Skript zur Vorlesung „Allgemeine Psychologie II“ (Prof. Dr. Christian

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Weder die Autorin noch der Fachschaftsrat Psychologie
übernimmt irgendwelche Verantwortung für dieses Skript.
Das Skript soll nicht die Lektüre der Prüfungsliteratur ersetzen.
Verbesserungen und Korrekturen bitte an [email protected] mailen.
Die Fachschaft dankt der Autorin im Namen aller Studierenden!
Version 1.0 (2011)
Skript zur Vorlesung „Allgemeine Psychologie II“
(Prof. Dr. Christian Unkelbach)
Wintersemester 2010/11
Allgemeine Psychologie II – Unkelbach WS 2010/11
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Allgemeine Psychologie II Unkelbach WS 2010/11
1. Was ist der Unterschied zwischen Handeln und Verhalten?
Verhalten ist unwillkürlich, automatisch, unbewusst
Sich verhalten ist empirisch wertlos, weil man sich nicht nicht verhalten kann.
Handeln ist absichtsvoll, zielgerichtet, sinnvoll
Veränderung oder Verhinderung einer Situation (produktives & präventives Handeln)
3 Stufen: mehrere Alternativen (Entscheidungsfreiheit), Abwägen & Entschluss
Impliziert rationales Handeln und Verantwortung !
2. Wenn Motivation das Zusammenspiel von Situation und Person ist, welche Rolle
spielen dabei Anreize, Ziele und Motive?
Das Ziel von Verhalten ist eine möglichst gute Affektbilanz („fühlt sich gut an“) (BIS-BAS) –
Ereignisse und Tätigkeiten erhalten Anreizcharakter wegen der ausgelösten Affekte.
Der Anreizcharakter entsteht durch Zusammenwirken von Umwelt (Hinweisreize) und
Person (und deren innerem Zustand), zum Beispiel hat ein trockenes Stück Brot einen hohen
Anreizcharakter auf eine hungrige Person, während es einen niedrigen Anreizcharakter auf
eine satte Person hat.
Motive sind menschliche Eigenschaften, auf bestimmte Ziele (zum Beispiel Leistung, Macht)
emotional zu reagieren. Damit bestimmten Motive, wie Menschen Dinge und Situationen
bewerten und welchen Anreizcharakter sie haben.
Nach Heckhausen gibt es Tätigkeits- und Ergebnisanreize.
3. Wie ist Maslow‘s Bedürfnis-Pyramide aufgebaut ?
Von unten nach oben:
1. physiologische Bedürfnisse (Hunger, Durst, Sexualität, Schlaf)
2. Bedürfnisse nach Sicherheit (persönliche, finanzielle)
3. Liebe & Zugehörigkeit
4. Anerkennung (durch sich selbst und andere)
5. Selbstaktualisierung
Wichtige Aussage: einige Bedürfnisse sind mächtiger als andere – grundlegende Bedürfnisse
motivieren stärker
Probleme:
1. Hierarchie wird nicht immer eingehalten (zum Beispiel Arbeiten trotz Hunger und
Durst, Fasten und Hungerstreiken)
2. empirisch schwer prüfbar
4. Was ist der Unterschied zwischen biogenen und soziogenen Motiven?
Biogene Motive (zum Beispiel Hunger, Durst, Sexualität – physiologische Bedürfnisse)
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1. angeborene emotionale Qualität
2. stark genetisch geprägt
3. variieren intraindividuell
Soziogene Motive (Anschluss, Intimität, Macht, Leistung)
1. gelernte emotionale Verbindung
2. stark durch lernen geprägt
3. inter-individuell unterschiedlich
beide haben je genetische und gelernte Anteile !
4. Wie kann man Motive messen?
1. Fragebogen
Annahme: bewusster Zugang zu internen Prozessen möglich;
Problem: soziale Erwünschtheit; kein Zugang zu unbewussten Motiven; „telling more
than we can know“
2. TAT (Thematic Apperception Test von Murray 1938 – thematischer Auffassungstest)
Zeigen eines Bildes; Aufforderung, Geschichte dazu zu erzählen; Interpretation nach
vorherrschendem Motiv (Macht, Bindung oder Leistung)
Problem: Validität
Feldstudie von Atkinson & McClelland (1948)
Matrosen fasten 1 bis 16 Stunden
Fragebogenergebnis: Bezüge zu Hunger mit umgekehrt u-förmigem Verlauf (erst niedrig
dann hoch, dann wieder niedrig)
in TAT: lineare Zunahme nahrungsbezogener Inhalte
3. Multi-Mutive-Grid (Sokolowski et al., 2000)
14 Bilder mit 12 Aussagen je keine, mittlere und hohe Ambiguität bezüglich der Situation
(Leistungs-, Macht- & Bindungskomponenten)
Empirische Anwendungen
1. Puca & Schmalt (1999): Durch Leistungsmotiv Vorhersage der Reaktionszeit und wie
angenehm die Reaktionszeitaufgabe erlebt wurde
2. Sokolowski & Kehr (1999): Durch Machtmotiv Vorhersage des erlebten Lernens in
einem Kurs für Manager
3. Schmalt & Langens (1999): Bindungsmotiv sagt Häufigkeit von Beziehugnsthemen in
Tagebuchstudie mit Studenten vorher
Wichtig: interindividuelle Unterschiede sagen vorher, welche Stimuli für eine Person
Anreizcharakter haben
zum Beispiel: Leistung (kompetent fühlen vs. fehlende Fähigkeiten), Bindung (gerne
andere treffen, Angst vor Zurückweisung), Macht (Einfluss ausüben, Angst vor
Kontrollverlust)
4. Warum sind Instinkte zur Erklärung von Verhalten problematisch?
Wegen der Zirkularität: aus einem Verhalten wird auf einen Trieb geschlossen, der dieses
Verhalten erklären soll.
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5. Was unterscheidet Lerntheorien und psychodynamische Theorien bei der
Erklärung von Verhalten?
In psychodynamischen Theorien wird davon ausgegangen, dass Verhalten von Trieben aus
dem Körper motiviert wird, deren Reduktion das Ziel des Verhaltens zum Lustgewinn sei.
Somit führen spezifische Triebe zu spezifischem Verhalten.
Lerntheoretisch hingegen wird angenommen, dass Verhalten nicht von innewohnenden
Trieben gesteuert, sondern gelernt wird durch Verknüpfungen von Reiz-Reaktionsmustern.
Dabei spielt die bei einer Reiz-Reaktions-Verknüpfung gemachte Erfahrung eine Rolle, wie
stark die Verknüpfung gespeichert wird.
Der Trieb ist also ein unspezifischer „Energielieferant“ für Verhalten.
Nach Hull entspricht die Stärke des Verhaltens der Stärke des Triebes multipliziert mit der
Stärke der gelernten Verbindung.
Theorien der Motivation
Freud, Verhaltensforschung, Soziobiologie
1. Mechanische und „gott-gleiche“ Menschenbilder?
Mechanische Menschenbilder gehen vom Menschen als einer Maschine aus, die über
bestimmte Regelkreisläufe funktioniert.
Hierzu zählen biologische Theorien (Darwin, Dawkins, Triebtheorien (Hull) und der
psychodynamische Ansatz (Freud).
Andere Theorien wie Attributionstheorien (Heider, Kelley, Seligman, Weiner) und die
Erwartungs x Wert Theorie (Atkinson) gründen auf dem Menschenbild eines bewussten
Individuums, das Entscheidungen kognitiv abwägt und willentlich fällt.
2. Struktur, Dynamik und Ebenen des Freud’schen Ansatzes
Struktur:
Es: gesamte psychische Energie, Lustprinzip; Primärprozess: verlangt direkte
Triebbefriedigung; kann real und irreal nicht unterscheiden
Ich: Realitätsprinzip: Aufschub von Triebbefriedigung (an die Realität angepasst),
Sekundärprozess (Denken, Wille, Logik, Gedächtnis)
Über-Ich: entwickelt durch Identifikation mit gleichgeschlechtlichem Elternteil; Belohnen +
Bestrafen
Dynmaik:
Lebens- & Todestrieb
Ebenen:
Bewusstes, Unbewusstes, Vorbewusstes
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3. Empirische Überprüfung des Freud‘schen Ansatz
1. Schwierig wegen tautologischem Zirkelschluss: zum Beispiel bei Ödiplus-Komplex - wenn
nicht zutreffend, wird wahrer Wunsch verdrängt.
