Emotionstheorien 1. Arbeitsdefinition 2. Behavioristische Emotionstheorien 3. Emotionstheorie von William James 4. Kognitiv-physiologische Emotionstheorien: – Schachter – Valins 5. Evolutionäre Emotionstheorien: – Charles Darwin – Paul Ekman 6. Theorien der Basisemotionen – William McDougall – Robert Plutchik 7. Attributionale Emotionstheorien: – Meinong – Lazarus – Weiner Kognitive Emotionstheorien (auch: Einschätzungstheorien oder Bewertungstheorien) • Kernpostulat: Ob ein Objekt (z.B. ein Ereignis) bei einer Person eine Emotion hervorruft und falls ja, welche Emotion und mit welcher Intensität, hängt davon ab, welche Kognitionen die Person über das Objekt hat (lat. cognoscere = erkennen, wissen, urteilen). • Emotion hängt davon ab, wie die Person das auslösende Objekt einschätzt, das heißt, wie sie es interpretiert – insbesondere seine Bedeutung für die eigenen Wünsche und Ziele. • Ursprung bei Aristoteles, Bedeutungsgewinn mit der kognitiven Wende um 1960. • Heute ein zentraler theoretischer Ansatz in der Emotionspsychologie!!! Alexius Meinong (1853-1920), Ritter von Handschuchsheim • 1870 Studium in Wien, Promotion in Geschichte • Mit 19 Professor für Philosophie in Graz • Sehschwäche, die sich zunehmend verschlechterte • Versuchte zeitlebens, seine fast-Blindheit zu verbergen • Gestaltpsychologe. • Einer seiner Schüler: Fritz Heider => Attributionstheorie... Grundannahmen der Emotionstheorie Meinongs • Objektgerichtetheit: – z.B. man ärgert oder freut sich immer über etwas • Spezifische Erlebnisqualität: – hedonisch positiv oder negativ (Lust oder Unlust) • Gefühle setzen Kognitionen voraus: – Kognitive Repräsentation der Ereignisse / Objekte • Kognitionen differenzieren zwischen unterschiedlichen Gefühlen. => Zum Verständnis von Emotionen ist es wichtig, ihre kognitiven Grundlagen aufzuklären!!! Hauptgruppen der Emotionen • Ernstgefühle vs. Phantasiegefühle: – tatsächlich bestehend oder möglicherweise bestehend vs. nur in der Vorstellung • Sachverhaltsbezogene vs. Objektbezogene Gefühle: – Sachverhalte (bestandene Prüfung) vs. Objekte (eine Spinne) Ernstgefühle Phantasiegefühle Sachverhalt Urteilsgefühle PhantasieUrteilsgefühle Objekt Vorstellungsgefühle (z.B. Ekel) PhantasieVorstellungsgefühle Voraussetzungen der Urteilsgefühle 1. kognitive Voraussetzung (Glaubensannahmen) 2. motivationale Voraussetzung (Wünsche) Bsp: Freude Kognitive Grundlagen der Urteilsgefühle Funktion von Gefühlen • Erkenntnis- oder Informations-Funktion: – Zentrale Funktion ist, uns Information darüber zu liefern, ob Sachverhalte oder Objekte gut oder schlecht für uns sind. • Grundlage von Werturteilen: Objekt/Sachverhalt ist – gut oder schlecht – wertvoll oder wertlos – nützlich oder schädlich, etc. • „primäre Werterlebnisse“ • Gefühle müssen nicht immer die direkte Grundlage von Werturteilen sein: – Kann von anderen Personen übernommen sein. – Kann abgeleitet sein (von früher gebildeten und im Gedächtnis gespeicherten Werturteilen). Exkurs: Gefühl-als-Information-Theorie Schwarz & Clore (1983) … wie bei Meinong: • Gefühle informieren die Person, ob der Sachverhalt gut / schlecht für sie ist. • „Gefühlsheuristik“: Personen befragen ihr Gefühl und bilden dann daraus ihr Werturteil. …aber auch Unterschiede zu Meinong: • Gefühle (Lust und Unlust) sind für sich objektlos. • Objektbezug kommt dadurch zustande, dass Person eine Überzeugen (Kausalattribution) darüber