zahnbehandlung, den Umgang mit der Angst des Patienten, den Stellenwert der Kommunikation
und Gesprächsführung, die Darstellung der individuellen Therapiemöglichkeiten als auch die
emotionalen, kognitiven und körperlichen Belastungsfaktoren des Zahnarztes in der
Konfrontation mit einem schwierigen Patienten beinhaltet.
Die von mir gewählte Methodik in meiner Diplomarbeit beschränkte sich nach reiflicher
Überlegung ausschließlich auf Literatur – und Internetrecherchen, den Besuch und Unterlagen
von Fachvorträgen, das Miteinbeziehen der Vorlesung aus „Psychologie für Zahnmediziner“
bzw. das Einfließen lassen eigener Erfahrungen und Beobachtung anderer in der zahnärztlichen
Behandlungssituation am LKH – Graz während meiner Ausbildung.
Für diese Methodik entschied ich mich deshalb, weil mir das eingeschränkte Patientengut mit der
fachlich gestellten Diagnose „Zahnbehandlungsphobie“ für eine wissenschaftliche Studie fehlte
und die Annahme bestand, in kritischem Literaturstudium eine adäquate Klärung meiner Frage
zu erhalten.
6
2
Abstract
Dental anxiety and related avoidance of dental treatment are ever present in the routine of a
dental practice.
The aim of this dissertation is to research the prerequisites, methods and psychological aids
available for a dental treatment which is both less painful and less frightening and which
therefore reduces the amount of stress experienced by the patient. I will also elaborate on the role
of the gender in dental phobia and focus on the importance of stress and anxiety as a chief
concern in dental treatment.
The dissertation is structured into two main parts:
The introductory part deals with general definitions and explains the development and different
types of anxieties.
The main part discusses how patients deal with their anxieties and highlights the importance of
communication in the treatment process.
It also aims to provide suggestions for potential therapies and talks also about the emotional,
cognitive and physical endurance required by dentists when dealing with challenging patients.
The methodologies applied are based on secondary research as well as observations made during
my work-based learning period at the LKH Graz.
7
3
Einleitung
Die zahnärztliche Behandlung wird trotz der heute weitgehend schmerzfreien Therapie unter
Lokalanästhesie von den meisten Patienten als unangenehme und bedrohliche Situation
wahrgenommen. Bei manchen Menschen ist die Angst vor einer Zahnbehandlung so groß, dass
sie den Zahnarzt 1 nie oder nur bei großen Schmerzen aufsuchen, was einen sich zunehmend
verschlechternden Zustand des Gebisses nach sich zieht, der immer mehr die Kaufunktion bzw.
die Ästhetik des Patienten einschränkt. Ein desolater Zustand des Kauorgans kann wiederum zu
weitreichenden gesundheitlichen Schäden führen.
Nicht zu unterschätzen ist auch die Tatsache, dass Personen mit schlechtem Gebiss auch soziale
Beeinträchtigungen drohen. Man bedenke hierbei Hänseleien und abfällige Bemerkungen nicht
nur in der Kindheit, Schwierigkeiten bei der Nahrungsaufnahme bzw. gänzliche Vermeidung
bestimmter Nahrungsmittel, geringeres Selbstvertrauen in Verbindung mit negativer
Zahnerscheinung und damit oft verbundener geringerer Berufserfolg.
Nicht nur für Angstpatienten gilt die zahnärztliche Therapie als besondere Belastung, auch die
Zahnärzte empfinden die Behandlung erwachsener und besonders kindlicher Angstpatienten
neben der Therapie von behinderten Personen und multimorbiden Patienten oft als sehr mühsam
und meist unökonomisch. Dies hat zur Folge, dass viele Patienten oft verfrüht als nicht
kooperativ eingestuft werden und unter Allgemeinanästhesie behandelt werden, da individuelle
Therapiemöglichkeiten meist aus Zeitgründen außer Acht gelassen werden.
Der Berufsstand des Zahnarztes stellt für mich persönlich nicht nur eine arbeitsmedizinische
(Ergonomie beim Arbeiten, Konfrontation mit toxischen Substanzen etc.), eine
allgemeinmedizinische (Infektionsgefahr, Interaktion von Medikamenten etc.), sondern auch
eine bedeutsame psychologische Herausforderung dar.
Angst vor der Zahnbehandlung ist im zahnärztlichen Alltag omnipräsent, und die Suche nach
Wegen zur Linderung von Schmerzen und Zahnbehandlungsängsten zieht sich wie ein roter
Faden durch die Geschichte dieses Berufsstandes.
„Angst und Stress“ stellen die wohl bedeutendste psychologische Problemstellung in der
zahnärztlichen Praxis dar, der es vor allem durch eine vertrauensvolle Arzt – Patienten –
Beziehung zu begegnen gilt. Angst vor der zahnärztlichen Behandlung gilt als Folge
spezifischer persönlicher Erfahrungen des Patienten und deren komplexer Verarbeitung im Laufe
des Lebens.
Das Verständnis der Entstehung des Phänomens „Zahnarztangst“, sowie Techniken der
Gesprächsführung sollten als Basis für die Anwendung verschiedenster Methoden zum
Angstabbau dienen. Für eine „entsprechende“ Zahnmedizin gilt es, den Patienten als Ganzes
wahrzunehmen und nicht nur sein „Kauorgan“ im Rahmen einer „Körper – Reparatur –
Technik“ zu sehen.
1
Ich bitte um Verständnis, dass ich keine geschlechtsspezifische Differenzierung vornehme und möchte an dieser
Stelle betonen, dass bei allen Ausführungen immer beide Geschlechter gemeint sind. 8
Die Grundlage unseres Handelns als Zahnärzte sollte neben der vorausgesetzten technischen
Fähigkeiten, das Interesse am Menschen und seinen Reaktionen bzw. Einfühlungsvermögen und
psychologische Kompetenz sein. Um wieviel angenehmer könnte die Behandlungssituation für
den Patienten und den Arzt sein, wenn sich der Patient ruhig und gelassen seiner zahnärztlichen
Behandlung entspannt anvertrauen könnte und somit bereit für die nötige Kooperation wäre? Um
das zu verwirklichen, wäre es meiner Meinung nach wünschenswert, das Wissen um
psychologische, psychiatrische und psychosomatische Zusammenhänge in die zahnärztliche Aus
– und Weiterbildung zu integrieren. – Im Interesse des Patienten und im Interesse des
behandelnden Zahnarztes.
Meine Diplomarbeit soll das „Problemfeld“ der zahnärztlichen Behandlungssituation aus der
Sicht des Patienten und des Arztes, sowie den Umgang unter Berücksichtigung
genderorientierter Unterschiede mit dieser stress – und angstbehafteten Situation darstellen,
wobei zu sagen gilt, dass alle meine Ausführungen jedoch nur den Charakter einer
Literaturrecherche und eines Überblicks haben können.
9
4
Ziel der Arbeit
Ziel meiner Arbeit war, nach Voraussetzungen für eine schmerz -, stress – und angstarme
Behandlung in der zahnärztlichen Praxis unter Berücksichtigung genderorientierter Unterschiede
zu suchen. Außerdem galt es, die unterschiedlichen Methoden bzw. psychologischen Hilfsmittel
zur Angstbewältigung und Stressreduktion während einer zahnärztlichen Behandlung
darzustellen.
Zitat von Heinrich:
„Gerade der Kampf gegen die Angst ist eine unserer dankbarsten Aufgaben. Er gibt uns die einzigartige
Gelegenheit, in persönliche Fühlung mit dem Patienten zu kommen, seine Dankbarkeit zu erwerben und
das Band des Vertrauens fest zu knüpfen. Die Angst verliert das manchmal Unbegreifliche, wenn sie als
natürliche Folge einer besonderen menschlichen Haltung erkannt wird, die wir zwar nicht ändern, wohl
aber erträglich machen können.“
Abbildung 1
10
5
5.1
Allgemeiner Teil
Theoretische Grundlagen und Definitionen
Im Allgemeinen ist es vielfach üblich, dass die Begriffe Zahnbehandlungsangst,
Zahnbehandlungsphobie, Zahnarztangst, Oralphobie, dental anxiety, dental fear etc. synonym
verwendet werden. Die Thematik stellt sich nach genauerer Betrachtung allerdings als weitaus
komplexer dar und bedarf einer genauen Abgrenzung der einzelnen Begriffe, da Phobie, Furcht,
Stress, Angst bzw. Ängstlichkeit auch in der speziellen Situation der zahnärztlichen Behandlung
Verschiedenes meinen.
Angst ist primär ein psychisches Phänomen und wird definiert als eine angespannte Erwartung
eines bedrohlichen, aber unbestimmten Ereignisses, ein Gefühl der Beunruhigung, ein Zustand
erhöhter Aufmerksamkeit und Reaktionsbereitschaft. Sie vermittelt die Bereitschaft zu Flucht,
Abwehr oder aktiver Auseinandersetzung. In ihrer reinsten Form verbindet man mit dem Gefühl
der Angst eine Art Ausnahmesituation, die durch eine Reihe von somatischen Veränderungen
geprägt ist, wobei diese körperlichen Äußerungen jedoch auf autonomen Vorgängen beruhen
und sich weitgehend der Bewusstseinskontrolle entziehen. Es handelt sich um ein primär
biologisch sinnvolles Phänomen, das jedoch pathologisch werden kann, nämlich dann, wenn die
Angst im Vergleich zum angstauslösenden Stimulus unangemessen stark wird und somit
leistungsbeeinträchtigend wirkt und zu Kontrollverlust und unangebrachten Reaktionen führen
kann.
Angst ist diffus, grundlos, unangenehm, tritt reflexartig auf und stellt ein anhaltendes, mehr oder
weniger starkes, aber nicht krankhaftes Gefühl dar. Sie ist demnach nicht an eine bestimmte
Situation oder einen bestimmten Reiz gebunden und Anfang und Ende dieses Gefühls sind für
den Betroffenen nicht klar abzugrenzen. Abwehr –, Schutz – und Vermeidungsmaßnahmen sind
die natürliche Konsequenz des Phänomens Angst.
Angst ist so eng mit der Furcht verwandt, dass die beiden Begriffe häufig synonym verwendet
werden. In der Psychologie ist der in der Umgangssprache mit Angst bezeichnete Sachverhalt
jedoch in der Regel mit dem Begriff Furcht zu definieren.
Beide zeichnen sich durch eine erhöhte Anspannung, eine subjektive und / oder physiologische
Erregung und dem Gefühl einer unangenehmen Erwartung aus, unterscheiden sich jedoch
hinsichtlich ihrer Ursachen, Dauer und Aufrechterhaltung.
Ist das Gefühl nicht Furcht, sondern Angst, kann der Betreffende nicht ohne weiteres angeben,
wo der Grund für seine unangenehme Anspannung liegt oder mit welchem gefährlichen Ereignis
er rechnet. „Weiterhin wird in der Psychologie unterschieden zwischen der Angst als einem
zeitlich variablen momentanen Zustand und der Ängstlichkeit oder Angstneigung als relativ
überdauerndes Persönlichkeitsmerkmal.“ 2
2
Sergl H.G., Müller – Fahlbusch H., Angst und Angstabbau in der Zahnmedizin; Quintessenz Verlags – GmbH,
1989; S.17
11
Furcht stellt eine emotionale Reaktion auf eine spezifische, wahrgenommene Gefahr dar – auf
eine Bedrohung des Individuums, die eindeutig benannt werden kann. Dieses Gefühl ist
demnach zeitlich und räumlich begrenzt und beinhaltet das Motiv der Vermeidung und der
Flucht. Furchtreaktionen sind meist kurz, sehr intensiv und stellen einen gewissen psychischen
Ausnahmezustand dar, der mit einem deutlichen Erregungsanstieg verbunden ist, hervorgerufen
durch einen konkreten Auslöser. In der Regel tritt die Furcht phasenweise auf und geht zurück,
sobald die Gefahr nicht mehr besteht. Somit steht das Gefühl Furcht unter der Kontrolle
wahrnehmbarer Ereignisse oder Stimuli, wobei die wahrgenommene Gefahrenquelle richtig oder
falsch bewertet worden sein kann. Furcht kann in diesem Sinne rational oder irrational sein –
wobei sehr intensive irrationale Formen der Furcht als „Phobie“ oder „Angststörungen“
bezeichnet werden.
Die Phobie stellt eine äußerst intensive, für Außenstehende der Situation unangemessene und
persistierende Furchtreaktion dar, die durch spezifische Situationen oder Gegenstände ausgelöst
wird. Typisch für diese Störung ist der Wunsch des Patienten, diese Situationen und Objekte zu
vermeiden. Meist zeigt der Phobiker Einsicht in der Irrationalität dieser bizarren Furchtreaktion,
doch kann er sie nicht willentlich kontrollieren.
In der Praxis allerdings ist es nicht immer möglich, eine klare Grenze zwischen Furcht und
Angst zu ziehen, da deren Zusammenhang oft sehr komplex sein kann und der Übergang
zwischen Angst und Angsterkrankung fließend ist.
Panik stellt zwar die reinste Erscheinungsform der Furcht dar, nicht immer ist aber unmittelbar
zu erkennen, wodurch eine Panikattacke ausgelöst wurde.
„Angst folgt häufig auf Furcht (wie bei der Angst, erneut in Panik zu geraten und die Kontrolle
zu verlieren), andererseits kann das Erleben von Angst die Furcht entstehen lassen, die Angst
könne zurückkommen“ 3
3
Rachman S., Angst: Diagnose, Klassifikation und Therapie; Verlag Hans Huber, 2000; S.11
12
Gemeinsamkeiten
Erwartung einer gefährlichen / unangenehmen Situation
angespannte Besorgnis
Erregungsanstieg (arousal)
negative Emotion
Unruhe
auf Kommendes gerichtet
mit körperlichen Begleiterscheinungen verbunden
Unterschiede
Furcht
Konkrete Gefahr
nachvollziehbare Beziehung zwischen Gefahr und
Furcht
zeitlich begrenzt
umschriebene Anspannung
identifizierbarer Stimulus
ausgelöst durch Gefahrensignal
geht zurück, wenn Bedrohung nicht mehr vorliegt
Abklingen deutlich bestimmbar
umschriebener Gefahrenbereich
Gefahr unmittelbar bevorstehend
Ausnahmereaktion
körperliche Empfindungen einer Alarmreaktion
eher rational
Angst
Quelle der Bedrohung ist unbestimmt
unklare Beziehung zwischen Angst und Gefahr
anhaltend
alles durchdringende Unruhe
kann ohne Objekt auftreten
schleichender Beginn
persistiert
schleichendes Abklingen
ohne klare Grenzen
Gefahr selten unmittelbar bevorstehend
erhöhte Vigilanz
körperliche Empfindungen einer erhöhten
Reaktionsbereitschaft
eher irrational
Tabelle 1: Gemeinsamkeiten und Unterschiede von Furcht und Angst
Wie nahe verwandt die Begriffe Angst und Stress sind, erkennt man, wenn man die Herkunft
beider Wörter betrachtet: Angst ist verwandt mit lateinisch „angustus“ (eng, schmal, knapp,
gedrängt, enherzig, kleinlich), „anxietas“ (Ängstlichkeit, Sorgfalt), „angustiae“ (Enge, Mangel,
Not, Verlegenheit, Schwierigkeit) und „angor“ (das Würgen). – Ein eindeutig negativer
Gefühlszustand, dessen ursprünglich einzige positive Komponente (Sorgfalt) verlorengegangen
ist. Stress leitet sich vom lateinischen „stringere“ (anspannen) ab. Beide Begriffe stehen also für
ein Gefühl des sich „zusammenziehen“ bzw. „verengen“.
Der Ursprung des Wortes Angst macht also deutlich, dass neben der psychischen Komponente
auch physische Phänomene davon ableitbar sind.
Angst gilt als intensiver emotionaler Zustand und die körperlichen Parameter, die von Patienten
in Angst – und Stresssituationen vielfach beschrieben werden, sind Herzklopfen, Herzjagen,
Enge in der Brust, Atemnot, Erstickungsgefühl, Beklemmungsgefühle, weiche Knie, Übelkeit,
13
Brustschmerzen, Kurzatmigkeit, Zittern, Kribbeln, Schweißausbrüche, Schwindel, Ohnmacht,
kalte Hände, Harndrang, abdominelle Beschwerden wie Bauchschmerzen und Durchfall,
Harndrang, bis zum Gefühl der Todesangst bzw. der Angst vor dem Verrücktwerden.
Angst setzt im menschlichen Körper verschiedene emotionale und organische Abläufe in Gang,
die durch Botenstoffe unterschiedliche Reaktionen hervorrufen. Adrenalin und Noradrenalin, die
zur Stoffklasse der Hormone gehören, stellen die wichtigsten Botenstoffe in diesem
Zusammenhang dar. Sie zählen chemisch gesehen zu den Katecholaminen, werden im
Nebennierenmark synthetisiert und über die Ausschüttung in den Blutkreislauf gelangen
Adrenalin und Noradrenalin an ihre Wirkungsorte.
Die „normale“ Angst gilt als eine Art „Alarmfunktion“ und soll Aktivitäten des Individuums zur
Beseitigung einer Gefahr auslösen, wohingegen „pathologische Angst“ als „nicht benötigte
Angst“ die körperlichen u. geistigen Funktionen lähmt und somit ihren ursprünglichen Sinn
dadurch verliert.
Es gibt keinen Angstzustand, der ohne physiologische Erregungsveränderung auftritt.
Gleichzeitig gibt es jedoch auch keinen Angstzustand, der ohne die Beteiligung von
Bewertungen, also von kognitiven Faktoren zustande kommt.
Die Angst stellt nach Sergl (1989) einen psycho – physischen Erregungszustand dar, der unter
ganz bestimmten Auslösebedingungen reflexartig auftritt.
sinnvoller Schutzmechanismus
kann pathologische Formen annehmen
keine Krankheit
unvermeidlich / unerlässlich
Erkennen von Gefahr / Mensch somit überlebensfähig
Induziert eine Vielzahl von somatischen Veränderungen / beeinflusst auch Mimik und
Verhalten eines Individuums / Angst und Verhalten stehen in Abhängigkeit zueinander
Komplexes Phänomen mit unterschiedlicher Ausprägung
Eine gute phänomenologische Beschreibung der Angst liefert v. Gebsattel, wonach es das
Kennzeichen der Angst sei, „dass man fliehen möchte, aber weder weiß, wovor, noch wohin, das
macht die lähmende, lauernde Zweideutigkeit der Angst aus (…)“ 4
4
Sergl H.G., Müller – Fahlbusch H., Angst und Angstabbau in der Zahnmedizin; Quintessenz Verlags – GmbH,
1989; S.46
14
Krohne (1996) beschreibt die aktuelle Angstemotion (state) als einen mit bestimmten
Situationsveränderungen intraindividuell variierenden affektiven Zustand des Organismus, der
durch erhöhte Aktivität des autonomen NS sowie durch die Selbstwahrnehmung von Erregung,
das Gefühl des Angespanntseins, ein Erlebnis des Bedrohtwerdens und verstärkter Besorgnis
gekennzeichnet ist. Das Persönlichkeitsmerkmal Ängstlichkeit (trait) bezeichnet nach Krohne die
intraindividuelle relativ stabile, aber interindividuell variierende Tendenz, Situationen als
bedrohlich wahrzunehmen und hierauf mit erhöhtem Angstzustand zu reagieren.
5.1.1 Das Modell der „State - Trait – Angst“ zur Erfassung der persönlichkeits – und
situationsspezifischen Angst nach Spielberger et al. (1966)
„Spielberger (1972) differenzierte zwischen einer kurzfristigen Zustandsangst (state anxiety) und
einer überdauernden Eigenschaftsangst (trait anxiety), die als relativ stabile
Persönlichkeitseigenschaft definiert ist.“ 5
Die Eigenschaftsangst geht mit der Disposition einher, eine Vielzahl von Situationen als
bedrohlich wahrzunehmen, wohingegen die Zustandsangst als emotionaler, bewusst
wahrgenommener Zustand definiert wird, der gekennzeichnet ist durch Unruhe, Besorgtheit,
Nervosität und der Furcht vor zukünftigen Ereignissen.
State anxiety wird als „momentaner emotionaler Zustand einer Person bei der Konfrontation mit
einer als bedrohlich eingeschätzten Situation“ 6 beschrieben, der sich in seiner Intensität über
Zeit und Situation hinweg verändert.
Trait anxiety hingegen bezeichnet die „interindividuellen Differenzen in der Disposition,
Situationen als gefährlich bzw. bedrohlich wahrzunehmen und angesichts dieser Bedrohung mit
State – Angst zu reagieren“ 7 .
In diesem Zusammenhang ist es unerlässlich auch die Begriffe Spannung und Anspannung zu
erwähnen.
Der Begriff Spannung beschreibt das Vorhandensein von Angst unterhalb der
Bewusstseinsebene bzw. gleichzeitig das Vorhandensein von Anspannung (zB. der Muskulatur).
5
Jöhren H.P., Sartory G.: Zahnbehandlungsangst – Zahnbehandlungsphobie: Ätiologie, Diagnose, Therapie;
Schlütersche GmbH & Co. KG – Verlag; S.16
6
Sergl H.G., Müller – Fahlbusch H., Angst und Angstabbau in der Zahnmedizin; Quintessenz Verlags – GmbH,
1989; S.58
7
Sergl, Müller – Fahlbusch (1989); S.58 15
Diese beiden Begriffe stellen ein Synonym für die Beschreibung eines physiolog. und psycholog.
Akutzustandes einer Person dar.
Die Körperhaltung eines Menschen dient vielen Psychotherapeuten als visualisierte Form der
Anspannung (hierauf beruhen auch erste Entspannungstherapien in den 20er Jahren durch den
Psychotherapeuten J.H. Schultz (1991).
5.1.2 Differenzierung zwischen Zahnbehandlungsangst und Zahnbehandlungsphobie
bzw. diagnostische Kriterien
Der Begriff „Zahnbehandlungsangst“ steht für alle physiologischen und psychologischen
Ausprägungen eines mehr oder weniger starken, aber nicht pathologischen Gefühls der Angst,
das sich in Verbindung mit einer Zahnbehandlung oder mit ihr verbundenen Stimuli zeigt.
Zu beachten gilt hierbei, dass „Zahnbehandlungsangst“ fälschlicherweise oft „Zahnarztangst“
genannt wird, der Zahnarzt selbst jedoch nur einer von vielen Stimuli, die zur Entstehung von
Zahnbehandlungsangst beitragen können, ist.
„Die Zahnbehandlungsphobie, auch Dentophobie genannt, ist nach dem diagnostischen und
statistischen Manual psychischer Störungen (Diagnostic and Statistical Manual IV, American
Psychiatric Association, APA, 1994) eine Angsterkrankung, die zu den spezifischen Phobien zu
rechnen ist. Sie ist zu unterscheiden von der normalen, nicht krankhaften Angst vor der
Zahnbehandlung.“ 8 Zu bedenken gilt, dass wie bei anderen Ängsten auch, der Übergang
zwischen Angst und Phobie fließend ist.
Spezifische Phobien haben nach dem DSM IV folgende Kriterien gemeinsam:
9 es besteht eine anhaltende Erwartungsangst vor dem umschriebenen Stimulus
9 irgendwann im Verlauf der Störung ruft eine Konfrontation mit dem spezifischen
Stimulus fast unvermeidlich eine sofortige Angstreaktion hervor
9 der angstauslösende Stimulus wird vermieden
9 der alltägliche Tagesablauf wird durch die Angst bzw. das Vermeidungsverhalten stark
beeinträchtigt
9 die erkrankte Person erkennt, dass die Angst übertrieben oder unvernünftig ist
8
Jöhren H.P., Sartory G.: Zahnbehandlungsangst – Zahnbehandlungsphobie: Ätiologie, Diagnose, Therapie;
Schlütersche GmbH & Co. KG – Verlag; S.15
16
Nach der International Classification of Diseases (ICD-10, F. 40.2) müssen bei der
Diagnosestellung darüber hinaus folgende Leitlinien beachtet werden:
9 die psychischen oder vegetativen Symptome müssen primäre Manifestationen der Angst
sein und dürfen nicht auf anderen Symptomen, wie Wahn oder Zwangsgedanken beruhen
9 die Angst muss auf die Anwesenheit eines bestimmten phobischen Objektes oder eine
spezifische Situation begrenzt sein
9 die phobische Situation wird – wann immer möglich – vermieden
Die Differenzierung zwischen normaler und krankhafter Angst ist ein entscheidender Aspekt, da
nur so ein langfristiger Therapieerfolg gewährleistet werden kann. In diesem Zusammenhang sei
aber erwähnt, dass die Zahnbehandlungsphobie im Gegensatz zu anderen Phobien häufig
unerkannt bleibt, nicht zuletzt aufgrund der Tatsache, dass Angst vor einer Zahnbehandlung
wegen ihrer weiten Verbreitung gesellschaftsfähig ist.
5.1.3
psychopathologische Differentialdiagnosen der Angst
Es gilt zu bedenken, dass hinter dem Vermeidungsverhalten einiger Patienten was den
Zahnarztbesuch angeht, jedoch auch andere psychische Störungen stecken können.
Die wichtigsten Differentialdiagnosen bzw. Unterteilungen von Angststörungen seien hier
erwähnt:
• Soziale Phobie: soziale Ängste mit phobischen Verhaltensweisen und
Vermeidungsverhalten (öffentliche Toiletten etc.)
• Spezifische Phobie: Angst vor einer konkreten Situation (Spinnen, Tunnel, Fahrstühle,
Dunkelheit etc.) mit der noch nicht geklärten Fragestellung der Vererbbarkeit
• Agoraphobie
• Angst – und Panikstörungen
• generalisierte Angststörung: allgemeine Angststörung als irreale Angst (Krankheit,
Arbeit…) über einen Zeitraum von mindestens einem halben Jahr
• angstrelevante Zwangsstörungen: Gedanken und Handlungen betreffend, oft ritualisierte
Form (Ansteckung – Händewaschen…)
• Posttraumatische Belastungsstörung: Reaktionen auf traumatische Ereignisse
(Vergewaltigung, schwere OP, Unfälle…); Angst vor Wiederholung (Objekte mit Angst
besetzt); Gefühle in das Unterbewusstsein gedrängt ; Entfremdung (Gesellschaft)
17
In Zusammenhang mit der differentialdiagnostischen Sicht der Angst weist Müller – Fahlbusch
auf folgende Problematik hin, nämlich dass „gestörte Entwicklungen, die das vierte
Lebensjahrzehnt durchschritten haben, prognostisch ungünstig sind“ 9 und deshalb damit zu
rechnen sei, dass Patienten mit einer gestörten Entwicklung des Gesundheitsempfindens mit
Angst nicht nur vor dem Zahnarzt, sondern auch vor der Zahnbürste, nicht zu einer konsequenten
Mitarbeit motiviert werden können.
Weiters beschreibt Müller – Fahlbusch die einfachen Erlebnisreaktionen, bei denen es oft
genügt, die biographische Situation des Patienten aufzuklären und die Behandlungsschritte bzw.
die Terminplanung der jeweiligen Situation anzupassen (zum Beispiel eine umfangreiche
restaurative Versorgung nach Studienabschlussprüfungen zu planen).
Was Angst zum Beispiel bei Patienten, die an phasischen oder chronifizierten Depressionen
leiden bedeutet aufzuzeigen, erscheint wesentlich schwieriger. Oft überwiesen wegen
Prothesenunverträglichkeit oder Myoarthropathien, hat die Angst, die von solchen Patienten oft
verbal geäußert wird, nichts mit der sogenannten Zahnbehandlungsangst zu tun. Diese Patienten
verbinden oftmals ihren Verlust von Zukunftsperspektiven mit dem stomatognathen System.
Pauleikhoff hat darauf hingewiesen, dass Patienten mit sogenannter monopolarer phasischer
Depression häufig das Gefühl haben, die Zeit scheint stillzustehen und dieses Gefühl ruft in
ihnen Angst hervor. 10
Die vom Patienten geäußerte oder die für uns als Behandler sichtbaren Zeichen der Angst
können also durchaus mit anderen seelischen und psychosomatischen Phänomenen verbunden
werden. Müller – Fahlbusch weist darauf hin, dass es also stets gilt Person und Zeit zu
berücksichtigen, um dem Patienten in jener Störung des Erlebens helfen zu können.
5.1.4 Ätiologische Modelle der Zahnbehandlungsangst und Zahnbehandlungsphobie
Theorien zur Angstentstehung
Bezüglich der Hintergründe der Entstehung von Zahnbehandlungsangst finden sich in der
Literatur immer wiederkehrend drei wichtige, plausibel klingende Postulate:
Angst entsteht durch traumatische Erfahrungen, weil vom Zahnarzt schmerzhafte
Maßnahmen vorgenommen werden und somit der Zahnarztbesuch mit
Schmerzempfindung im Zusammenhang gebracht wird
Angst vor der Zahnbehandlung beim Erwachsenen resultiert aus schlechten Erfahrungen
in der Kindheit
9
Sergl H.G., Müller – Fahlbusch H., Angst und Angstabbau in der Zahnmedizin; Quintessenz Verlags – GmbH,
1989; S.47
10
vgl. Sergl, Müller – Fahlbusch (1989) 18
Zahnbehandlungsangst tritt besonders bei generell ängstlichen Personen auf
Diese Postulate berücksichtigen jedoch nicht alle Faktoren der Angstentstehung und müssen
demnach weitreichend ergänzt werden, da sie keine Erklärung darüber enthalten, wie sich die
psychologische Verbindung zwischen Entstehungsfaktoren und Zahnbehandlungsangst darstellt.