2. Katharsis – Konzept von Bushman, Baumeister & Stack (1999) geprüft: VPN prügeln auf
Sandsack ein und bestrafen Mitspieler in fiktivem Spiel mit unterschiedlicher Lautstärke
Ergebnis: der Wunsch, den Sandsack zu schlagen korreliert hoch mit Aggression gegenüber
den Mitmenschen in den weiteren trials nach dem ersten.
4. Lorenz hydraulisches Modell und Kritik daran
Das Modell ist bildlich zu veranschaulichen anhand eines Wassertankes, dessen Schleusen
sich hydraulisch öffnen. Das Gewicht an der Schleusenöffnung sind die Reize – das Wasser
stellt die Triebenergie und damit die motivationale Kraft dar.
Wenn viel Wasser im Tank ist (starke Motivation), kann auch ohne das Ziehen des Gewichtes
an der Schleusenöffnung (Reize) eine Reaktion erfolgen. Umgekehrt kann auch bei wenig
Wasser im Tank (Motivation) durch ein schweres Gewicht (Reiz) die Schleuse geöffnet
werden und zu einer Reaktion führen.
Kritik:
1. „Energiereservoir“ lässt sich empirisch nicht nachweisen
2. Modell ist sinnvoll zur Erklärung von reaktivem Tierverhalten, nicht für willkürliches
Vorteile: Übersprungshandlungen (das Energiereservoir ist voll und daher wird bei Konflikten
zwischen Reaktionsmustern eine unpassende Reaktion ausgeführt) und Leerlauf- /
Vakuumhandlungen (volles Energiereservoir führt zu Verhalten, obwohl kein Reiz da ist)
können mit diesem Modell gut erklärt werden
5. Soziobiologische Grundannahmen und empirische Überprüfung dieser
Annahmen
Verhalten wird bestimmt von distalen / ultimaten Determinanten (Gene, Überleben der Art)
und Menschen sind sich der ultimativen Ziele Ihres Verhaltens nicht bewusst. Das Verhalten
ist flexibel und sichert das Überleben des Gen-Pools.
Empirische Überprüfung mit Fragebögen zu familiären Einschätzungen (zum Beispiel Kind
welchen Alters retten; Wichtigkeit der Großeltern). Schwer zu testen !
6. Vergleichende Würdigung dieser „maschinistischen“ Ansätze
Psychodynamisch:
1. keine Theorie im eigentlichen Sinne  empirisch schwer zu prüfen
2. hoher heuristischer Wert
3. Basis für Folgetheorien
Verhaltensforschung
1. proximale Determinanten von Verhalten (Hormone & Umwelt)
2. Unterscheidung Instinkt & instinktives Verhalten
3. erklärt eher Tierverhalten als willkürliches menschliches
4. Energiereservoir nicht empirisch nachweisbar
Soziobiologisch
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1. hoher heuristischer Wert
2. schwer zu testen
3. Analyse-Ebene: nicht an Individuen orientiert
Hull´s Triebtheorie und Lewin´s Feldtheorie
1. Charakteristika von Hull gegenüber Freud?
Gemeinsamkeiten: Homöostase & Hedonismus steuern Verhalten
Unterschiede:
Quelle der Motivation: geschlossenes Energiesystem (Freud) vs. beliebige Triebstärke (Hull)
Datenquelle: Therapie vs. Laborexperimente,
Erklärungen: psychologische Konstrukte vs. beobachtbare Bedürfnisse
2. Trieb vs. Instinkt als erklärende Konstrukte?
Trieb hat Vorteile im empirischen Belegen:
1. in physiologischen Parametern erfassbar
2. Möglichkeit, Trieb zu manipulieren: Stunden seit letzter Fütterung, letztem
Geschlechtsverkehr
3. Mathematische Formulierung und empirische Tests der Vorhersagen der
ursprünglichen Theorie?
Mathematische Formulierung:
Behaviour = Drive x Habit
Dabei stelle Drive die unspezifische Energie bereit, Habit ist die Verhaltenstendenz, die die
Richtung des Verhaltens bestimmt. Wenn kein Verhalten verstärkt wurde, hat das
unspezifische Verhalten die höchste Habit-Stärke.
Empirische Vorhersagen:
1. Trieb motiviert Verhalten (ist eine Energiequelle)
2. Trieb & Habit sind multiplikativ verknüpft
3. Trieb ist eine unspezifische Energiequelle.
I Multiplikative Verknüpfung
getestet von Perin (1942) und Williams (1938):
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Ratten werden Stunden lang nicht gefüttert (Deprivation) und können dann einen Hebel
drücken, um Futter zu erhalten.
UV:
Drive-Stärke (22 oder3 Stunden kein Futter)
AV:
Habit-Stärke (5 oder 90 Verstärkungen)
Anzahl gelernter Reaktionen bis zur Löschung (Extinktion)
Ergebnis:
Multiplikative Verknüpfung bestätigt.
II Trieb als unspezifische Energiequelle
Webb 1949: Ratten lernen eine Reaktion nach 22 Stunden Futterdeprivation
Reaktionen, die unter Deprivation eines relevanten Triebes gelernt wurden, können auch mit
einem irrelevanten Trieb energetisiert werden.
→ Vorhersage: Ratten, die unter Futterentzug ein Verhalten gelernt haben, zeigen dieses
Verhalten genauso stark bei Wasserentzug (d.h. brauchen gleich viele Reaktionen zur
Löschung dieses Verhaltens).
UV: Dauer der Wasserdeprivation
AV: Zahl der Reaktionen bis zur Löschung des Verhaltens
Ergebnisse:
Reaktionen nach 22 h Wasserdeprivation: 7,2
nach 22 h Futterdeprivation: 14,2
→ nur bedingt nachgewiesen: die Reaktionen werden am stärksten gelernt, wenn die
Bedingungen in Training und Löschungsphase gleich sind
Kritik:
Hunger & Durst sind nicht unabhängig: durstige Ratten sind hungriger als wasser-gesättigte
Ratten
→ Widerspruch zu Maslow (Hierarchie unabhängiger Bedürfnisse)
3. Weiterentwicklung der Theorie durch weitere Forschungsergebnisse?
III Miller: Ratten werden in eine weiße Box gesetzt, die durch Tür von schwarzer Box
getrennt ist; Tür lässt sich über Radbewegung öffnen
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Gitter unter Ratten wird unter Strom gesetzt → Ratten lernen öffnen der Tür + fliehen in
schwarze Box
nach einigen Durchgängen öffnen Ratten Tür schon vor Schock: Vermeiden statt Fliehen
Problem für Hull´s Theorie: kein Drive für Vermeidungsverhalten: es gibt keinen Schock
Erklärung: Stimuli erwerben über Konditionierung Trieb-Eigenschaften (weiße Box als
sekundärer Trieb)
→ Konzept des sekundären Triebes
Primärer Trieb = Hunger, Durst, etc.
sekundärer Trieb = Stimuli, die mit primären Trieben assoziiert werden
IV Crespi (1942): hungrige Ratten durchlaufen Labyrinth
UVs: Erhöhung / Verminderung der Futterkugel-Dosis am Ende des Labyrinths
1 zu 4 und 1 zu 16
256 zu 16 und 64 zu 16
KG: 16 konstant
Ergebnis: abrupte Verhaltensänderungen nach oben (bei Erhöhung der Dosis) und Abfall des
Verhaltens (bei Verminderung) können nicht mit Habit und Drive erklärt werden (beide
gleich bleibend)
→ Lösung: Incentives
neue Formel: E = D x H x I
Motivation = Trieb x Habit x Anreize
dabei ist Trieb der motivational Zustand im Organismus, Anreiz ein situativer Reiz in der
Umwelt
= nah an modernen Theorien: Motivation ist eine Interaktion zwischen Umwelt-Reizen und
dem motivierten Subjekt
4. Grundlegende Annahmen von Lewin‘s Feldtheorie?
Verhalten ist eine Funktion von Person und Umwelt, die gemeinsam einen „life space“ bilden,
der das Verhalten bestimmt.