bildet, was Lust/Unlustgefühl verursacht. • Kausalüberzeugungen können fehlerhaft sein (> Bewertungsfehler) Schwarz, N. & Clore, G. L. (1983). Mood, misattribution, and judgments of well-being: Informative and directive functions of affective states. Journal of Personality and Social Psychology, 45, 513523. Griffitt & Guay (1969) Effekt bewertungsrelevanter Gefühle auf Werturteile: • VPn sollen Geschichten zu Bildern erfinden • Angebliche zweite VP (= Konföderierter) bewertet Geschichten nach Kreativität (50% positiv, 50% negativ). • Annahme: Lob/Kritik löst angenehme/unangenehme Gefühle aus. • Danach: Konföderierter wird von VPn bezüglich „Nettigkeit“, „Erwünschtheit als Arbeitskollege“, etc. bewertet. • Ergebnis: VPn schätzen Konföderierten positiver ein, wenn er gelobt hatte... Gouaux, C. (1971) Effekt bewertungsirrelevanter Gefühle auf Werturteile (Fehlattribution): • Vpn sehen (a) traurigen (b) fröhlichen Film • Vpn lesen ausgefüllten Einstellungsfragebogen einer fremden Person. • Vpn beurteilen, wie sympathisch ihnen die Person ist,die den Fragebogen ausgefüllt hat. • Die Person weist (a) niedrige (b) mittlere (c) hohe Ähnlichkeit zu Einstellungen der Vpn auf. • Frage: Wirkt sich der (irrelevante) Film auf die Bewertung der Person aus? Gouaux, C. (1971). Induced affective states and interpersonal attraction. Journal of Personality and Social Psychology, 20, 37-43. Gouaux, C. (1971) • Ergebnis: Positiverer Bewertung bei hoher Ähnlichkeit (relevant) und wenn zuvor fröhlicher Film angeschaut wurde (irrelevant). • Interpretation: Fehlinterpretation der pos./neg. Gefühls, das durch den Film ausgelöst wurde, auf zu beurteilende Person. Schwarz & Clore (1983) Attributionsmanipulation & Fehlattribution: • Benutzt Effekt, dass Personen bei schlechtem Wetter schlechter gelaunt sind als bei gutem Wetter. • Frage per Telefoninterview nach der Lebenszufriedenheit. • Hinweise auf das Wetter: – Keine Hinweise. – Indirekte Hinweise („Wie ist das Wetter bei Ihnen?“) – direkte Hinweise („Ich interessiere mich dafür, wie Wetter Lebenszufriedenheit beeinflusst.“) • Forschungsfrage: Können durch Hinweise auf das Wetter eventuelle Fehlattributionen der wetterbedingten Stimmung auf die Einschätzung der Lebenszufriedenheit verändert werden? Schwarz, N. & Clore, G. L. (1983). Mood, misattribution, and judgments of well-being: Informative and directive functions of affective states. Journal of Personality and Social Psychology, 45, 513-523. Schwarz & Clore (1983) Ergebnis: • Lebenszufriedenheit bei schlechtem Wetter geringer wegen Fehlattribution der Effekte des schlechten Wetters auf Lebenszufriedenheit. • Indirekte und direkte Hinweise auf das Wetter eliminieren Fehlattribution der schlechten Stimmung auf Lebenszufriedenheit. Praktische Implikationen bei wichtigen Entscheidungen: • Versuch, Fehlattributionen zu vermeiden. • Aber Achtung, Gefahr von „Überkorrektur“. Kurzzusammenfassung Meinong • Gefühle haben: 1. kognitive Vorausetzungen (Glauben über Sachverhalt/Objekt). 