Im Laufe der Entwicklung ist das Kind mit einer Vielzahl von Unbehagen – bzw. Angst –
auslösenden Situationen konfrontiert. Angst und die darauf folgenden Reaktionen stellen für den
kindlichen Organismus eine Art biologischen Schutzmechanismus dar, der das Kind vor
drohenden Gefahren bewahren soll.
Erfährt das Kind Schmerzen, so versucht es in Zukunft die Quelle dieser Empfindung zu meiden.
Unter lernpsychologischer Betrachtungsweise kann in Zukunft schon allein das Erkennen bzw.
Nähern an die schmerzauslösende Quelle Angstreaktionen auslösen. Man spricht hier vom
Prinzip der klassischen Konditionierung, wobei Reize, die in raum – zeitlicher Nähe zum
Schmerz auftreten zu konditionalen Stimuli für Angst werden.
Das Kind braucht also nur einen weißen Kittel, eine Spritze etc. zu sehen, um
Vermeidungsverhalten zu zeigen – die Reaktion auf Schmerz (Schreien, Flucht) wird demnach
bereits durch die konditionalen Stimuli ausgelöst. Zu beachten gilt, dass die Häufigkeit dieses
Vermeidungsverhaltens durch seine angenehmen Konsequenzen (Ausbleiben von Schmerz)
nachhaltig verändert wird (operante Konditionierung).
Jöhren und Sartory erklären das Prinzip der klassischen Konditionierung anhand des
Experiments mit dem Kleinkind „little Albert“ von Watson und Raynor (1920): Das Kleinkind
Albert spielte über Wochen hinweg mit großer Zuneigung mit einer weißen Ratte. Die Leiter des
Experiments ließen im Verlauf der Untersuchung ein abschreckendes, lautes Geräusch erklingen,
sobald Albert mit der Ratte spielen wollte. Das hatte zur Folge, dass das Kleinkind sehr bald
bereits Angst zeigte, wenn es sich auch ohne dem Geräusch der Ratte näherte. Letztendlich
übertrug es seine Angst sogar auf andere weiße, pelzige Objekte wie Watte etc.
Diese Betrachtungsweise der Entstehung von Zahnbehandlungsangst klingt plausibel. Vor allem
weil Schmerz hier eine wichtige Rolle spielt und in der Literatur als häufigste Ursache einer
Zahnbehandlungsangst bzw. – phobie immer wieder ein einzelnes traumatisches, schmerzhaftes
Erlebnis der Patienten während der Behandlung beschrieben wird 11 .
Folgende Fragen bleiben aber immer noch offen: Warum zeigen Kinder Behandlungsangst, ohne
jemals Schmerzen beim Zahnarzt erfahren zu haben, und wie ist es zu erklären, Schmerz bewusst
auszuhalten ohne die Flucht zu ergreifen?
Eine weitere Betrachtungsweise inkludiert den Aspekt, mit welchen Gedanken Menschen diese
Erlebnisse verbinden. Wird der Mensch mit den konditionalen Stimuli (Spritze, Zahnarzt…)
11
vgl. Jöhren H.P., Sartory G.: Zahnbehandlungsangst – Zahnbehandlungsphobie: Ätiologie, Diagnose, Therapie;
Schlütersche GmbH & Co. KG – Verlag 19
ohne der gleichzeitigen Erwartung, dass diese in kurzer Zeit Schmerz auslösen werden,
konfrontiert, scheint dies wenig ausschlaggebend für die Entstehung von Angst.
Es wird in der Regel kein Gefühl der Angst aufkommen, zum Beispiel eine Spritze nach der
eigenen Behandlung zu sehen.
„Insofern scheint es unabdingbar für das Entstehen von Angst, dass der Betroffene zwischen
Hinweisen (konditionale Stimuli) und dem erwarteten schmerzhaften Erleben eine direkte
Verbindung herstellt. Dies wird als die Wahrnehmung von Kontingenzen bezeichnet.“ 12
„So haben McNeil et al. (1989) zeigen können, dass die Angst vor Schmerzen und das Ausmaß
der Zahnbehandlungsangst positiv korreliert sind.“ 13
Die Überlegung die aus dieser Betrachtungsweise zur Entstehung von Zahnbehandlungsangst
resultiert ist die, dass es aber durchaus vorkommen kann, dass eine Angstreaktion durch eine
wahrgenommene Kontingenz ausgelöst wird, was „objektiv“ absurd erscheint. So ist ein Kind
beispielsweise davon überzeugt, dass es bei einer bevorstehenden Behandlung zu Schmerzen
kommen wird, obwohl der Zahnarzt erklärt keine schmerzhaften Eingriffe vorzunehmen. Diese
subjektive Erwartungshaltung resultiert allein aus der Tatsache, dass das Kind Schmerz und
Zahnarzt als kontingent erlebt hat und ist meist so stark, dass sie selbst bei Erwachsenen nur
schwer aufzulösen ist.
Eine weitere wichtige Ergänzung zu den oben genannten Postulaten sind die kongnitiven
Funktionen der Erwartung und Bewertung der unangenehmen Erfahrungen durch die Person
selbst. Margraf – Stiksrud spricht vom sogenannten „unkonditionalen Stimulus“, der Rolle des
Schmerzes. Hierbei ist festzuhalten, dass auf ein Schmerzerleben nicht unweigerlich eine
Fluchtreaktion folgen muss, sondern dass Schmerz vor allem bei älteren Kindern und
erwachsenen Personen bis zu einem gewissen Grad ertragen werden kann, ohne eine
Angstreaktion auszulösen. Erwartung und Bewertung der Behandlungssituation hängen eng mit
den persönlichen Erfahrungen des Betroffenen zusammen, die in einem lebenslangen
Lernprozess, an dem viele Faktoren beteiligt sind, gespeichert, ergänzt und in ähnlichen
Situationen abgerufen werden, um sein Handeln darauf abzustimmen. Ein wesentlicher
beteiligter Faktor stellt das Modelllernen dar, aversives Verhalten in bezug auf eine
Zahnbehandlung, das durch Nachahmung der Eltern durch das Kind entsteht. Das bedeutet also,
dass nicht die Zahnbehandlung an sich, sondern bereits Erzählungen aus dem sozialen Umfeld zu
unterschiedlich stark ausgeprägter Zahnbehandlungsangst führen kann. Aus der Literatur geht
vielfach hervor, dass die Angst der Eltern und die mit ihr verbundene verbale Suggestion ein
nicht zu unterschätzender Kofaktor für die übersteigerte Angst der Kinder beim Zahnarztbesuch
darstellt.
Bei kindlichen Patienten gilt allerdings zu bedenken, dass das Phänomen der
Behandlungsverweigerung nicht immer zwangsläufig mit gesteigerter Angst des Kindes zu tun
12
Margraf – Stiksrud J., Angst und Angstabbau, in: Sergl, H.G. (Hrsg.): Psychologie und Psychosomatik in der
Zahnheilkunde;
Urban & Schwarzenberg, München 1996
13
Jöhren H.P., Sartory G.: Zahnbehandlungsangst – Zahnbehandlungsphobie: Ätiologie, Diagnose, Therapie;
Schlütersche GmbH & Co. KG – Verlag; S.21
20
haben muss. Vielmehr muss das Kind im Kontext des Entwicklungsstadiums, in dem es sich
gerade befindet, gesehen werden. Eine Behandlungsunwilligkeit des kindlichen Patienten kann
somit also auch als völlig normales, reaktives Phänomen oder als Ausdruck einer kritischen
Phase in der Entwicklung (Trotzverhalten der 2 – bis 3 – Jährigen etc.) gewertet werden. Es gilt
demnach zwischen diesen alterstypischen Phänomenen und Phobien eindeutig zu differenzieren.
Die Oralophobie, bei der es sich um die Abwehr vor jedwedem Eindringen in das Mundorgan
handelt, stellt eine psychische Störung dar, die erworben wird durch:
• Traumatische Erlebnisse im Mundorgan
• Übernommene traumatische Erlebnisse (Erzählungen eines Zahnarztbesuches eines
Familienmitgliedes)
• Übernommene negative Einstellung zum Mundorgan
• Als Folge von sexuellem Missbrauch, körperlichem Trauma, Gewaltanwendungen,
Unfällen und Operationen bzw. posttraumatischen Belastungsstörungen
Sie kann jedoch auch Ausdruck einer Symptommanifestation einer psychischen Erkrankung sein.
Die Oralophobie ist eine Krankheit und erfüllt nach ICD-10-GM-2004 die Kriterien einer
phobischen Störung ( F40.2 ) und damit einer psychischen Erkrankung wenn:
1. Die psychischen oder vegetativen Symptome müssen primäre Manifestationen der Angst
sein und nicht auf anderen Symptomen wie Wahn oder Zwangsgedanken beruhen.
2. Die Angst muss auf die Anwesenheit eines bestimmten phobischen Objektes oder eine
spezifische Situation begrenzt sein.
3. Die phobische Situation wird, wann immer möglich, vermieden.
(vgl. dazu S.15)
Hauptsymptom der Oralophobie ist das Vermeidungsverhalten traumaassoziierter Stimuli, auch
wenn bereits gesundheitlicher Schaden entstanden ist.
„Ein weiteres Indiz für die Erkrankung ist die Anzahl der bereits entfernten oder zu entfernenden
Zähne, die signifikant mit der Phobie korreliert.
Eine weitere Phobie ist in 45% der Fälle assoziiert.“ 14
Im Zusammenhang mit Angstentstehung haben nach Margraf – Stiksrud außerdem folgende
14
vgl.: http://www.oralophobie.de/cgi-bin/macher_pub_fachinfo.pl?rubrik=4 21
Faktoren große Bedeutung:
1. Kognitive Kapazität, Entwicklungsstand
2. Generelle Angstneigung, „Ängstlichkeit“
3. Einstellungen und Motive
4. Emotionale Labilität, Neurotizismus
ad 1. Margraf – Stiksrud weist auf die mangelnde Fähigkeit von Personen hin, bedrohliche
Reize genau einzuschätzen. Zeichen hierfür ist die Tatsache, dass das Individuum seine
Angst in unangemessener Intensität zeigt oder die Angsthemmung nicht moduliert ist.
Zu bedenken gilt, dass sich erst bis zum Schulalter die Gedächtnisspanne und die
Zeitvorstellung entwickeln und somit erst dann die Voraussetzungen gegeben sind,
differenzierte Hinweise auf unterschiedlich starke Gefährdung zu identifizieren und
dementsprechend zu reagieren. Erst Schulkinder sind in der Lage, Ereignisabläufe zu
überblicken, als eine Verbindung zwischen bedrohlichem Stimulus, den eigenen
Reaktionsmöglichkeiten und den daraus resultierenden Konsequenzen abzuschätzen.
ad 2. Die Neigung, auf sämtliche Situationen im Leben mit Angst zu reagieren, inkludiert zwei
Ebenen: Ängstlichkeit einerseits in bezug auf physische Gefahren und andererseits
hinsichtlich der Bedrohung des Selbstwerts. Margraf – Stiksrud geht davon aus, dass die
zahnärztliche Behandlungssituation eine Kombination aus beiden Ebenen der
Angstauslösung darstellt und ängstliche Menschen besonders aufmerksam auf die
selbstwertbedrohlichen Anteile reagieren. Somit könne auch die Tatsache erklärt werden,
dass Zahnarztbesuche auch ohne Erfahrung von Schmerz für viele Menschen als belastend
empfunden werden.
ad 3. Margraf – Stiksrud weist darauf hin, dass Patienten, die der Mundgesundheit grundsätzlich
Bedeutung zumessen, auch mehr Energie in die Überwindung ihrer Ängste investieren. Die
Einstellung der Patienten zu sich selbst, ihre eigene Überzeugung, Schwierigkeiten zu
meistern und die Einstellung zum Zahnarzt als Person scheinen die zahnärztliche
Behandlungssituation grundlegend zu beeinflussen.
ad 4. Die generelle Ängstlichkeit einer Person lässt sich nach Margraf – Stiksrud eng in
Zusammenhang mit der Neigung, emotional intensiv, aber auch schwankend auf äußere
Eindrücke zu reagieren, bringen.
Neurotizismus (abgeleitet von Neurose) ist ein Persönlichkeitsmerkmal in der
Persönlichkeitspsychologie und umfasst Eigenarten wie Nervosität, Reizbarkeit,
Ängstlichkeit, Empfindlichkeit, Feindseligkeit, Impulsivität, Verletzbarkeit bzw.
22
Deprimiertheit. 15
Diese Persönlichkeitseigenschaft darf jedoch keinesfalls mit der „neurotischen Störung“,
also der neurotisch begründeten Angst eines Patienten, die im psychoanalytischen Kontext
zu betrachten ist und krankheitswertige Reaktionen des Patienten beschreiben, verwechselt
werden.
Abschließend ist in diesem Kontext zu bemerken, dass es dann problematisch werden kann,
wenn Patienten mit starker Angst bei der zahnärztlichen Behandlung reagieren, bei denen Angst
Teil einer psychischen Erkrankung darstellt. Grundlage für das Verständnis der Angstsymptome
des Patienten ist die genaue Kenntnis der verschiedenen Krankheitsbilder (generalisierte
Angstsyndrome, Panikattacken, ausgeprägte Behandlungsphobie, Angstreaktionen in
Verbindung mit Depression und psychischen Störungen). Hierbei empfiehlt sich die
interdisziplinäre Zusammenarbeit mit Psychologen oder Psychiatern.
Abbildung 2
15
vgl.: http://de.wikipedia.org/wiki/Neurotizismus 23
5.2
Grundformen der Angst nach Riemann
An dieser Stelle möchte ich einer weiteren Sichtweise der Angstentstehung, der
tiefenpsychologischen Studie von Riemann, besondere Beachtung schenken, wobei für dieses
Grundkonzept die Unterscheidung zwischen Furcht und Angst unwichtig erschien. Angst wird
als ganz normaler Gefühlszustand eingestuft, der zu unserem Leben dazu gehört, meist zwar als
unangenehm empfunden wird, aber als Schutz des betroffenen Individuums vor neuen
Situationen und somit als eine Art Anpassungsmechanismus vor unbekannten Gegebenheiten
dient.
Riemann geht davon aus, dass alle Menschen einerseits ganz individuelle Ängste haben, die
abhängig von genetischer Anlage, Umwelteinflüssen, körperlicher und seelisch – geistiger
Konstitution sowie persönlicher Biographie sind.
Gleichzeitig existieren aber auch Ängste, die allen Menschen gemeinsam sind. Hierzu zählen
typische alters – und entwicklungsgemäße Ängste, deren Bewältigung für die individuelle
Entwicklung wichtig sind.
Aus der Tatsache heraus, dass die Ängste eines jeden Menschen durch bestimmte
Lebensbedingungen und Umwelteinflüsse ab der Geburt eine persönliche Prägung und
individuelle Abwandlung erfahren, differenziert Riemann vier Grundformen der Angst, die den 4
kosmischen Impulsen der Erde entsprechen:
Die Drehung der Erde um die eigene Achse.
9 Das Kreisen der Erde um die Sonne.
9 Die Schwerkraft, oder Zentripetalkraft die in die Mitte strebt.
9 Die Fliehkraft, oder Zentrifugalkraft die nach außen strebt.
9
Unter Berücksichtigung des „Doppelaspektes“ der Angst, die den Menschen einerseits zu
lähmen vermag, andererseits die Chance der direkten Auseinandersetzung bietet, um sie zu
überwinden und so Entwicklungsschritte im Leben des Einzelnen zu ermöglichen, beschreibt
Riemann die Grundforderungen zur Gestaltung des Lebens:
1. Forderung: „dass wir ein einmaliges Individuum werden sollen“ (fordert Eigenständigkeit
und eine gewisse Abgrenzung von der Umwelt bzw. Selbstwerdung)
2. Forderung: „dass wir uns der Welt, dem Leben und den Mitmenschen vertrauend öffnen
sollen“ (fordert die Seite der Selbsthingabe, die uns Teil eines größeren Ganzen werden
lässt)
24
3. Forderung: „dass wir die Dauer anstreben sollen“ (entspricht dem Impuls, der uns zum
Handeln treibt und ermöglicht Sicherheit und Orientierung)
4. Forderung: „dass wir immer bereit sein sollen, uns zu wandlen“ (Aufgeben von
Vertrautem und Gewohntem zur evolutionären Anpassung und Weiterentwicklung)
Äquivalent zu diesen Forderungen gibt es demnach vier Grundängste, wobei sämtliche Ängste
die wir empfinden können, sich auf eine Mischung aus diesen vier Grundängsten zurückführen
lassen.
Angst vor Selbsthingabe und Nähe, die als Bedrohung der Individualität erlebt wird.
9 Angst vor Selbstwerdung, die als Isolation empfunden wird.
9 Angst vor Veränderung, die als Vergänglichkeit und Unsicherheit empfunden wird.
9 Angst vor Notwendigkeit, die als Endgültigkeit und Unfreiheit erlebt wird.
9
Jedes Individuum trägt diese kosmischen Triebkräfte in unterschiedlicher Ausprägung und
abhängig vom jeweiligen Lebensabschnitt in sich.
Nach Riemann stellt es ein Zeichen seelischer Gesundheit dar, nach Auseinandersetzung mit den
4 Grundformen der Angst, ein Gleichgewicht zwischen diesen antinomischen Impulsen
geschaffen zu haben: einerseits gleichzeitig die Angst vor der Ich – Aufgabe, wie die Angst vor
der Ich – Werdung, anderseits sowohl die Angst vor der nicht aufzuhaltenden Vergänglichkeit,
als auch die Angst vor der unausweichlichen Notwendigkeit sich wandeln zu müssen,
überwunden zu haben.
„Eine Antinomie (griechisch ἄντι „gegen“, νόμος „Gesetz“; sinngemäß „Unvereinbarkeit von Gesetzen“) ist eine
spezielle Art des logischen Widerspruchs, bei der die zueinander in Widerspruch stehenden Aussagen
gleichermaßen gut begründet oder (im Fall formaler Systeme) bewiesen sind.“ 16
Die sich daraus ergebenden Persönlichkeitsstrukturen beschreibt Riemann mit den 4 großen in
der Tiefenpsychologie vorkommenden Neuroseformen.
Schizoidie
Depression
Zwangsneurose
Hysterie
16
vgl.: http://de.wikipedia.org/wiki/Antinom
25
„Diese neurotischen Persönlichkeiten spiegeln (…) in zugespitzer oder extremer Form
allgemeinmenschliche Daseinsformen, die wir alle kennen.“ 17
Der depressive
Mensch
Wunsch nach
Zuneigung und
menschlicher Nähe
"Ich will nicht alleine
sein!"
Der schizoide Mensch Der zwanghafte
Mensch
starker Drang nach
Angst vor Risiko und
Unabhängigkeit
Veränderung
"Ich bin das Maß aller
Dinge!"
Vermeidung von
Konflikten
"Ich hasse Streit!"
vermeidet Emotionen liebt präzise Planung
und menschliche Nähe
Vogel-Straußsachlich, kühl und
Vorurteile,
Mentalität
objektiv
Dogmatismus
selbstlos und geduldig aggressiv und arrogant Perfektionist und
konsequent korrekt
denkt erst an andere,
fehlender
Entschlußunfähigkeit
dann an sich
Enthusiasmus
verhält sich kindlich- gleichgültig gegenüber Detailfetischismus
hilflos
Kritik
"Nur ich weiß, was
richtig ist!"
wenig Selbstwertgefühl starkes
Ein "Nein" bleibt ein
Selbstwertgefühl
"Nein"
einfühlsam und
vertritt seine
ordentlich und fleissig
hilfsbereit
Überzugung klar und
kompromißlos
schlicht und
unsentimental,
beständig und
anspruchslos
ironisch-sarkastisch
zuverlässig
relativ wenig Egoismus scharfe
verantwortungsbewußt
Beobachtungsgabe
Tabelle 2
17
Riemann F., Grundformen der Angst – Eine tiefenpsychologische Studie;
Ernst Reinhardt Verlag München Basel, 2003; S.18
Der hysterische
Mensch
liebt die ständige
Abwechslung
"Ich will Freiheit und
Risiko, Traditionen
und Konzepte engen
mich ein."
steht gerne im
Mittelpunkt
"Ich möchte bewundert
und anerkannt
werden."
Veränderung der
Veränderung willen
gibt Versprechungen,
die er nicht einhält
"Rösselsprünge" im
Denken
Imponiergehabe und
Starallüren
oberflächlich und
leicht zu beeinflussen
will sofortige
Bedürfnisbefriedigung
nur das Hier und jetzt
zählt
lebhaft, spontan und
charmant
26
5.3
Die orale Zone als sensibler Bereich und Ausdrucksorgan für alle Affekte
Das zentrale Betätigungsfeld des Zahnarztes, das Cavum oris, stellt eine besonders
persönlichkeitsnahe Schlüsselzone des menschlichen Körpers dar, weshalb der Mund keinesfalls
bloß nur als anatomische Region zu verstehen ist, in welchem sich die Zähne als Objekte unserer
zahnärztlichen Tätigkeit befinden.
Abbildung 3
„Bisweilen stellt sich das Kauorgan geradezu als Bühne einer komplexen allgemeinmedizinisch psychosomatischen Problematik dar“ 18
Einerseits umfasst die Rolle des Kauorgans die Funktion der Nahrungsaufnahme und der
Mastikation, andrerseits bedenke man, dass der Mund ein besonders hoch entwickeltes
„Sinnesorgan“ mit mannigfaltigen Funktionen, wie Tast – und Drucksinn, Temperatursinn,
sowie Geschmacks – und Geruchssinn ist.
Besonders anschaulich wird dies aus neuroanatomischer Sicht, wenn man sich die corticale
Repräsentation der Orofazialregion im Bereich des Gyrus prae – und post – centralis (Motorik,
Sensorik) verdeutlicht: sie stellt die bei weitem ausgedehnteste Körperregion am „Penfield´schen
Homunculus“ dar.
18
Slavicek (2000) in Kreyer G., Grundlagen der klinischen Dentalpsychologie; Facultas Universitätsverlag, 2004;
S.11
27
Abbildung 4: Penfield´scher Homunculus
„Aus tiefenpsychologischer Sicht kommt der Oralregion ganz besondere Bedeutung zu. Der
Zahn wird hier verstanden in seiner Symbolik als Sinnbild von Vitalität, Aggressivität, Kraft und
Potenz. Zahnverlust wird dementsprechend gleichgesetzt mit Potenzverlust bzw. Verlust
sexueller Attraktivität. (…)
Der frühkindlichen „oralen Phase“ kommt für Stellenwert und Funktionsweise des Kauorgans
doppelte Bedeutung zu. Einerseits als sensible Schlüsselphase der Persönlichkeitsentwicklung,
andererseits als Zeitabschnitt, in welchem wesentliche enorale Reflexabläufe erlernt und gebahnt
werden.“ 19
Es ist demnach festzuhalten, dass der Aspekt des besonderen Stellenwertes des Arbeitsgebietes
des Zahnarztes, stets zu beachten ist. Wie bereits erwähnt, ist die Mundhöhle seit der frühen
Kindheit die Körperregion für Intimitäts – und Kommunikationserfahrung.
Im Laufe der Entwicklung der Theorien Sigmund Freuds wird Angst als psychologisches
Phänomen eingeordnet, wobei er in seiner ersten Angsttheorie noch von einem physiologischen
Geschehen ausging und der Angst die zentrale Position in der Persönlichkeitsentwicklung
und der Entstehung seelischer Leiden zuschreibt. Freud nennt als erste Stufe der Sexualität die
orale Phase, wobei Zahnverlust mit Kastrationsangst in Verbindung gebracht wird.
„Bereits mit seinen ersten Arbeiten (1893, 1895, zitiert nach Krohne, 1996) legte er die Basis für
die Trennung zwischen der Emotion Angst und dem Persönlichkeitsmerkmal Ängstlichkeit,
19
Kreyer G., Grundlagen der klinischen Dentalpsychologie; Facultas Universitätsverlag, 2004; S.14 und S.16 28
sowie die mögliche Beziehung zwischen den beiden Bereichen“ 20
Aufbauend auf Freuds Theorien finden wir das bereits erwähnte „Trait – State – Angstmodell“
von Spielberger (vgl. S.14).
Zu bedenken gilt auch die Verankerung der oralen Region im Sprachgebrauch bei der Äußerung
von Gefühlen („die Zähne zusammenbeißen“, „zähneknirschend frustriert sein“ etc.).
Wir als Zahnärzte dringen in diesen persönlichen Bereich des Patienten ein und können somit
Abwehr – und Angstreaktionen hervorrufen.
Kreyer beschreibt im Sinne eines bio – psycho – sozialen Krankheits – und Gesundheitsbegriffes
folgende Funktionsdeterminanten des Kauorgans:
1. Kaufunktion
2. Digestionsfunktion
3. Sprache und verbale Kommunikation
4. Haltung und nonverbale Kommunikation
5. Ästhetik, Außenpräsentation und Selbstwahrnehmung
6. Pluripolares „Sinnesorgan“
7. Stressverarbeitung bzw. Aggressionsabfuhr
Zu bedenken gilt, dass die Grenzen zwischen physiologisch und pathologisch fließend sind und
das Orofacialsystem darüber hinaus das Manifestationsorgan einer Reihe funktioneller Störungen
bzw. psychosomatischer Krankheitsbilder darstellt.
20
Schmitz-Hüser P.M., „Untersuchung zum Zusammenhang zwischen Zahnbehandlungsangst und kardiovaskulären
Parametern bei Betrachtung des affektiven, kognitiven und somatischen Angsterlebens“, Dissertation an der
Medizinischen Fakultät der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule Aachen, 2006; S.11; 29
6
6.1
Spezieller Teil
Ausdrucksverhalten und Angsterleben der Patienten während einer Zahnbehandlung
Die Patienten in der zahnärztlichen Praxis stehen in der Regel unter einer starken emotionalen
Belastung. Angst und Nervosität werden neben dem eigentlichen Stress während der
Behandlung, durch olfaktorische Stimuli, unbekannte Behandlungsmaßnahmen, spitze
Instrumente und die Notwendigkeit, eine fremde Person im Intimbereich des Gesichtes
zuzulassen, also eine Einschränkung der Privatsphäre gefördert. Als weiterer Belastungsfaktor,
den der Patient je nach Persönlichkeitsdisposition in unterschiedlicher Intensität als bedrohlich
empfindet, gilt das Gefühl des „Ausgeliefertsein“ und der scheinbaren Verurteilung zur
absoluten Passivität, insbesondere bei Behandlungen im Oberkiefer.
Abbildung 5
30
Nicht zu vernachlässigen sind Verhaltensweisen und Eigenschaften des behandelnden
Zahnarztes, die zur Entstehung oder Vermeidung von Angstgefühlen beim Patienten beitragen
können.
Erwünschte Eigenschaften:
Unerwünschte Eigenschaften:
Klinische Erfahrung, manuelles Geschick
Unsanfte Behandlung
Zuhören können, sich Zeit für den Patienten nehmen
und letztendlich Verständnis für die Situation des
Patienten zeigen
Sich keine Zeit nehmen
Freundlichkeit, Wärme, Ruhe und ein fürsorgliches
Verhalten
Schmerzen des Patienten nicht ernst nehmen und
Vorwürfe erheben, empfindlich zu sein
Aufklärung über die anstehende Therapie und damit
Aufbau von Vertrauen
Gefühlskälte, Arroganz und Überlegenheit
Lange Wartezeiten
Tabelle 3
In einer Untersuchung von Wöller, Alberti, Bachmann und Birkhoff 21 wurde darauf
hingewiesen, dass es ohne Zweifel ganz spezifische angstauslösende Situationen in der
zahnärztlichen Praxis gibt. Die Konfrontation mit Nadeln bzw. das Geräusch und die
Empfindung des Bohrers gelten in den verschiedensten Untersuchungen stets als die am meisten
angstauslösende Stimuli. Gale et al. wiesen zusätzlich darauf hin, dass „die als vorwurfsvoll
erlebte Äußerung des Zahnarztes, der Patient „habe schlechte Zähne“ vielfach als noch
ängstigender empfunden wurde als der Gedanke an den Schmerz durch eine Spritze“ 22 .