Es ist zu unterscheiden zwischen der psychologischen und der physischen Realität.
5. Arten des Verhaltens nach Lewin?
4 Arten je nach Richtung (hin … zu oder weg von) & Regionen (1 oder 2):
Konsumverhalten, Fluchtverhalten, instrumentelles Verhalten, Vermeidungsverhalten
6. Wie entsteht Valenz nach Lewin? (Kontrast zum Behaviorismus?)
Als Funktion der Spannung innerhalb Person (z.B. hungrig vs. Satt) und den Eigenschaften
eines Zieles (z.B. Knäckebrot vs. Sandwich)
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Kontrast zum Behaviorismus:
Der innere Zustand des Menschen spielt eine entscheidende Rolle für sein Verhalten. Im
Behaviorismus wird davon ausgegangen, dass Verhalten nur als Reaktion auf Reize entsteht.
7. Was ist mechanistisch an der Feldtheorie?
Dass Verhalten und Valenz (die Verhalten motiviert) als Funktionen betrachtet werden, die
berechnet werden können.
Die motivationale Kraft lässt sich nach Lewin berechnen aus der Valenz als Funktion von
Spannung und Eigenschaften des Zieles im Verhältnis zur Entfernung zu dem Ziel.
8. Beitrag der Feldtheorie zur modernen Psychologie?
Das Konzept der Valenz als zentrales Element menschlicher Motivation.
Die hohe Anwendbarkeit und die menschliche Psychologie.
Die hohe Bedeutung der psychologischen Umwelt: eine Situation wird nicht in Bezug auf die
physikalische Beschaffenheit, sondern auf das subjektive psychische Erleben aufgefasst.
Erwartung x Wert –& Attributionsmodelle des Verhaltens
1. Kritik an bisher diskutierten Theorien (Hull, Freud, Lewin…)?
Mechanistisches Prinzip:
1. vor allem an Tieren zu untersuchen, wenig Bezug zum Menschen
2. Erwartungen & Anreize sind für Menschen wichtig und werden wenig berücksichtigt
3. Trieb lässt sich empirisch + physiologisch nicht nachweisen
→ Wechsel von „was löst Verhalten aus“ zu „was bestimmt Richtung des Verhaltens“ (weil
Organismen sich immer verhalten)
2. Determinanten in Atkinson‘s Theorie der Leistungsmotivation?
SEU = subjective expected utility
→ instrumentelles Verhalten, das höchsten Nutzen bringt
T=MxPxI
Tendency = Motive for success x Probability x Incentive
Tendenz = Leistungsmotiv (Personenfaktor) x Erfolgs-Wahrscheinlichkeit x subjektiver Wert
des Erfolges (Situationenfaktoren)
Anreiz = pride in accomplishment = Stolz
→ Anreiz und Wahrscheinlichkeit stehen im umgekehrten Verhältnis zueinander:
je geringer die Erfolgs-Wahrscheinlichkeit, desto höher der Anreiz
I=1-P
weil schwere Aufgaben zu mehr Stolz führen als leichte Aufgaben!
Hoffnung auf Erfolg:
Angst vor Misserfolg:
T=MxPxI
T = M x P x (-I)
3. Vorhersagen der Theorie für menschliches Verhalten?
Menschen mit einer hohen Hoffnung auf Erfolg suchen sich eher Aufgaben aus, bei denen die
Lösungswahrscheinlichkeit im mittleren Bereich liegt.
Menschen mit hoher Furcht vor Misserfolg suchen sich eher extrem schwere und sehr leichte
Aufgabenstellungen aus.
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4. Empirische Beispiele/Belege für die Theorie?
1. Moulton: Anspruchsniveau
VPN sollten Anagramme lösen. In der ersten Aufgabe bekamen sie eine Schwierigkeit von .5
vorgegeben, darauf sollten Sie zwischen .25 und .75 wählen.
Die Vorhersagen bestätigten sich:
bei einem höheren Motive for success (als Maf) wurde nach einem Erfolg die schwere
Aufgabe und nach einem Misserfolg die leichte Aufgabe gewählt. Umgekehrtes untypisches
Verhalten gilt bei einem höheren Motiv zur Vermeidung von Misserfolg: nach einem Erfolg
wird eine leichtere Aufgabe, nach einem Misserfolg eine schwerere Aufgabe gewählt.
2. Feather (1961): task persistence (Ausdauer)
VPN bekommen eine unlösbare Puzzle-Aufgabe und gesagt, dass 5% oder 70% der Menschen
im gleichen Alter die Aufgabe lösen.
Vorhersagen ebenfalls bestätigt:
Motive for success hoch: bei leichten Aufgaben mehr Ausdauer, bei schweren weniger
Motive for avoidance of failure: bei schweren Aufgaben mehr Ausdauer, bei leichten weniger
3. Atkinson & Litwin (1960): Aufgabenwahl
VPN sollen Ringe über Ziel werfen, variiert wird die Entfernung zum Ziel;
MforS: bevorzugen mittlere Entfernung
MaF: bevorzugen weiteste Entfernung
Problem / Kritik an Theorie: Menschen hoch in MaF können leistungsbezogene Situationen
nicht vollkommen vermeiden.
5. Zentrale Konzepte der sozialen Lerntheorie?
Verhalten ist determiniert durch das behavior potential, dies ist eine Funktion von der
Belohnungserwartung und dem Wert der zu erwartenden Belohnung.
Behavior potential
Expectancy
= Wahrscheinlichkeit, dass ein Verhalten auftritt
= subjektive Wahrscheinlichkeit, dass ein Verhalten zu 1 Verstärkung
führt (gelernt)
Reinforcement Value = relativer Wert einer Verstärkung (abhängig von persönlichen
Bedürfnissen)
Psychological Situation = beeinflusst Variation von Erwartung und Wert je nach persönlichen
Lernerfahrungen
behavior potential = f(e x rv)
6. Zusammenhang Attributionen und Motivationen?
Je nach angenommenem „Locus of Control“ entsteht die Verstärkung durch die eigenen
Handlungen oder durch externe Mechanismen.
Nach Fritz Heider schreiben Menschen Ereignissen Ursachen zu, weil sie
Kausalzusammenhänge erkennen wollen.
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Je nachdem, ob die Situation als stabil oder instabil eingeschätzt wird, ändert sich die
Erwartung darüber: wenn die Attribution z.B. external erfolgt, wird bei variabler Situation das
„Glück“ (Zufall) als Erklärung herangezogen. Wird die Situation als stabil eingeschätzt, so
wäre bei externaler Attribution die Aufgabenschwierigkeit verantwortlich für den Ausgang
einer Klausur. Bei internaler Attribution ist bei der Annahme einer Stabilen Situation die
Fähigkeit, bei variabler Situation die Anstrengung verantwortlich für Erfolg oder Misserfolg.
4 Dimensionen der Attribution sind daher wichtig für die Motivation:
1. Personenabhängigkeit (internal oder external)
2. Stabilität (stabil oder variabel)
3. Kontrollierbarkeit (kontrollierbar vs. unkontrollierbar)
4. Globalität (global vs. spezifisch)
Machtmotivation nach McClelland
1. Parallelen und Unterschiede des Machtmotivs zum Leistungsmotiv?
Parallelen:
1. Hoffnung & Furcht (bei Leistung: Erfolg+Misserfolg; bei Macht: Kontrolle,
Kontrollverlust).
1. antizipierte Affektbilanz (Leistung: Stolz & Scham; Macht: Stärke, Schwäche).
Unterschiede:
1. erwartete Ergebnisse (Erfolg – Kontrolle, Stolz-Stärke)
2. Leistung: Capacity to experience pride in accomplishment; Macht: Bedürfnis nach Einfluss,
Überlegenheit + Dominanz. → Machtbedürfnis bedarf immer eines Gegenübers um befriedigt
zu werden; Stolz kann auch z.B. bei erfolgreichem „Ringen“ mit Naturgewalten erlebt werden
(Besteigen eines Berges), die keine Konkurrenz oder Unterwerfung von Menschen
implizieren.