2. motivationale Vorausetzungen (Wünsche). • Gefühle sind primäre Werterlebnisse, d.h. sie informieren uns darüber, ob Sachverhalt/Objekt positiv/negativ für uns ist. => Gefühl als Informationstheorien… Emotionstheorien 1. Arbeitsdefinition 2. Behavioristische Emotionstheorien 3. Emotionstheorie von William James 4. Kognitiv-physiologische Emotionstheorien: – Schachter – Valins 5. Evolutionäre Emotionstheorien: – Charles Darwin – Paul Ekman 6. Theorien der Basisemotionen – William McDougall – Robert Plutchik 7. Attributionale Emotionstheorien: – Meinong – Lazarus – Weiner Richard Lazarus (1922-2002) • Geboren in New York, dort Studium der Psychologie und Soziologie • Soldat von 1942-1945 • Danach Professor in Pittsburgh u.a., ab 1957 dann an der Universität von Berkeley in Kalifornien • Hauptfigur in der „Kognitiven Wende“ in den 1950/60er Jahren • Schwerpunkt auf Stressforschung Stress • Ingenieurwissenschaften: – Kräfte, die auf Objekt wirken und dieses zum Brechen bringen können. • 1940er Jahre => Kriegsforschung… • Forschung zunächst dominiert von Behaviorismus. • Aber: – Lazarus: gleiche Stressoren können zu sehr unterschiedlichen Stressreaktionen führen (z.B. Fallschirmsprung…) – Wichtig: Coping / Bewältigung der Stressreaktion! => kognitive Faktoren => Vorreiter der kognitiven Wende… -Stressreize führen zur psychischen Beanspruchung und gegebenenfalls Überforderung - Natur der Stressreize unspezifisch - Ab 200-299 Punkten sind 51% der Betroffenen erkrankt. Große interindividuelle Unterschiede. Lazarus Theorie der Stressemotion • Primäre Einschätzung (primary appraisal): Überzeugung über bereits eingetretene oder zukünftige Ereignisse und deren Bedeutung für die eigenen Wünsche. • Sekundäre Einschätzung (secondary appraisal): Überprüfung, welche Möglichkeiten es zur Bewältigung des Ereignisses gibt. • Natur der Emotionen: Reaktionssyndrom – Kognitive Komponente (Einschätzung der Situation, z.B. als bedrohlich) – Erlebenskomponente (z.B. das Gefühl der Furcht) – Konative Komponente: Impuls/Wunsch zu einer bestimmte Handlung (z.B. zur Flucht) – Physiologische Komponente (z.B. bei Furcht: Erhöhung der Herzrate und Schwitzen) • Funktion von Emotionen: evolutionär bedingte Strategien zur Bewältigung motivrelevanter Situationen (Handlungsimpuls). Prozess der Emotionsentstehung Nebenbemerkung (zu „Herausforderung“) Hans Seyle: • Eustress vs. Distress • „... absolute Abwesenheit von Stress ist Tod...“ Spezifische Emotionen • Negative Stressemotionen: – Furcht (=zentrale Stressemotion): Person glaubt, ein antizipiertes, negatives Ereignis nicht sicher verhindern zu können. – Ärger: Glaube, Bedrohung durch Angriff beseitigen zu können. – Hoffnungslosigkeit: Glaube, dem antizipierten negativen Ereignis nicht entgehen zu können. • Positive Stressemotionen – Enthusiasmus/Vorfreude: Belastungssituation wird als Herausforderung (nicht als Bedrohung) eingeschätzt. Bewältigungshandlungen (Coping) • problemorientiert: Bewältigung der auslösenden Situation. • emotionsorientiert: Stressgefühle reduzieren durch kognitive Strategien wie Aufmerksamkeitsablenkung und Neueinschätzung (reappraisal). Empirischen Untersuchungen ...zu primärer Einschätzung (primary appraisal) • Experimentelle Logik: – Induktion von Stress durch als bedrohlich eingeschätzte Ereignisse (primary Appraisal). – Versuch diese Einschätzung durch verbale Informationen über die Ereignisse zu verändern… – (…Kind der kognitiven Wende…) Effekte verbaler Information auf primäre Einschätzung • 17-minütiger Film, der Beschneidungsrituale (insg. 5 Operationen) an männlichen Jugendlichen eines australischen Ureinwohnerstammes zeigt • Bedrohungskognition: Film induziert die Erwartung negativer Ereignisse (Schmerzen, Verletzung) durch Identifikation mit Opfern. • Manipulation der Bedrohlichkeitseinschätzung durch Kommentare: – leugnend: nicht so schmerzhaft, Anerkennung danach. – traumatisierend: betont Grausamkeit und Gefahren. – kein Kommentar. • Abhängige Variable: Hautleitfähigkeit Speisman, J. C., Lazarus, R. S., Mordkoff, A. M. & Davidson, L. (1964). Experimental reduction of stress based on ego-defense theory. Journal of Abnormal and Social psychology, 68, 367-380 • Stärke der Stressreaktion: Trauma > ohne K.