6.1.1 Erfassung der Zahnbehandlungsangst und der Zahnbehandlungsphobie unter
Berücksichtigung genderorientierter Aspekte
Nach Lang (1985) stellen sich die zu beobachtenden Auswirkungen auf einen angstauslösenden
Stimulus in drei Reaktionsebenen dar, die ein „assoziatives, im Gedächtnis verankertes,
neuronales Netzwerk bilden.“ 23
21
vgl.: Sergl H.G., Müller – Fahlbusch H., Angst und Angstabbau in der Zahnmedizin; Quintessenz Verlags –
GmbH, 1989
22
23
Sergl, Müller – Fahlbusch (1989); S.61
Jöhren H.P., Sartory G.: Zahnbehandlungsangst – Zahnbehandlungsphobie: Ätiologie, Diagnose, Therapie;
Schlütersche GmbH & Co. KG – Verlag; S.36
31
Seine Beschreibung der Zahnbehandlungsangst beinhaltet die Information über den
angstauslösenden Reiz, die emotionale Beurteilung desselben und die daraus resultierenden
motorischen und physiologischen Reaktionen des Patienten:
Objektivierbar:
Verhalten:
- Vermeidung des Stimulus, Flucht
- Übererregbarkeit
- Gereiztheit
- Unruhe
- Schreckhaftigkeit
- Veränderung der Körperhaltung und des Gesichtsausdrucks
Physiologische Veränderungen:
- Tachykardie
- Atemnot
- Schwitzen (Oberlippe, Stirn, Handinnenflächen)
- Übelkeit, Diarrhöe
- Parästhesien
- Zittern
- Schlafstörungen
Subjektiv:
Denken, Fühlen:
- Angst, verrückt zu werden
- Angst, zu sterben
- Konzentrationsschwäche
- Unbehagen
Tabelle 4
Zur Beurteilung und genauen Messung der Angst bereits vor der zahnärztlichen Behandlung,
wurden 1989 von Glanzmann sogenannte Angstindikatoren beschrieben. Zu bedenken gilt, wie
Glanzmann auch im Artikel „Methoden zur Messung von Angst und Ängstlichkeit“ in der 1.
Jahrestagung des Arbeitskreises Psychologie und Psychosomatik in der Zahn -, Mund – und
Kieferheilkunde der DGZMK beschreibt, dass „sich die meisten Indikatoren zwar zur Erfassung
der Angst als Organismuszustand (…), nicht aber zur Erfassung des Persönlichkeitsmerkmals
32
Ängstlichkeit, das die latente individuelle Angstbereitschaft refklektiert“ 24 eignen.
Die sogenannten Angstindikatoren lassen sich nach der jeweiligen Messebene in 5 Kategorien
unterteilen:
Biochemische
Messung von:
Zentralnervöse
Erfassung von:
Peripher, physiologische
Parameter:
Motorische
Parameter:
Verbaler
Bereich:
Serotonin
Frequenz Amplituden – EEG
(Alpha -, Beta –
Aktivität)
Kardiovaskuläre Parameter
(Herzrate, Puls, systolischer
und diastolischer Blutdruck,
periphere
Gefäßdurchblutung)
Ausdrucksverhalten
(Mimik, Gestik,
Körperhaltung, Sprach -,
Schreibmotorik,
Lidschlagfrequenz)
Projektive
Verfahren
Katecholamine
Evozierten
Potentialen
Elektrodermale Parameter
(Hautleitfähigkeit,
Hautwiderstand)
Leistungsverhalten
(Reaktionszeit, Lernen,
Problemlösen)
Fremd beschreibung
Lactat
Zerebraler
Durchblutung
(CBF)
Respiratorische Parameter
(Atemvolumen,
Atemfrequenz, CO2 –
Verbrauch)
Selbst beschreibung
Elektromyographische
Parameter (Frontalis -,
Masseter -,
Temporalisaktivität)
Pupillengröße
Tabelle 5: Angstindikatoren
Vor allem im Rahmen von wissenschaftlichen Untersuchungen werden objektivierbare
Verfahren zur Erkennung von Angstreaktionen eingesetzt, wobei hier besonders die
Bestimmung von biochemischen und physiologischen Indikatoren hervorzuheben ist.
Zu bedenken gilt jedoch, dass derartige Erfassungen von Zahnbehandlungsangst wenig
praxistauglich sind, da sie sehr unspezifisch sind (z.B. fehlt die zur Beurteilung nötige
Ausgangsgröße), der Erfassungsaufwand für den Praxisalltag viel zu groß ist und erst in der
direkten Konfrontation mit dem angstauslösenden Stimulus die entsprechenden Werte ermittelt
werden können.
24
Sergl H.G., Müller – Fahlbusch H., Angst und Angstabbau in der Zahnmedizin; Quintessenz Verlags – GmbH,
1989
33
Daher stellt, neben subjektiv – verbalen Verfahren, eine häufig eingesetzte objektivierbare
Methode zur Angsteinschätzung des Patienten die Verhaltensbeurteilung nach Frankl et al.
(1962) dar. Besonders bei der Einschätzung von Zahnbehandlungsangst kindlicher oder geistig
behinderter Patienten kann die Verhaltensbeurteilung mittels standardisierter Klassifikationen
von Nutzen sein.
Stark negativ:
Geringfügig negativ:
Geringfügig positiv:
Stark positiv:
Verweigerung der
Behandlung
nach eigenen Aussagen
extreme Angst,
sehr nervös, Inspektion der
Mundhöhle
lässt der Patient nur ungern
über sich ergehen
Geringe Ablehnung,
geringe bzw. mittlere
Angst, nervös, Inspektion
ohne Probleme möglich
Vorsichtige Akzeptanz der
Behandlung, Fragen oder
Verzögerungstaktik,
mittlere Bereitschaft zur
Zusammenarbeit mit dem
Zahnarzt
Gutes Verhältnis zum
Zahnarzt, keine Zeichen
von Angst, Interesse an
der Behandlung und
angemessener, verbaler
Kontakt
Tabelle 6: Verhaltensbeurteilung nach Frankl et al.
Zu bedenken gilt, dass auch Vermeidungsverhalten, also eine hohe Anzahl nicht eingehaltener
Zahnbehandlungstermine, ein Hinweis für das Vorliegen einer Angststörung sein kann.
Dies ist oft von entscheidender Bedeutung was die diagnostische Differenzierung zwischen
normaler Angst und Angsterkrankung betrifft, da viele Patienten sich ihre Angsterkrankung nicht
anmerken lassen.
In einer Verhaltensuntersuchung von Kleinknecht und Bernstein (1978) konnte nachgewiesen
werden, dass sich das Verhalten hochängstlicher von dem weniger ängstlicher Patienten im
Behandlungsstuhl nicht unterscheidet. Im Wartezimmer allerdings, dort also, wo sich die
Patienten unbeobachtet fühlten, ergaben sich aber sehr wohl Unterschiede im Verhalten, wobei
ängstliche Patienten mehr Bewegungen und Aktivität zeigten.
Oft führt es demnach zu einer Fehleinschätzung der wirklich vorhandenen Angst, da der Patient
sein eigenes Verhalten dahingehend steuert, im Zahnbehandlungsstuhl sozial erwünscht zu
agieren. 25
In der Literatur besteht Einigkeit darüber, dass subjektive Verfahren zur Erfassung über das
Ausmaß einer Zahnbehandlungsangst mittels Selbstbeurteilungsverfahren durch
Angstfragebögen von Vorteil sind. Jedoch existieren für zwei im amerikanischen Bereich
eingesetzte Verfahren („Dental Anxiety Scale“, „Dental Fear Survey“) einerseits keine
25
vgl.: http://www.oralophobie.de/artikel2.htm
34
deutschsprachigen Äquivalente, andererseits entsprechen sie nicht mehr den heutigen Standards
und Anforderungen an Selbstbeurteilungsverfahren. 26
In diesem Zusammenhang möchte ich auf, durch verschiedene Untersuchungen belegte,
genderorientierte Unterschiede hinweisen, die die Ehrlichkeit der Beantwortung der
Selbstbeurteilungsfragebögen betrifft. Männer neigen häufiger dazu, sich ihrer Angst zu
schämen und von der Gesellschaft erwünschte Antworten wie „Männer kennen keine Angst“ zu
geben. Das kann zur Folge haben, dass der behandelnde Zahnarzt die Angst des Patienten
unterschätzt. 27
(siehe auch „Verfälschungstendenzen bei Angstfragebögen“, Kapitel 6.1.2)
Im Laufe der Entwicklung nehmen nicht nur biologische Faktoren, sondern auch Faktoren der
Sozialisation, während der von beiden Geschlechtern ein unterschiedliches Rollenverhalten
erwartet wird, Einfluss auf die Ausprägung des Merkmals Angst. Buben werden der
Rollenerwartung eher gerecht, wenn sie der Erwartung „Ein Junge weint nicht!“ entsprechen,
während von Mädchen ein stärkeres emotionales Agieren akzeptiert wird.
Durch meine Internetrecherchen lassen sich beispielsweise auch Untersuchungen erwähnen, auf
deren Skalen der allgemeinen Angst, aber auch Test – und Schulangst Jungen niedrigere Werte
und bei Tests zur Angstleugnung eindeutig höhere Werte als Mädchen zeigen. 28
Weiters finden sich in einem Interview mit Bielstein (seit 1997 selbstständig in einer Praxis für
Psychoanalyse und Psychotherapie in Göttingen) im Februar 2003
interessante Ausführungen bezüglich ihrer psychoanalytischen Tätigkeit mit dem Schwerpunkt
Angst und Aggression und deren geschlechtsspezifschen Komponenten und
Häufigkeitsverteilung.
Trotz nicht immer ganz einheitlichen Angaben in verschiedenen Veröffentlichungen spricht
Bielstein von einem Verhältnis von 3 : 1, was die Häufigkeit von Angsterkrankungen bei Frauen
betrifft. Außerdem betont sie die eindeutigen Zusammenhänge zwischen weiblicher Sozialisation
und Angst. Ängstlich – vermeidendes Verhalten und ängstliche Gefühle von Mädchen werden
besonders gefördert, wenn auch die Mutter ein solches Verhalten zeigt. Bielstein spricht auch
vom „typisch weiblichen“ Umgang mit Angst und Aggression insofern, dass es für Frauen
schwerer sei mit Ärger umzugehen, sie dieses negative Gefühl in ihrem Inneren behalten, ihn in
26
vgl.: Sergl H.G., Müller – Fahlbusch H., Angst und Angstabbau in der Zahnmedizin; Quintessenz Verlags –
GmbH, 1989
27
vgl. Glanzmann (1989) in Jöhren H.P., Sartory G.: Zahnbehandlungsangst – Zahnbehandlungsphobie: Ätiologie,
Diagnose, Therapie; Schlütersche GmbH & Co. KG – Verlag
28
Castaneda (1956), Sarason (19609, Philips (1962), Hill (1963); vgl. Artikel „Hat Angst eine
Geschlechtsspezfik?“: http://www.ortelius.de/tauchen_angst/exam_web-Hat.html
35
das Unbewusste verdrängen und somit mit der Tatsache konfrontiert sind, dass der Ärger ihnen
Angst macht. 29
Im Zusammenhang mit der Fragestellung der geschlechtsspezifischen Einflüsse auf die
Zahnarztangst sei an dieser Stelle wiederum die Untersuchung von Wöller, Alberti, Bachmann
und Birkhoff erwähnt (siehe S.30):
Sie führten eine schriftliche Befragung an 206 erwachsenen Patienten vor und nach der
Behandlung durch, wobei zusätzlich auch die Zahnärzte selbst gebeten wurden, einen
Fragebogen auszufüllen. Auch diese Untersuchung bestätigte eindeutige genderorientierte
Unterschiede. Die Frauen gaben vor der Behandlung eine deutlich höhere situationsspezifische
Angst an als die Männer, die Angstabnahme vor gegenüber nach der zahnärztlichen Behandlung
war bei den weiblichen Patienten größer. Einerseits erwies sich die Beziehung zwischen
Geschlecht und Angstabnahme als signifikant, anderseits konnte festgestellt werden, dass ältere
Patienten (über 40) sich als deutlich weniger ängstlich als jüngere Patienten erwiesen. Was die
Trait – Angst (nach Spielberger, vgl. S.14) betrifft konnten laut dieser Untersuchung
erwartungsgemäß keine geschlechtsspezifischen Unterschiede festgestellt werden, betrachtet
man allerdings nur die Gruppe der auf Zahnbehandlungsangst bezogenen hochängstlichen
Patienten, so lag nur bei den Männern die Trait – Angst über dem Durchschnittswert aller
Patienten, nicht hingegen bei den Frauen.
Im Rahmen dieser Untersuchung bestätigte sich abermals die Tatsache, dass weibliche Patienten
ihre Angst vor einer Zahnbehandlung deutlich häufiger äußerten als männliche Patienten, was
wiederum mit „einer an die geschlechtsspezifische Rollenerwartung geknüpfte größere
Zulässigkeit, Angst äußern zu dürfen“ 30 , erklärt wurde.
Interessanterweise waren die befragten Zahnärzte selbst mehrheitlich der Überzeugung, Männer
hätten mehr Angst, was mit der Tatsache in Verbindung gebracht wurde, dass sie die Patienten
vor allem hinsichtlich ihrer nonverbalen Ausdrucksweise beurteilten. Weiters ließ die
Untersuchung den Schluss zu, dass für Frauen die situationsspezifischen Einflüsse ein größeres
Gewicht haben als die persönlichkeitsspezifische Angstdisposition, wobei bemerkt wurde, dass
dies mit großer Wahrscheinlichkeit auch für Männer gelten würde, wenn man die allgemein
gültige Ansicht, Männer würden ihre Angst nur bedingt zugeben, beachte.
Dass die Geschlechtsvariable erheblichen Einfluss auf die Bereitschaft Angst einzugestehen
ausübt, wurde ebenfalls deutlich durch eine von Nippert durchgeführte Befragung einer
Stichprobe der Bevölkerung der Stadt Münster 31 .
Auch in dieser Untersuchung kam man einerseits zum Ergebnis, dass Frauen signifikant häufiger
zugaben, Angst zu haben, andererseits der Anteil derer, die einen erhöhten Angstscore haben,
stark erhöht ist.
Aus dieser Studie geht außerdem hervor, dass mit längerer Ausbildung und damit eher
29
http://www.angstportal.de/EX09---Interview-mit-Frau-Dr.-Bielstein.html
30
Sergl H.G., Müller – Fahlbusch H., Angst und Angstabbau in der Zahnmedizin; Quintessenz Verlags – GmbH,
1989; S.60
31
vgl.: Sergl, Müller – Fahlbusch (1989) 36
gehobenen sozialen Positionen, eine größere Flexibilität was die Rollenverteilung betrifft
verbunden ist. Bestätigt wurde durch Nippert auch die oft erwähnte Hypothese, dass
vorangegangene schmerzhafte Behandlungserlebnisse die Quelle von Zahnbehandlungsangst
darstellen können.
In einem Artikel der deutschen Ärztezeitung mit dem Titel „Frauen geben Angst vorm Zahnarzt
zu“ vom 23.06.2005 wird auf eine Studie an der Universität Toronto (Kanada) verwiesen, die
ergab, dass Frauen eigenen Aussagen zufolge zwar deutlich ängstlicher als Männer sind, dass das
vermeintlich starke Geschlecht allerdings sich in einer Art und Weise ängstlich auf dem
Zahnarztstuhl verhält, die den meisten Frauen fremd ist. Haas, Locker und Chanpong befragten
zu diesem Zwecke 1100 Patienten, wobei 5,5 % angaben, vor einer Zahnbehandlung sehr
ängstlich zu sein, und fast die Hälfte der Befragten gab an, aufgrund dessen bereits einmal einen
vereinbarten Termin wieder abgesagt zu haben.
Weibliche Patienten berichteten zweieinhalb Mal so häufig von Ängsten wie Männer, wobei laut
Wissenschaftlern dies mit der Tatsache, dass die männlichen Patienten einfach seltener über ihre
Ängste reden wollen, begründeten.
„Haas setzt aufgrund seiner Erfahrungen sogar noch einen drauf: "Es sind gerade die jungen,
gesunden Männer, die in der Zahnarzt-Praxis oft ohnmächtig werden." (Smi)“ 32
In Rahmen einer Dissertation mit dem Titel „Untersuchung zum Zusammenhang zwischen
Zahnbehandlungsangst und kardiovaskulären Parametern bei Betrachtung des affektiven,
kognitiven und somatischen Angsterlebens“ überprüfte Schmitz – Hüser (2006) in Köln unter
anderem den Geschlechtereffekt bei Zahnbehandlungsangst.
Untersucht wurde hierfür einerseits, ob sich Männer und Frauen in der Zahnbehandlungsangst
generell unterscheiden, weitergehend ob sie sich in der Zahnbehandlungsangst über den Verlauf
einzelner Situationen betrachtet unterscheiden und ob das Angstempfinden von Männer und
Frauen auf der affektiven, kognitiven und somatischen Reaktionsebene differieren.
Hierbei ergaben alle Untersuchungen, dass es keinen signifikanten genderorientierten
Unterschied in den einzelnen Fragestellungen gibt.
32
vgl.: http://www.aerztezeitung.de/panorama/auch_das_noch/default.aspx?sid=362709
37
6.1.2
Psychologische Untersuchungsinstrumente zur Diagnostik einer Oralophobie
Zur Untersuchung, ob eine phobische Störung vorliegt, sind in der Literatur unter anderem
folgende, speziell für den zahnärztlichen Bereich entwickelte Fragebögen zu finden:
I.
II.
State – Trait – Anxiety – Inventory (STAI), nach Spielberger et al. (1972)
Dental Anxiety Scale (DAS), nach Corah (1969)
III.
Dental Fear Survey (DFS), nach Kleinnecht et al. (1973)
IV.
Dental Cognitions Questionnaire (DCQ) nach De Jongh et al. (1995)
V.
Hierarchischer Angstfragebogen (HAF) nach Jöhren (1999; Universität WittenHerdecke)
VI.
Kombinierter Fragebogen des Deutschen Institutes für Psychosomatische Zahnmedizin,
Psychologie in der Zahnheilkunde und zahnärztliche Psychotherapie mit integrierter
visueller Analogskala zur Selbsteinschätzung (VAS)
VII.
Fragebogen zu Feststellung einer Posttraumatischen Belastungsstörung (Zentralinstitut
für Seelische Gesundheit, Mannheim)
VIII.
Fragebogen zur Angsthierarchie
(Deutsches Institut für Psychosomatische Zahnmedizin, Psychologie in der
Zahnheilkunde und zahnärztliche Psychotherapie, Achern)
Wie in der Dissertation von Lehnartz (2003) beschrieben, fehlt es jedoch bisher an einem
standardisierten deutschsprachigen Fragebogen zur Erfassung von Zahnbehandlungsängstlichkeit
bei Erwachsenen. Deshalb wurde von de Bruin und Neuser das AZI (Aachener
Zahnbehandlungsinventar) entwickelt.
Weitere existierende Instrumente kommen aus den Niederlanden bzw. aus Amerika:
Bei dem DAS (Dental Anxiety Scale) von Corah, Gale und Illing (1978) handelt es sich um einen
Erfassungsbogen mit vier vorgegebenen Fragen bzw. Antwortmöglichkeiten („Items“) Hier wird
der Patient gebeten, sich in Situationen zu versetzen und anzugeben, wie ängstlich er sich bei der
Vorstellung der Situation fühlt, wobei für jede Frage auf einer fünfstufigen Skala die
Angstausprägung differenziert werden kann. Dieser Fragebogen enthält jedoch keinerlei
Information, wovor sich der Patient am meisten fürchtet, was für die Therapieplanung jedoch
von großer Bedeutung wäre bzw. existieren über diese übersetzte Angstscala auch keine
Untersuchungen zur Reliabilität und Validität.
38
Der (hierarchische Angstfragebogen HAF) besteht aus 11 Fragen, die jeweils mit fünf
unterschiedlichen Angstausprägungen beantwortet werden können. Daraus ergeben sich 3
Gruppen: niedrig Ängstliche – mittelmäßig Ängstliche – hoch Ängstliche.
Beim State – Trait – Anxiety – Inventory (STAI / Spielberger, 1972) werden die gleiche
Anzahl von Fragen in Richtung Angst oder Anspannung wie in Richtung Wohlbefinden und
Entspannung gestellt, da Befragte stets dazu neigen, auf unterschiedliche Fragen grundsätzlich
zustimmend zu antworten. Dieser Fragebogen ist einer der wenigen Angstfragebögen, die auch
in deutscher Version standardisiert und überprüft wurde, wobei er zur Erfassung von zwei
unterschiedlich definierten Angstformen eingesetzt wird: der Zustandsangst (state anxiety) und
der überdauernden Eigenschaftsangst (Trait anxiety), die als relativ stabile
Persönlichkeitseigenschaft definiert ist. In der Zahnmedizin wird vor allem vom State anxiety –
Fragebogen Gebrauch gemacht, da auf diese Weise die Zustandsangst in einer bestimmten
Situation und auch die Veränderung des Angstausmaßes im Laufe der Situation erfasst werden
können.
Das DFS (Dental Fear Survery) von Kleinknecht, Klepac und Alexander (1973) umfass 20
Items, wobei dieser Erfassungsbogen 1993 von Stouthard et al. wegen der ungenügenden
Berücksichtigung der verschiedenen Facetten der Zahnbehandlungsangst abgelehnt wurde.
Schließlich entwickelten Stouthard et al. den DAI (Dental Anxiety Inventory), wobei hier vier
Zeitabschnitte, drei Situationen und drei Reaktionsmodi erfasst werden.
Das AZI misst sowohl die situationsspezifische Zustandsangst (state anxiety) als auch die
situationsüberdauernde Zahnbehandlungsangst (trait anxiety), unter besonderer
Berücksichtigung der Komponente der individuellen Stressbewältigung (Coping).
Ziel der Dissertation von Lehnartz, die sich mit der detaillierten Untersuchung von Angst und
Angstbewältigung im zahnärztlichen Notdienst beschäftigte, war es, relevante Parameter zu
erarbeiten, durch die die Angst eines Patienten rechtzeitig erkannt werden kann.
Hierfür wurde ein Fragebogen für die Ermittlung von Zahnbehandlungsängstlichkeit und
Zahnbehandlungsangst in der „Trait –“ und „State – Version“ entwickelt, wobei die Messungen
an 2 Orten und zu 3 Zeitpunkten erfolgte: im Wartezimmer und im Behandlungszimmer
unmittelbar vor und nach der Behandlung. Im Behandlungsraum erhob man den Zahnstatus
und es wurden zusätzlich physiologische Werte gemessen, wobei überprüft wurde, inwieweit
sich die Zustandsangst im Verlauf der Behandlungssituation veränderte. Schließlich verglich
man die Variablen (physiologische Parameter, Alter und Geschlecht) mit der Zustandsangst,
wobei sich signifikante Zusammenhänge nur in Verbindung mit dem physiologischen Parameter
„systolischer Blutdruck“ ergaben.
39
In bezug auf die Fragestellung meiner Diplomarbeit als sehr bedeutend erwies sich die Tatsache,
dass bei der Berechnung der Zustandsangst in der Dissertation von Lehnartz, Frauen in allen
Antworttypen (es wurden somatische, kognitive und affektive Komponenten unterschieden) ein
höheres Ausmaß an Zustandsangst angaben als männliche Patienten und das sowohl vor der
Behandlung im Zahnarztstuhl als auch unmittelbar nach der Behandlung.
Die Zustandsangst an sich nahm im Laufe der Behandlung bei allen Patienten ab, wobei der
Angstrückgang bei weiblichen Patienten wesentlich größer ausfiel.
Hingewiesen wurde abschließend noch auf den gesicherten Zusammenhang zwischen der
Mundgesundheit, der Zustandsangst und der Zahnbehandlungsängstlichkeit, wobei die
Mundgesundheit wiederum in hohem Maße mit dem Bildungsstand korrelierte. 33
Die Auffälligkeit, dass weibliche Patienten einen durchwegs höheren Grad an Zustandsangst
angaben, begründete Lehnartz mit den möglichen Unterschieden in der Erziehung, die es
„männlichen Patienten nicht erlaubt, emotionelle Äußerungen erkennen zu lassen“ und der
„geringeren Bereitschaft der Männer, über eine Angst zu berichten“ 34
Verfälschungstendenzen bei Angstfragebögen:
Generell ist zu beachten, dass bei der Beantwortung von Fragebögen mit zwei
Beantwortungsstilen gerechnet werden muss, die zur Verfälschung des Ergebnisses beitragen
können. Dies ist einerseits die individuell unterschiedlich ausgeprägte Neigung, auf Fragen
gleichwelcher Art grundsätzlich zustimmend zu antworten, wobei diese Quelle der Verfälschung
bereits bei der Konstruktion des Fragebogens kontrolliert werden kann, indem etwa gleich viele
Fragen in Richtung Angst wie in Richtung Angstfreiheit gestellt werden.
Andrerseits bezieht sich eine weitere wichtige Verfälschungstendenz auf die individuellen
Unterschiede hinsichtlich der Neigung, sozial erwünschte Antworten zu geben. Dies bezieht sich
auf die Bereitschaft, Schwächen zuzugeben bzw. den Wunsch den herrschenden
gesellschaftlichen Idealen zu entsprechen, „(…) sie muss über den korrelativen Zusammenhang
zwischen dem jeweiligen Verfahren zur Angstmessung und einem Verfahren zur Messung der
sozialen Erwünschtheit erschlossen werden“ 35
33
vgl.: Lehnartz C.A.: Inaugural – Dissertation: Zahnbehandlungsangst und Zahnbehandlungsängstlichkeit unter
Berücksichtigung der Angstbewältigung im zahnärztlichen Notdienst, 2003
34
35
Lehnartz (2003); S.45
Sergl H.G., Müller – Fahlbusch H., Angst und Angstabbau in der Zahnmedizin; Quintessenz Verlags – GmbH,
1989; S.22
40
6.1.3 Angst und Compliance in der zahnärztlichen Behandlungssituation
Abbildung 6
Die Mitarbeit und das kooperative Verhalten des Patienten im Rahmen der zahnärztlichen
Therapie ist für den Behandler von großem praktischen Interesse. Unter dem Begriff Compliance
wird dieses Verhalten, einschließlich dem konsequenten Befolgen der ärztlichen Ratschläge,
zusammengefasst.
„Eine gute Arzt – Patienten – Beziehung spiegelt sich in einer guten Compliance als Messgröße
für die Effektivität der bestehenden Kommunikation. Als Compliance wird die Bereitschaft des
Patienten zur aktiven Mitwirkung an den vom Arzt vorgeschlagenen Maßnahmen bezeichnet.“ 36
Einerseits wird laut Krupka und Steiner die Bindung zum Zahnarzt durch die Zufriedenheit des
Patienten gefördert, andererseits wird darüberhinaus auch die ärztliche Leistung höher
eingeschätzt, wenn der Patient selbst in die Behandlungsplanung mit einbezogen wird.
Das Nichteinhalten von ärztlichen Ratschlägen bzw. die Nichterfüllung von therapeutisch
notwendigen Pflichten wird dementsprechend als Non-Compliance bezeichnet.
An eine gute Arzt – Patienten – Beziehung sind unweigerlich gewisse Erwartung von beiden
Seiten verknüpft, die an dieser Stelle stichwortartig erwähnt sein sollen:
36
Curriculum „Hypnose und Kommunikation“ 07 / Wien 18 / A2; 17. bis 18. 2. 2008; Ausbildungskurs 2 /
Grundlagen der ärztlichen Hypnose II; Referenten: Dr. Allan Krupka, Dr. Nick Steiner; S.2
41
Erwartung des Patienten:
Erwartung des Zahnarztes gegenüber
Patienten:
- Im Mittelpunkt stehen
- Ausreichend Zeit beanspruchen können
- Ungeteilte Aufmerksamkeit
- Individuelle Betreuung
- Als Mensch wichtig genommen werden
- Möglichkeiten, sich am Gespräch aktiv zu
beteiligen
- Aufklärung über Behandlung, erwartetes
Verhalten, erwartete Schmerzen
- Kontrolle der Situation
- Echtheit, Stimmigkeit, Umgangston wichtig
- Aufklärung über Schwierigkeiten oder
Nachteile
- Angstreduzierende Maßnahmen während der
Behandlung
- Behandlung (serfolg) liegt in
Verantwortlichkeit des Zahnarztes
- Positive Einstellung zur Mundgesundheit
- Realistische Erwartungshaltung
- Psychisch ausgeglichen
- „Angstfrei“
- Gute Compliance
Tabelle 7
In diesem Zusammenhang ist es unerlässlich, sich die Frage zu stellen, inwieweit
Zahnbehandlungsangst die Compliance bzw. Non – Compliance beeinflusst?
Im Rahmen einer Repräsentativerhebung Mitte der 70er Jahre in den Vereinigten Staaten wurden
7787 Personen mittels eines persönlichen Interviews zum Thema, inwiefern Angst das
Aufsuchen des Zahnarztes beeinflusst, befragt. Dabei gaben 18,1 % der Erwachsenen an, Angst
sei ein Hindernis für den Zahnarztbesuch. Interessant hierbei war die Tatsache, dass dabei der
Anteil der Frauen (21,1 %) gegenüber dem der Männer (13,8 %) deutlich überwog.