Befriedigung des Machtmotives ist nur möglich auf Kosten der (Entscheidungs-)Freiheit
anderer !
2. Was sind Komponenten des Machtmotivs und die entsprechenden Ziele?
Das Ziel ist die Kontrolle des Verhaltens und Erlebens anderer Personen gegen deren
Widerstand und damit das Hervorrufen von Verhalten bei anderen, das diese von sich aus
nicht gezeigt hätten.
Komponenten sind antizipierte Gefühle von Angst vor Kontrollverlust und Freude am
Kontrollieren anderer, in der Affektbilanz Gefühle von Stärke und Schwäche.
Nach McClelland ist Macht definiert als ein stabiles Bedürfnis nach Dominanz, Einfluss,
Stärke, Visibilität und Überlegenheit.
3. Welche Machtmittel gibt es?
Es werden 6 Arten von Machtmitteln unterschieden, die sich in unterschiedlichen
Beziehungskonstellationen finden:
1. Belohnungsmacht (zum Beispiel zwischen Eltern und Kindern)
2. Bestrafungs- und Zwangsmacht (zum Beispiel zwischen Wärter und Insasse)
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Expertenmacht (zwischen Arzt und Patient)
Informationsmacht (zwischen Experte und Laie, Meister und Geselle)
legitimierte Macht (Polizist – krimineller; König – Untertan)
Vorbildmacht (Gandhi – britisches Königreich)
4. Was sind Verhaltenskorrelate hoher Machtmotivation?
zur Kontrolle anderer und Kompensation von Kontrollverlusten sind
hoch Macht motivierte Menschen nach Winter (1973)
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öfter in Ämtern
mehr in wettkämpferischen Sportarten aktiv
von eher unscheinbaren Freunden umgeben
in Diskussionen beeinflussend
weniger hilfreich
mit mehr Prestigeobjekten ausgestattet (z.B. Mercedes)
aktiver im Konsumieren von Drogen
laut eigenen Angaben früher & aktiver im Geschlechtsverkehr
bedachter auf die Attraktivität der Sexualpartner
5. Effekte von Testosteron?
Nach Mazur & Booth (1998) korreliert hohes Testosteron mit Aggression und dominantem
Verhalten.
Ferner führen hohe Testosteronwerte in der Partnerschaft zu mehr Fremdgehen, höheren
Scheidungsraten und häufigerem Unverheiratetsein
Testosteron kann daher als unmittelbare biologische Operationalisierung des Machtmotivs
gelten.
6. Welche empirischen Belege zum Einfluss des Machtmotivs auf Verhalten gibt es?
McClelland & Watson führten 1973 ein Experiment zum Machtmotiv durch, in dem zunächst
die großen 3 Motive Bindung, Leistung und Macht gemessen wurden.
Das Machtmotiv wurde unterteilt in ein persönliches (privates) und ein soziales (öffentliches)
Machtmotiv.
Die Teilnehmer sollten im Leistungs-Teil der Aufgabenstellung arithmetische Aufgaben und
Puzzle-Probleme lösen – als AV wurde erhoben, für welche Schwierigkeitsstufe sich die
Teilnehmer entschieden.
Zum Testen des Machtmotivs wurden Risikoaufgaben gestellt, bei denen als UV Roulette
öffentlich oder privat gespielt wurde. Als AV wurde erhoben, wo die Chips gesetzt wurden.
Ein Ergebnis der Studie war, dass die Motive untereinander nicht korrelieren.
Weiter zeigte sich, dass hoch Macht motivierte Menschen beim Roulette spielen die höchsten
Risiken eingingen. Das gewählte Risiko war fast doppelt so hoch wie in der privaten Aufgabe.
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Die Vorhersage extremer Risiken bei hoch Macht motivierten Menschen hat sich somit
erfüllt: als „big winners“ oder „big loosers“ ziehen Macht motivierte Menschen die meiste
Aufmerksamkeit auf sich und sind somit besonders in öffentlichen Situationen eher bereit,
große Risiken einzugehen.
Aggression
1. Was ist eine Definition von Aggression und was sind Probleme der
Definition?Aggression ist definiert als ein Verhalten, das mit der Absicht ausgeführt
wird, andere zu schädigen.
Das Problem daran ist, dass diese Definition nicht für alle Beispiele von Aggression
vollkommen zutrifft.
Menschen erkennen Aggression, wenn sie sie sehen – allerdings ist die Definition zirkulär.
2. Was sind motivationale Erklärungen für Aggression?
Die motivationalen Erklärungen für Aggression unterscheiden sich je nach Kontext, in dem
die Aggressionen gezeigt werden.
Sie sind:
Soziales Lernen, phylogenetisches Lernen (aus evolutionärer Notwendigkeit), Todestrieb,
positive Affektbilanz und Erwartung x Wert – Modelle.
3. Theorien des aggressiven Verhaltens?
1. Todestrieb (Freud)
Nach Erfahrungen des 2. WK angenommener destruktiver Trieb: Thanatos = Instinkt, der zu
aggressivem Verhalten führt.
Katharsis: Abfuhr des Triebes führt zur Minderung der Aggression.
2. Frustrations-Aggressions-Hypothese (Dollard et al.)
Ursprüngliche Aussage: auf Frustration folgt immer Aggression, Aggression setzt immer
Frustration voraus.
Abgeschwächte Version: Frustration bedingt zahlreiche Wirkungen – eine davon ist
Aggression.
3. reformulierte FA-Hypothese (Berkowitz)
unangenehme Erfahrungen wie Schmerz, Frustration und Verluste führen zu einer negativen
Emotion, die wiederum Aggression verursacht.
4. General Affective Aggression – Modell (Anderson)
Aggression ist multifaktoriell bedingt, nicht nur durch 1 Faktor.
Input Variablen (sozial, personal und situational) lösen interne Prozesse (körperlich Erregung,
Emotionen und Kognitionen) aus – je nach Bewertung (appraisal) entsteht daraus Aggression.
4. Input-Faktoren in multi-kausalen Modellen?
Aggression wird durch folgende Input-Variablen begünstigt:
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Sozialer Input:
1. Frustration (z.B. in Form von Schulversagen, Fettleibigkeit und sozialem Ausschluss)
2. Provokation (speziell bei Minderheiten: Stereotypen)
3. Gewalt in den Medien (50% der TV-Sendungen; 70% ohne negative Konsequenzen)
4. Erregung (sexuell, Hitze)
Personale Input-Variablen:
1. Persönlichkeitstyp (Narzissmus + feindselige Attributionen)
2. Geschlecht (Männer sind aggressiver als Frauen)
3. Alter (höhere A. in Adoleszenz, weniger im hohen Alter)
4. hormonelle Einflüsse (Testosteron & Adrenalin erhöhen, Oxytocin vermindert)
Situationale Input-Variablen
1. hohe Temperaturen
2. Alkohol
3. Enge
4. Normen (z.B. culture of honor, gesetzliche Rechtfertigung von A.)
5. Hinweisreize (Waffen, aggressives Verhalten anderer)
5. Wie kann man aggressives Verhalten verhindern (theoriebasiert)?
1. Attributionsmuster ändern (Empathie: Baron 1976, Honking-Studien; Entschuldigung
für Provokation)
2. Nicht-aggressives Verhalten vorleben (Martin-Luther-King = Baron 1972, Gandhi)
3. Bestrafung (nur, wenn schnell + zuverlässig – Bower & Hildegard, 1981; schwere der
Strafe ändert nichts)
4. (Katharsis): verstärkt Aggressionen – empirische Nachweise … dennoch: im Kommen
Emotionen
1. Wie lassen sich Emotionen, Affekte, Stimmungen und Gefühle voneinander
abgrenzen?
Affekte sind kurze und sehr intensive Erlebenszustände, die handlungsrelevant sind (daher
auch juristisch: „Affekthandlung“).
Emotionen sind längere und weniger intensive Zustände, sie sind ebenfalls verhaltensrelevant.
Sie entscheiden zum Beispiel darüber, wen wir Umarmen oder Küssen.
Stimmungen sind lang anhaltende Hintergrundszustände, die nicht immer bewusst
erlebt werden. Sie sind meist wenig verhaltensnah, allerdings bereiten sie Verhalten
vor.