> Leugnung • Interpretation: Intensität von Stressemotionen hängen von primärer Einschätzung ab. • Befunde im Wesentlichen konsistent mit Lazarus Theorie. ... zu sekundäre Einschätzung & Bewältigung (secondary appraisal & coping) • Idee: Bei der sekundären Einschätzung / Bewältigung liegen die Interventionsmöglichkeiten… • Ways of Coping Fragebogen: Stressbewältigungsstrategien: – problemorientiert – emotionsorientiert • Sehr weite Verbreitung in der Stressforschung • Praktische Ergebnisse allerdings (leider) eher bescheiden... (eventuell durch Wechsel von Labor zur Feldforschung???) Folkman, Lazarus, Dunkelschetter, Delongis, & Gruen (1986). Dynamics of a stressful encounter - cognitive appraisal, coping, and encounter outcomes. Journal of Personality and Social Psychology, 50, 992-1003. Kurzzusammenfassung Lazarus • Primäre Einschätzung (primary appraisal): Situation. • Sekundäre Einschätzung (secondary appraisal): Bewältigungsmöglichkeiten. • Bewältigungshandlungen (coping): – problemorientiert. – emotionsorientiert. Emotionstheorien 1. Arbeitsdefinition 2. Behavioristische Emotionstheorien 3. Emotionstheorie von William James 4. Kognitiv-physiologische Emotionstheorien: – Schachter – Valins 5. Evolutionäre Emotionstheorien: – Charles Darwin – Paul Ekman 6. Theorien der Basisemotionen – William McDougall – Robert Plutchik 7. Attributionale Emotionstheorien: – Meinong – Lazarus – Weiner Bernard Weiner (1935 – jetzt) • Zur Zeit Professor an der UCLA (University of California, Los Angeles) • Konzentriert sich auf Emotionen, die bestimmte Art von Kognitionen voraussetzen: Überzeugungen über die Ursachen von Ereignissen (Attributionen) sowie Urteile über die persönliche Verantwortlichkeit für diese Ereignisse • Beispiele: Stolz, Schuld, Ärger, Dankbarkeit, Mitleid Attributionstheorien • Gegenstand nach Fritz Heider (1958): – Attributionstheorie beschäftigt sich mit den kognitiven Prozessen, aufgrund derer uns unsere Umwelt verstehbar, vorhersagbar und kontrollierbar erscheint. – zielt auf („naive“) Kausalerklärungen (=Attributionen) des eigenen Verhaltens und Erlebens wie auch des Verhaltens anderer Personen. • Wichtige Fragen: – wie kommt es zu Attributionen? – wie beeinflussen Attributionen das Verhalten? Heider, F. (1958). The psychology of interpersonal relations. New York: Wiley. Weiners Emotionstheorie • „Wie wir denken beeinflusst wie wir fühlen.“ • Wichtige Kognitionen: – Tatsachenüberzeugungen • Glaube, dass ein bestimmtes Ereignis eingetreten ist. • Überzeugung über die Ursache des Ereignisses (Kausalattribution) – Wertüberzeugungen/Bewertungen • Ereignisse: positiv oder negativ relativ zu persönlichen (nichtnormativen) Wünschen oder Zielen • Handlungen von Personen, die für Ereignis verantwortlich ist: gut oder schlecht relativ zu internalisierten sozialen oder moralischen Normen. • Aber: Emotionen können auch automatisch ohne Kognitionen entstehen (z.B. konditionierte Furcht, hormonell bedingte Depression). Natur von