Bei der gleichen Fragestellung während derselben Erhebung für 1895 Kinder bis zu 13 Jahren
gaben deren Eltern in 5,1 % der Fälle an, dass Angst sie an einem zahnärztlichen Besuch
hindere. Hier waren jedoch eindeutig die Jungen (7,1 %) im Verhältnis zu den Mädchen (3,2 %)
überrepräsentativ. 37
Laut ähnlicher Studienergebnisse im Rahmen meiner Literaturrecherche (Schuurs et al., Gatchel
et al., Hällström und Halling, Todd et al., Keinknecht) bestätigte sich einerseits die Tatsache,
dass hohe Zahnarztangst die Patienten von einem regelmäßigen Zahnarztbesuch abhalte bzw. sie
zumindest dazu bringt, Termine aus Angst hinauszuschieben, andererseits belegten diese
37
vgl.: Becker, Huppmann u. Wilker in Sergl u. Müller – Fahlbusch, „Angst und Angstabbau in der Zahnmedizin“,
Quintessenz 1989; S.40f
42
Untersuchungen, dass Frauen viel häufiger Zahnarztangst angaben. Besonders bei Befragungen
im Wartezimmer berichtete Laux von einer Studie von Margraf – Stiksrud, nach der 37 % der
Frauen, aber nur 8 % der Männer in dieser Situation Angst angaben
Berichtet wurde jedoch auch vom Widerspruch, dass sich bei Frauen, trotz hoher
Zahnbehandlungsangst, in größerer Zahl eine gute Compliance hinsichtlich des präventiven
Zahnarztbesuches findet, wobei dies damit erklärt wurde, dass weibliche Patienten ihre Ängste
leichter eingestehen und größere Ansprüche hinsichtlich ihrer dentofacialen Ästhetik stellen.
Der Zusammenhang zwischen Behandlungsangst und störendem Patientenverhalten in der
Behandlungssituation hinsichtlich der Therapiekooperativität gilt als gesichert. Ingersoll
berichtete von einer vergleichbaren geschlechtsspezifischen Situation wie bei den Erwachsenen.
Mädchen beschreiben sich im Vergleich zu Jungen zwar als ängstlicher, sie sind während der
zahnärztlichen Behandlung jedoch keineswegs unkooperativer. 38
6.2
Zusammenhänge zwischen Angst und Schmerz
Laut einer Untersuchung von Klepac (1980), in der bis zu 77% der Patienten angaben, während
der Zahnbehandlung unter Schmerzen gelitten zu haben, wird angenommen, dass ängstliche
Patienten schmerzempfindlicher sind als wenig ängstliche Patienten. Bestätigt wird dies auch
durch eine Laborstudie von Hill (1952), in der gezeigt wurde, dass hoch ängstliche Patienten
Strahlungshitze und elektrische Reize als schmerzvoller empfanden als weniger Ängstliche und
durch Lautch (1971), der belegte, dass sich die Schmerzreizschwelle in Abhängigkeit von der
Angst der Probanden veränderte. 39 .
Es erscheint plausibel, dass sich Schmerzerleben und Angst auf Grund ihrer subjektiv
emotionalen Komponenten gegenseitig beeinflussen.
Diese Verbindung und gegenseitige Beeinflussung wurde von Müller – Fahlbusch (1991) auch
als „Angst – Schmerz – Spannungs – Syndrom“ bezeichnet.
Sogar medizinische Bildgebungsverfahren (funktionelle Magnetresonanztomografien = fMRT)
verdeutlichen den Zusammenhang zwischen Angst und Schmerz, indem sie quasi verbildlichen,
dass Angst und Furcht vor Schmerzen das Schmerzerleben stark beeinflussen können. Aus
folgender Untersuchung ging hervor, dass Schmerzen in Abhängigkeit von der Stärke der Angst
und Furcht unterschiedlich wahrgenommen und bewertet werden.
38
vgl.: Sergl H.G., Müller – Fahlbusch H., Angst und Angstabbau in der Zahnmedizin; Quintessenz Verlags –
GmbH, 1989
39
vgl.: Jöhren H.P., Sartory G.: Zahnbehandlungsangst – Zahnbehandlungsphobie: Ätiologie, Diagnose, Therapie;
Schlütersche GmbH & Co. KG – Verlag
43
In einer Studie aus den USA wurden mithilfe der fMRT die neurologischen Grundlagen dieser
Zusammenhänge und die dabei aktiven Hirnregionen identifiziert.
Während der fMRT wurden Probanden jeweils einem schmerzhaften und einem nicht –
schmerzhaften thermischen Reiz ausgesetzt, wobei anschließend die Gehirnaktivität bei beiden
Stimuli miteinander verglichen wurde. Zusätzlich wurde anhand von Fragebögen bei den
Patienten der Grad ihrer Angst und Furcht vor Schmerzen bestimmt.
Als Ergebnis dieser Studie war der Grad ihrer Furcht vor Schmerzen eindeutig verknüpft mit
Aktivität im anterioren und posterioren cingulären Cortex. Diese Regionen des Gehirns
korrelieren mit der Bewertung von emotionalen und externen Stimuli, wobei diese Tatsache von
den Autoren damit erklärt wurde, dass Menschen mit großer Furcht vor schmerzhaften
Erlebnissen den Schmerzreizen eine erhöhte Aufmerksamkeit schenkten.
Eine verstärkte Aktivität im Gehirn abhängig von der Furcht vor Schmerzen konnte im rechten
lateralen orbitalen präfrontalen Cortex, wo mögliche affektive Reaktionen auf den Schmerzreiz
bewertet und gesteuert werden, gefunden werden.
Anhand der Untersuchung bestätigte sich außerdem, dass mit der Ängstlichkeit der Patienten bei
Schmerzen die Aktivität im medialen präfrontalen Cortex verknüpft war. Diese Region des
Gehirns wird in Zusammenhang mit der auf sich selbst bezogenen Aufmerksamkeit gesehen,
woraus der Schluss folgt, ängstliche Personen scheinen ihren inneren Zustand stärker zu
überwachen. 40
Abbildung 7
40
Quelle der amerikanischen Studie mithilfe der fMRT:
Ochsner K N, Ludlow D H, Knierim K, Hanelin J, Ramachandran T, Glover G C, Mackey S C: Neural correlates of
individual differences in pain-related fear and anxiety. Pain 120 (2006) 69-77
http://www.problemkreis-sad.de/1931_DEU_HTML.asp
http://www.dr-rgmueck.de/Wissenschaftsinfos/SAD/Bildgebung-Schmerz-Angst.htm
44
6.2.1 Definition und physiologische Grundlagen des Schmerzes
Bradley hat 1995 versucht, den Begriff „Schmerz“ zu definieren (International Association for
the study of pain 1979):
Bei Schmerzen handelt es sich immer um eine unangenehme Empfindung oder emotional
gefärbte Erfahrung, die mit einer Gewebezerstörung verbunden ist oder mit Eigenschaften einer
möglichen Zerstörung umschrieben wird, wenn es sich um einen chronischen Schmerz handelt.
Schmerz ist stets subjektiv, eine ganz persönliche Erfahrung und der Maßstab für die subjektive
Schmerzbewertung wird von der Schmerzerfahrung der Person in der Vergangenheit bestimmt.
Da der Schmerz eine ausgeprägte emotionale Komponente beinhaltet, ist es unmöglich zwischen
dem Schmerz durch akute Gewebszerstörung und dem, der nicht auf eine Verletzung
(chronischer Schmerz) beruht, zu differenzieren.
Schmerz kann man als Ergebnis der Reizung eines Schmerzrezeptors verstehen, doch ist der rein
physiologische Vorgang der Schmerzentstehung als Aktivität in den Nozizeptoren und
Schmerzbahnen (Schmerzrezeption) nicht mit dem empfundenen Schmerz (Schmerzperzeption)
gleichzusetzen. 41
Aus der Literatur geht hervor, dass die Existenz von spezifischen Schmerzrezeptoren lange Zeit
angezweifelt wurde. Die rein physiologische Betrachtungsweise reichte nicht aus, um die oben
erwähnte subjektiv – perzeptive Komponente des Schmerzes im Gegensatz zu unseren anderen
Sinnesmodalitäten zu erklären.
Erst die sogenannte „Gate – Control – Theorie“ von Wall und Melzack (1965) machte es
möglich, beide Ansätze des Schmerzverständnisses in eine Theorie zu integrieren, die
berücksichtigt, dass es verschiedene psychologische Einflüsse gibt, die das individuelle
Schmerzerleben beeinflussen können. Zu diesen Einflüssen zählen zum Beispiel
Erfahrungswerte aus der Vergangenheit, kulturelle Faktoren, das Prinzip des Modelllernens etc.
41
vgl.: Jöhren H.P., Sartory G.: Zahnbehandlungsangst – Zahnbehandlungsphobie: Ätiologie, Diagnose, Therapie;
Schlütersche GmbH & Co. KG – Verlag; 2002
45
Abbildung 8: Gate – Control - Mechanismus
S = spinale Afferenzen
SG = spinales Tor
T = Transmissionszellen
Die „Gate – Control – Theorie“ besagt, dass in den Hinterhörnern des Rückenmarks die
Aktionspotentiale afferenter spinaler Neurone (S) durch einen Gate – Mechanismus moduliert
werden können, das Tor durch langsam leitende Fasern von Nozizeptoren geöffnet wird und
durch schnell leitende Fasern, die mechanische, schmerzlose Reize übertragen, geschlossen
werden kann (Antagonismus der „dünnen“ und der „dicken“ Fasern). Der Gating – Mechanismus
(SG) kann darüber hinaus durch absteigende Nervenimpulse vom Cerebrum moduliert werden.
…alle sensorischen Afferenzen projizieren, der Theorie zufolge, teils direkt (C-Fasern), teils mit
Kollateralen der Hinterstrangaxone (A-Fasern) auf die hypothetischen Transmissionszellen (T).
Deren Entladungsrate stellt dann das Ergebnis der bahnenden und hemmenden Entladungsrate
der beiden antagonistischen Fasern dar und führt zu einer schmerzhaften oder einer anderen
Sensation. Diese Theorie vermag zu erklären, warum taktile Reize helfen können, einen akut
empfundenen Schmerz zu lindern….
„Die „Gate – Control – Theorie“ nach Melzack und Wall (1965) weist darauf hin, dass der
subjektiv empfundene Schmerz keine objektiv messbare Größe darstellt, sondern verschiedenen
Modifikationsmöglichkeiten, vor allem im Bereich der Substantia gelatinosa des Hinterhorns,
unterliegt.“ 42
42
Kreyer G., Grundlagen der klinischen Dentalpsychologie;
Facultas Universitätsverlag, 2004; S.74
46
Die Schmerzwahrnehmung setzt sich nach dieser Theorie demnach zusammen aus dem
auslösenden Reiz und psychologischen Aspekten der Schmerzverarbeitung, deren Qualität und
Intensität von der individuellen Vorerfahrung und dem aktuellen psychophysischen Zustand des
Patienten abhängig ist.
6.2.2
Messung und diagnostische Kriterien des Schmerzempfindens in Zusammenhang
mit Zahnbehandlungsangst
Obwohl der technische Fortschritt uns Zahnärzten es heutzutage ermöglicht, den Patienten
weitgehend schmerzfrei zu therapieren, finden sich in der Literatur immer wieder gegenteilige
Angaben der Patienten. „Dabei wird in der Regel angenommen, dass ängstliche Patienten
schmerzempfindlicher sind (…), weil sich Schmerzerleben und Angst auf Grund ihrer subjektiv
emotionalen Komponenten beeinflussen können.“ 43
Der Zusammenhang von Angst und Schmerzempfinden ist bis heute nicht eindeutig geklärt.
1998 erforschte Jöhren in einer eigenen experimentellen, algesimetrischen Untersuchung an 102
Probanden mittels eines elektrischen Pulpareizgerätes die sogenannte Empfindungsreizschwelle
bei einer sich langsam steigernden Stromstärke an gesunden, oberen Inzisivi.
Diese erste Empfindung unterschied sich deutlich von der darüber liegenden
Schmerzreizschwelle, die bei den Probanden erst bei höheren Stromstärken provoziert werden
konnte. Neben dieser Erfassung der Empfindungsreizschwelle wurde nun als zusätzlicher
Parameter die Zahnbehandlungsangst nach Corah (1969) über einen Fragebogen erfasst, der die
Einteilung von wenig über mittelmäßig bis hoch ängstlich ermöglichte.
Die Ergebnisse dieses Vorgehens bestätigten, dass ängstliche Patienten den gleichen
Schmerzreiz als schmerzhafter empfinden als nicht ängstliche Patienten, wobei sich die
Empfindungsreizschwelle bei stärkerer Angst aber nicht verschiebt.44
43
Jöhren H.P., Sartory G.: Zahnbehandlungsangst – Zahnbehandlungsphobie: Ätiologie, Diagnose, Therapie;
Schlütersche GmbH & Co. KG – Verlag; 2002; S.25
44
vgl.: Jöhren, Sartory (2002)
47
6.2.3 Genderorientierte Aspekte von subjektivem Schmerzempfinden bei zahnärztlichen
Behandlungsmaßnahmen in Verbindung mit Zahnbehandlungsangst
Laut einer Studie nach Gleissner zufolge am Klinikum der Johannes Gutenberg-Universität
Mainz wurden neben der Verstärkung des subjektiven Schmerzempfindens durch Zahnarztangst,
eindeutige geschlechtsspezifische Unterschiede in der Prävalenz und dem Ausmaß von
Zahnbehandlungsangst und der Angst vor zahnärztlichen Maßnahmen bestätigt.
Für diese Untersuchung füllten 398 Patienten aus der Zahnarztpraxis (156 m/242 w, 39,9 ± 12,8
Jahre alt) einen dreiseitigen Fragebogen aus (demographische Variablen, Regelmäßigkeit des
Zahnarztbesuches, Schmerzmittelkonsum, Angst vor der zahnärztlichen Behandlung und
Bewertung der Schmerzintensität zahnärztlicher Behandlungsmaßnahmen auf einer Likert-Skala
(ein nach Likert benanntes Skalierungsverfahren in der empirischen Sozialforschung zur
Messung von persönlichen Einstellungen: 1 = überhaupt nicht schmerzhaft bis 5 = nicht zu
ertragen).
Die Zahnarztangst wurde mithilfe der Dental Anxiety Scale (DAS) und des Dental Fear Survey
(DFS) gemessen.
Die Ergebnisse der Studie zeigten signifikant höhere Mittelwerte von DAS und DFS bei Frauen
als bei Männern. Bei beiden Geschlechtern waren DAS und DFS eindeutig korreliert mit dem
Schmerz, der bestimmten Behandlungsmaßnahmen zugeschrieben wurde, wobei die
wahrgenommene Schmerzintensität zahnärztlicher Maßnahmen bei Patienten, die angaben, sehr
ängstlich zu sein oder den Zahnarzt nur selten aufsuchten signifikant höher war. Aus der
Untersuchung ging auch hervor, dass das männliche Geschlecht die zahnärztliche Behandlung
tendenziell schmerzhafter bewerteten als Frauen. 45
6.2.4 Möglichkeiten der Schmerzreduktion
Jöhren und Sartory unterscheiden im Rahmen ihres therapeutischen Behandlungskonzeptes der
Zahnbehandlungsangst und der Zahnbehandlungsphobie primär anxiolytische Verfahren (siehe
dazu Kapitel 6.6.2) und primär schmerzreduzierende Verfahren. 46
Zu den primär schmerzreduzierenden Methoden zählen einerseits medikamentöse Verfahren
wie Lokalanästhesie und Narkose, andererseits nicht medikamentöse Verfahren wie
Audioanalgesie, TENS, Akupunktur, Hypnose etc.
Diese Methoden kommen hauptsächlich bei normal ängstlichen Patienten zum Einsatz, wobei
ihre Anwendung durch den Umfang der zahnärztlichen Therapie und somit durch das Ausmaß
der zu erwartenden Schmerzen bestimmt wird.
45
vgl.: Studie: „Geschlechtsspezifische Aspekte von Zahnarztangst und subjektivem Schmerzempfinden bei
zahnärztlichen Behandlungsmaßnahmen“ am Klinikum der Johannes Gutenberg-Universität Mainz (Zahnerhaltung,
Priv. Doz. Dr. Dr. Christiane Gleissner) http://www.dgz-online.de/dgz_tagung_2008.pdf69
46
vgl.: http://www.oralophobia.de/artikel3.htm 48
Medikamentöse Verfahren:
Zur Schmerzausschaltung stehen in der Zahnheilkunde die Leitungs – und Infiltrationsanästhesie
zur Verfügung, wobei vor allem bei Kindern und Patienten, die vor der Injektion Angst haben,
eine Oberflächenanästhesie vor dem Einstich empfehlenswert hilfreich ist. Zu diesem Zweck
können Benzocainsalben (20%ig) in verschiedenen Geschmacksrichtungen oder flüssige
Anästhesiesprays verwendet werden. Sie sollte jedoch nicht direkt auf die Schleimhaut gespritzt
werden, sondern auf einen Watteträger, der dann auf die Schleimhaut gelegt wird, wobei vor der
Injektion mindestens 1 Minute gewartet werden sollte.
Eine geringere Schmerzperzeption während des Einstichs wird auch durch Ausübung von Druck
mit dem Mundspiegel an der prospektiven Einstichstelle unmittelbar vor der Injektion erreicht.
Durch den Druck direkt vor der Anästhesie wird der Patient von dem Einstichschmerz kurz
abgelenkt und die Reizung der Mechanorezeptoren in der Umschlagfalte vermindert zentral die
Schmerzperzeption verursacht durch den Einstich, wobei als Erklärung für diesen Mechanismus
die Gate – Control – Theorie herangezogen werden kann (siehe S.44).
In der Literatur wird vielfach erwähnt, dass sich viele Patienten oft nicht vor dem Einstich,
sondern aufgrund ihrer Erfahrung vor dem tauben Gefühl in der Zunge oder Lippe, häufig
verbunden mit Schluckproblemen nach einer Leitungsanästhesie fürchten. Daher sollte bei guter
Mundhygiene auch die Möglichkeit einer intraligamentären Anästhesie in Betracht gezogen
werden. In diesem Zusammenhang wird der Einsatz von Injektionsgeräten (z.B. „CitoJect“ der
Firma Heraeus-Kulzer, siehe Abb. 7; „UltraJect“ der Firma Aventis), die wenig Ähnlichkeit mit
der herkömmlichen Spritze haben, häufig als sehr nützlich angeführt.
Abbildung 9
Diese Injektionsgeräte haben den Vorteil, dass die Druckkraft auf 100 N begrenzt ist und somit
eine Traumatisierung des umliegenden Gewebes und ein Zerspringen der
Lokalanästhesieampullen bei dem hohen Druck während der Injektion verhindert wird. Die
Dosierung ist auf 0,2 ml Lokalanästhetikum pro Hub eingestellt, außerdem eignen sich diese
Geräte auch zur herkömmlichen Infiltrationsanästhesie. 47
Eine Behandlung von Patienten mit Zahnbehandlungsphobie unter Allgemeinanästhesie setzt ein
47
vgl.: Jöhren H.P., Sartory G.: Zahnbehandlungsangst – Zahnbehandlungsphobie: Ätiologie, Diagnose, Therapie;
Schlütersche GmbH & Co. KG – Verlag; 2002 49
ausführliches Informationsgespräch bezüglich Ätiologie der Angst bzw. aller zur Verfügung
stehenden anxiolytischen Verfahren (siehe S.77: Anxiolysekonzept nach Kreyer) voraus, denn es
gilt zu bedenken, dass der Angstpatient durch eine Behandlung in Narkose in seinem
Vermeidungsverhalten unterstützt wird. – Eine Behandlung in Allgemeinanästhesie, während der
im Gegensatz zur Prämedikation und Analgosedierung das Bewusstsein und die
Schmerzempfindung vollständig ausgeschaltet und die vegetativen Reflexe gedämpft werden,
sollte dem Patienten bei einem Misserfolg der alternativen Therapien als ultima ratio zur
Verfügung stehen.
Die ambulante Durchführung einer zahnärztlichen Therapie unter Allgemeinanästhesie umfasst
folgende strenge Indikationsliste:
9 Angststörungen in Verbindung mit einer erforderlichen Notfallbehandlung
9 Angststörungen in Verbindung mit multiplen Extraktionen oder Osteotomien
9 Behandlungsunwilligkeit trotz versuchter psychologisch unterstützter Führung des
Patienten
9 Ablehnung einer Behandlung unter Analgosedierung
9 Altersbedingte Trotzphase von Kleinkindern
9 Versorgung zerebral Behinderter mit eingeschränkter oder fehlender Kooperation
9 Abnormer Würgereiz
9 Keine Eignung des geplanten operativen Eingriffes für ein Lokalanästhesieverfahren:
- Kontraindikationen aufgrund von systemischen Erkrankungen
- entzündliche Prozesse mit zu erwartender unzureichender Schmerzausschaltung
- ausgedehnte Sanierungen etc.
Kontraindikationen liegen vor, wenn:
50
9 der Patient, bzw. sein Betreuer, nicht in eine Narkose einwilligt
9 eine postnarkotische Betreuung nicht gewährleistet ist
9 der Patient die Nahrungskarenz (Erwachsene 6 Stunden, Kleinkinder 4 Stunden) nicht
eingehalten hat
9 das Narkoserisiko beurteilt durch den Anästhesisten aufgrund internistischer
Begleiterkrankungen zu hoch ist
9 bei Wahleingriffen eine akute, fiebrige Infektion vorliegt
9 eine Intubation nicht möglich ist
9 Immobilität vorliegt (z.B. Tetraplegiker).
Weiters gelten folgende Richtlinien:
Anästhesiologische Kriterien für ambulante Operationen:
9 OP-Dauer maximal 60-90 Minuten
9 minimales Blutungsrisiko (die Wahrscheinlichkeit einer transfusionspflichtigen Blutung
sollte unter 1% liegen)
9 keine Laparotomie (außer Herniotomie), keine intrathorakalen und intrakraniellen
Eingriffe
9 keine Eingriffe mit voraussehbarer Beeinträchtigung der Vitalfunktionen
9 Beschränkung auf etablierte OP-Techniken
9 Operationen mit erhöhtem Blutungsrisiko sowie Eingriffe, die eine postoperative
parenterale Ernährung (z.B. abdominalchirurgische Eingriffe) erfordern, werden
aufgrund der damit verbundenen Risiken nicht ambulant durchgeführt.
9 Chirurgische Eingriffe mit einer Operationsdauer von mehr als zwei Stunden und einem
vorhersehbaren starken Analgetikabedarf sind als grenzwertig einzustufen.
9 Die Voruntersuchungen werden von Hausarzt, Operateur und Anästhesisten in
Zusammenarbeit veranlasst bzw. durchgeführt.
51
9 Die Beurteilung der Narkosefähigkeit, die Freigabe für die Narkose und die Wahl des für
den Eingriff angemessenen Anaesthesieverfahrens fallen grundsätzlich in den
Verantwortungsbereich des Anästhesisten.
9 Die „Deutsche Gesellschaft für Mund-, Kiefer und Gesichtschirurgie“ stellt weiter fest,
dass eine Allgemeinanästhesie nur indiziert ist, wenn eine andere Art der
Schmerzausschaltung nicht möglich ist und dass es psychische Erkrankungen und
Behinderungen gibt, die eine Narkosebehandlung erfordern.
Was muss der zahnärztliche Behandler tun?
Besteht die Vermutung, dass ein Patient unter Oralophobie leidet, so sollte dies unbedingt
durch den Einsatz der spezifischen Fragebögen verifiziert und dokumentiert werden.
Liegt dann eine Narkoseindikation nach ICD10-GM-F40.2 (Oralophobie) vor, so sollte
der Behandler zu seiner Sicherheit diese Diagnose durch einen Facharzt für
Psychotherapeutische Medizin oder einen klinischen Psychologen bestätigen lassen.
Ist der Patient nach den Indikationskriterien (s.o.) nicht zu behandeln, so ist eine Narkose
indiziert. 48
Dem Wunsch eines Patienten mit Zahnbehandlungsangst bzw. Zahnbehandlungsphobie nach
einer Behandlung unter Allgemeinanästhesie sollte also ausschließlich bei Vorliegen der
richtigen oben genannten Indikationen folge geleistet werden, da nicht zuletzt im Hinblick auf
juristische Anforderungen der Entscheidung strenge Maßstäbe zugrunde liegen müssen.
48
vgl.: http://www.oralophobie.de/cgi-bin/macher_pub_fachinfo.pl?rubrik=4
52
Nicht medikamentöse Verfahren:
Vor allem Patienten mit einer isolierten Spritzenphobie fordern eine Alternative zur lokalen
Anästhesie, da bei diesen Menschen die Angst vor dem Einstich der Spritze eine wesentliche
Rolle spielt. In der Literatur wird vielfach der Einsatz von Audioanalgesie, Akupunktur und die
transkutane Elektronervenstimulation (TENS) hinsichtlich ihres analgetischen Effektes
untersucht.
Die transkutane elektrische Nervenstimulation (TENS) stellt eine nicht invasive Methode zur
Schmerzbeeinflussung dar, wobei die elektrische Stimulation hierbei unspezifisch mittels zweier
oder mehrerer Plattenelektroden erfolgt. Diese werden nach festgelegtem Muster auf die Haut
aufgebracht, die benötigten Ströme werden durch kleine batteriebetriebene Geräte generiert und
sind je nach Art der Schmerzen nieder – oder hochfrequent. 49
Abbildung 10
„Erhöhungen der Empfindungsreizschwelle nach pulpaler elektrischer Reize an Zähnen konnten
unter TENS (Wilder – Smith 1990, Jöhren 1998), Akupunktur (Mumford 1973, Kampik 1991)
und Audioanalgesie (Weißenborn 1985, Standley 1986, Klages 1998) beobachtet werden.“ 50
Trotz dieser Beobachtungen besteht bis heute keine Einigkeit darüber, ob es sich bei der
Dämpfung der Schmerperzeption durch die oben angeführten Verfahren um einen
Ablenkungseffekt von den Umgebungsgeräuschen und Schmerzen der Behandlung, um einen
Placeboeffekt oder um eine Art der Hypnose oder Entspannungstechnik handelt. Erschwerend
kommt hinzu, dass die wenigsten Studien den komplizierten Aufbau des schmerzverarbeitenden
Systems berücksichtigen und ein unsicherer Umgang mit den eindeutig definierten Begriffen wie
Analgesie, Anxiolyse, Schmerzrezeption und Schmerzperzeption herrscht. Nahezu alle Studien
belegen, dass bei Betrachtung der einzelnen Probanden die Wirksamkeit von TENS
interindividuell schwankt.
49
vgl.: Jöhren H.P., Sartory G.: Zahnbehandlungsangst – Zahnbehandlungsphobie: Ätiologie, Diagnose, Therapie;
Schlütersche GmbH & Co. KG – Verlag; 2002
50
vgl.: http://www.oralophobia.de/artikel3.htm
53
Jöhren und Sartory (2002) empfehlen die Verwendung intraoraler Elektroden, da diese in
verschiedenen Untersuchungen (Buddenberg 1994, Rahn et al 1996, Jöhren 1998) eine bessere
Wirksamkeit der TENS zur Beeinflussung akuter Schmerzen während der Zahnbehandlung im
Gegensatz zu den extraoralen Klebeelektroden zeigen. Als Grund hierfür werden die geringeren
erforderlichen Spannungsamplituden, um die gleiche intraorale Empfindung zu produzieren,
genannt.
„Die transkutane elektrische Nervenstimulation (TENS) in Verbindung mit der intraoralen
Ringelektrode erhöht bei akuten elektrischen Schmerzreizen die Vorschmerzreizschwelle um
30 %. Diese eher moderate Erhöhung der Empfindungsreizschwelle spricht lediglich für einen
hypalgetischen Effekt der TENS. Eine vollständige Analgesie (…) kann mit TENS nicht erreicht
werden.“ 51
Generell gilt die oben genannte Methode zur Schmerzreduktion als unterstützende Behandlung
von ängstlichen Patienten als empfehlenswert, stellen jedoch keine Alternative zur
Lokalanästhesie dar und sind als alleinige Verfahren bei Patienten mit Zahnbehandlungsphobie,
die eine sichere Schmerzausschaltung fordern, abzulehnen.
Die TENS stellt nach Kreyer eine Technik seines Konzeptes der „Integrativen Anxiolyse“ (siehe
S.77) dar, mit der es in vielen Fällen gelinge, das subjektive Schmerzempfinden auf
nichtinvasive Weise zu reduzieren.
Unter Audioanalgesie wird die Beeinflussung der Schmerzperzeption durch die Besetzung der
Hörbahn verstanden (Weißenborn 1985), wobei Gardner und Licklider 1959 als erster diesen
Begriff verwendeten. Allererste Hinweise auf die Verwendung von Musik im Rahmen einer
Narkoseeinleitung gibt es bereits durch Kronfeld im Jahre 1901. Im deutschsprachigen Raum
kam es durch Herrmann in den 60er Jahren zum Einsatz der Audioanalgesie bei kleineren
zahnärztlichen Eingriffen wie Füllungstherapie und Zahnsteinentfernung, der hierbei eine
Verlängerung der Reaktionszeiten nach einem optischen Reiz bemerkte und somit den Schluss
zog, dass Audioanalgesie über Ablenkung wirken müsse. Auch Barlett (1967) teilte diese
Meinung, dass diese Methode über Suggestion und Ablenkung zu erklären sei.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die in der Literatur beschriebenen Meinungen über die
Effektivität der Methode der Audioanalgesie mittels Musik oder Geräuschen zum Verdecken des
Turbinengeräusches und ihren Wirkmechanismen weit auseinander gehen. Darüberhinaus finden
sich auch unterschiedliche Hinweise bezüglich der zu verwendenden Lautstärke. Obwohl bis
heute keine Einigkeit darüber herrscht, ob es sich bei dieser Methode der Dämpfung der
Schmerzperzeption unter Musik um einen Placeboeffekt, um einen Ablenkungseffekt von den
Umgebungsgeräuschen oder um eine Spielart der Hypnose und Entspannung handelt, stellt die
Audioanalgesie dennoch eine praxisrelevante Methode dar, die sich mit einfachen Mitteln
umsetzen lässt. Audioanalgesie wird zur unterstützenden Behandlung von ängstlichen Patienten
51
Jöhren H.P., Sartory G.: Zahnbehandlungsangst – Zahnbehandlungsphobie: Ätiologie, Diagnose, Therapie;
Schlütersche GmbH & Co. KG – Verlag; 2002; S.86
54
empfohlen, ihr alleiniger Einsatz bei Patienten mit Zahnbehandlungsphobie ist jedoch
abzulehnen. 52
Kreyer beschreibt die Audio – Analgesie gleich wie die TENS als eine der Stufen in seinem
Schema der „Integrativen Anxiolyse“ (siehe S.77) folgendermaßen:
„Das Prinzip der Audio – Analgesie beruht (…) einerseits auf der Blockade und Defokussierung
negativer Sinneseindrücke durch dominierende, bewusst herbeigeführte positive Eindrücke
sowie andererseits auf der Kupierung emotional negativ besetzter akustischer Reize.“ 53
Bereits 1954 konnten durch Ellis und Brighouse der Nachweis gebracht werden, dass
insbesondere rhythmische Musik respirationsfördernd wirke und vor allem melodische Musik zu
einer Abnahme der Atemfrequenz und zu psychophysischen Entspannung im Sinne eines
Biofeedbacks führe.