Gefühle sind die subjektiven Erlebniszustände, die sich aus dem Zusammenspiel der
drei Konstrukte Affekte, Emotionen und Stimmungen ergeben.
2. Welche zentralen Funktionen haben Emotionen?
1. Kommunikation (adaptiv): was fühlt das Gegenüber ? 2. Evaluation: was ist gut und was
schlecht ? 3. Vorbereitung: welche Handlung als nächstes ?
3. Wie passen diese Funktionen zur Idee der Affektbilanz in der
Motivationsforschung (Handlungsvorbereitung vs. antizipatorischer Affekt)?
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Das Ziel der positiven Affektbilanz bestimmt als Motivation das Verhalten, dabei sind
Emotionen ein Feedback – System, das sowohl über die derzeitige Situation als auch über den
Wert von Verhalten für zukünftige Emotionen informiert. Somit dienen Emotionen
beispielsweise in der Kommunikation der Anpassung an das Gegenüber, um eine positive
Affektbilanz zu erreichen und nicht von negativem Verhalten überrascht zu werden – im
besten Falle sogar eine positive Affektbilanz durch die Kommunikation zu erreichen.
4. Welche Komponenten zeichnen Emotionen nach Lazarus aus – wie sind diese
einzuordnen?
1. experientieller Aspekt: Gefühle, Stimmungen, Kognitionen – zu erheben über Selbstbericht
2.behavioraler Aspekt: Mimik, Gestik, Körpersprache, Verhalten – beobachtbar
3. physiologischer Aspekt: Herzschlagrate, Hormone, Hirnaktivität – physiologisch messbar
5. Was sind Verhaltensweisen, die durch Emotionen vorbereitet werden?
Nach Plutchik (1984) gibt es 8 Basisemotionen, die jeweils eigene Verhaltensweisen
vorbereiten. Diese sind fliehen, angreifen, sich paaren, weinen, sich binden, erbrechen,
prüfen, innehalten. Sie haben jeweils unterschiedliche Funktionen.
6. Was unterscheidet kategoriale und dimensionale Emotionsmodelle?
Kategoriale Emotionsmodelle wie das von Ekman & Friesen gehen davon aus, das sich die
menschlichen Emotionen aus Basisemotionen zusammensetzen (6 bei Ekman & Friesen). Bei
dimensionalen Emotionsmodellen wie nach Wundt (1910) wird von Dimensionen
ausgegangen (bei Wundt 3: Lust, Erregung und Spannung), die einen Raum beschreiben,
innerhalb dessen sich jegliche Emotionen abbilden lassen.
7. Was sind die wichtigsten Unterscheidungsmerkmale der großen
Emotionstheorien?
Die Aussage darüber, wie Emotionen entstehen: Bei den psycho – physiologischen Ansätzen
(James-Lange, Cannon-Bard) durch physiologische Erregung, bei kognitivistischen Ansätzen
(Schachter & Singer, Valins) durch kognitive Bewertung, bei Appraisal-Ansätzen (Lazarus)
und Attributionstheorien (Weiner) durch Interpretation bzw. Ursachenzuschreibung.
Frühe Emotionstheorien
1. Was kennzeichnet behavioristische Emotionstheorien?
Introspektion als Methode wird abgelehnt, nur objektiv messbares soll Gegenstand der
wissenschaftlichen Untersuchung sein.
Grundlage allen Verhaltens sind Reiz-Reaktionsverknüpfungen.
 Gefühle als erlebte Emotionen werden nicht untersucht, stattdessen sind Emotionen
intersubjektiv beobachtbare Reiz-Reaktionsmuster, die durch bestimmte
Umweltgegebenheiten verlässlich ausgelöst werden.
Emotionen sind ein chaotischer Zustand, der nur wenige Anpassungen an die Objekte der
Umgebung erlaubt.
2. Was sind im Behaviorismus die drei angeborenen Emotionsreaktionen?
1. Schreien und Urinieren (bei Furcht)
US = lautes Geräusch
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2. Rotwerden und Versteifen des Körpers (bei Wut) US = körperliche Einschränkungen
3. Glucksen und zustimmende Geräuche (bei Liebe) US = Stimulation erogener Zonen
Die Vielfalt der Emotionen entsteht aus behavioristischer Sicht durch freie Kombination
dieser angeborenen Reaktionsmuster. Durch klassische Konditionierung können statt dem US
auch viele CS die Reaktionsmuster auslösen.
3. Probleme der empirischen Evidenz und der theoretischen Position des
Behaviorismus zu Emotionen?
1. Konditionierung wurde nur für Furcht, nicht für Wut und Liebe empirisch
nachgewiesen.
2. Bei chaotischen Reaktionsmustern bleibt unklar, ob es sich um Emotionen handelt.
3. Die Reichhaltigkeit von Emotionen wird nicht erfasst.
4. Positiv: das Konzept der erlernten Furchtreaktionen ist wertvoll für (Verhaltens)therapeutische Interventionen.
4. Was ist das Besondere an der Emotionstheorie von William James und Carl
Lange?
Sie ist kontraintuitiv: es wird darin behauptet, dass das bewusste Wahrnehmen körperlicher
Veränderungen erst zu Emotionen führe.
Dies geschieht nach James & Lange in 3 Schritten: zunächst wird ein erregender Reiz
wahrgenommen, woraus zweitens eine emotionsspezifische körperliche (viszerale)
Veränderung folgt. Drittens wird die körperliche Veränderung bewusst als Emotion erlebt.
Die körperliche Veränderung ist eine Veränderung im autonomen NS (z.B. Schwitzen,
erhöhte Herzfrequenz, „Bauchschmerzen“ bei Furcht).
5. Was ist die Kritik von Walter Cannon an dieser Theorie und wie ist diese Kritik
aus heutiger Sicht zu bewerten?
1. Dass auch Querschnittsgelähmte noch Emotionen haben, obwohl das ZNS vom
autonomen NS getrennt wurde.
2. Viszerale Reaktionen haben eine mangelnde Spezifität, so tritt schwitzen sowohl bei
Wut als auch bei Furcht auf. Diese Kritik ist aus heutiger Sicht ungültig, weil James
sich nicht auf spezifische viszerale Emotionen bezog (dem damaligen Kenntnisstand
gemäß).
3. Cannon hielt außerdem die Eingeweide für unempfindliche Organe, deren viszeralen
Effekte nicht bewusst zugänglich seien.
4. Die viszeralen Reaktionen seien zu langsam, um direkte emotionale Reaktionen zu
erklären (z.B. Änderungen in Hormonkonzentrationen, im Blutdruck, etc.).
5. Bei künstlicher Stimulation der Viszera entsteht kein emotionales Erleben. (Maranon
injizierte 1924 Adrenalin und nur 30% der VP berichteten echte Emotionen, der Rest
„als ob“ – Emotionen.
6. Was ist die Lösung dieser Debatte durch Stanley Schachter und Jerome Singer?
Die physiologische Erregung ist eine notwendige, aber keine hinreichende Bedingung im
Erleben von Emotionen.
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Das eigentliche Erleben der Emotion folgt aus der Erklärung, die für die wahrgenommene
physiologische Erregung gefunden wird. Hierzu werden die Reize der Situation interpretiert.
7. Welche zentralen Konzepte ergaben sich aus dieser Debatte für moderne
Emotionstheorien?
Die zentrale Rolle von a) der Zuschreibung der Ursache für körperliche Erregung
(Attribution) sowie b) die Bewertung der Situation (Appraisal) in Emotionstheorien.
Kognitive Emotionstheorien
1. Einordnung der Theorie nach Schachter & Singer (1962)?
Sie löste die Debatte zwischen den James-Lange und der Cannon-Bard Theorie, die die
Ursache von Emotionen zum Gegenstand hatte: James-Lange sahen in der Wahrnehmung
physiologischer viszeraler Erregung die Ursache für Emotionen, während Cannon-Bard
viszerale Signale für zu langsam und vieldeutig als Auslöser von Emotionen hielt.
Schachter & Singer nehmen die physiologische Erregung als notwendige Bedingung für
Emotionen an, und fügen als hinreichende Bedingung die kognitive Erklärung hinzu.