Emotionen Erlebniszustände, die • eine positive oder negative hedonische Qualität haben. • typischerweise durch kognitive Einschätzungen verursacht werden. • ihrerseits oft Handlungen verursachen: – Mitleid Hilfeleistung – Ärger Aggression • (fehlt: physiologische Erregung). ...da z.B. Dankbarkeit / Stolz keine physiologische Erregung zu erfordern scheinen... Emotionsentstehung (nichtautomatisch) Emotionsentstehung (automatisch) • durch Abruf von Gedächtnisschemata. • „Kurzschluss“ der gerade beschriebenen Prozesse. • z.B. Armut durch mangelnde Anstrengung verursacht Ärger Emotionsentstehung (nichtautomatisch) Weiners Attributionsklassifikation • (a) Lokation: – internal (Anstrengung, Begabung) – external (Aufgabenschwierigkeit, Zufall) • (b) Stabilität über die Zeit: – stabil (Begabung, Aufgabenschwierigkeit) – variabel (Anstrengung, Zufall) • (c) Kontrollierbarkeit: – kontrollierbar (Anstrengung) – unkontrollierbar (Begabung, Aufgabenschwierigkeit, Zufall) Weiner, B. (1986). An attributional theory of motivation and emotion. New York: Springer. Dimensionsabhängige Emotionen Beispiel: Ärger I. • Schüler stört den Unterricht • Lehrer: – negatives Ereignis. – Ursache von Schüler kontrollierbar. – negative normative Bewertung des Verhaltens. • => Lehrer ärgert sich. Beispiel: Ärger II. • Schüler hat Misserfolg, da er sich nicht anstrengt. • Lehrer: – Misserfolg ist negatives Ereignis (für Schüler!) – Ursache von Schüler kontrollierbar. – negative normative Bewertung des Verhaltens. • => Lehrer ärgert sich. Beispiel: Hilflosigkeit... • negatives Ereignis • wird auf stabile Ursache attribuiert • => Hilflosigkeit... • Sehr ähnlich: „Erlernte Hilflosigkeit“ („Learned Helplessness“) / Abramson, Seligman & Teasdale (1978) => Erklärung bestimmter Formen der Depression. (wird später besprochen...) Empirische Überprüfung: Stigma Studie Weiner, Perry & Magnusson (1988) Dimensionsabhängige Emotionen Stigma-Studie • Stigma: Negativ bewertete Abweichung vom Durchschnitt. • 10 Stigmata (z.B.: Übergewicht, AIDS, Krebs, Blindheit, Alzheimer) • Probanden sollten auf Skalen angeben: – wie sehr die Personen für das Stigma verantwortlich sind – wieviel Mitleid/Ärger sie gegenüber diesen Personen empfinden – inwiefern sie bereit wären, ihnen zu helfen und für sie zu spenden • Verschiedene Gruppen: – keine zusätzliche Information. – Ursache als kontrollierbar/unkontrollierbar dargestellt. Weiner, B., Perry, R. P., & Magnusson, J. (1988). An attributional analysis of reactions to stigmas. Journal of Personality and Social Psychology, 55, 738-748. Folie 42 und 43 methodische Nebenbemerkung... • Was unterscheidet die Bedingungen ohne Information von den Bedingungen mit Information (Ursache kontrollierbar/unkontrollierbar)? Schlussfolgerung zur Stigma Studie • Bestätigt enge Verzahnung von: – Überzeugung über Kontrollierbarkeit – Verantwortlichkeitszuschreibung – Mitleid / Ärger Was bewirkt Handlungstendenzen: Gefühle oder Verantwortlichkeitszuschreibung? Weiners‘ Modell: => Pfadanalysen stützen Weiners Modell!!! Alternativmodell: Empirische Überprüfung: Emotion als Hinweis auf Attribution Weiner, Graham, Stern, & Lawson (1982) Weiner, B., Graham, S., Stern, P., & Lawson, M. E. (1982). Using affective cues to infer causal thoughts. Developmental Psychology, 18, 278-286. Emotionen als Hinweise auf Attributionen Hypothese: • wenn Attributionen Emotionen bestimmen, kann man