Die Akupunktur ist ein Behandlungskonzept der traditionellen chinesischen Medizin, die auf
der Lehre von Yin und Yang basiert. Erst später wurde diese durch die Fünf-Elemente-Lehre und
der Lehre von den Meridianen ergänzt. Die Akupunktur kennt drei Verfahren:
1. Einstechen von Nadeln in die Akupunkturpunkte
2. Erwärmen der Punkte (Moxibustion)
3. Massage der Punkte (Akupressur)
In der Akupunktur, einer Umsteuerungs – und Regulationstherapie, werden rund 400
Akupunkturpunkte benutzt, die auf den so genannten Meridianen angeordnet sind. Man kennt
heute das vereinfachte Modell von zwölf Hauptmeridianen, die jeweils spiegelbildlich auf beiden
Körperseiten paarig angelegt sind. Ergänzt wird dieses Modell durch acht Extrameridiane und
eine Reihe von sogenannten Extrapunkten. Laut dem Glauben vieler Vertreter der traditionellen
chinesischen Medizin wird durch das Einstechen der Nadeln der Fluss des Qi (Lebensenergie)
beeinflusst, was jedoch nicht wissenschaftlich bewiesen ist. 54
Die Akupunktur konnte sich allerdings trotz erfolgreicher Fallberichte in Europa aufgrund
fehlender klinisch kontrollierter Studien bis heute nicht als Methode zur Lokalanästhesie oder
zur Allgemeinanästhesie durchsetzen. Auch in der Zahnheilkunde sind bisher keine
kontrollierten Studien bekannt, die den Einsatz der Akupunktur als Alternative zur
Lokalanästhesie empfehlen. Jöhren und Sartory (2002) untersuchten in einer experimentellen,
algesimetrischen Studie an 24 Probanden, ob die pulpale Empfindungsreizschwelle an gesunden
52
vgl.: Jöhren, Sartory (2002)
53
Kreyer G., Grundlagen der klinischen Dentalpsychologie;
Facultas Universitätsverlag, 2004; S.96
54
vgl.: http://de.wikipedia.org/wiki/Akupunktur 55
Frontzähnen mittels Körperakupunktur erhöht werden kann. Aufgrund der Ergebnisse ihrer
Untersuchung empfehlen sie, dass die Akupunktur, trotz nachweislich deutlicher Erhöhung der
Empfindungsreizschwelle, die offensichtlich nicht nur auf einem Placeboeffekt beruht, keine
Alternative zur Lokalanästhesie darstellen kann.
Jöhren und Sartory (2002) geben hierfür 3 Begründungen an:
¾ Es ist eine verhältnismäßig lange Latenz bis zum Wirkungseintritt erforderlich.
¾ Der Therapeut muss in der Technik der Akupunktur erfahren sein.
¾ Die schmerzbeeinflussende Wirkung der Akupunktur fällt unterschiedlich stark
aus und ist bei Non – Respondern nicht vorhanden.
6.3
Arzt – Patienten - Kommunikation im Sinne des „ ärztlichen Gespräches“
Eine befriedigende Patient-Arzt-Beziehung sollte von gegenseitigem Vertrauen und
ausreichendem gegenseitigem Informationsfluss gekennzeichnet sein. Zu bedenken gilt, dass
hierbei die fachliche Beziehung in jedem Fall asymmetrisch bleibt, obwohl rechtlich gesehen der
Patient jedoch jederzeit vom Selbstbestimmungsrecht Gebrauch machen kann.
Der behandelnde Arzt sollte sich stets der Tatsache bewusst sein, dass die Qualität der Anamnese
und der Therapie deutlich steigen, wenn sich der Patient nicht ausgeliefert, sondern verstanden
fühlt und somit auch Therapievorschläge besser akzeptieren werden.
Zu bedenken gilt auch, dass nicht selten vorhandene Angst des Zahnarztes vor seinem
schwierigen Patienten im Sinne der Übertragung ein konstruktives Arzt – Patienten – Verhältnis
bzw. eine entspannte Behandlungssituation verhindern kann.
6.3.1 Der Stellenwert der Kommunikation und Interaktion in der zahnärztlichen
Versorgung
Allein durch eine offene und umfassende Kommunikation bei allen Behandlungsschritten kann
der Zahnarzt einen großen Teil dazu besteuern, dass die Patienten ohne Vorbehalte in die Praxis
kommen. „"90 Prozent der Zahnarzt-Ängste können durch einen guten Umgang des Zahnarztes
mit dem Patienten abgebaut werden", sagt der Psychologe Prior.“ (Deutsche Ärzte Zeitung vom
20.12.2005; „Wenn die Angst vor dem Zahnarzt zur Krankheit wird“, von Gerullis)
56
Laut Patientenbefragungen bezogen auf ihre Zufriedenheit mit bestimmten Verhaltensweisen
ihres zahnärztlichen Behandlers wurde deutlich, dass „ein wichtiger Faktor für die Zufriedenheit
der Patienten eine Kommunikation des Zahnarztes ist, die einen akzeptierenden und sorgenden
Charakter hat, obwohl auch dadurch die Angst noch nicht maßgeblich reduziert wurde“. 55
Enkling et al. beschrieb anhand einer aktuellen Umfrage in Bochum durch ein unabhängiges
Institut, das mittels eines semistrukturierten Interviews feststellte, dass 70 Prozent der 300
Befragten Angst vor der Zahnbehandlung empfinden, die geforderten Verhaltensweisen des
Zahnarztes zum Abbau von Anspannung und Angst:
69 % der Patienten forderten genaueste Information über Länge, Art und Dauer der Behandlung,
für 62% der Befragten war es wichtig, dass der Behandler menschliche Wärme ausstrahlt, 58 %
forderten eine schmerzfreie Behandlung, 53 % gaben an, dass sie vom Zahnarzt Hilfestellung zur
Beruhigung und Entspannung erwarten und 45 % der Patienten wollen mit dem Arzt über ihre
Angst reden.
Diese Zahlen bestätigen erneut die Dringlichkeit der Kommunikation neben kompetenter
Information, Zuwendung und Wertschätzung des anderen. 56
Weiters geben viele Autoren die Empfehlung ab, den Patienten, lässt sich ein Schmerz nicht
vermeiden, unbedingt über die Intensität und Dauer der zu erwartenden Schmerzen aufzuklären,
wobei es ganz entscheidend ist, sich der Sprache des Patienten anzupassen und verständlich zu
erklären. Unwahrheit bezüglich der bevorstehenden Therapie oder ein Überraschungsangriff
wird von den meisten Angstpatienten und Kindern als Vertrauensbruch gewertet und beeinflusst
nachhaltig die Arzt – Patienten – Beziehung und somit den weiteren therapeutischen Erfolg.
Im zahnärztlichen Gespräch mit dem Patienten gilt zu bedenken, dass dies ein komplexes
Geschehen darstellt, das einerseits mehrere Aufgaben (Anamneseerhebung, Mitteilung von
allgemeinen und spezifischen Informationen, Aufklärung hinsichtlich geplanter Eingriffe und
Behandlungsprozeduren etc.) erfüllen soll und andererseits auf verschiedenen Ebenen (verbale
und nonverbale Kommunikationsebene) abläuft.
Untersuchungen bestätigen, dass Behandler mit sicherem Auftreten, die Information klar, aber
mit emotionalem Einfühlungsvermögen vermitteln, die besseren Behandlungserfolge erzielen.
Insbesondere bei komplexen Beschwerdebildern und bei der Führung von Patienten mit starken
Ängsten ist eine gelungene zahnärztliche Gesprächsführung besonders hilfreich. 57
55
Sergl H.G., Müller – Fahlbusch H., Angst und Angstabbau in der Zahnmedizin; Quintessenz Verlags – GmbH,
1989; S.71
56
vgl.: http://www.zm-online.de/m5a.htm?/zm/12_05/pages2/zmed1.htm
57
vgl.: http://www.zm-online.de/m5a.htm?/zm/22_06/pages2/zmed4.htm 57
Kreyer (2004) stellt das ärztliche Gespräch als primären Schwerpunkt seines
„Anxiolysekonzeptes“, auf das ich noch zu einem späteren Zeitpunkt näher eingehen werde, vor
(siehe S.: 77). Obwohl in einer unter Zeitdruck stehenden Zahnarztpraxis es sich hierbei meist
um kurze Konversationen handelt, sollte sie auf der Form der passiven Gesprächstherapie, dem
„lenkenden Zuhören“ beruhen, um unter anderem sogenannte „Angsttrigger“ aufzudecken und
„die zunächst unbewusste, unkontrollierte Angst des Patienten allmählich in Furcht
umzuwandeln, mit der der Patient in der Lage ist, sehr viel besser umzugehen und die er vor
allem auch selbst bekämpfen kann“. 58
Außerdem gilt es zu bedenken, dass eine ungenügende Arzt – Patienten – Kommunikation ganz
gravierenden Einfluss auf die Compliance bis hin zu forensischen Konsequenzen hat.
6.4
Grundprinzipien der Gesprächsführung
Das zahnärztliche Gespräch ist ein zentrales Element in der Begegnung zwischen Patient und
Zahnarzt und trägt ganz wesentlich zur Art der Beziehung zwischen beiden bei.
Durch den Zahnarzt erfolgt mittels Kommunikation mit dem Patienten unter anderem die
Anamnese, Diagnostik und Therapie durch Informationsübermittlung. Dabei zeigt der Arzt in
jeder Phase seine Verantwortung durch die aktive Gestaltung des Gespräches.
Im Zusammenhang mit der Fragestellung der Zahnbehandlungsangst in meiner Diplomarbeit ist
hierbei das Erfassen negativer Vorerfahrungen bei zahnärztlichen Eingriffen und einer erhöhten
Ängstlichkeit von besonderer Bedeutung. Weitere wichtige Informationen wie
„psychosomatische Vorgeschichte“ und das Erfassen des Vorliegens einer psychischen
Komorbidität helfen, spätere Gespräche zu strukturieren und auch zu verkürzen, da somit rascher
auf Fragen des Patienten eingegangen werden kann.
Ein Gespräch integriert stets die Sach – und Beziehungsebene bzw. beinhaltet verbale und
nonverbale Kommunikation. Das Zahnarzt – Patienten – Gespräch ist ein eher hierarchisch
geordnetes, asymmetrisches Gespräch, in dem es eine untergeordnete und eine dominierende
Person gibt, wohingegen bei einer symmetrischen, gleichberechtigten Kommunikation die
Gesprächspartner Rollen einnehmen, die auf Gleichheit beruhen.
Diese Rahmenbedingung legt Verantwortlichkeiten und wechselseitige Erwartungen fest, noch
bevor beide Gesprächspartner in direkten Kontakt treten. Im Verlauf der Kommunikation sollte
allerdings eine mehr symmetrische Gesprächssituation angestrebt werden, um den Patienten
sukzessive in die Verantwortung einzubinden, was wiederum den zahnärztlichen
58
Kreyer G., Grundlagen der klinischen Dentalpsychologie; Facultas Universitätsverlag, 2004; S.83
58
Behandlungserfolg erhöht.
Besonders hervorheben möchte ich in diesem Zusammenhang die „klientenzentrierte
Gesprächsführung“, die Kreyer (2004) in seinem „Anxiolysekonzept“ als Baustein der
angstlösenden Gesprächsführung nennt. Diese Art des zuhörenden Gesprächs geht zurück auf
den amerikanischen Psychotherapeuten Carl Rogers (1902 - 1987).
„Die Klientenzentrierte Psychotherapie ist eine Therapieform der Humanistischen Psychologie und wird auch
Gesprächspsychotherapie, non-direktive oder Personzentrierte Psychotherapie genannt. Für die humanistische
Kommunikation findet die nondirektive Gesprächsführung auch außerhalb der Psychotherapie Anwendung.“ 59
Die Voraussetzungen für eine effektive Kommunikation basieren auf folgenden
Grundprinzipien:
¾ Positive Wertschätzung:
Hier geht es darum, emotionale Wärme zu vermitteln, die Wertschätzung des Patienten
nicht an Bedingungen zu knüpfen und die Person als Ganzes uneingeschränkt
anzunehmen. Dadurch gelingt es dem Patienten, sich selbst zu verstehen, sich mit all
seinen Fehlern und Schwächen zu akzeptieren und in weiterer Folge seine Emotionen zu
verbalisieren.
„Eine positive Wertschätzung ergibt sich aus dem Bewusstsein, dass der andere Recht
hat.“ 60
Zuwendung und Sorge für den anderen und seine Probleme werden größtenteils
nonverbal durch Blickkontakt, Kopfnicken und einen aufmerksamen Gesichtsausdruck
vermittelt.
¾ Einfühlendes Verstehen, Empathie:
„Sich – in – jemanden – hineinfühlen – Können“, weg vom Bewerten, stellt eine weitere
Verhaltensweise des Arztes dar, von der ganz wesentlich der Therapieerfolg abhängt.
Dem Patienten muss mit Einfühlungsvermögen, Verständnis und Empathie
gegenübergetreten werden, um eine vertrauensvolle Arzt – Patienten – Beziehung zu
ermöglichen.
¾ Echtheit:
Die Echtheit und Aufrichtigkeit des Arztes bewirkt, dass der Patient sich positiv erleben
kann – selbst die Seiten, die er vorher abgelehnt oder bekämpft hat. Somit wird es
59
vgl.: http://de.wikipedia.org/wiki/Klientenzentrierte_Psychotherapie
60
Curriculum „Hypnose und Kommunikation“ 07 / Wien 18 / A2; 17. bis 18. 2. 2008; Ausbildungskurs 2 /
Grundlagen der ärztlichen Hypnose II; Krupka u. Steiner; S.3
59
möglich, aus tieferem Verständnis heraus Verhaltensweisen zu ändern und alte,
belastende Denkmuster aufzugeben. 61
In diesem Sinne ist es unerlässlich, den Patienten in einem „bio-psycho-sozialen Gefüge“ zu
sehen, in welchem es zu Wechselbeziehungen zwischen biologischen, psychologischen und
sozialen Faktoren kommt. Dieses mehrdimensionale Ätiologiemodell (Thure von Uexküll)
beschreibt das bio-psycho-soziale Krankheitsbild als Zusammenspiel von Krankheit als
somatische Störung, als Störung des Erlebens und Verhaltens bzw. als Ergebnis einer
pathologischen „Mensch – Umwelt – Passform“.
Jeder Mensch steht mit der Umgebung in ständiger Interaktion, wobei der Grundsatz gilt „in dem
Maße ich mich kreativ behaupten kann, bin ich auch gesund“. Das bedeutet, dass ich die
Fähigkeit zum Aufbau einer Situation in der Probleme gelöst werden können habe. Die Störung
dieser Fähigkeit führt zur Krankheit. Das Modell des Situationskreises nach Uexküll stellt eines
der 5 psychosomatischen Modelle dar, wobei Uexküll Krankheit als „maladaptive
Problemsituation“ beschreibt.
Die biopsychosoziale Auseinandersetzung mit einer Problemsituation in der Umgebung
beinhaltet die Stufen der „Bedeutungsunterstellung“ (Vermutung), „Bedeutungserprobung“
(Phantasie, Probehandeln) und „Bedeutungserteilung“ (Verantwortung, „so ist es“, „so ist es
gut“). Das Modell des Situationskreises von Uexküll macht also deutlich, dass der Mensch die
Fähigkeit zur persönlichen Interpretation seiner Umgebung, der Phantasiebildung und
Bedeutungszuschreibung hat. 62
Das psychotherapeutische Grundwissen eines Zahnarztes beinhaltet unter anderem die
Themenbereiche „Angstabbau“ und „Umgang mit Stressreaktionen“, wobei stets die Prozesse
der Übertragung und Gegenübertragung zwischen Arzt und Patient berücksichtigt werden
müssen.
Abschließend zum Themenbereich „ärztliche Gesprächsführung“ möchte ich noch darauf
hinweisen, dass es dem Zahnarzt deutlich leichter fällt, sich empathisch auf Patienten
einzustellen, die ihre Angst und Unsicherheit ansprechen oder durch Anspannung, vermehrtes
Schwitzen und eine verkrampfte Körperhaltung zeigen. Diese Patienten sind im Gespräch noch
vergleichsweise leicht zu lenken, da für den Arzt hier verbale („Ich hatte solche Angst vor dem
Termin heute“) und nonverbale (feuchte Hände bei der Begrüßung, verkrampfte Körperhaltung)
Information übereinstimmen und sich für ihn ein gut erkennbares Bild des „ängstlichen
Patienten“ bietet.
61
vgl.:http://www.drsedlacek.at/behandlungsschwerpunkte/klientenzentriertegespraechsfuehrungnachrogers/klienten
zentriertegespraechsfuehrungnachrogers.html
62
vgl.: Pieringer, „Vorlesung aus Psychologie für Zahnmediziner“; SS 2003
60
Schwieriger wird es in Gesprächssituationen, in denen der ängstliche Patient als aggressiver,
fordernder oder arroganter Mensch imponieren kann.
Wenn der Zahnarzt dieses Verhalten auf sich bezieht, sich misstrauisch kontrolliert, ungerecht
behandelt oder abgelehnt fühlt, kommt es in der Regel zu Distanzierung, Ärger und Gefährdung
des Interaktion zwischen Arzt und Patient.
Nur eine gelungene zahnärztliche Gesprächsführung trägt letztendlich zu einer höheren
Behandlungszufriedenheit beim Patienten bei und sichert die Arbeitszufriedenheit beim
Zahnarzt.
Hinweisen möchte ich an dieser Stelle auf die besonderen Anforderungen in der Kommunikation
mit Kindern in der zahnärztlichen Behandlungssituation:
„Wir können (…) etwas negativ erklären, positiv erklären oder befehlen. Dementsprechend fällt
die Compliance (…) des Kindes / Patienten aus.“ 63
Es kommt also ganz darauf an, wie man etwas sagt. Einem Kind sollte im Rahmen der
elterlichen Erziehung positive Formulierungen und nützliche Informationen mitgegeben werden,
wodurch ihnen nach Verinnerlichung ein Gerüst für das spätere Leben verliehen wird, das durch
Sicherheit, positives Denken und Zuversicht geprägt ist. Im Laufe der Entwicklung lernen
Kinder, sich selbst innerlich zu führen und zu ordnen, und zwar genau auf diese Weise, wie wir
Erwachsenen es ihnen vorleben. 64
Als Beispiel für positives – negatives Formulieren möchte ich den aufmunternd und stärkend
gemeinte typischen Satz in der zahnärztlichen Praxis bringen:
„Du brauchst keine Angst haben, es tut nicht weh!“ bewirkt beim Kind zu Recht ein gewisses
Misstrauen der Situation gegenüber. Die Aufmerksamkeit wird durch diese Art der Formulierung
zielsicher auf die Begriffe „Angst“ und „weh“ gelenkt. Außerdem gilt zu bedenken, dass das,
was wir denken, automatisch mit Bildern und Gefühlen belegt wird.
In der zahnärztlichen Gesprächsführung gilt demnach, bei Kindern wie Erwachsenen
angstauslösende Wörter und Bezeichnungen (Spritze, Zange, Bohrer, Schmerz, Nadel, Stich,
Skalpell etc.) zu unterlassen und sie durch neutrale Wörter zu ersetzen, um den Gegenständen
oder Tätigkeiten unseres Arbeitsalltages die Schärfe wie auch die mit ihnen verbundenen
negativen Assoziationen zu nehmen.
„So kann zum Beispiel die Spritze / Nadel zum Zielfernrohr für die Schlafkügelchen (Anästhesie)
werden. Die Zange wird zum Zahnheber, der Bohrer zum Zahnglattmachgerät. Der Sauger wird
zum Schlürfi und die Multifunktionsspritze wird zur Zahndusche. Statt vom Schmerz kann man
63
Curriculum „Hypnose und Kommunikation“ 07 / Wien 18 / A2; 17. bis 18. 2. 2008; Ausbildungskurs 2 /
Grundlagen der ärztlichen Hypnose II; Krupka u. Steiner; S.29
64
Biddulph S., Das Geheimnis glücklicher Kinder; Wilhelm Heyne Verlag München; 2001
61
von einem starken Gefühl sprechen, genauso wie man dem Zahn heraushelfen kann, anstatt ihn
zu reißen und den Zahn schlafen legen kann, anstatt ihn zu betäuben.“ 65
6.5
Das Unbehagen von Zahnärzten bei der Konfrontation mit einem schwierigen
Patienten – emotionale, kognitive und körperliche Belastungsfaktoren
Bislang wurde in wissenschaftlichen Untersuchungen der Thematik Zahnbehandlungsangst als
Belastungsfaktor nicht nur für den Patienten, sondern auch für den Behandelnden nur wenig
Bedeutung beigemessen. Psychologischen und sozialen Stressfaktoren wurde nur wenig
Aufmerksamkeit gewidmet, da in wissenschaftlichen Fragestellungen meist nur die
physiologische Belastung des Berufes zur Sprache kommt.
Zu den wenigen Arbeiten im deutschsprachigen Raum zählt eine Untersuchung von Micheelis,
wohingegen in den USA seit mehreren Jahren diesem Themenbereich mehr Beachtung
geschenkt wurde, wobei sich die psychosozialen Aspekte in diversen Fragestellungen unter dem
Begriff „behavioral dentistry“ auf den Umgang des Zahnarztes mit Angstpatienten bezogen. 66
Anführen möchte ich in diesem Zusammenhang eine Untersuchung von Tönnies und Heering –
Sick, für die ein eigens entwickelter 12 – seitiger Fragebogen an alle Hamburger Zahnärzte
ausgegeben wurde, kam es zu folgenden Ergebnissen: 52 % der Befragten gaben an, dass
Zahnbehandlungsangst für sie ein wichtiges Thema sei, lediglich 4 % hielten sie für unwichtig.
Interessant war der Aspekt, dass nur 29 % angaben, dass dies in Kollegengesprächen ein
ernsthaftes Thema sei, was den Schluss zuließ, dass Zahnärzte die Patientenangst weitgehend als
individuelles Problem erleben. 71 % fühlten sich während der Behandlung ängstlicher Patienten
häufig starken Einschränkungen und Belastungen ausgesetzt. „Dieser hohe Prozentsatz wird um
so bedeutsamer, wenn man den Anteil ängstlicher Patienten heranzieht: Durchschnittlich jeder
dritte Patient (34 %) wird als ängstlich eingeschätzt (…)“67
Die Reaktionen und Empfindungen infolge einer Behandlung eines ängstlichen Patienten
reichten von Übervorsichtigkeit, Abgespanntheit bzw. Müdigkeit und Nervosität (ca. 50 %),
Beschleunigung des eigenen Pulses (über ein Drittel der Befragten) über Gereiztheit, Nacken –
oder Schulterschmerzen, ungenaueres Arbeiten (etwa ein Viertel) bis hin zum Abbruch einer
65
66
Curriculum „Hypnose und Kommunikation“ (2008); Krupka u. Steiner; S.30
vgl.: Sergl H.G., Müller – Fahlbusch H., Angst und Angstabbau in der Zahnmedizin; Quintessenz Verlags –
GmbH, 1989
67
Sergl, Müller – Fahlbusch (1989); S.72
62
Behandlung (17 %), die jedoch als Schutz des Patienten vor möglichen Beeinträchtigungen
hinsichtlich des ungenaueren Arbeitens, gewertet wurde.
Rund drei Viertel der befragten Zahnärzte in dieser Studie hielten die Reduktion der
Patientenangst jedoch aufgrund der „Verbesserung der Vorsorge“ sowie der „Verbesserung der
Arzt – Patienten – Beziehung“ als sehr wichtig, gefolgt von Gründen wie „leichtere Behandlung“
und „weniger Stress für den Zahnarzt“. 82 % der Befragten nannten „mehr aufklärende und
beratende Gespräche“ als geeignetes und erfolgsversprechendes Mittel, die Angst der Patienten
zu vermindern. Interessant war außerdem, dass fast alle befragten Zahnärzte (94 %) die
Minderung der Patientenangst als ihre persönliche Aufgabe sahen und das Hinzuziehen eines
Psychotherapeuten 81 % für kaum oder gar nicht geeignet hielten.
Nicht unerwähnt bleiben sollte die Tatsache, dass 45 % der befragten Zahnärzte in der
Anwendung von mehr Lokalanästhetika zur Angstminderung eine geeignete Möglichkeit der
Zahnbehandlungsangst entgegenzuwirken sahen.
Was die Verarbeitung von Belastung und Stress bei Zahnärzten und den individuellen Umgang
damit betrifft, konnten Rogers sowie Tausch und Tausch in einer Untersuchung drei
Persönlichkeitshaltungen, die sich als notwendig für ein positives zwischenmenschliches
Verhältnis erwiesen, nachweisen.
Personenzentrierte Zahnärzte mit den Persönlichkeitshaltungen „Wertschätzung“, „Einfühlendes
Verstehen“ und „Echtheit“ fühlten sich durch ängstliche Patienten weniger eingeschränkt und
belastet. Geschlecht und Alter des Behandelnden spielten hingegen beim Erleben und
Verarbeiten des Belastungsfaktors Patientenangst keine Rolle. Hiermit konnte demnach bestätigt
werden, dass die Persönlichkeit des Zahnarztes einen nicht zu verachtenden Beitrag zur
Minderung von Angst und Stress bei Patienten mit Zahnbehandlungsangst leisten kann. 68
Eine Studie des Instituts Deutscher Zahnärzte an 275 Zahnärzten im Jahre 1983 verdeutlicht
ebenfalls, dass die Behandlung schwieriger Patienten für viele Behandler den größten
Stressfaktor in der Praxisroutine darstellt. 32 % der Befragten fühlten sich von der Angst des
Patienten sehr stark, 32 % mittelstark beeinträchtigt. Lediglich 11 % meinten, dass ihnen die
Angst des Patienten nichts ausmache. Auffällig scheint, dass Zahnärzte mit zunehmendem Alter
gegen die Angst ihrer Patienten abzustumpfen scheinen, da sich 40 % der Ärzte unter 40 Jahren
stark belastet fühlten, jedoch nur 23 % der Kollegen über 60 Jahren. 69
Zusammenfassend lässt sich entsprechend der Erwartung sagen, dass sich ein Großteil der
Zahnärzte bei der Behandlung durch Angstreaktionen des Patienten belastet und eingeschränkt
fühlt. Zahnärztliche Behandlungsmaßnahmen werden demnach häufig unter psychischen
Belastungen durchgeführt, was sich wiederum, zusätzlich zum häufig erwähnten Zeitdruck,
68
vgl.: Sergl H.G., Müller – Fahlbusch H., Angst und Angstabbau in der Zahnmedizin; Quintessenz Verlags –
GmbH, 1989
69
vgl.: Jöhren H.P., Sartory G.: Zahnbehandlungsangst – Zahnbehandlungsphobie: Ätiologie, Diagnose, Therapie;
Schlütersche GmbH & Co. KG – Verlag; 2002
63
Verwaltungsarbeit und berufsbedingten physischen Belastungen, negativ auf den Behandelnden
auswirkt.
Erwähnt sei an dieser Stelle eine schwedische Studie von Arnetz et al., bei der bei schwedischen
Zahnärzten im Vergleich zu anderen Akademikern die höchste Suizidrate aufgrund
psychosozialem Stress nachgewiesen werden konnte. 70
Demgegenüber stehen die Ergebnisse der oben erwähnten Untersuchung von Tönnies und
Heering – Sick, im Rahmen der die befragten Zahnärzte angaben, mit ihrer Tätigkeit zufrieden
zu sein. Rund 85 % der hier Befragten würde diesen Beruf ein zweites Mal wählen.
Anhand der Literaturrecherche lässt sich verdeutlichen, dass Zahnärzte dem psychologischen
Aspekt der Zahnbehandlungsangst eine große Bedeutung beimessen.