Somit lassen sich die Vielfalt von Emotionen sowie kulturelle Unterschiede erklären.
Schwachstellen der Theorie sind das Design, die damit erhobenen Daten und fehlgeschlagene
Replikationsversuche von Marshal & Zimbardo 1979.
2. Valins-Effekt (Stärken und Schwächen der Studie)?
1966 sollten männliche Probanden 10 Fotos von halbnackten Frauen bewerten. Als UV wurde
die Wahrnehmung der eigenen Erregung manipuliert, operationalisiert in einem falsches
Feedback über die Herzfrequenz (in der Experimentalgruppe) und ein technisches
Hintergrundgeräusch (in der Kontrollgruppe).
Als AV wurde die Wahlhäufigkeit der Fotos sowie die Attraktivitätsbewertung erhoben.
Das Ergebnis war, dass die Teilnehmer bei angeblicher Veränderung in der Herzfrequenz die
Frauen als attraktiver einstuften und häufiger wählten.
Die Interpretation daraus spricht für die Theorie von Schachter & Singer: nicht die Erregung
selbst, sondern deren Wahrnehmung und die Erklärung dafür erzeugen Emotionen.
Stärken
Replikation!
Der Valins-Effekt wurde inzwischen mehrmals überprüft. Die Untersuchungen in
unterschiedlichen Bereichen kamen zu den gleichen Ergebnissen.
Schwächen
1. Valins-Effekt trat auch unter anderen Bedingungen auf
2. „demand characteristics“
3. Aufmerksamkeitsunterschiede in Experimental- bzw. Kontrollgruppe
4. Operationalisierung: Attraktivitätbeurteilungsskala & Bilderwahlen = fragliche
Emotionsindikatoren
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Valins nahm nach seiner Studie an, dass die kognitive Repräsentation über die eigene
Erregung ausreiche und die physiologische Erregung keine notwendige Bedingung zur
Entstehung von Emotionen sei.
3. Kritikpunkte von Zajonc am kognitiv-physiologischen Modell?
„Preferences need no inferences“: auch ohne kognitive Bewertungen entstehen Emotionen.
Belege dafür sind 1. die Geschwindigkeit von emotionalen Reaktionen (schneller als
Kognitionen), 2. dass auch Tiere Emotionen erleben und 3. dass Bewertungen durch
Emotionen auch ohne kognitive Unterscheidungen stattfinden (z.B. im mere exposure Effekt:
allein durch Wahrnehmen von Personen steigt Sympathiegrad zu Unbekannten).
4. Kernpunkte von Kognitiven Emotionstheorien?
Die Art und Intensität einer Emotion wird gestaltet durch die kognitive Bewertung.
5. Theorie von Weiner?
Menschen erleben Emotionen je nach Attribution der Ereignisse in 3 Dimensionen: internalexternal, kontrollierbar-unkontrollierbar und stabil-variabel.
Dabei erfolgt ein unbewusster Ablauf in 3 Schritten:
1. wird eine positive oder negative Bewertung vorgenommen, woraus eine Emotion folgt
(z.B. Freude oder Trauer).
2. Findet eine Ursachensuche für die Entstehung der Situation statt, wenn das Ereignis
als negativ bewertet wird, unerwartet war und für wichtig gehalten wird.
3. Geschieht eine weitere Kausalanalyse, bei der die Kontrollierbarkeit des Ereignisses
eine Rolle spielt: ist sie gegeben, so folgt daraus eine Verantwortlichkeit, woraus
wiederum differenziertere Emotionen wie Schuldgefühle oder Ärger entstehen.
Diese Theorie gilt vor allem im Leistungskontext, ist empirisch gut belegt und vielseitig
anwendbar. Sie erfasst allerdings nicht alle Dimensionen von Emotionen.
6. Theorie von Ortony und Kollegen?
Emotionen setzen nach Ortony, Clore & Collins Wertüberzeugungen und Wünsche / Ziele
voraus. Somit sind Erwartungen, die Erwünschtheit der möglichen Ergebnisse sowie die
Wahrscheinlichkeit des Eintreffens an der Entstehung von Emotionen beteiligt.
In der Theorie von Ortony et al. entsprechen das eigene Betroffensein, die Wahrscheinlichkeit
des Eintreffens und die Erwünschtheit der Situationen sowie damit verbundene Erwartungen
Stufen in einem Modell der Entstehung von Emotionen.
7. Positionen zur Beziehung von Emotionen und Bewertungen/Einschätzungen?
Es gibt 3 mögliche Positionen zur Beziehung zwischen Emotionen und deren Bewertung
(Appraisals):
1. Bewertungen sind Ursache für Emotionen (notwendige bzw. hinreichende).
2. Bewertungen sind Bestandteile von Emotionen (z.B. als Verschmelzung von Erregung
und Bewertung; → Schachter + Singer, 1964; Lazarus, 1991).
3. Bewertungen und Emotionen sind identisch, das heißt Emotionen als bewertende
Urteile sind gleich Kognitionen.
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8. Was sind Pro- und Contraargumente für kognitive Emotionstheorien /
Einschätzungstheorien?
Pro:
1. empirisch gut belegt
2. Vielfalt emotionalen Erlebens ist gut erklärbar (300 bis 2000 verschiedene Wörter für
Emotionen)
3. unterschiedliche Emotionen werden bei verschiedenen Menschen durch das gleiche
Ereignis ausgelöst (Sie & Niederlage für Fans, Zajonc; Lazarus, 1991: Einschätzung
ist entscheidend).
4. Direktes Erleben und Phantasie führen zu den gleichen Emotionen (spricht für Theorie
von Ortony et al.: Werte / Überzeugungen sind entscheidend).
Contra:
1. Sinneswahrnehmungen sind sehr häufig Ursache für Emotionen: schmeckt das essen
oder nicht (keine kognitive Analyse des Nährwertes zwischengeschaltet)?
2. Phobien = irrational, können subliminal dargeboten physiologische Reaktionen
auslösen.
Je nach Emotion sind die Forschungsergebnisse unterschiedlich:
Einfache gut-schlecht Einschätzungen sind unabhängig von der Kultur, über verschiedene
Situationen stabil, für unterschiedliche Individuen gültig und schnell sowie robust.
Differenziertere Einschätzungen variieren intraindividuell, brauchen länger, sind von Kultur,
Zielen und Werten abhängig und je nach Situationen variabel.
Ein Beispiel dafür ist das evaluative Priming, bei dem simple gut-schlecht Einschätzungen
genutzt werden.
Kategoriale und dimensionale Modelle
1. Was sind dimensionale Emotionsmodelle und welche Probleme haben diese?
Bei dimensionalen Emotionsmodellen werden Emotionen in einem mehrdimensionalen
Koordinatensystem dargestellt, so dass sich die einzelne Emotion mit den Ausprägungsgraden
auf den jeweiligen Dimensionen beschreiben lässt.
Beispiele sind die Modelle von Wundt (mit Beruhigung-Erregung, Spannung-Lösung, LustUnlust als Dimensionen), Osgood, Tuci & Tannenbaum (Evaluation, Erregung und Potenz als
Dimensionen) sowie von Traxel & Heide (angenehm-unangenehm und DominanzSubmission als Dimensionen).
Die Probleme sind, dass die Emotionen über Ähnlichkeitsanalysen von Selbstauskünften und
Clusteranalysen von Probanden-Daten kategorisiert wurden.
Dabei können die Introspektionen der Probanden falsch sein und es werden evlt. nicht die
Emotionen selbst untersucht, sondern nur deren mentale Repräsentationen.
2. Warum sagen kognitive Emotionstheorien Kulturunterschiede vorher?
Weil die kognitiven Grundannahmen in verschiedenen Kulturen sich unterscheiden. So zum
Beispiel unterscheiden sich gängige, allgemein angenommene Kognitionen (zum Beispiel
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Werte: das Individuum im Mittelpunkt oder eine hohe Bedeutung des Kollektivs) in Staaten
wie China und den USA.
Klineberg beschreibt beispielsweise Unterschiede in emotionalen Ausdrücken chinesischer
Literatur zu amerikanischer Literatur.
