Stephanie Petersen, B.A. HSG Design Thinking – modernes Innovationsmanagement Wir bewegen uns in einer Welt, die geprägt ist Der Ansatz von täglichen Veränderungen, neuen technolo- Grundgedanke und Erfolgsrezept des Design gischen Errungenschaften und dem Bedürfnis, Thinking: Für das Generieren von Innovationen die Zukunft so gut wie möglich zu planen. Be- und das Vorantreiben technischer Fortschritte kannte Gewässer zu verlassen und neue Wege adaptieren unternehmensinterne F-&-E-Teams, zu gehen, birgt für Unternehmen das enorme sowie Innovationsteams generell, die Arbeits- Potenzial, die Chancen der Zukunft zu nutzen. weise von Designern, Architekten und Ingenieu- Die Treiber sind Innovationen und technischer ren. Situativ werden externe Spezialisten hinzu- Fortschritt. Daher managen viele Schweizer gezogen, die Fachwissen, Prozess- oder Me- Unternehmen ihre F-&-E-Abteilungen mit gros- thodenunterstützung beitragen. Entscheidend ser Aufmerksamkeit und hohen Erwartungen. bei dieser Arbeitsweise ist die Kundennähe des Die aussergewöhnliche Arbeit der Forschungs- „Designers“ oder Entwicklers während des ge- abteilungen ist ein Garant für die exzellente samten Innovations- und Entwicklungsprozes- Qualität und die hohen Standards der hiesigen ses. Schon bei der Definition des Problems ist Produkte. der Kunde involviert und gehört – neben den Spezialisten, die den Prozess begleiten – zu den Innovationskraft und ein Gespür für Verände- wichtigsten Wissens-Ressourcen. Die Faktoren rungen in der Nachfrage sind entscheidend für Mensch, Unternehmen und Technologie stehen den langfristigen Erfolg eines Unternehmens, somit im Zentrum der Design-Thinking-Methode. besonders in wissensintensiven Branchen wie der Pharmaindustrie, der Medizin und dem Ein weiterer Erfolgsfaktor: Alle am Prozess be- Fahrzeugbau. Die Zahl der Wettbewerber steigt teiligten Personen sind motiviert, durch kontinu- – auch ehemalige Schwellenländer wie China ierliches Hinterfragen und Wiederholen einzel- haben in vielen Bereichen den technologischen ner Schritte die optimale Lösung (Innovation) zu Anschluss gefunden. Um wettbewerbsfähig zu entwickeln. Dabei wird diese Lösung interdiszip- bleiben, müssen Schweizer Unternehmen kürze- linär angegangen. Problem und Kundenbedürf- re Innovationszyklen erzielen und die Wahr- nis werden aus unterschiedlichen Perspektiven scheinlichkeit erhöhen, erfolgreiche Innovatio- betrachtet und formuliert und im Laufe des Pro- nen zu realisieren. Eine erfolgreiche Methode, zesses beliebig oft reformuliert. Dieses Vorge- um Innovationsprozesse zu unterstützen, ist hen ermöglicht den am Innovationsprozess be- Design Thinking. teiligten Personen, die relevante Umgebung in der Tiefe zu verstehen, und zwar unabhängig BSG Unternehmensberatung AG Rorschacher Strasse 150 CH-9006 St. Gallen Telefon: +41 71 243 57 57 www.bsg.ch [email protected] Stephanie Petersen, B.A. HSG 2 davon, ob es sich um produkt-, kundensegment- schritt sind essentiell. Dieser entscheidende oder marktspezifische Fragen handelt. Darüber Schritt der direkten Übertragung von Erkennt- hinaus bezieht man möglichst divergierende nissen führt zur Neubeurteilung der anfänglichen Einflüsse sowie markt- oder produktfremde Problemstellung sowie deren Umformulierung Trends und Überlegungen ein. aufgrund der neu gewonnenen Erkenntnisse. Es folgen verschiedene Phasen: das Generieren Die Regeln von Ideen- und Lösungsansätzen, das Bauen Grundgerüst der Methode sind vier Design- von Prototypen, das Testen der Prototypen und Thinking-Regeln, erarbeitet an der Stanford Uni- Auswerten der Ergebnisse. Dieser iterative Pro- versity. Sie sind während des gesamten Innova- zess wiederholt sich mehrfach während eines tionsprozesses einzuhalten: gesamten Design-Thinking-Prozesses. Alle Design-Aktivitäten sind sozial. Der Design-Thinking-Prozess ist aufgeteilt in Design Thinker müssen die Mehrdeutigkeit eine divergierende und eine konvergierende von Problemstatement, Bedürfnissen etc. bei- Phase, wobei der Übergang nicht abrupt statt- behalten. findet und manche Design Thinker beide Ansät- Jede Design-Aktivität