Hinweisen möchte ich auch darauf, dass in der Untersuchung von Tönnies und Heering – Sick
29 % der befragten Zahnärzte angaben, selbst Angst vor einer zahnärztlichen Behandlung zu
haben.
6.6
Darstellung von individuellen, genderorientierten Therapiemöglichkeiten
Grundsätzlich will ich an dieser Stelle auf das große Dilemma in der Behandlung von Patienten
mit einer Angsterkrankung hinweisen. Wie ich bereits selbst in meiner Behandlungstätigkeit als
Studentin an der Zahnklinik am LKH – Graz feststellen konnte, gehen Patienten mit einer
Angsterkrankung erst dann zum Zahnarzt, wenn der Leidensdruck bereits so stark ist, dass eine
Behandlung unumgänglich erscheint. Als Auslöser hierfür können entweder Schmerzen, aber
auch Veränderungen im sozialen Gefüge (neuer Arbeitsplatz, neuer Lebenspartner, Hochzeit
etc.) sein.
„"Einige Betroffene ertragen jahrelange Zahnschmerzen, nur um nicht in die Praxis zu müssen",
erzählt Zahnarzt Mats Mehrstedt aus Hamburg. "Weil gegen die kaputten Zähne nicht behandelt
wird, fallen sie irgendwann aus. Wenn der Sichtbereich betroffen ist, ziehen sich viele Menschen
aus Scham auch aus dem sozialen Leben zurück", sagt Mehrstedt, der sich auf die Behandlung
von Patienten mit Ängsten und Phobien spezialisiert hat.“ 71
Zu bedenken gilt jedoch, dass beim Vorliegen einer Entzündung eine vollständige
Schmerzausschaltung mittels Lokalanästhesie nicht gewährleistet werden kann und der Patient
70
vgl.: Sergl, Müller – Fahlbusch (1989)
71
Deutsche Ärzte Zeitung vom 20.12.2005; Gerullis, „Wenn die Angst vor dem Zahnarzt zur Krankheit wird“;
http://www.aerztezeitung.de/suchen/default.aspx?query=zahnbehandlungsphobie&sid=386247
64
somit im Rahmen dieser Notfallbehandlung Schmerzen erlebt, sich somit wiederum in seiner
negativen Einstellung einer Zahnbehandlung bestätigt fühlt und demzufolge wird die
Fortführung der Therapie meist vermieden.
In der Literatur findet man Empfehlungen vieler Autoren, wie die ersten Behandlungsschritte bei
ängstlichen Patienten aufgebaut werden sollten, wobei hier in der Regel zwischen normaler und
krankhafter Angst nicht unterschieden wird.
Oberste Priorität stellt hierbei das Vertrauensverhältnis zwischen Arzt und Patient dar, das
keinesfalls durch einen Überraschungsangriff oder durch Unwahrheit bezüglich der anstehenden
Therapie nachhaltig gestört werden darf (siehe dazu auch Kapitel 6.3: Arzt – Patienten –
Kommunikation). Hilfsmittel wie Ablenkung, auf die ich noch genauer eingehen werde, oder die
Möglichkeit, die Behandlung jederzeit zu unterbrechen, unterstützen den ängstlichen Patienten
dabei, sich auf die Zahnbehandlung einzulassen. Diese Empfehlungen reichen bei einem
Patienten mit einer Zahnbehandlungsphobie jedoch keinesfalls aus, um seine Angststörung zu
beseitigen und eine Behandlung durchzuführen. Viele dieser Patienten suchen die Möglichkeit,
unter Narkose behandelt zu werden, was z.B. für eine anstehende Notfalltherapie durchaus
hilfreich sein kann. Zu bedenken gilt, dass der Phobiker aber durch diese Art der Behandlung,
die nicht angstabbauend wirkt, in seinem Vermeidungsverhalten unterstützt wird.
6.6.1 Grundlagen des Angstabbaus in der zahnärztlichen Behandlungssituation
Durch die Erläuterung der Theorien der Angstentstehung in Kapitel 5.1.4 („Ätiologische Modelle
der Zahnbehandlungsangst und Zahnbehandlungsphobie“) wird nun nachvollziehbar, an
welchen Stellen der Prozesse der Angstentstehung Interventionen zum Angstabbau eingebracht
werden können.
Zu bedenken gilt, dass stets der Entwicklungsstand des Patienten berücksichtigt werden muss,
um die richtigen, optimal altersangemessenen Maßnahmen zum Angstabbau gezielt einsetzen zu
können. Aus diesem Grund möchte ich an dieser Stelle einen Überblick über die möglichen
Interventionen zum Angstabbau bei Kindern und Erwachsenen geben:
Um geeignete Maßnahmen zur Verringerung von Angstreaktionen bei Kindern ausfindig zu
machen, ist es unumgänglich, sich folgende Informationen durch Beobachtung oder Befragung
zu verschaffen:
• Welche Erfahrungen hat das Kind bisher mit zahnärztlicher Behandlung gemacht?
• Wird die Angst des Kindes durch spezielle Instrumente, eine speziellen
Behandlungsabschnitt, die Person des Zahnarztes, das Behandlungszimmer etc.
ausgelöst? Klären, ob die Angst auf falschen oder fehlenden Informationen beruht!
65
• Reagiert das Kind verbal, motorisch, physiologisch bzw. sofort, verzögert etc. auf diesen
Angstauslöser?
• Sind beim Kind irgendwelche Verhaltensweisen, wie zum Beispiel Starre, viel Reden etc.
erkennbar, mit denen es seine Angstreaktionen zu hemmen versucht?
Margraf – Stiksrud beschreibt zwei generelle Maßnahmen, um dem Kind zu helfen, derartige für
ihn bedrohliche Reize, zu ertragen.
Eine Intervention stellt die Veränderung der Bedrohlichkeit der Reize dar – also im einfachsten
Fall die Vermeidung des primär angstauslösenden Reizes, des Schmerzes. Die nächste
Möglichkeit wäre, auf die Angstauslöser zu verzichten, als zum Beispiel keine Spritze zu
verwenden, den weißen Kittel auszuziehen usw. Da jedoch nicht immer alle Auslöser von Angst
vollkommen vermieden werden können, stellt der Versuch, die Angstauslöser zu verändern eine
weitere Methode zum Angstabbau in der zahnärztlichen Praxis dar. 72
Ziel unserer Maßnahmen sollte allerdings nicht die Veränderung der Behandlungssituation und
ihrer Anforderungen an den Patienten sein, sondern vielmehr die günstige Beeinflussung der
Angstempfindungen des Kindes, um seine Annahme, dass bestimmte Aspekte der
Zahnbehandlung es bedrohen, langfristig zu verändern. Dazu ist es notwendig, in kleinen
Schritten und kindesgemäßer Sprache zu erklären, was in der Behandlung gemacht wird.
Eine wirksame Veränderung der Annahme, wie bedrohlich etwas wirklich ist, ist nur möglich,
wenn Patienten auf direktem Wege erfahren haben, dass auf bestimmte Reize tatsächlich keine
negative Konsequenz erfolgt. Erst dann besteht eine Kontingenz zwischen Konsequenz („es tat
nicht weh“) und vorhergehendem Reiz (Verwendung des Bohrers).
Die „systematische Desensibilisierung“ als angstabbauende Intervention beginnt mit der
Präsentation von Stimuli, die keine oder nur fast keine Angst auslösen. Wichtig ist hierbei die
Konfrontation des Patienten mit den Reizen in einem Kontext, der keine Angst auslöst –
beispielsweise das Zeigen von zahnärztlichen Instrumenten, wenn sich das Kind nicht im
Behandlungsstuhl befindet und somit sicher sein kann, dass in der Situation keine negative
Konsequenzen erfolgen können. Die Intensität der Reize kann somit allmählich gesteigert
werden, wobei nach den Regeln der operanten Konditionierung, also dem Erlernen von
72
Margraf – Stiksrud J., Angst und Angstabbau, in: Sergl, H.G. (Hrsg.): Psychologie und Psychosomatik in der
Zahnheilkunde;
Urban & Schwarzenberg, München 1996
66
bestimmten Reiz – Reaktions – Mustern aus ursprünglich spontanem Verhalten, die Mitarbeit
des Patienten nach jedem neuen Schritt positiv hervorgehoben wird. Nach diesem Prinzip wird
also die Häufigkeit eines Verhaltens durch seine angenehme Konsequenz (Lob, verbale
Bestätigung) nachhaltig verändert. 73
Ein weiterer Aspekt stellt die Veränderung der Bewältigungskompetenz des Kindes im
Zusammenhang mit dem Umgang mit Widerständen aus der Umwelt dar. Kinder erlernen im
Laufe der Entwicklung schrittweise, dass sie selbst Einfluss auf ihre Umgebung nehmen können
und erleben somit, dass ihre eigenen Handlungen wirksam sind und positive Konsequenzen
haben können. Diese Kompetenz, Bedrohungen selbständig erfolgreich zu bewältigen, resultiert
einerseits aus dem Ausprobieren eigener Möglichkeiten, andererseits aber auch aus dem Nutzen
von Informationen durch wichtige Bezugspersonen.
Dieses Prinzip des „Nachahmungslernen“ bzw. „Modelllernen“ kann in der zahnärztlichen
Behandlungssituation als Mittel zur Angstreduktion insofern genutzt werden, dem Kind im Film
oder in der realen Behandlungssituation eines Dritten vorzuführen, wie andere mit der
Bedrohung „Spritze, Bohrer etc.“ umgehen.
Bemerken will ich an dieser Stelle, dass im Zusammenhang mit diesem schnellen und effektiven
Lernprozesses der Fähigkeit zur Nachahmung von bestimmtem Verhalten, auch
genderorientierte Aspekte zu beachten sind:
„Ob das Modell nachgeahmt wird, hängt vor allem davon ab, wie ähnlich es dem Kind ist – ist es
von einem anderen Geschlecht oder Alter kann es sein, dass das beobachtende Kind meint, nur
Jungen könnten das (wenn es selbst ein Mädchen ist) oder nur große Kinder könnten das (wenn
es selber jung ist).“ 74
Bei etwas älteren Kindern hat sich im Gegensatz zum Modelllernen bei jungen Patienten
bewährt, ihnen Mittel, die ihre Angst „kontrollieren“, direkt vorzustellen und diese mit ihnen zu
üben. Die Fähigkeit solche Techniken einzusetzen hängt sehr stark vom Alter des Kindes und
somit von der Kompetenz zur Selbstkontrolle ab, da diese sogenannten „intrapsychischen
Techniken“ ganz bewusst die Fähigkeit des freiwilligen Verzichts auf spontane
Vermeidungsreaktionen voraussetzen.
Margraf – Stiksrud spricht hierbei vom sogenannten „Coping – Modell“, das Methoden wie
Ablenkung (Imagination, Musik hören, Bilder anschauen etc.), Anspannung (z.B. Fäuste ballen,
mit den Füßen trampeln), Entspannung (tief durchatmen, autogenes Training etc.) und kognitive
73
vgl.: http://de.wikipedia.org/wiki/Operante_Konditionierung und Margraf – Stiksrud J., Angst und Angstabbau,
in: Sergl, H.G. (Hrsg.): Psychologie und Psychosomatik in der Zahnheilkunde;
Urban & Schwarzenberg, München 1996
74
Margraf – Stiksrud J., Angst und Angstabbau, in: Sergl, H.G. (Hrsg.): Psychologie und Psychosomatik in der
Zahnheilkunde;
Urban & Schwarzenberg, München 1996; S.106
67
Techniken (Rechenaufgaben lösen, Zählen, motivierende Selbstinstruktion etc.) beinhaltet.
Das Kind erlernt demnach schrittweise die Kompetenz, mit seinen Angstgefühlen umzugehen
und durch dementsprechende verbale Rückmeldungen (Lob) von Zahnarzt und Eltern stabilisiert
sich diese Fähigkeit, wodurch das Kind eine Art „Kontrollüberzeugung“ gewinnt. Vorteil der
kognitiven Kontrolle ist die Tatsache, dass das Kind die Ereignisse aufgrund eigener
Kompetenzen kontrolliert.
Im Gegensatz zum beschriebenen Verfahren der kognitiven Kontrolle reduziert die sogenannte
„Verhaltenskontrolle“ vor allem die Angst bei kleineren Patienten, wobei hier die Beeinflussung
einer Bedrohung durch das Verhalten des Kindes selbst gemeint ist (z.B. „Stoppzeichen“ wie
Hand heben als Unterbrechung beim Bohren). Verglichen mit der kognitiven Kontrolle hat sie
den Nachteil, dass sie unter Umständen die Arbeit des Behandlers behindern kann und beim
Nicht – Beachten des Stoppzeichens bricht jede Kontrollüberzeugung durch das Kind
zusammen, was wiederum eine Steigerung der Angst zur Folge haben kann.
Abschließend muss zur Thematik „Angstabbau in der zahnärztlichen Behandlung von Kindern“
noch erwähnt werden, dass es stets problematisch wird, wenn beim Patienten akuter
Behandlungsbedarf besteht und ein Aufschieben angstbesetzter Maßnahmen unmöglich ist. In
dieser Situation ist es empfehlenswert durch Prämedikation die Kinder zu beruhigen,
hypnotische Maßnahmen zu ergreifen oder im „Notfall“ unter Narkose zu arbeiten. (vgl. S.70:
„Therapeutisches Konzept nach Jöhren und Sartory“)
Nach Margraf – Stiksrud fehlen, was die Behandlung von erwachsenen Patienten betrifft,
einerseits gewisse Schwierigkeiten, die sich bei Kinderbehandlungen ergeben: Erwachsene sind
erfahrener im Umgang mit Bedrohung und Schmerz, die Bandbreite der Reaktionsmöglichkeiten
ist meist größer und sie haben erlernt, spontane Impulse zu kontrollieren.
Andererseits existieren in der Behandlung Erwachsener auch Besonderheiten, die den
Angstabbau erschweren: beim erwachsenen Patienten bestehen bereits länger andauernde
Angstgefühle, manchmal mangelnde Bereitschaft, gegen diese Gefühle was zu unternehmen und
eine Art größere Vorsicht, sich einer anderen Person anzuvertrauen, die ihnen neue
Reaktionsmöglichkeiten näherbringen will, da sie sich an die eigenen Handlungsentscheidungen
gewöhnt haben.
Am häufigsten hat man in der Praxis mit Erwachsenen mit milden Angstgefühlen zu tun, die
sich zeigen, wenn der Patient eine Bedrohung wahrnimmt. Durch die Routine und seine
Erfahrungen mit der zahnärztlichen Behandlungssituation, durch die er die gesamte Situation gut
einschätzen kann, weiß er jedoch, dass er dieses unangenehme Gefühl aushalten wird und seine
Angstkontrolle somit weitgehend optimieren kann. „Geschieht etwas Unerwartetes, kann er
68
plötzlich stärkere Angstsymptome zeigen.“ 75
Der Zahnarzt kann dieser Gefahr allerdings relativ leicht gegensteuern, indem er dem Patienten
laufend Informationen über die geplanten Behandlungsschritte gibt. Die Gewissheit des
Patienten, dass der Behandler nichts Nachteiliges tun wird und nachvollziehbare Handlungen
vornimmt, führen beim Patienten zu einer Form des Vertrauens, was ebenfalls eine Art der
kognitiven Kontrolle darstellt. Der Patient bleibt durch die Methode der genauen Information
über die weiteren Behandlungsmaßnahmen entspannter, Vertrauen und Handlungsfreiheit des
Zahnarztes werden erhöht, wodurch wiederum eine Anspannung des Behandlers vermieden
wird, da nicht mit plötzlichen Angstausbrüchen gerechnet werden muss. 76
Aufgrund meiner Literaturrecherche liegt die Feststellung vor, dass Erwachsene mit stärkeren
Angstzeichen, die die Situation nicht unter Kontrolle haben, sich während der zahnärztlichen
Behandlung weitgehend hilflos und ausgeliefert fühlen. Vergleichbar mit der Angst von Kindern
können Instrumente und Eingriffe eine unangemessene Bedrohlichkeit für den Patienten
darstellen, nicht zuletzt oft durch mangelnde oder ungenaue Information durch den Behandler.
Erläuterungen über die Behandlungsschritte, Demonstrationen, Behandlungspausen und die
bereits oben angeführten Coping – Techniken können hier Abhilfe schaffen. Die erwachsenen
Patienten sind hierbei schneller und sicherer in deren Anwendung als Kinder, jedoch nur, wenn
sie bereit sind, mit dem Behandler über ihre Angst zu sprechen und davon überzeugt werden
können, dass diese Techniken auch nutzen.
Schwieriger erweist sich die Behandlung von Patienten mit fehlender Überzeugung, dass Coping
– Maßnahmen wirksam sind. Diese geben oft an, einfach besonders „empfindlich“ zu sein oder
sie führen andere Gründe an, weshalb sie eine Behandlung nicht tolerieren. – Die Wirksamkeit
der Interventionen sind somit unsicher, da die individuellen Angstauslöser nicht bekannt sind.
„Bei solchen Patienten spielen häufig bestimmte Persönlichkeitseigenschaften oder
Einstellungen, vielleicht Vorurteile gegenüber Zahnärzten, eine Rolle, die ihnen ein offenes
Gespräch erschweren.“ 77
Zu den extrem ängstlichen erwachsenen Patienten lässt sich sagen, dass diese in gewisser
Weise den kindlichen Patienten ähneln, da sie auf die zahnärztliche Behandlungssituation oft
völlig unangemessene Reaktionen zeigen. Zum Angstabbau sind hier bereits oben erwähnte
Interventionen geeignet, die auch bei kindlichen Patienten angewandt werden. Hierzu zählt u.a.
die systematische Desensibilisierung, wobei sich die Ermittlung einer Hierarchie ansteigend
angstauslösender Stimuli im Gespräch mit Erwachsenen als einfacher erweist. Die schrittweise
Konfrontation mit den Angststimuli bzw. die Anwendung von Entspannungsverfahren und
75
Margraf – Stiksrud J., Angst und Angstabbau, in: Sergl, H.G. (Hrsg.): Psychologie und Psychosomatik in der
Zahnheilkunde;
Urban & Schwarzenberg, München 1996; S.108
76
vgl.: Margraf – Stiksrud in: Sergl (1996) Margraf – Stiksrud J., Angst und Angstabbau, in: Sergl, H.G. (Hrsg.): Psychologie und Psychosomatik in der
Zahnheilkunde;
Urban & Schwarzenberg, München 1996; S.110 77
69
anderer intrapsychischer Bewältigungstechniken führt schließlich dazu, dass der Patient seine
Angst zu kontrollieren lernt. Nicht zu vergessen gilt auch hier, Fortschritte stets positiv zu
betonen und bei stärker werdenden Angstsymptomen in der Reizhierarchie einen Schritt
zurückzugehen. Um die neu erworbene Kompetenz des Patienten, die Situation bewältigen zu
können, zu verfestigen, empfiehlt Margraf – Stiksrud, längere Zeit hindurch Zahnarzttermine zu
vereinbaren.
Als eine Art Weiterentwicklung der systematischen Desensibilisierung beschreibt Margraf –
Stiksrud die sogenannte Reizkonfrontationsmethode, deren Kernpunkt darin besteht, die
Patienten zum Erleben der Bedrohung zu führen, ohne dass sie dabei ihre ursprüngliche Angst
erleben. Diese Technik wird bei folgenden Patienten angewandt:
¾ Patienten, die ihre Angstgefühle selbst als der Situation unangemessen
erleben
¾ Patienten, die durch die rationale Erklärung von ihren Ängsten nicht
befreit werden können
¾ Patienten, die ihre Ängste als außerhalb ihrer willentlichen
Kontrollmöglichkeiten erleben
¾ Patienten, die die gefürchtete Situation zunehmend meiden
Epstein beschreibt die Konfrontationstherapie als eine Art Versuch, aus in ihrer Angstkontrolle
gestörten Patienten, erfahrene und angemessen Reagierende zu machen, wobei diese bei der
Annäherung an die Situation begleitet und dazu gebracht werden, ihr System der Angsthemmung
neu zu erlernen oder zu verbessern.
Eine weitere Intervention zum Angstabbau stellen die intrapsychischen Bewältigungstechniken
dar, wobei in diesem Zusammenhang mit sogenannten Selbstinstruktionen gute Erfahrungen
gemacht wurden.
70
Die einzelnen Schritte eines sogenannten „Angstimpfungstrainings“ nach Meichenbaum 78
umfassen folgende Phasen:
In Phase II können weiters folgende Stufen differenziert werden:
1. Situation genauer beurteilen
2. negative Gedanken kontrollieren
3. Erregung registrieren, zulassen, evtl. uminterpretieren
4. sich „psychisch“ aufrüsten, der Situation stellen
5. intensive Furcht bewältigen
6. sich für Bewältigung verstärken
78
Margraf – Stiksrud J., Angst und Angstabbau, in: Sergl, H.G. (Hrsg.): Psychologie und Psychosomatik in der
Zahnheilkunde;
Urban & Schwarzenberg, München 1996; S.111 71
Folgende Selbstinstruktionen werden für die Phase II vorgeschlagen:
„Ich überlege mir genau, was ich jetzt machen kann.“
„Ich denke nicht an den Schmerz, sondern daran, was ich tun will.“
„Ich versuche nicht, den Schmerz auszuschalten, ich behalte ihn nur im Griff.“
6.6.2 Therapeutisches Konzept nach Jöhren und Sartory
Da nicht alle Methoden gleichermaßen angstreduzierend wirken, unterscheiden Jöhren und
Sartory in einem therapeutischen Konzept der Zahnbehandlungsangst und
Zahnbehandlungsphobie zwischen 2 Verfahren 79 :
1. Primär anxiolytische Verfahren
- medikamentös: Prämedikation, Sedierung, Analgosedierung
- nicht medikamentös: psychotherapeutische Interventionen
2. Primär schmerzreduzierende Verfahren
- medikamentös: Lokalanästhesie, Narkose
- nicht medikamentös: Audioanalgesie, TENS, Akupunktur etc.
Auf die primär schmerzreduzierenden Verfahren wurde bereits im Kapitel 6.2.4 näher
eingegangen, daher möchte ich mich nun den primär anxiolytischen Methoden zuwenden, die
dann erforderlich sind, wenn sich der ängstliche Patient unter Lokalanästhesie nicht behandeln
lässt.
Medikamentöse Verfahren:
Da es bei krankhaft ängstlichen Patienten meist unmöglich ist, einen Notfalleingriff trotz der
Möglichkeit der Schmerzausschaltung durch Lokalanästhesie durchzuführen, greift man bei
Patienten mit Zahnbehandlungsphobie meist zu ergänzenden Maßnahmen. Diese anxiolytischen
79
vgl.: http://www.oralophobie.de/artikel3.htm 72
medikamentösen Maßnahmen sollen gleichzeitig auch die nicht zu unterschätzenden
Komplikationen, die durch übermäßigen Stress dieser Patienten während einer Zahnbehandlung
auftreten können, vermeiden helfen.
Prämedikation: Nach Schwenzer und Grimm (1988) ist damit die Vorbehandlung (wobei
die orale Gabe der Medikamente im Vordergrund steht) gemeint, die Angst und Erregung
reduziert, die Schmerzschwelle der Patienten nach oben setzt und vegetative Funktionen
dämpft.
Sedierung: Die Einnahme sogenannter Benzodiazepine hat eine Sedierung des Patienten
zur Folge, was ebenfalls zur Prämedikation im Rahmen anxiolytischer medikamentöser
Verfahren zu zählen ist. Eine weitere Form der Prämedikation stellt auch die
postoperative Schmerzlinderung durch die präoperative Einnahme von Analgetika dar.
Analgosedierung: Dieses Verfahren beinhaltet die intravenöse Gabe eines Analgetikums
und eines Sedativums in Verbindung mit einer Lokalanästhesie, wobei hier die Gefahr
der Bewusstlosigkeit des Patienten gegeben ist und somit die Möglichkeit zur Intubation
gewährleistet sein muss, was wiederum die Kooperation mit einem Anästhesisten
voraussetzt.
Benzodiazepine sind heute die Medikamente der Wahl zur Pämedikation bzw. Analgosedierung,
wobei wichtig ist festzuhalten, dass Benzodiazepine per se nicht analgetisch wirken, demnach
auf ein Lokalanästhetikum bei schmerzhaften Eingriffen niemals verzichtet werden kann.
Weiters helfen sie keinesfalls, Phobien und Panikstörungen der Patienten langfristig abzubauen.
Ihre Wirkung besteht in einer dosisabhängigen anxiolytischen (angstlösenden), sedativ –
hypnotischen (beruhigenden und schlaffördernden), muskelrelaxierenden, antikonvulsiven
(krampflösenden) und amnestischen (Erinnerung für die Zeit der Wirkdauer fehlenden) Art.
Auf der Zahnklinik im LKH – Graz wird bei hochängstlichen Kindern beispielsweise das
Midazolam (Handelsname: Dormicum®), das eine sehr kurze Halbwertszeit von 1 – 3 Stunden
hat, in der ambulanten oralen Prämedikation unter kontinuierlichem Monitoring der Kinder
wegen seiner Wirkung der anterograden Amnesie (reduzierten Merkfähigkeit) und der Anxiolyse
(Angstverminderung) verwendet. 80
In diesem Zusammenhang möchte ich auf eine klinisch kontrollierte prospektive
Behandlungsstudie hinweisen, die bereits im Jahre 1984 den zahnärztlichen Eingriff unter
Allgemeinanästhesie einem Eingriff in Kombination mit einer psychologischen
Verhaltenstherapie gegenüberstellte. Die Ergebnisse dieser Studie machten deutlich, dass eine
Zahnbehandlung unter Allgemeinanästhesie die Behandlung von phobischen Patienten zwar
80
vgl.: http://de.wikipedia.org/wiki/Midazolam und http://www.oralophobie.de/artikel3.htm
73
ermöglichte, in keiner Weise jedoch deren Angst abbaute. Die Behandlung unter
Allgemeinanästhesie unterstützte die Patienten in ihrer Vermeidung derart, dass im weiteren
Verlauf eine regelmäßige Behandlung unter Lokalanästhesie die Ausnahme blieb.
Im Vergleich zwischen einer Prämedikation über Midazolam, vorausgegangener psychologischer
Therapie und einer Kontrollgruppe konnte in dieser Studie ebenfalls verdeutlicht werden, dass
die psychologische Vorbehandlung erfolgreicher als das primär analgetische und anxiolytische
Verfahren ist. In der Kontrollgruppe und in der Midazolamgruppe blieb die Angst beinahe
unverändert hoch, wohingegen die psychologische Therapie zu einer deutlichen Verminderung
der Angst vor der Zahnbehandlung beitragen konnte. 81
Auch nach Sartory (1983) ist es erwiesen, dass Benzodiazepine nicht helfen, Phobien und
Panikstörungen abzubauen, da nach Absetzen der Medikation ein Wiederauftreten der
Angststörung beobachtet werden kann. Benzodiazepine haben nach Wardle (1990) auch
keinerlei Effekt in der Unterstützung des Angstabbaus durch psychotherapeutische
Interventionen. Durch Gray (1987) konnte sogar nachgewiesen werden, dass bei gleichzeitiger
Anwendung von Tranquilizern und psychotherapeutischen Interventionen, es zu einer
mangelhaften Entwicklung der erwünschten Stresstoleranz und somit zum Ausbleiben des
therapeutischen Erfolgs kommt. 82
Nicht medikamentöse Verfahren:
Aus der Literatur geht hervor, dass Anfang der 70er Jahre erstmals nachgewiesen werden konnte,
dass verhaltenstherapeutische Interventionen zu einem andauernden Abbau der
Zahnbehandlungsangst führen können (Gale 1969, Klepac 1975, Gatchel 1980, Mathews 1977).
Auf ihre Wirksamkeit untersucht wurden im Laufe der Jahre u.a. kognitive Ansätze (Ellis 1974,
Corah 1979, Beck 1981), Modelllernen (Melamed 1975) und Entspannungsverfahren (Öst 1987).
Durch die allgemeine Forderung, eine Therapie zeitlich so kurz wie nötig und langfristig so
effektiv wie möglich zu gestalten, entwickelten sich sogenannte Kurzinterventionen (one –
session – treatment). De Jongh et al wandten diese 1995 erstmals erfolgreich zur Behandlung
von Patienten mit Zahnbehandlungsphobien an.
Es gilt zu beachten, dass die Anwendung psychotherapeutischer Methoden nur in enger
Zusammenarbeit des Zahnarztes mit Psychologen und Psychotherapeuten unter
Kontaktaufnahme zu entsprechenden Instituten in Praxisnähe sinnvoll ist, um ein gemeinsames
Therapiekonzept festzulegen und somit den Therapieerfolg der Patienten zu gewährleisten. 83
81
vgl.: http://www.zm-online.de/m5a.htm?/zm/12_05/pages2/zmed1.htm
82
vgl.: Jöhren H.P., Sartory G.: Zahnbehandlungsangst – Zahnbehandlungsphobie: Ätiologie, Diagnose, Therapie;
Schlütersche GmbH & Co. KG – Verlag; 2002
83
vgl.: http://www.oralophobie.de/artikel3.htm
74
Den nicht medikamentösen, primär anxiolytischen Verfahren möchte ich demnach ein eigenes
Kapitel im Anschluss widmen, um die Notwendigkeit der psychotherapeutischen Intervention
und somit auch der oben genannten interdisziplinäre Zusammenarbeit hervorzuheben.