3. Was besagt die facial-feedback-Hypothese?
Dass nicht die viszerale Erregung, sondern das Feedback über die Anspannung der
Gesichtsmuskeln Emotionen auslöst.
Diese sind im Gegensatz zur Viszera schnell, hoch sensibel und sehr differenziert.
4. Was waren die Ideen und resultierenden Methoden von Ekman und Kollegen?
Ekman und Friesen nahmen an, dass sich sogenannte „Basisemotionen“ kulturunabhängig
finden lassen, weil diese nicht sozial gelernt sondern genetisch vererbt seien.
Ekman, Sorenson und Friesen zeigten in ihrer ersten Studie 1969 6 Fotos mit
Gesichtsausdrücken zu Basisemotionen und ließen diese anschließend benennen.
Die Versuchspersonen waren sowohl aus „Schrift-Kulturen“ als auch aus „Schrift-freien“
Kulturen, die fernab der westlichen Zivilisation lebten.
Die Ergebnisse waren, dass es gute Wiedererkennung der 6 Basisemotionen über die Kulturen
hinweg gab – allerdings waren die Effekte bei den Schrift-freien Kulturen schwächer.
Bei den „Fore“ wurde Überraschung mehrheitlich als Angst erkannt, gefolgt von einer
Interpretation als Wut – auch Traurigkeit wurde hier für Wut gehalten.
5. Wie lassen sich die Ergebnisse von Ekman und Kollegen erklären? Was ist die
Rolle von Kultur im emotionalen Erleben?
Die Ergebnisse lassen sich einerseits mit Sprachbarrieren erklären: die Eingeborenen konnten
nicht lesen und mussten sich daher alle 6 Emotionen merken, wodurch das Arbeitsgedächtnis
erheblich belastet war (und sich Primacy und Recency – Effekte ergaben).
In einer zweiten Studie mit den Fore wurde die Aufgabenstellung abgewandelt: den
Probanden wurde eine Geschichte vorgelesen und sie sollten ein dazu passendes Gesicht aus
einer Reihe dargebotener Gesichtsausdrücke wählen.
Diese Methode veränderte die Ergebnisse dahingehend, dass die Emotionen fast alle richtig
erkannt wurden. Allerdings wurde Angst wenn sie mit Überraschung und Traurigkeit
zusammen dargeboten wurde nur zu 28% erkannt.
Kultur bestimmt demnach,
1. welche Umstände eine Emotion auslösen (zum Beispiel wurde für „Angst“ sehr
ausführlich die Situation geschildert, dass eine Wildsau plötzlich in der Küche steht).
2. Welche Handlungen auf eine bestimmte Emotion folgen
3. wann und wie welche Emotionen gezeigt werden.
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6. Was ist der wissenschaftliche Zweck der Suche nach Primär- bzw. BasalEmotionen?
Bei Basal-Emotionen kann von einer biologischen, evolutionären und sozialen Notwendigkeit
der jeweiligen Emotionen ausgegangen werden. Somit lassen sich Rückschlüsse auf die
Kontexte ziehen, in denen solche Emotionen auftreten. Auch spricht das für eine besonders
hohe Bedeutung der Basal-Emotionen.
Als biologisches Primat haben Basal-Emotionen einen evolutionären Ursprung, sind
biologisch festgelegt und universal zu finden.
Psychologisch betrachtet sind Basal-Emotionen nicht weiter in andere aufzuteilen, sie treten
früh in der ontogenetischen Entwicklung auf und sind universal zu finden.
Sinvoll kann die Annahme basaler Emotionen erscheinen, um die Vielfalt erlebbarer
Emotionen zu untergliedern.
7.
1.
2.
3.
Was ist die Kritik von Ortony & Turner am Konzept der basalen Emotionen?
Die große empirische Varianz in der angenommenen Zahl basaler Emotionen.
Die fehlende theoretische Abgrenzung zu Primär- und Sekundäremotionen.
Es lässt sich empirisch nicht wiederlegen, ob eine Emotion basal ist oder nicht – somit
ist die Erklärung wertlos.
4. Emotionen sind wie Sprachen: es gibt keine „Ursprache“ - die Basics sind zwar
sinnvoll in Chemie und Kunst, nicht aber in der Emotionsforschung.
Emotion & Kognition
1. Was sind mögliche Beziehungen von Emotion und Kognition
1. Emotionen sind Unterarten und damit Teilbereiche von Kognitionen.
2. Emotionen und Kognitionen beeinflussen sich wechselseitig. Diese Annahme ist
empirisch nicht nachweisbar, weil es 3 Freiheitsgrade gibt (Wirkung Kognitionen auf
Emotionen, Wirkung Emotionen auf Kognitionen, Wechselwirkung).
2. Was sind Flashbulb-Memories? (Kritik am Konzept?)
Flashbulb Memories sind sehr detaillierte Erinnerungen an selbst ausgeführte Tätigkeiten
während einprägsamer Ereignisse.
Kritik: alleine durch häufiges Reden über dramatische / einzigartige Ereignisse (wie Anschlag
auf WTC) wird Erinnerung gefestigt.
3. Was sind neben Gedächtnis- und Aufmerksamkeitseffekten die klassischen
Felder des Zusammenspiels von Emotion und Kognition?
Kongruenz-Effekte, Urteilseffekte und Denkstil-Effekte.
Bei Kongruenz-Effekten geht neben dem besseren Abrufen von Worten, die die gleiche
Valenz haben wie eine Emotion beim Lernen, im Priming das Erkennen und Klassifizieren
besser. Hierzu haben Isen et al. und Bower Studien durchgeführt.
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Bei Urteilseffekten (z.B. von Schwarz und Kollegen erforscht) nutzen Menschen Emotionen
für Urteile, zum Beispiel über die Zufriedenheit mit dem eigenen Leben oder Produkte. Weil
die Ursachenzuschreibung oft fehlattribuiert wird, setzt die Werbung auf positive
Stimmungen – so kann es passieren, dass die Fehlattribution auf das Produkt erfolgt.
Die Denkstil-Effekte, die Bless & Fiedler erforschten, zeigen dass die Valenz von Emotionen
die Art der Kognitionen prägt: bei positiven Emotionen denken Menschen kreativer, bei
negativen Emotionen sind sie aufmerksamer (insbesondere für Details, die bei guter
Stimmung leicht übersehen werden).
4. Wie haben Isen et al. (1978) Stimmungskongruenz gezeigt? Was waren Probleme
bei dieser Studie? Was ist „state-dependent memory“?
Zunächst versetzten Isen et al. die Versuchspersonen in positive und negative Stimmung,
indem sie deren Gewinnchancen bei einem Computerspiel derart manipulierten, dass Gewinne
oder Verluste erzielt wurden.
Den Teilnehmern wurden anschließend 36 Wörter dargeboten – darunter waren 6 positive, 6
negative, 6 neutrale und 18 Kontrollwörter.
Das Design der Untersuchung war ein 2x2 Design: die VPN spielten zunächst (t1) mit
Gewinn oder Verlust, hörten dann die Wörter über Tonband, spielten noch einmal (t2) und
wurden die Wörter abgefragt.
Als AV wurde die Zahl der Wörter je nach Valenz erhoben.
Das zweimalige Spielen wurde durchgeführt, um die „state-dependent memory“ als Ursache
für das bessere Lernen (bzw. Enkodieren) auszuschließen. Dabei handelt es sich um das
Phänomen, dass Erinnern von Wörtern am besten gelingt, wenn der Zustand beim
Abspeichern und Abrufen gleich ist.
Problematisch an der Studie ist, dass es keinen großen Effekt gibt bei negativen und neutralen
Wörtern und dass kein Manipulation-Check vorgenommen wurde (keine Überprüfung, ob die
schlechte oder gute Stimmung tatsächlich vorhanden ist).
Die Probleme bei der Studie waren außerdem, dass es sich um eine Antwort-Tendenz statt den
Effekt einer positiven Stimmung handeln könnte. Denn der Effekt ließ sich signifikant nur für
positive Wörter zeigen.
Mit der Signalentdeckungsanalyse haben Fiedler et al. dies jedoch 2001 ausgeschlossen, da
sie nachgewiesen haben, dass die Sensitivität und nicht das Antwortverhalten für den Effekt
verantwortlich sind.