eventuell umgekehrt aus Emotionen auf Attributionen schließen. Untersuchung von Weiner et al. (1982): • Vpn hören, dass Schüler Misserfolg hatte und der Lehrer mit bestimmter Emotion (z.B. Ärger, Mitleid, Schuld) reagiert. • Fragebogen an VPn: worauf führt der Lehrer den Misserfolg zurück? Antwortmöglichkeiten: – Anstrengung – Fähigkeit – Aufgabenschwierigkeit – Zufall. Rückschluss auf Lehrerattribution aus seinen Emotionen Von VPn erschlossene Attribution des Lehrers: Emotion des Lehrers [nach Weiner, Graham, Stern & Lawson, 1982, p. 281] Schlussfolgerung • Offensichtlich besteht keine Notwendigkeit, einem Handelnden direkt mitzuteilen, wie man ihn einschätzt: die emotionale Reaktion ist eine „indirekte” Mitteilung darüber. Potentielles Problem / Gefahr: • emotionale Reaktion eines anderen beeinflusst unter Umständen die Selbsteinschätzung der betroffenen Person: Emotion als indirekte Mitteilung. Kritische Anmerkungen zu Weiner • Lob für umfangreiche empirische Analysen – berücksichtigen sowohl Kognitionen als auch Emotionen als auch Verhalten. • aber: wurden tatsächlich Emotionen untersucht oder nicht vielmehr Gedanken über Emotionen? – hauptsächlich Fragebogenstudien! – fast ausschließlich fiktive Fallschilderungen. – ist die Sequenz „ereignisabhängig - attributionsabhängig dimensionsabhängig” richtig? Oder laufen Prozesse nicht doch gleichzeitig ab? – Bewusstheit der Prozesse? – Kritik von Lazarus: • Attributionen sind eine spezielle Form von Wissen • wie wird aus diesem „kaltem Wissen” eine „heiße Emotion”? Fazit Weiner • Kognitionen und insbesondere Kausalattributionen wichtige Grundlage für Emotionen. • => gemeinsam mit guter empirischer Absicherung eröffnen sich wichtige Möglichkeiten für klinische und pädagogische Interventionen... Fragen, die sie jetzt beantworten können! • Welche Grundannahmen machen Einschätzungstheorien und attributionale Theorien? • Beschreiben Sie den Prozess der Emotionsentstehung nach Meinong, Lazarus und Weiner. • Unterscheiden Sie zwischen Ereignis-, Dimensions- und Norm-abhängigen Emotionen nach Weiner. • Welche Effekte kann das Beobachten von Emotionen bei anderen haben? Exkurs...: Erlernte Hilflosigkeit ... siehe auch Weiner: Kapitel 6 und 8 (S. 208ff / 312ff) ...zurück zum Behaviorismus... Was passiert, wenn Hunde elektrischen Schock vermeiden sollen? • Hunden werden in shuttle box gebracht, sollen hier Vermeidung lernen: – Ton kündigt elektrischen Schock an (mittelmässig schmerzhaft, nicht physisch gefährlich). – Durch Überspringen der Barriere kann Schock vermieden werden. Typisches Verhalten 1. Hunde rennen wie wild in der Box herum. 2. Finden irgendwann zufällig heraus, dass durch Überspringen der Barriere der Schock vermieden werden kann. 3. Lernen schnell bei Ton über die Barriere zu springen und den Schock zu vermeiden. 4. Warten „lässig“ vor der Barriere auf den Ton, springen dann und vermeiden den Schock vollständig. => gelerntes Vermeidungsverhalten. Kurzwiederholung Arten operanten Konditionierens Verstärkung (reinforcement): Erhöht Wahrscheinlichkeit der Reaktion. Bestrafung (punishment): Vermindert Wahrscheinlichkeit der Reaktion. Appetitiver Reiz Aversiver Reiz Positive Kontingenz: Reiz tritt nach Reaktion auf. positive Verstärkung positive Bestrafung Negative Kontingenz: Reiz verschwindet nach Reaktion. negative Bestrafung (omission-training) negative Verstärkung: • Flucht (escape). • Vermeidung (avoidance). Typisches Verhalten 1. Hunde rennen wie wild in der Box herum. 