ist ein Redesign. ze situativ verwenden. In der divergierenden Ideen greifbar und dadurch begreifbar zu Phase dehnt man den Raum aus, in welchem machen, vereinfacht die Kommunikation. man die Lösungen erarbeitet. Zunächst verfolgt und testet das Team also bewusst auch produkt- Für die Umsetzung bedeutet dies: Man sucht oder zweckfremde Lösungsansätze, um mög- prozessbegleitend den aktiven Informationsaus- lichst viele verschiedene Aspekte einzubezie- tausch mit den künftigen Nutzern der Innovation hen. In der konvergierenden Phase werden die und den am Prozess beteiligten Personen. Die- Lösungsansätze, Ideen und der meist noch sehr ser Informationsaustausch beginnt schon beim unausgereifte Prototyp zu einem funktionsfähi- Verständnis der Kundenbedürfnisse und des gen und ästhetisch gereiften Prototyp. Entschei- eigentlichen Problems. dend ist: Die Auflösung der Prototypen fällt anfangs sehr gering aus und beinhaltet jeweils nur Das Vorgehen eine, maximal zwei Eigenschaften des potenziel- Das Projektteam generiert die ersten Ideen, len künftigen Produktes. Zu Beginn der letzten sobald das gemeinsame Verständnis für ein und entscheidenden Phase sollte der Prototyp Problem vorhanden ist und Klarheit über das hingegen alle essenziellen Eigenschaften auf- weitere Vorgehen besteht. Jeder Lösungsansatz weisen, die der Kunde wünscht. wird als Prototyp realisiert. Damit erhöht sich einerseits die Kommunikation und das gemein- Bedeutung für Schweizer Unternehmen same Verständnis der am Prozess beteiligten Worin unterscheidet sich die Design-Thinking- Personen, andererseits lässt sich so der Wert Methode von bestehenden Ansätzen? Die ent- der Lösung durch Tests überprüfen. Die Doku- scheidenden Unterschiede sind der Fokus auf mentation der Erkenntnisse aus den Tests und den Menschen und der erwähnte iterative Ab- deren Übernahme in den folgenden Prozess- lauf, bei dem zahlreiche Prototypen physisch Stephanie Petersen, B.A. HSG 3 erstellt und bezüglich ihrer Eigenschaften getes- berühmten Box zu denken. Entsprechend gene- tet werden. Die Ergebnisse dienen dazu, das rieren viele der so entstandenen Innovationen Problem erneut zu betrachten, Ideen zu generie- einen hohen Nutzen für das Unternehmen und ren sowie weitere Prototypen zu entwerfen. So seine Kunden. kann das resultierende Produkt die Kundenbedürfnisse optimal erfüllen und ein Problem um- Einige Unternehmen haben Design Thinking fassend lösen. Zudem ermöglicht das anfängli- implementiert und damit eine Vorreiterrolle ein- che Prototypisieren und Testen mit niedriger genommen. Die Deutsche Bank als Trend Lea- Auflösung eine relativ preiswerte Auswertung der wendet die Design-Thinking-Methode bereits der Kundenbedürfnisse. erfolgreich an und immer mehr Unternehmen erkennen die Vorteile der Methode für ihre Inno- Zwei Wege der Integration von Design Thinking vationsprozesse. Man darf gespannt sein, ob in ein Unternehmen seien hier kurz erwähnt: und wie stark sich die Design-Thinking-Methode Erstens, die Methode wird als neuer Innovati- in der Praxis etablieren wird. onsprozess eingeführt oder, zweitens, sie ergänzt als Ideen- und Methodenset die bestehenden Innovationsmethoden. Die drei grossen Vorteile für ein Unternehmen mit Design Thinking sind: ein Werkzeugkasten mit einzelnen Elementen zur kreativen Ideengenerierung, eine extreme Kundennähe und ein Wissenszuwachs durch das Involvieren externer Experten. Bei richtiger Einführung und Anwendung der Methode kann sich die Zahl der brauchbaren Innovationen während eines Innovationsdurchlaufs massgeblich erhöhen. Fazit und Ausblick Um die Komplexität von Innovationsprozessen handhaben zu können, empfiehlt es sich, praxiserprobte Methoden zu übernehmen und an das eignen Unternehmen anzupassen. Design Thinking ist eine solche Methode – sie ermöglicht erfolgreiche und kundennahe Innovationen. Der Fokus liegt auf den Menschen und ihren Bedürfnissen, die sich dank des iterativen Prozesses bestmöglich identifizieren lassen. Die Berücksichtigung von branchenfremden Trends und das Einbeziehen diverser Wissensbereiche erlauben dem Unternehmen, ausserhalb der