6.6.3 Psychotherapeutische Verfahren
An dieser Stelle möchte ich einen Überblick über die grundlegenden psychotherapeutischen
Verfahren geben, wobei hier angemerkt werden muss, dass diese Therapieverfahren ein
erhebliches Maß an Kooperationsbereitschaft beim Patienten voraussetzen.
Übende Verfahren (systematische Selbstbeobachtung, autogenes Training, progressive
Muskelrelaxation, Biofeedback)
Hypnotherapeutische Verfahren
Körperorientierte Verfahren
Gesprächstherapie
Tiefenpsychologische Verfahren
Verhaltenstherapie
Während suggestiv eingreifende Techniken, wie z. B. die Hypnose, für die Routineanwendung in
der zahnärztlichen Praxis aufgrund mangelnder Kompetenz nicht vorbehaltlos empfohlen
werden, gelten für Entspannungstechniken, wie z. B. das autogene Training („ (…) unter
ärztlicher Anleitung erlernbare Methode der konzentrativen Selbstentspannung“ 84 ) oder der
progressiven Muskelrelaxation nach Jacobson, das Gegenteil.
Die Heilung bzw. Verbesserung der Zahnbehandlungsphobie besteht in einer speziellen
psychotherapeutischen Behandlung, wobei hier unterschiedliche Therapiekonzepte und
Methoden durch spezialisierte Zahnärzte und / oder Psychotherapeuten und Psychologen zur
Anwendung kommen.
84
Kreyer G., Grundlagen der klinischen Dentalpsychologie; Facultas Universitätsverlag, 2004; S.103
75
Den psychotherapeutischen Interventionen liegen ganz allgemein folgende Prinzipien zugrunde
oder stellen zumeist eine Kombination dieser dar 85 :
85
-
Konfrontationsverfahren:
Der Patient wird schrittweise an die angsterregende Situation herangeführt, bis er gelernt
hat, dass er sie, ohne Schaden zu nehmen, durchstehen kann.
Hierbei spielt auch das Modelllernen eine große Rolle, denn ebenso wie Phobien durch
Beobachtung angstvoller Reaktionen durch eine Bezugsperson ausgelöst werden können,
können diese auch durch Lernen am Modell wieder abgebaut werden.
-
Stressmanagementtraining:
Der Patient erlernt angstlindernde Coping – Strategien, also Methoden, die er einsetzen
kann, um angstauslösende Situationen zu bewältigen. Durch Stressmanagementtraining
lernt der Betroffene, dass er auf seine Schmerzempfindung Einfluss nehmen kann. Neben
dem Erlernen von Entspannungstechniken werden die Patienten angeleitet, die ersten
Anzeichen ihrer Angst zu erkennen und die erlernten Bewältigungsstrategien
anzuwenden.
-
Kognitiver Ansatz:
Durch die psychotherapeutische Therapie erkennt der Patient die irrationalen und
angstfördernden Vorstellungen und Gedanken, auf denen seine Angststörung beruht.
Durch kognitive Strategien werden diese irrationalen Haltungen und Überzeugungen
aufgedeckt und zu entkräften versucht, indem der Patient lernen soll, seine irrationale
Einstellungen zum angstauslösenden Ereignis zu ändern (kognitive Modifikation).
-
Konfrontationsverfahren – systematische Desensibilisierung:
Diesem Verfahren liegt die Überlegung zugrunde, dass die durch Konditionierung
entstandene Angst durch Gegenkonditionierung eliminiert werden kann. Dazu werden bei
hierarchischer Vorstellung der Stimuli Entspannungsverfahren wie die progressive
Muskelentspannung nach Jacobson eingesetzt. Durch die Verbindung zwischen dem
angstauslösendem Stimulus und der Entspannung, der Gegenkonditionierung, verliert der
Reiz schrittweise seine angstauslösende Wirkung für den Patienten. Nach Sartory stellt
diese Methode ein hoch effektives Verfahren mit 70 – 95 % Erfolgsrate dar.
vgl.: Jöhren H.P., Sartory G.: Zahnbehandlungsangst – Zahnbehandlungsphobie: Ätiologie, Diagnose, Therapie;
Schlütersche GmbH & Co. KG – Verlag; 2002
76
Das deutsche Institut für „Psychosomatische Zahnmedizin, Psychologie in der Zahnheilkunde
und zahnärztliche Psychotherapie“ 86 beschreibt für die Behandlung von Patienten mit
Zahnbehandlungsangst oder – phobie folgende Vorgehensweisen und betont, dass die
verschiedenen Therapieansätze bisher zwar nicht wissenschaftlich in ihrer Effektivität verglichen
wurden, die unterschiedlichen Methoden jedoch einen hohen Effektivitätsgrad vorweisen:
1. Behandlung des Patienten durch einen psychologisch geschulten Zahnarzt bzw.
Verhaltenstherapie.
2. Psychologische Vorbereitung des Patienten ( 1-3 Stunden) durch Psychotherapeuten oder
Psychologen und anschließende Behandlung durch den Zahnarzt.
3. Vorbereitung und Behandlungseinstieg des Patienten durch einen psychologisch
geschulten Zahnarzt ( 1-3 Sitzungen) und anschließend Weiterbehandlung durch
Hauszahnarzt.
Diesen Methoden der gezielten psychologischen Führung gegenüber steht die Behandlung in
Narkose, wobei schon 1984 von Berggren Studien veröffentlicht wurden, die nachweisen, „dass
nur 30% der in Narkose behandelten Patienten sich im weiteren Verlauf einer regelmäßigen
Zahnbehandlung unterzogen, d.h. eine dauerhafte Angstfreiheit in 2/3 der Fälle nicht erreicht
werden konnte. Folgestudien bestätigten diese Ergebnisse.“ 87
Im Therapiezentrum für Zahnbehandlungsangst Bochum in Kooperation mit der Abteilung für
Psychologie und Klinische Psychotherapie der Universität Wuppertal und der Fakultät für Zahn-,
Mund- und Kieferheilkunde der Universität Witten / Herdecke werden die Patienten ganz
speziell auf die zahnärztliche Behandlungssituation vorbereitet. - Eine psychologische
Kurzintervention, eine Kombination von verhaltenstherapeutischen und kognitiven Elementen,
von dreimal einer Stunde im wöchentlichen Abstand umfasst hierbei insgesamt vier
Komponenten, nach deren Durchführung die Patienten behutsam an die zahnmedizinische
Therapie herangeführt werden. Die Inhalte der Kurzintervention nach Thom, Sartory und Jöhren
(2000) umfassen 5 Stufen:
86
vgl.: http://www.oralophobie.de/cgi-bin/macher_pub_fachinfo.pl?rubrik=4
87
http://www.oralophobie.de/cgi-bin/macher_pub_fachinfo.pl?rubrik=4
77
1. Informationsvermittlung bezüglich Angsterkrankung, Diagnostik und Aufzeigen der
therapeutischen Möglichkeiten
2. Entspannungstraining mittels progressiver Muskelentspannung nach Jacobson und
Aushändigung einer ÜbungsCD
3. Angewandte Entspannung und Desensibilisierung durch den Einsatz der
Entspannungstechniken bei der Vorstellung hierarchisch angeordneter
Behandlungssituationen (Stressimpfungstraining)
4. Erarbeiten förderlicher Selbstverbalisation und Überprüfung der Compliance
5. Schriftliche Zusammenfassung, Hausaufgabe
ad 1.: Psychoedukation, Information: (nimmt etwa 20 Minuten in Anspruch)
Der Patient erhält Information zu seiner Angsterkrankung, wobei die 3 Komponenten der Angst
(physiologische, kognitive und verhaltensmäßige Komponente) vorgestellt und am Beispiel
individueller Symptome des Patienten erläutert werden. Es gilt dem Patienten zu vermitteln, wie
sich diese Komponenten gegenseitig beeinflussen.
ad 2.: Entspannungstraining: (dauert ca. 15 Minuten)
Die Entspannungsanleitung mittels CD wurden dem Patienten bei Eintritt in die psychologische
Behandlung mit der Aufforderung, die Entspannung täglich zu üben, bereits ausgehändigt. In der
Regel hat der Patient also bereits 1 Woche lang geübt, bevor er sich in die Behandlungssitzung,
in der dieselben Instruktionen zur Anwendung kommen, begab.
ad 3.: Stressimpfungstraining: (dauert etwa 15 Minuten)
Der Patient wird mit den für ihn spezifischen Angstauslösern konfrontiert, und es wird ihm die
Entspannung als Kontrollmöglichkeit zur Angstreduktion in der konkreten
Zahnbehandlungssituation vermittelt. Dabei wird das Augenmerk auf ruhige Bauchatmung
gelegt und besonders die Muskelgruppen entspannt, die auf dem Behandlungsstuhl leicht zu
entspannen sind (z.B. die Beine).
78
ad 4.: Selbstverbalisation: (nimmt ca. 20 – 30 Minuten in Anspruch)
Mit dem Patienten werden einige dysfunktionalen Kognitionen („mein Zahn wird bestimmt
frakturieren“ etc.) aufgedeckt und förderliche Selbstverbalisation entwickelt und trainiert, wobei
der Patient die für ihn überzeugendsten Selbstverbalisationen notiert, um sie daheim
nachvollziehen zu können.
ad 5.: schriftliche Kurzzusammenfassung:
Am Ende der Sitzung erhält der Patient eine schriftliche Zusammenfassung der bearbeiteten
Inhalte, wird gebeten, die Entspannung weiter zu üben und bei aufkommender Angst in bezug
auf die zahnärztliche Behandlungssituation die Selbstverbalisationen einzusetzen.
Zusätzlich erhält der Patient einen Comic, der eine Figur beim Zahnarztbesuch zeigt. In
anschaulicher Weise werden hier dysfunktionale und funktionale Gedanken formuliert und der
Einsatz von Entspannung gezeigt. Der Comic erleichtert dem Patienten, Teilschritte des zu
überstehenden Zahnarztbesuches (vom Wartezimmer bis zum Behandlungsende) zu
durchdenken und die Anwendung der Bewältigungstechniken zu trainieren.
Ziele der anschließenden zahnmedizinischen Behandlungen, die anfangs eine für den Patienten
überschaubare Länge von ca. 15 Minuten haben sollten, sind:
9 kein erneutes Trauma zu setzen
9 Vertrauen zu sich selbst und dem Zahnarzt zu entwickeln
9 Kontrollgefühl über die Behandlung aufzubauen
Die schrittweise „Desensibilisierung“ ist Teil der verhaltenstherapeutischen Betreuung durch den
Zahnarzt, wobei die zunehmende Invasivität der zahnärztlichen Behandlung über die Zeit vom
Patienten nicht zuletzt aufgrund des wachsenden Selbstbewusstseins gut verkraftet wird.
Über diesen Therapieansatz wird in Bochum der Erfolg, Angstpatienten einer erfolgreichen
systematischen Behandlung zuzuführen, mit ca. 70 % angegeben. 88
„Die Phobie sollte nach Möglichkeit immer psychotherapeutisch behandelt werden, da ein
langfristiger anxiolytischer Erfolg durch die Prämedikation mit Midazolam oder durch eine
Behandlung unter Allgemeinanästhesie die Ausnahme darstellt.“ 89
88
vgl.: http://www.zm-online.de/m5a.htm?/zm/12_05/pages2/zmed1.htm und Jöhren H.P., Sartory G.:
Zahnbehandlungsangst – Zahnbehandlungsphobie: Ätiologie, Diagnose, Therapie; Schlütersche GmbH & Co. KG –
Verlag; 2002
89
Jöhren H.P., Sartory G.: Zahnbehandlungsangst – Zahnbehandlungsphobie: Ätiologie, Diagnose, Therapie;
Schlütersche GmbH & Co. KG – Verlag; 2002; S.72
79
Entscheidend für den Erfolg der Psychotherapie ist allerdings, wie gut der Patient mit dem
Therapeuten und dem Zahnarzt kooperiert, da andernfalls der langfristige Angstabbau
unwahrscheinlich ist. Die psychotherapeutische Vorbehandlung soll dem Patienten den Einstieg
in die regelmäßige zahnärztliche Versorgung ermöglichen.
6.6.4 Ziele der anxiolytischen Behandlung nach Kreyer
Aus den vielen grundlegenden Überlegungen zum Thema „Angstabbau in der Zahnmedizin“
sind ganz besonders die Richtlinien im Sinne einer Angstprävention bzw. Angstprophylaxe nach
Kreyer (2004) hervorzuheben, die folgende Leitsätze beinhalten90 :
9 Fügen sie nur wirklich unvermeidbaren Schmerz zu.
9 Behandlungsbedingter Schmerz sollte auf den kürzest möglichen Zeitraum beschränkt
werden.
9 Auch bei nur geringer Wahrscheinlichkeit für das Auftreten von Schmerzen – warnen sie
ihre Patienten davor.
9 Falls keine Schmerzen zu erwarten sind, vermeiden sie den Gebrauch diesbezüglich
emotionsbesetzter Wörter wie „Angst“, „Schmerz“, „Verletzung“ etc. Wählen sie
stattdessen möglichst neutrale Formulierungen.
9 Sagen sie ihrem Patienten in Bezug auf ihr weiteres Vorgehen stets die Wahrheit. Seien
sie berechenbar.
9 Vereinbaren sie mit dem Patienten eine Möglichkeit, sie jederzeit in ihrer Arbeit
unterbrechen zu können (Handzeichen, Schmerzalarmknopf).
9 Führen sie ihre Patienten behutsam an neue, für ihn unbekannte Dinge heran
(Desensibilisierung, „Tell – Show – Do – Methode“).
9 Verstärken sie erwünschte Verhaltensweisen (operantes Konditionieren), halten sie sich
mit Kritik unerwünschter Verhaltensweisen zurück.
9 Sorgen sie für ein angstreizarmes Ambiente der Behandlungsräumlichkeiten: Vermeiden
sie Hektik, Lärm, aversive Gerüche („Es riecht nach Zahnarzt“). Das Personal sollte eine
Atmosphäre von Freundlichkeit, Ruhe und Kompetenz ausstrahlen, die Räumlichkeiten
den Eindruck von angenehmer, sauberer Geborgenheit vermitteln: freundliche Farben,
90
Kreyer G., Grundlagen der klinischen Dentalpsychologie; Facultas Universitätsverlag, 2004; S.74
80
wo immer möglich, Fenster mit Grünblick (Tageslicht), evtl. Musik, Aquarien etc.
Die „Integrative Anxiolyse“ (Kreyer, 1991) verbindet in stufenweisem Vorgehen verschiedenste
angstlösende Techniken, mit dem primären Ziel einer psychologisch orientierten Zahn -, Mund –
und Kieferheilkunde. Jede Stufe hat in Abhängigkeit von den Bedürfnissen des Patienten
unterschiedlich starkes anxiolytisches Potential und bedarf weiters individueller Modifikationen
und Schwerpunktsetzungen.
Um das Gesamtspektrum diese Konzeptes zu erfassen, möchte ich nun diese stufenweise,
standardisierte Vorgangsweise kurz beschreiben:
Das Schema der „Integrativen Anxiolyse“ 91 beinhaltet folgende Aspekte:
1. Ambientegestaltung
2. Psychokonkordante Terminwahl
3. Anxiolytische Gesprächsführung
4. Verhaltenstherapie
5. „Positive Reiztherapie“
6. Entspannende Therapieverfahren
7. Hypnose – Hypnotherapie
8. Milieutherapie
9. Pharmakotherapie
10. Vollnarkose
Ambientegestaltung:
Der Phase des Erstkontaktes zwischen Zahnarzt und Patient kommt besondere Bedeutung
zu, wobei neben der verbalen und non – verbalen behutsamen Kontaktaufnahme, die eine
freundliche, sichere und fachlich kompetente Atmosphäre vermitteln soll, auch der
Primärkontakt mit den Praxisräumlichkeiten selbst eine große Rolle spielt.
Das Ambiente sollte möglichst alle Sinneskanäle ansprechen, mit dem Ziel, die
Aufmerksamkeit des Patienten weg von seinen Ängsten und Schmerzen zu lenken. Dazu
bieten sich farbpsychologisch optimierte Raumgestaltung mit der Bevorzugung von
91
Kreyer G., Grundlagen der klinischen Dentalpsychologie; Facultas Universitätsverlag, 2004; S.76 81
Tageslicht und warmen Farben, sowie der Einsatz von optischen
Defokusierungsmöglichkeiten wie Aquarien, Bilder oder auch Bildschirme an, wobei die
Präferenzen des gesamten Praxisteams zu berücksichtigen gilt, um ein angenehmes
atmosphärisches Ambiente zu schaffen. Der akustische Sinneskanal kann durch
Hintergrundmusik angesprochen werden, der olfaktorische durch Duftstoffe bzw.
ätherische Öle, wobei der Einsatz geruchsintensiver Pharmaka restriktiv zu handhaben
ist.
Psychokonkordante Terminwahl:
Das Psychokonkordanzprinzip nach Kreyer (1982) besagt, dass besonders bei phasen –
und schubweise verlaufenden psychischen Störungen die günstigen und ungünstigen
Perioden für eine zahnärztliche Behandlung zu berücksichtigen gilt, wonach die
Behandlungsschritte also in beschwerdearme bzw. – freie Intervalle verlegt werden
sollten. Nach Kreyer sollten für die optimale Planung sensibler Behandlungsschritte
außerdem der individuelle Tagesrhythmus jedes Einzelnen (Biorhythmus), relevante
vegetative Funktionsgrößen, die ihr Minimum in den frühen Nachmittagsstunden haben
(z.B. ausgeprägter Würgereflex bei Alkoholikern und manchen Neurotikern),
Wetterfühligkeit bzw. Migräneneigung mancher Patienten, hormonelle Besonderheiten
(Gravidität, Klimakterium etc.) usw. berücksichtigt werden.
In bezug auf Angstpatienten gilt grundsätzlich, dass die Wartezeit so minimal wie nur
möglich gehalten werden muss und bei Schmerzfreiheit gegebenenfalls ein Termin in
einer gesonderten, stressfreien Angstsprechstunde vereinbart werden sollte.
Das Nichteinhalten von Terminen stellt ein diagnostisches Kriterium der Angst bzw.
möglichen Phobie des Patienten dar. Jöhren und Sartory (2002) empfehlen das
Fernbleiben des Patienten dementsprechend als PNEMN (Patient nicht erschienen mit
Nachricht) oder PNEON (Patient nicht erschienen ohne Nachricht) zu notieren und ihm
klarzumachen, das sie das Nichtwahrnehmen eines Termins als Zeichen seiner Angst
werten. Solange man den Patienten noch nicht einschätzen kann empfiehlt es sich kurze
Termine zu vereinbaren, um nicht zu große Ausfallzeiten zu haben.
Anxiolytische Gesprächsführung:
Da die ärztliche Gesprächsführung ein primärer Schwerpunkt des Anxiolysekonzeptes
nach Kreyer ist und nur ein vertrauensbasiertes Arzt – Patienten – Verhältnis zu einer
entspannten Behandlungssituation führen kann, ist diesem wichtigen Aspekt ein eigenes
Kapitel gewidmet (6.3 Arzt – Patienten - Kommunikation / „Das ärztliche Gespräch“ )
Kommunikation, Ehrlichkeit und Empathie des Zahnarztes gegenüber seinen Patienten
bilden den Grundstein einer vertrauensvollen Zahnarzt – Patienten – Beziehung und
erhöhen gleichzeitig den therapeutischen Erfolg.
82
Verhaltenstherapie:
Mit der sogenannten „Tell – Show – Do“ – Methode und mit Begriffen, die nicht negativ
belegt sind empfiehlt es sich, den Patienten entsprechend der Angsthierarchie langsam an
die notwendige Behandlung heranzuführen (vgl. Jöhren und Sartory, 2002).
(vgl. dazu Kapitel 6.4: Grundprinzipien der Gesprächsführung)
In den ersten Sitzungen sollte man sich sicher sein, dass der Patient keine Schmerzen
erleidet, man sollte seine Versprechen halten, nichts tun, was der Patient nicht möchte
und die Behandlung öfters unterbrechen, um Pausen einzulegen und somit behutsam ein
Vertrauensverhältnis zum Patienten aufbauen. Ist ein Schmerzerlebnis nicht zu
vermeiden, sollte der Patient vor Behandlungsbeginn darüber aufgeklärt werden und ihm
durch Vereinbarung eines Zeichens (z.B. Heben einer Hand) die Möglichkeit geboten
werden, die Behandlung zu unterbrechen. Bei ersten kleinen Therapieerfolgen sollte der
Patient in seinem Verhalten durch Lob bestärkt werden, wobei der Zahnarzt stets
versuchen soll, auf individuelle Besonderheiten kommunikativ kompetent zu reagieren.
Zu bedenken gilt, dass das gesamte Praxisteam auf die gleiche Strategie eingeschworen
sein muss.
Hinweisen möchte ich an dieser Stelle auf die bereits erwähnten Maßnahmen zur
Angstreduktion von Margraf – Stiksrud (Kapitel 6.6.1), die zwischen Interventionen beim
Kind und Erwachsenen differenziert und zusätzlich noch die Gruppierung von
Erwachsenen mit milden Angstgefühlen, stärkeren Angstzeichen und extrem ängstlichen
erwachsenen Patienten vornimmt.
„Positive Reiztherapie“:
Der Wirkmechanismus der positiven Reiztherapie auf den Patienten beschreibt Kreyer als
Abschwächung bzw. Blockierung von negativen Sinnesreizen durch gezielt eingesetzte
positive Sinnesreize, wobei grundsätzlich alle Sinnesmodalitäten als therapeutisches
Adjuvans zur Verfügung stehen.
Kurz erwähnen möchte ich an dieser Stelle die Möglichkeit, bei psychisch behinderten
Patienten die Veränderung von Sprachrhythmus und Sprachmelodie oder haptisch –
taktile beruhigende Maßnahmen als positive Reiztherapie einzusetzen.
Ein angstreizarmes Ambiente, auf das bereits oben näher eingegangen wurde, ist unter
anderem durch ein wohltemperiertes Raumklima, die Berücksichtigung der Blickrichtung
des Patienten auf die als bedrohend empfundene Instrumentierung, das Vermeiden des
Blendens durch die OP – Lampe, sowie ein Personal, das den Eindruck von Kompetenz,
Freundlichkeit und Ruhe vermittelt, gewährleistet.
83
„Einen wesentlichen Schwerpunkt bei der positiven Reiztherapie bildet die Anwendung
der Musik zur psychophysischen Stabilisierung der Patienten.“ 92
Auf die sogenannte „Audio – Analgesie“ als mögliche nicht – medikamentöse
Intervention zur Schmerzreduktion (Jöhren, Sartory) wurde bereits im Kapitel 6.2.4
näher eingegangen.
Die transkutane elektrische Nervenstimulation (TENS) als eine weitere effektive Technik
im Konzept der positiven Reiztherapie wurde ebenfalls im Kapitel 6.2.4 bereits näher
erläutert.
Über den Einsatz von Videobrillen zur Defokussierung von Angstpatienten und
Ausblenden negativer optischer und akustischer Sinnesreize in der zahnärztlichen Praxis
bzw. sogenannter Mind – Machines ist im Kapitel 6.6.5 genaueres zu entnehmen.
Entspannende Therapieverfahren:
Die Beschreibung dieser psychotherapeutischen Verfahren zum Angstabbau in der
zahnärztlichen Behandlungssituation erfolgte bereits im Kapitel 6.6.3.
Hypnose – Hypnotherapie:
„Erickson (1956) definierte die Hypnose als einen Zustand intensiver Aufmerksamkeit
und Aufnahmefähigkeit mit einer erhöhten Reaktionsfähigkeit gegenüber einer
Vorstellung oder einem Bündel von Vorstellungen.“ 93
Die Kunst, tranceähnliche Zustände durch hypnotische Induktionen herbeizuführen, hat
jahrtausendealte Tradition, wobei der amerikanische Psychotherapeut Milton H. Erickson
(1901 – 1980) als Wegbereiter der modernen Hypnose gilt.
Kreyer definiert die Hypnose im Rahmen seines Konzeptes der Integrativen Anxiolyse
als ein „ (…) durch Suggestion bewirkter Zustand erhöhter innengerichteter
Aufmerksamkeit und herabgesetzter Willensbildung“, also weit entfernt von alten
Definitionen der Hypnose als „ (…) schlafähnlichen Zustand mit eingeschränkter
Willensbildung“ 94
92
Kreyer G., Grundlagen der klinischen Dentalpsychologie; Facultas Universitätsverlag, 2004; S.95
93
Jöhren H.P., Sartory G.: Zahnbehandlungsangst – Zahnbehandlungsphobie: Ätiologie, Diagnose, Therapie;
Schlütersche GmbH & Co. KG – Verlag, 2002; S.95
94
Kreyer (2004); S.106
84
Die American Society of Clinical Hypnosis erstellte folgendes Indikationsspektrum für
die Anwendung der Hypnose, wobei der wissenschaftliche Nachweis der Wirksamkeit
allerdings bis heute aussteht:
¾ Nervöse, ängstliche Patienten
¾ Menschen, die sich bei der Bewältigung von gestellten Aufgaben immer wieder
inkonsequent verhalten
¾ Würgereflex
¾ Daumenlutschen
¾ Bruxismus
¾ Spritzenphobie
¾ Prothesenintoleranz
¾ Angstpatienten
¾ zur Kontrolle von Blut – und Speichelfluss
¾ zur Verstärkung von Mundhygieneanweisungen
Laut Kreyer kommen für den erfolgreichen Einsatz der Hypnose im Rahmen der
Zahnmedizin noch weitere Faktoren in Frage:
¾ dringende Akutintervention
¾ Allergie gegen Anästhetika
¾ Patienten mit unzureichender Compliance
¾ orofaciale Parafunktionen
¾ myofunktionale Störungen
¾ Schmerzbehandlung
¾ Kollapsneigung
Trotz mitunter sehr beeindruckenden Berichten über die Hypnose als erfolgreiche
Methode der Schmerzausschaltung mangelt es an wissenschaftlichen, experimentellen
85
und klinisch kontrollierten Studien, die der Hypnose einen klar definierten Stellenwert im
Rahmen der Schmerztherapie und der anxiolytischen Therapien einräumen. Weiters
besteht heute Einigkeit hinsichtlich der Tatsache, dass Verhaltenstherapie für den
langfristigen Angstabbau der Hypnose, die lediglich als Unterstützung in der Behandlung
von Patienten mit Zahnbehandlungsangst, klar vorzuziehen ist. 95
Kreyer definiert die Anwendungsbereiche der Hypnose als Einleitungstechnik (die u.a.
das teilweise Ausblenden von Reizen aus der Umwelt bedingt), als Entspannungstechnik
(die vegetative Paramater zu beeinflussen in der Lage ist) und als Behandlungsform im
Rahmen einer Psychotherapie.
Milieuterapie:
Das umfassende Anxiolysekonzept von Kreyer zielt darauf ab, möglichst viele Faktoren
mit einzubeziehen, wobei dem allerdings in einer zahnärztlichen Praxis enge Grenzen
gesetzt sind. In diesem Zusammenhang seien nur einige Faktoren erwähnt: soziale
Struktur, Einbeziehen der „Außenwelt“, Berücksichtigen des Verhaltens anderer
(Praxispersonal etc.), Verbindung zum Alltag bzw. das Einbeziehen der
entwicklungspsychologischen, kulturellen und sozioökonomischen Faktoren.
Pharmakotherapie:
In der Literatur wird vielfach darauf hingewiesen, dass gelegentlich vor allem in der
Anfangsphase einer Therapie eine milde Pharmakotherapie als Einstiegshilfe von Vorteil
ist. Die Indikation hierfür besteht vorwiegend bei unaufschiebbaren Akutinterventionen
und Kindern.
„ In der Zahnmedizin kann es sinnvoll sein, im Rahmen der zahnärztlichen Anxiolyse ein
relativ kurz wirksames Benzodiazepin einzusetzen.“ 96
Dabei empfiehlt es sich, ein geeignetes Monitoring der wichtigsten kardiopulmonalen
Kreislaufkomplikationen oder allergischen Reaktionen, um gegebenenfalls als
Benzodiazepin – Antagonist das Antidot Flumazenil (Anexte®) einsetzen zu können. Zu
bedenken gilt, dass der verabreichende Arzt eine Notfallausbildung haben sollte und
einen sicheren venösen Zugang legen können muss.
Über die primär medikamentösen anxiolytischen Verfahren (Jöhren, Sartory) wurde
bereits im Kapitel 6.6.2 näher eingegangen.
95
vgl.: Jöhren H.P., Sartory G.: Zahnbehandlungsangst – Zahnbehandlungsphobie: Ätiologie, Diagnose, Therapie;
Schlütersche GmbH & Co. KG – Verlag, 2002 96
Kreyer G., Grundlagen der klinischen Dentalpsychologie; Facultas Universitätsverlag, 2004; S.124
86
Vollnarkose:
Die Vollnarkose wird auch von Kreyer als Ultima Ratio angesehen und definiert
vorwiegend seinen Einsatzbereich bei geistig behinderten Menschen. Vergleiche hierzu
auch S.50ff (primär medikamentöse Verfahren zur Schmerzreaktion).