2. Finden irgendwann zufällig heraus, dass durch Überspringen der Barriere der Schock vermieden werden kann. 3. Lernen schnell bei Ton über die Barriere zu springen und den Schock zu vermeiden. 4. Warten „lässig“ vor der Barriere auf den Ton, springen dann und vermeiden den Schock vollständig. => gelerntes Vermeidungsverhalten. Ursprüngliche Idee von Seligman... • Vermeidungsverhalten als Maß für klassisch konditionierte „Furcht“ vor unterschiedlichen Tönen. • => Klassische Konditionierung: Ton + elektrischer Schock. • Erwartung: Desto besser Ton konditioniert ist, desto stärker sollten Hunde Vermeidungsverhalten auf Ton zeigen. Tatsächliches Verhalten der Hunde nach der klassischen Konditionierung... 1. Hunde rennen wie wild in der Box herum. 2. Nach kurzer Zeit hören die Hunde auf sich zu bewegen. 3. Die Hunde legen sich hin und winseln. 4. Verfehlen völlig den Schock zu vermeiden!!! Neue Interpretation von Seligman...: • Die Hunde lernen während der klassischen Konditionierung, dass der Schock für sie unkontrollierbar ist! Outcome ist positiv: • appetitiver Reiz wird erhalten (positive Reinforcement) • aversiver Reiz verschwindet (negative Reinforcement) Seligman: Das klassische experimentelle Design... Seligman & Maier (1967) Phase I • 3 Gruppen von Hunden: – Fluchtgruppe (escape group): Lernt elektrischen Schock durch Drücken eines Knopfes mit der Nase zu verhindern. – Verbundene Gruppe (yoked group): Erhält durch „Verbindung“ exakt die gleichen Schocks wie die Fluchtgruppe, kann diese aber nicht vermeiden. – Naive Kontrollgruppe (naive control): Erhält keine elektrischen Schocks in dieser Phase. Seligman & Maier (1967) Phase II • Hunden werden in shuttle box gebracht, sollen hier Vermeidung lernen: – Ton kündigt elektrischen Schock an. – Durch Überspringen der Barriere kann Schock vermieden werden. Ergebnisse • Fluchtgruppe und naive Kontrollgruppe lernen schnell den Schock zu vermeiden. • Verbundene Gruppe (yoked group): Lernt kaum den Schock zu vermeiden! Anmerkungen... • Die Fluchtgruppe erhielt genauso viel Schock wie die verbundene Gruppe ⇒ die Unfähigkeit zum Vermeidungslernen lag nicht am Schock an sich!!! • Nicht alle Hunde entwickelten Learned Helplessness. Ca. 1/3 der Hunde zeigte dies nicht... • Ähnliche Ergebnisse auch bei anderen Tieren und beim Menschen. Modell für reaktive Formen der Depression? • Viele Ähnlichkeiten zu Symptomen der Depression. • Auch auf physiologischer Ebene: – Bei Hunden hatte sich Noradrenalin erschöpft => bei Menschen wirkt Anhebung des Noradrenalinspiegels antidepressiv... • Depressive und gelernt hilflose Studenten reagieren ähnlich langsam um lautem, unangenehmen Lärm zu entkommen Depression ...learned helplessness helpless animals may die in traumatic situations thoughts of death, suicidal thoughts inability to think clearly or concentrate cognitive representation of uncontrollability effectively, indecisiveness perception that individual cannot control their environment feelings of worthlessness and guilt feeling without energy lack of response initiation helpless animals are passive in face of shock psychomotor agitation or retardation insomnia or hypersomnia ??? decreased appetite leading to weight loss helpless animals eat less & loose weight lack of interest in, and pleasure from, cognitive representation of uncontrollability