5. Wie erklärt Bower (1981) das Zusammenspiel von Emotion/Stimmungen und
Gedächtnis?
Mit einem Netzwerkmodell: darin sind Emotionen Knoten im Netzwerk, die sich
wechselseitig hemmen oder aktiveren. Zum Beispiel wird bei Aktivierung des Knotesn
„Freude“ der Knoten „Ärger“ gehemmt. Zusätzlich ist es wahrscheinlich, dass
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Informationspfade im Umfeld des aktivierten Knotens aktiviert werden – es entsteht eine
„spreading activation“.
Mit dieser Theorie lassen sich die Phänomene stimmungskongruenter Erinnerungen sowie
zustandsabhängige Erinnerungen (zum Beispiel unter Drogen) erklären.
6. Wie haben Schwarz & Clore (1983) Urteilseffekte gezeigt und sich dabei von
Kongruenz-Effekten abgegrenzt?
Im Experiment von Schwarz & Clore gab es 2 unabhängige Variablen: das Wetter (das nicht
im eigentlichen Sinne ein UV ist, weil es nicht aktiv manipuliert werden kann) und die
Attribution der eigenen Stimmung auf das Wetter. Diese wurde durch die Art des Fragens
manipuliert: es wurde das Wetter entweder nicht erwähnt, beiläufig erwähnt oder direkt
danach gefragt.
Als abhängige Variable wurden Glücklichsein und Zufriedenheit auf einer Skala von 1 bis 9
abgefragt.
Das Ergebnis war, dass in der Bedingung ohne Erwähnung des Wetters die Angaben
signifikant schlechter waren (ca. 2 Punkte).
Die Abgrenzung zum Kongruenz-Effekt erfolgte über die Tatsache, dass die Teilnehmer über
Ihre jetzige Lebenszufriedenheit befragt wurden. Hierzu gibt es keinen im Gedächtnis
gespeicherten Wert, der zu einem bestimmten Zeitpunkt enkodiert wurde und mit dem
jetzigen kongruent sein könnte.
Allerdings ist es verwunderlich, dass bei „Hapiness“ sonnig die Werte bei der beiläufigen
Erwähnung nicht korrigiert wurden, und auch nicht signifikant bei „Zufriedenheit“.
7. Wie erklären Bless und Kollegen die asymmetrischen Effekte von S & C?
Diese Asymmetrie erklären Blesse et al. motivational, indem sie annehmen dass Menschen
generell vor allem ihre schlechten Gefühle erklären wollen (weil diese von den sonst
vorherrschenden positiven abweichen).
8. Was sind Assimilation und Akkomodation? Wie passt dies zu den anderen
Funktionen von Emotionen?
Bei der Assimilation werden äußere Reize den inneren Schemata, Heuristiken, Skripten und
Stereotypen angepasst. Die Top-Down Verarbeitung ist stärker, nach dem Motto „alles ist
gut“. Insgesamt ist die Verarbeitung von Information kreativer und holistischer.
Die Akkomodation hingegen meint die eigene Anpassung an das Umfeld. Somit ist die
Verarbeitung mehr von Bottom-Up Prozessen geprägt, detailgenau und präzise – das
herrschende Motto ist „Veränderung nötig“.
Emotionale Zufriedenheit
1. Was sind Bedingungen für Lebenszufriedenheit?
Subjektives Wohlbefinden gemessen mit 5 Items (von Diener et al.):
1. „Im Großen & Ganzen ist mein Leben so, wie es sein sollte.“
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2. „Meine Lebenssituation ist hervorragend.“
3. „Ich bin mit meinem Leben zufrieden.“
4. „Bis jetzt habe ich die wichtigen im Leben, die ich erreichen wollte, erreicht.“
5. „Wenn ich mein Leben noch einmal leben könnte, würde ich fast nichts ändern.“
→ Zustimmung zum jetzigen Status Quo; positive Einschätzung der aktuellen
Lebenssituation; Einschätzung, persönlich wichtige Dinge im Leben erreicht zu haben;
positiver Rückblick auf das Leben
Geld nur begrenzt: Kurve von Verhältnis BSP zu Lebenszufriedenheit verläuft nicht-linear,
Beschleunigung lässt deutlich nach
objektiv: Ernährung, Informationszugang, Bruttosozialprodukt (laut UNO)
positiver Affekt (gemessen über PANAS)
2. Auf welchen Dimensionen sollten Menschen ihre emotionalen Reaktionen
vorhersagen können?
Valenz:
sehr gute Vorhersagen (z.B. lieber einen Kinobesuch als eine Blinddarm-OP)
Intensität:
weniger gut – Gedächtnis variiert: „peak and end“
(z.B. Taylor et al.: Menschen bei Darmspiegelung gefragt „wie schmerzhaft ist es?“, danach
Gesamturteil „wie schlimm war es?“; Ergebnis: nicht Summe, sondern schlimmster Schmerz
und Schmerz zum Schluss bestimmten Gesamturteil).
Dauer:
völlig unklar
3. Wie haben Gilbert und Kollegen die Idee des „Immune Neglect“getestet?
Sie ließen Menschen Vorhersagen über ihre emotionalen Reaktionen auf gute und schlechte
Ereignisse treffen.
Die Studien bezogen sich auf Liebesbeziehungen und Tenure-Entscheidungen.
I Liebesbeziehungen
Es wurde unterschieden zwischen Luckies, Leftovers, Loners und Lovers, wobei jeweils
unterschiedliche Aufgaben gestellt wurden.
Luckies:
Leftovers:
Loners:
Lovers:
Ergebnis:
sind in 1 Beziehung und sollen Gefühl nach Trennung vorhersagen
berichten nach Trennung ihre Zufriedenheit
sind nicht in einer Beziehung + sollen ihre Zufriedenheit in 1 Beziehung
vorhersagen
seit 6 Monaten in Beziehung, berichten Zufriedenheit
kein signifikanter Unterschied zwischen momentanem Befinden von frisch
verlassenen, länger verlassenen und Glücklichen;
wenn Glückliche aber ihre Zufriedenheit nach einem möglichen
Verlassenenwerden vorhersagen, schätzen sie diese bedeutend geringer ein als
ihre jetzige Zufriedenheit
Loners-Vorhersage: gut, passend zum wahren Wert
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→ belegen Immune Neglect: positive Ereignisse können gut vorhersagt werden, negative
nicht so gut (verzerrt zum negativen Erleben hin)
Problem: Vergleich über unterschiedliche Personen hinweg (Äpfel mit Birnen vergleichen)
II Tenure - Entscheidungen
Assistenz-Professoren schätzen ein, wie glücklich sie sind/wären
1. nach vorgestellter positiver Tenure-Entscheidung
2. nach vorgestellter negativer Tenure-Entscheidung
3. nach tatsächlicher positiver Tenure-Entscheidung
4. nach tatsächlicher negativer Tenure-Entscheidung
Ergebnisse: wesentlich schlechtere Zufriedenheit vorhergesagt bei vorgestellter negativer
Entscheidung; reale negative Erfahrung positiver als vorhergesagt – kein signifikanter
Unterschied zu positiver Erfahrung;
tatsächliche Zufriedenheit nach 5 Jahren: gut erholt von negativer Entscheidung
→ Vorhersage für kurzen Zeitraum inkorrekt, für längeren (nach 5 Jahren) eher korrekt!
4. Was sind mögliche Erklärungen, warum sich Menschen emotional so schnell
erholen?
1. Ein „emotionales Immunsystem“: negative Ereignisse werden „wegerklärt“ durch z.B.
externale Attributionen, Änderungen der Fokussierung.
2. Positive und negative Ereignisse werden falsch eingeschätzt, z.B. aufgrund von
sozialem Einfluss („wie würdest Du Dich fühlen, wenn Deine Mutter stirbt?“ - soziale
Erwünschtheit → positive Antworten = unerwünscht)
3. Falsche Theorien über die Stärke der emotionalen Reaktion.
4. Motivierte Verzerrungen: positive Vorhersagen sind per se angenehm; negative
Vorhersagen sind ein defensiver Pessimismus.
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