„In der psychologisch orientierten Zahnmedizin sollte die Indikation zur Vollnarkose
außerordentlich eng gestellt werden, da sie der angestrebten Persönlichkeitsmodifikation
entgegenwirkt, weitere Vermeidungsreaktionen zur Folge hat und auch nicht jederzeit
verfügbar bzw. beliebig oft wiederholbar ist.“ 97
6.6.5 Weitere Strategien zur Angstbewältigung bzw. Entspannungs – und
Ablenkungsverfahren zur Beeinflussung von Zahnbehandlungsangst und –
ängstlichkeit
Kreyer beschreibt in seinem Konzept der „Integrativen Anxiolyse“ (siehe Kapitel 6.6.4 / S.79)
neben der Audio – Analgesie, der transkutanen elektrischen Nervenstimulation unter anderem
auch den Einsatz von Videobrillen und sogenannten Mind – Machines als Einsatzmöglichkeiten
der positiven Reiztherapie.
„Ein Vorteil der positiven Reiztherapie mit Videobrillen besteht darin, dass optischer und
akustischer Sinneskanal gleichzeitig aktiviert werden.“ 98
Thema „Methoden zur Patientenentspannung bei Zahnbehandlungsangst“ findet sich im Artikel
„Privatkino gegen die Behandlungsangst“ von Matscheck (16.03.2001) die Vorstellung eines
klinischen Tests einer Videobrille. Seit November 1999 existiert das Eye – Trek – System, wobei
von Olympus und Philips ein aufeinander abgestimmtes Geräteset für die Zahnmedizin erstellt
und getestet wurde. Wichtig hierbei war, dass das Gerät die Behandlung nicht stört, der Patient
durch gute Übertragungsqualität auch längere Filme betrachten kann und das trotz der
Ablenkung der Patient ansprechbar und kontrollierbar bleibt.
Der Effekt dieser Videobrille liegt nicht nur in der akustischen, sondern eben auch in der
optischen Ablenkung von der Behandlungssituation. Der Betrachter hat das Gefühl, als säße er in
97
Kreyer G., Grundlagen der klinischen Dentalpsychologie; Facultas Universitätsverlag 2004; S.126
98
Kreyer (2004); S.99
87
zwei Meter Entfernung von einem Großbildschirm, Behandlungsgeräusche werden durch den
satten Stereosound über integrierte Kopfhörer kaum wahrgenommen und nach Aussage von Dr.
Schneller, Dentalpsychologe der Universität Hannover, sind das Schmerz – und Angstempfinden
der Patienten durch diese Ablenkung reduziert, da ähnlich wie bei der Hypnose eine
Reizumleitung im Limbischen System stattfindet. Durch dieses Phänomen der Ablenkung und
Reizumlenkung war auch die Mundöffnung während der zahnärztlichen Behandlung häufig nicht
so verspannt, der Würgereiz mancher Patienten war fast vollständig verschwunden und nicht
unerheblich war auch der entspannte Effekt für den Behandler und sein Team.
Den Vorteilen dieser Möglichkeit der positiven Reiztherapie nach Kreyer stehen Nachteile wie
unerwünschte Störungen des therapeutischen Settings durch behandlungsbedingte Änderung der
Kopfneigung und Reparaturnotwendigkeiten aufgrund von Korrosionsphänomenen der
elektrischen Kontakte der Anlage gegenüber.
Der Einsatz sogenannter „Mind – Machines“ im Kontext der positiven Reiztherapie nach
Kreyer stellt eine relativ neue Entwicklung auf dem Gebiet der elektronisch unterstützten
Entspannung dar, auf die ich hier aber nicht näher eingehen möchte. Mind – Machines stellen
eine effektive Methode zur Erzielung eines mittleren Entspannungszustandes dar, wobei jedoch
die damit verbundenen Risiken und Gefahren (z.B. die Provokation eines epileptischen Anfalles)
vom Routineeinsatz in der zahnärztlichen Praxis abzuraten ist. 99
Abbildung 11
99
vgl.: http://www.zm-online.de/m5a.htm?/zm/6_01/pages2/zmed1.htm
88
7
Diskussion
Die abschließende Reflexion meiner Diplomarbeit soll nun nach kritischer Literatur – und
Internetrecherche bzw. den Besuch von Fachvorträgen und Vorlesungen, sowie das Einfließen
lassen eigener Erfahrungen und Beobachtung anderer in der zahnärztlichen Behandlungssituation
am LKH – Graz während meiner Ausbildung folgende Aspekte beinhalten:
Wurden meine eigenen Vermutungen und Überlegungen zum
Thema „Angst – und
Stressreduktion in der zahnärztlichen Behandlung“ vor Beginn dieser Arbeit bestätigt?
Waren in der differentialdiagnostischen Abklärung von
Angstphänomenen
geschlechtsabhängige Unterschiede zu finden?
Inwiefern bewahrheitete sich die besondere Bedeutung des
ärztlichen Gespräches in
Zusammenhang mit Patienten mit Zahnbehandlungsangst?
Welche krankheitsspezifischen Interventionen und Techniken
erleichtern die
zahnärztliche Behandlung von Patienten mit Zahnbehandlungsangst?
Grundsätzlich wurden meine eigenen Annahmen bezüglich der starken emotionalen Belastung
von Patienten mit Zahnbehandlungsangst während eines zahnärztlichen Eingriffes unter anderem
durch Beobachtungen deren Ausdrucksverhaltens nach genauerer Auseinandersetzung mit
diesem Thema nur bestätigt.
Im Rahmen des Literaturstudiums fanden sich Beweise für meine Annahme der Bedeutung der
persönlichen Eigenschaften und Verhaltensweisen während der Behandlung gegenüber dem
Patienten bezüglich der Entstehung und Vermeidung von Angstgefühlen. 100
Winnberg et al. (1973) und Jöhren und Sartory (2002) bestätigten diese Annahme in einer
Untersuchung, in der die Patienten als erwünschte Eigenschaften eines Zahnarztes neben
100
vgl.: Uexküll Th. & Wesiack W., Theorie der Humanmedizin; Urban & Schwarzenberg,
München 1988; NA: 1998
89
manuellem Geschick und kurzen Wartezeiten vor allem das Zuhören, das sich Zeit nehmen,
Freundlichkeit, Wärme, Ruhe, Aufklärung, sowie das Verständnis für die stress – und
angstbehaftete Situation angaben.
Fehleinschätzung der wirklich vorhandenen Angst des Patienten ist oftmals Resultat der
Tatsache, dass der Patient sein Verhalten dahingehend steuert, im Zahnbehandlungsstuhl sozial
erwünscht zu agieren. Meine Erfahrung auf diesem Gebiet beschränkt sich auf mehrmalige
Beobachtung des verbalen Austausches des Patienten mit der Assistentin hinsichtlich seiner
Angstgefühle während der Abwesenheit des Behandlers.
Als schwierig bestätigte sich die Annahme des hohen Erfassungsaufwandes von
Zahnbehandlungsangst für den Praxisalltag, wobei sich hier subjektiv – verbale Verfahren von
objektivierbaren Methoden zur Angsteinschätzung des Patienten unterscheiden lassen.
Besonders zu beachten gilt hierbei, dass auch das „Vermeidungsverhalten“ des Patienten bzw.
die Tatsache, dass der Patient als aggressiver, fordernder oder arroganter Mensch imponieren
kann, ein möglicher Hinweis für das Vorliegen einer Angststörung sein kann.
Durch eigenes Auftretens von Unbehagen in der Behandlungssituation mit schwierigen Patienten
besonders zu Beginn meiner Ausbildung konnte ich eine Art „Übertragung“ von Unruhe auf den
Patienten wahrnehmen.
Die Literaturrecherche (Tönnies und Heering – Sick, Sergl, Müller – Fahlbusch; 1989) im
Zusammenhang mit emotionalen, kognitiven und körperlichen Belastungsfaktoren von
Zahnärzten bei Behandlung von Patienten mit Zahnbehandlungsangst ergab, dass der Großteil
der Behandler die Minderung von Patientenangst als ihre Aufgabe sehen und sich dadurch stark
eingeschränkt und belastet fühlen. Auffällig hierbei war, dass personenzentrierte Zahnärzte mit
den Persönlichkeitshaltungen „Wertschätzung“, „einfühlendes Verstehen“ und „Echtheit“ sich
deutlich weniger eingeschränkt fühlen und mit zunehmendem Alter ein „Abstumpfen“ diesen
Situationen gegenüber auftritt.
Was die genderorientierten Unterschiede in der differentialdiagnostischen Abklärung von
Angstphänomenen betrifft sind folgende relevante Aspekte zu erwähnen:
Wie eine Studie von Glanzmann (1989) bestätigt, liegt der Hauptaspekt der
geschlechtsspezifischen Unterscheidung in Bezug auf Zahnbehandlungsangst in der Ehrlichkeit
der Beantwortung der Selbstbeurteilungsfragebögen. Männer schämen sich häufiger ihrer Angst,
leugnen diese also und geben somit oft von der Gesellschaft erwünschte Antworten.
In der Literatur werden hierfür als Begründung einerseits biologische Faktoren im Laufe der
Entwicklung, andererseits Faktoren der Sozialisation, während der von beiden Geschlechtern
unterschiedliches Rollenverhalten erwartet wird, erwähnt.
Laut Untersuchungen von Wöller, Alberti, Bachmann und Birkhoff (vgl. Sergl, Müller –
Fahlbusch, 1989) werden eindeutig genderorientierte Unterschiede bestätigt, was die deutlich
höhere situationsspezifische Angst von Frauen vor der Behandlung bzw. deren größere
Angstabnahme vor gegenüber nach der zahnärztlichen Behandlung betrifft.
90
Für Frauen haben laut Literatur situationsspezifische Einflüsse größeres Gewicht, außerdem
äußern sie ihre Angst deutlich häufiger als Männer.
Auffällig im Rahmen meiner Recherchen war, dass mit längerer Ausbildung und damit eher
gehobenen sozialen Positionen eine größere Flexibilität was die Rollenverteilung betrifft
verbunden ist, was unter anderem eine Studie von Nippert (vgl. Sergl, Müller – Fahlbusch,
1989) bestätigte.
Einzig und allein eine Untersuchung von Schmitz – Hüser (2006) zeigte im Rahmen meiner
Literaturrecherchen keine signifikanten genderorientierten Unterschiede in den Fragestellungen,
ob Zahnbehandlungsangst generelle geschlechterbezogene Aspekte aufweist, ob sie sich über
den Verlauf einzelner Situationen unterscheidet oder ob das Angstempfinden bei Frauen und
Männern auf der affektiven, kognitiven oder somatischen Reaktionsebene differiert.
Lehnartz (2003) beschreibt bei Frauen ebenfalls ein höheres Ausmaß an Zustandsangst sowohl
vor als auch nach der Behandlung, sowie einen wesentlich höheren Angstrückgang der
Zustandsangst als bei Männern. Auch Lehnartz verweist hierbei auf mögliche Unterschiede in
der Erziehung, die es dem männlichen Geschlecht nicht erlaubt, emotionelle Äußerungen
erkennen zu lassen und somit die Bereitschaft der Männer, über Angst zu berichten, sinken lässt.
Zu den genderorientierten Aspekten in Bezug auf das subjektive Schmerzempfinden bei
zahnärztlichen Maßnahmen in Verbindung mit Zahnbehandlungsangst möchte ich außerdem auf
die Studie von Gleissner (2008) verweisen, deren Ergebnisse neben der Verstärkung des
subjektiven Schmerzempfindens durch Zahnarztangst, auf eindeutige geschlechtsspezifische
Unterschiede in der Prävalenz und dem Ausmaß von Zahnbehandlungsangst und der Angst vor
zahnärztlichen Maßnahmen schließen lässt.
Was die genderorientierten Unterschiede im Rahmen der Bewältigungstechniken von
Zahnbehandlungsangst bei Kindern betrifft, liegt laut Literatur die Feststellung vor, dass beim
Prinzip des „Nachahmungslernen“ bzw. „Modelllernen“ folgende Annahme besteht:
Ob das Modell nachgeahmt wird, hängt prinzipiell davon ab, wie ähnlich es dem Kind ist, was
bedeutet, dass das beobachtende Kind meinen kann, nur Jungen (wenn es selbst ein Mädchen ist)
oder Mädchen (wenn es selbst ein Junge ist) können das.
Die besondere Bedeutung des ärztlichen Gesprächs in Zusammenhang mit Patienten mit
Zahnbehandlungsangst bewahrheitete sich insofern, dass in der Literatur vielfach darauf
hingewiesen wird, wie sehr die Arzt – Patienten – Kommunikation“ die Qualität der Anamnese
und der Therapie beeinflusst. Gefordert wird vom Patienten eine offene und umfassende
91
Kommunikation bei allen zahnärztlichen Behandlungsschritten, insbesondere über Dauer und
Intensität des zu erwartenden Schmerzes.
Kreyer (2004) macht das ärztliche Gespräch zum Schwerpunkt seines Anxiolysekonzeptes, das
auf sogenanntem „lenkenden Zuhören“ beruht, um Angsttrigger aufzudecken und die zunächst
unbewusste, unkontrollierbare Angst des Patienten allmählich in Furcht umzuwandeln, mit der
der Patient in der Lage ist, umzugehen und die er auch selbst bekämpfen lernen kann.
Zu bedenken gilt auch, dass eine ungenügende Arzt – Patienten – Kommunikation nicht nur
Einfluss auf die Compliance nimmt, sondern auch gravierende forensische Konsequenzen haben
kann.
Im Zusammenhang mit den krankheitsspezifischen Interventionen und Techniken, die die
zahnärztliche Behandlung von Patienten mit Zahnbehandlungsangst erleichtern sollen, muss der
Tatsache Beachtung geschenkt werden, dass – unter anderem durch Untersuchungen von Klepac
(1980), Hill (1952), Lautch (1971) und Müller – Fahlbusch (1991) bestätigt – ängstliche
Patienten schmerzempfindlicher sind. Schmerz und Angst beeinflussen sich aufgrund ihrer
subjektiv emotionalen Komponente gegenseitig, was im Rahmen meiner Recherchen auch durch
medizinische Bildgebungsverfahren (fMRT) in einer amerikanischen Studie (Ochsner, Ludlow,
Knierim, Hanelin, Ramachandran, Glover, Mackey; 2006) bestätigt wurde.
Jöhren und Sartory (2002) beschreiben im Rahmen ihres Behandlungskonzeptes wie in meiner
Arbeit beschrieben folgende Methoden:
1. Primär anxiolytische Verfahren
- medikamentös: Prämedikation, Sedierung, Analgosedierung
- nicht medikamentös: psychotherapeutische Interventionen
2. Primär schmerzreduzierende Verfahren
- medikamentös: Lokalanästhesie, Narkose
- nicht medikamentös: Audioanalgesie, TENS, Akupunktur etc.
Hierbei ist festzuhalten, dass für eine Allgemeinanästhesie, die nicht angstabbauend wirkt und
den Phobiker in seinem Vermeidungsverhalten unterstützt, eine strenge Indikationsliste bzw.
Kontraindikationsliste existiert. Besteht für den zahnärztlichen Behandler die Vermutung, dass
sein Patient unter einer Oralophobie leidet, so muss dies unbedingt durch den Einsatz der
spezifischen Fragebögen verifiziert und dokumentiert werden. Liegt dann eine
Narkoseindikation nach ICD10-GM-F40.2 (Oralophobie) vor, so sollte der Behandler zu seiner
Sicherheit diese Diagnose durch einen Facharzt für Psychotherapeutische Medizin oder einen
klinischen Psychologen bestätigen lassen, um weitere Behandlungsschritte einleiten zu können.
Durch die Ausführungen der Maßnahmen zum Angstabbau von Margraf – Stiksrud wird
nachvollziehbar, dass die Theorien der Angstentstehung beachtet werden müssen, um an den
richtigen Stellen der Prozesse der Angstentstehung Interventionen zum Angstabbau einbringen
zu können. Margraf – Stiksrud unterscheidet zwischen Maßnahmen zur Verringerung der
92
Angstreaktion bei Kindern – durch die Veränderung der Bedrohlichkeit der Reize im Sinne einer
systematischen Desensibilisierung und operanten Konditionierung, die Veränderung der
Bewältigungskompetenz des Kindes durch Nachahmungslernen bzw. Modelllernen, sowie durch
das sogenannte Coping – Modell (Ablenkung, Anspannung, Entspannung und kognitive
Techniken) – und bei Erwachsenen, die sie in Gruppen mit milden Angstgefühlen, stärkeren
Angstzeichen und extrem ängstliche Patienten unterteilt. Auch Margraf – Stiksrud empfiehlt
Kinder durch Prämedikation zu beruhigen, hypnotische Maßnahmen zu ergreifen oder im
„Notfall“ unter Narkose zu arbeiten, wenn akuter Behandlungsbedarf besteht und ein
Aufschieben angstbesetzter Maßnahmen unmöglich ist.
Als eine Art Weiterentwicklung der systematischen Desensibilisierung beschreibt Margraf –
Stiksrud die sogenannte „Reizkonfrontationstherapie“, die nach Meichenbaum auch als
„Angstimpfungstraining“ Erwähnung findet und nach Epstein eine Art Versuch darstellt, aus in
ihrer Angstkontrolle gestörte Patienten, erfahrene und angemessen Reagierende zu machen,
wobei diese bei der Annäherung an die Situation begleitet und dazu motiviert werden, ihr System
der Angsthemmung z.B. unter Anwendung von Selbstinstruktionen neu zu erlernen oder zu
verbessern.
Die psychotherapeutischen Verfahren, die ein erhebliches Maß an Kooperationsbereitschaft beim
Patienten voraussetzen inkludieren Interventionen wie übende Verfahren (systematische
Selbstbeobachtung, autogenes Training, progressive Muskelrelaxation, Biofeedback),
hypnotherapteutische Maßnahmen, körperorientierte Verfahren, Gesprächstherapie,
tiefenpsychologische Interventionen und Verhaltenstherapie. Diese Verfahren stellen meist eine
Kombination aus Konfrontationsverfahren im Sinne der systematischen Desensibilisierung,
Stressmanagementtraining und kognitiven Ansätzen dar.
Kreyer (2004) beschreibt in seinem Schema der „Integrativen Anxiolyse“ ein stufenweises,
standardisiertes Vorgehen bei Patienten mit Zahnbehandlungsangst, das die Aspekte, zusätzlich
zu den bereits erwähnten Interventionen wie adäquate Gesprächsführung, Verhaltenstherapie,
entspannende Therapieverfahren, Hypnose, Pharmakotherapie und Vollnarkose, auch eine
sogenannte psychokonkordante Terminwahl, anxiolytische Ambientegestaltung im Sinne einer
positiven Reiztherapie und die Milieutherapie beinhaltet.
93
8
Konklusion
Gleich anfangs möchte ich auf das große Dilemma in der Behandlung von Patienten mit
Zahnbehandlungsangst hinweisen. – Diese Patienten gehen meist erst dann zum Zahnarzt, wenn
der Leidensdruck bereits so stark ist, dass eine Behandlung unumgänglich erscheint.
Zu bedenken gilt hierbei, dass beim Vorliegen einer Entzündung eine Schmerzausschaltung
mittels Lokalanästhesie nicht gewährleistet werden kann, der Patient somit im Rahmen der
Notfallbehandlung Schmerzen erlebt, sich damit erneut in seiner negativen Einstellung einer
Zahnbehandlung bestätigt fühlt und die Weiterführung der Therapie infolge meist vermieden
wird.
Demnach ist es ratsam, bei krankhaft ängstlichen Patienten im Rahmen von Notfalleingriffen zu
ergänzenden Maßnahmen wie Prämedikation, Sedierung und Analgosedierung zu greifen, wobei
zu beachten gilt, dass die intravenöse Gabe eines Analgetikums und eines Sedativums im
Verbindung mit einer Lokalanästhesie die Gefahr der Bewusstlosigkeit des Patienten birgt und
somit die Möglichkeiten des kardiopulmonalen Monitoring und der Intubation gewährleistet
werden muss, was eventuell die Kooperation mit einem Anästhesisten voraussetzt.
Der diese Medikamente verabreichende Zahnarzt sollte eine Notfallausbildung haben und einen
sicheren venösen Zugang legen können.
Anhand von Literaturrecherchen im Rahmen meiner Diplomarbeit mit dem Ziel,
Voraussetzungen, Methoden und psychologische Hilfsmittel für eine angst –, schmerz – und
stressarme zahnärztliche Behandlungssituation näher zu betrachten, stieß ich neben kompetenter
Information, manuellem Geschick, Zuwendung und Wertschätzung des Patienten immer wieder
auf die absolute Dringlichkeit der Kommunikation.
Das psychotherapeutische Grundwissen des Zahnarztes sollte die Themenbereiche „Angstabbau“
und „ Umgang mit Stressreaktionen“ umfassen, um den Anforderungen des ärztlichen
Gespräches und insbesondere der Kommunikation mit Kindern gewachsen zu sein.
Die Anwendung psychotherapeutischer Methoden ist nur in enger Zusammenarbeit des
Zahnarztes mit Psychologen und Psychotherapeuten unter Kontaktaufnahme zu entsprechenden
Instituten in Praxisnähe sinnvoll, um ein gemeinsames Therapiekonzept festzulegen.
Zu bedenken gilt, dass es oft schon mit recht einfachen Mitteln wie zum Beispiel genaue
Information über die Art und Dauer einer Behandlungsmaßnahme möglich ist, die
Bedrohlichkeitserwartung des Patienten während eines zahnärztlichen Eingriff so einzudämmen,
dass die mit der Angst gekoppelten Vermeidungstendenzen überwunden werden können bzw.
sogar der Schmerz eher ertragen werden kann. Hierbei ganz entscheidend ist, sich der Sprache
des Patienten anzupassen, verständlich zu erklären und während der Behandlung auf das
Ausdrucksverhalten des Patienten zu achten, um dementsprechend rechtzeitig darauf reagieren
zu können.
94
Die Compliance stellt quasi die Messgröße für die Effektivität der bestehenden Kommunikation,
also einer guten Arzt – Patienten – Beziehung und somit einer entspannten Behandlungssituation
dar. Die Mitarbeit und das kooperative Verhalten des Patienten im Rahmen der zahnärztlichen
Behandlung sind von großem praktischem Interesse, da nicht zuletzt der Zeitfaktor im
Praxisalltag eine wesentliche Rolle spielt.
Der behandelnde Arzt sollte sich stets der Tatsache bewusst sein, dass die Qualität der Anamnese
und der Therapie deutlich steigen, wenn sich der Patient nicht ausgeliefert, sondern verstanden
fühlt, was zur Folge hat, dass er somit auch Therapievorschläge besser akzeptiert wird.
Unwahrheiten bezüglich der bevorstehenden Therapie oder Überraschungsangriffe werden von
den meisten Angstpatienten und vor allem von Kindern als Vertrauensbruch gewertet und
beeinflusst nachhaltig die Arzt – Patienten – Beziehung.
In diesem Sinne ist es unerlässlich, das zentrale Betätigungsfeld des Zahnarztes, das Cavum oris,
als persönlichkeitsnahe Schlüsselzone des Menschen zu achten und nicht nur als anatomische
Region zu verstehen, in welchem sich die Zähne als Objekte unserer Tätigkeit befinden.
Abbildung 12
95
9
Literaturverzeichnis
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www.za-angst.de
www.allgemeine-angstauskunft.de
www.zahnarzt-angst.de
www.traumzahnarzt.de (Seite der Zahnärztlichen Angstambulanz Hamburg)
www.forum-nat-zahngesundheit.de
www.dgzh.de (Information der Deutschen Gesellschaft für Zahnärztliche Hypnose)
http://www.zm-online.de/m5a.htm?/zm/12_05/pages2/zmed1.htm
(Dr. Dr. Norbert Enkling
Prof. Dr. Gudrun Sartory
Gabriele Marwinski
Priv.Doz. Dr. Peter Jöhren
Universität Witten /Herdecke
Abteilung für Zahnärztliche Chirurgie
und
Zahnklinik Bochum
Augusta-Kranken-Anstalt
Bergstraße 26
44791 Bochum)
http://www.zm-online.de/m5a.htm?/zm/22_06/pages2/zmed4.htm
(Priv.-Doz. Dr. med. Ralf Nickel
Facharzt für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie, Spezielle Schmerztherapie
(Direktor der Klinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie HSK Dr. Horst Schmidt)
Klinik Wiesbaden am Standort Schlangenbad
Rheingauer Str. 35
65388 Schlangenbad)
http://www.zm-online.de/m5a.htm?/zm/6_01/pages2/zmed1.htm
(Wolfgang Matscheck
Zeithstr. 138
53819 Seelscheid)
100
http://deposit.ddb.de/cgibin/dokserv?idn=980409128&dok_var=d1&dok_ext=pdf&filename=980409128.pdf
(„Untersuchung zum Zusammenhang zwischen
Zahnbehandlungsangst und kardiovaskulären
Parametern bei Betrachtung des affektiven, kognitiven
und somatischen Angsterlebens“
Von der Medizinischen Fakultät
der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule Aachen
zur Erlangung des akademischen Grades
eines Doktors der Zahnmedizin
genehmigte Dissertation
vorgelegt von
Peter Matthias Schmitz-Hüser)
http://www.aerztezeitung.de/panorama/auch_das_noch/default.aspx?sid=362709
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gers/klientenzentriertegespraechsfuehrungnachrogers.html (S.58)
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http://www.zm-online.de/m5a.htm?/zm/6_01/pages2/zmed1.htm (S.86)
102
11 Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1:
http://www.tarau.de/nofi/Images/APP_82_1517621813_MOO_507297.jpg
Abbildung 2:
http://www.stollart.de/teil2/images/stories/zahnarzt_1.jpg
Abbildung 3:
http://gesundheitsnews.imedo.de/wp-content/uploads/2008/12/zahnarzt-300x
300x220.jpg
Abbildung 4:
http://www.ims.uni-stuttgart.de/phonetik/joerg/sgtutorial/hirnfunktionen.html
Abbildung 5:
http://p3.focus.de/img/gen/U/B/HBUBFpKq_Pxgen_r_220xA.jpg
Abbildung 6:
http://www.nastorseriessix.de/wp-content/uploads/2009/02/54230060-angst-zahnarzt.jpg
Abbildung 7:
http://www.alzheimer-forschung.de/images/illu_anazomie.jpg
Abbildung 8:
http://www.mona.uwi.edu/fpas/courses/physiology/neurophysiology/AnterolatSys.htm
Abbildung 9:
http://www.intraligamentaere-anaesthesie.info/citoject.jpg
Abbildung 10:
http://www.zhkplus.de/jpg/f3b.jpg
Abbildung 11:
http://www.gizmag.com/pictures/hero/1276_02.jpg
Abbildung 12:
http://www.midentistry.com/images/A.jpg
103
12 Tabellenverzeichnis
Tabelle 1: Rachmann S., Angst: Diagnose, Klassifikation und Therapie; Verlag Hans Huber,
2000; S.12
Tabelle 2: http://arbeitsblaetter.stangl-taller.at/EMOTION/Riemann.shtml
Quellen: Riemann F. (1990). Grundformen der Angst. München: Ernst-Reinhardt-Verlag.
Sponsel, R. (2001). Die vier Grundstrukturen nach Fritz Riemann's Grundformen der Angst. IPGIPT. Erlangen: http://www.sgipt.org/gipt/
diffpsy/cst/cst0.htm (03-06-08)
Tabelle 3: Jöhren u. Sartory, „Zahnbehandlungsangst – Zahnbehandlungsphobie“,
Schlütersche Verlag, 2002; S.22;
nach einer Untersuchung an 98 erwachsenen Patienten ermittelten Liste von erwünschten und
unerwünschten Eigenschaften des Zahnarztes nach Winnberg et al. (1973)
Tabelle 4: Jöhren u. Sartory, Zahnbehandlungsangst – Zahnbehandlungsphobie;
2002, Schlütersche Verlag, S.36
Tabelle 5: Angstindikatoren aus: Jöhren u. Sartory, Zahnbehandlungsangst –
Zahnbehandlungsphobie; 2002, Schlütersche Verlag, S.37 und Sergl u. Müller –
Fahlbusch, Angst und Angstabbau in der Zahmedizin; 1989, Quintessenz Verlag,
S.17
Tabelle 6: Verhaltensbeurteilung nach Frankl et al. aus: Jöhren u. Sartory,
Zahnbehandlungsangst – Zahnbehandlungsphobie; 2002, Schlütersche Verlag,
S.38
Tabelle 7: Curriculum „Hypnose und Kommunikation“ 07 / Wien 18 / A2; 17. bis
18. 2.2008; Ausbildungskurs 2 / Grundlagen der ärztlichen Hypnose II;
Referenten: Dr. Allan Krupka, Dr. Nick Steiner; S.2
104
13 Curriculum vitae
Name:
Krainz Claudia
Geburtsdatum:
24.09.1975
Staatsbürgerschaft:
Österreich
Adresse:
Billrothgasse 45 b / 15
8047 Graz
Tel.Nr: 0650-9030777
Mail: [email protected]
Volksschule:
1982 – 1986 Volksschule Liezen
Mittelschule:
1986 - 1994 Stiftsgymnasium Admont unter besonderer
Berücksichtigung der musischen Ausbildung (Gesang,
Gitarre)
Ausbildung:
ab 1994 Studium der Humanmedizin mit Umstieg auf
Zahnmedizin im SS 01
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