almost all activities depressed mood helplessness Learned help_vorlesung7 seite31 tabelle noch einfügen Genauer zu Depressionssymptomen und Diagnostik: z.B.: DSM (Diagnostic and statistical manual of mental disorders). „Heilung“ von erlernter Hilflosigkeit... • Hunde waren selbst dann passiv, wenn die Barriere entfernt wurde. • => Seligman zog sie mit einer Hundeleine auf die „sichere“ Seite ... • Nach einer Weile fingen die Hunde wieder an zu reagieren. „Immunisierung“ gegen erlernte Hilflosigkeit... • Hunde, die vor dem Hilflosigkeitstraining 10 Fluchtdurchgänge in shuttle box erlebt hatten zeigten keine Hilflosigkeit mehr. • => Das Erleben und Wiedererleben von Kontingenzen ist wichtig... ...was hat das mit Weiner zu tun? Abramson, Seligman & Teasdale (1978) Reformulierung im Rahmen der Attributionstheorie Mängel der ursprünglichen Theorie: • Viele Dinge sind objektiv unkontrollierbar, führen aber nicht zur Depression. • Warum schreiben sich viele Depressive selbst die Verantwortung für ihre Mißerfolge zu, wenn sie sich hilflos glauben? • Warum haben viele Depressive eine so geringe Selbstachtung? Abramson, Seligman & Teasdale (1978) Learned helplessness in humans. Critique and reformulation. Journal of Abnormal Psychology, 87, 49-74. Attributionsschemata 3 Dimensionen der Attribution bei Erfolg / Mißerfolg: • intern vs. extern • stabil vs. unstabil • global vs. spezifisch • Depressiver Attributionsstil: – Mißerfolg: internal, stabil, global • Optimistischer Attributionsstil: – Mißerfolg: external, instabil, spezifisch. • Durch viel Forschungsarbeiten unterstützt. • ASQ=Attributional Style Questionaire (Seligman et al. 1979) Behandlung erlernter Hilflosigkeit bei Schulkindern Dweck & Reppucci (1973) • Selektierten aus 750 Schülern (10-13 Jahre) die 12 „hilflosesten“ in Mathematik. • => 2 zufällige Gruppen, 25 Tage Training: – „success only“: Erhielten nur Aufgaben, die sie bewältigen konnten. Falls dennoch Misserfolg, wurde dieser unauffällig übergangen... – „attribution retraining“: Erhielten dieselben Aufgaben plus 2x täglich Probleme, die zu schwer waren. Bei Misserfolg wurde Ihnen gesagt: „Time is up. You didn‘t finish in time. You need to solve three and you only solved two. That means you should have tried harder“. Behandlung erlernter Hilflosigkeit bei Schulkindern Dweck & Reppucci (1973) • Ergebnis: – „attribution retraining“: War in follow-up tests deutlich standhafter (auch bei Misserfolg) und weniger ängstlich • Interpretation: – „attribution retraining“: Lernte neuen, funktionaleren Attributionsstil, indem Misserfolg auf mangelnde eigene Anstrengung attribuiert wird. => Aufbrechen des Teufelskreises... ...kleine methodische Anmerkung... • Warum war hier die Kontrollgruppe so wichtig? • Achtung: Dies ist keine Kritik an dieser Studie!!! • Regression zur Mitte / Regression to the mean ...aber auch alternative Theorien... • Lewinsohn et al. (1985): 1. Defizite im Verhaltensrepertoire => Verringerte instrumentelle Aktivität <=> Weniger soziale Verstärker. • Beck et al. (1986): 1. Trauma => depressive Schemata („logische Denkfehler“) 2. Stress => Aktivierung der depressiven Schemata <=> selektive Informationsverarbeitung de Jong-Meyer (1992). Der Beitrag psychologischer Konzepte zum Verständnis depressiver Erkrankungen. Zeitschrift für klinische Psychologie, 21(2), 133-155. Kurzzusammenfassung Erlernter Hilflosigkeit / Seligman • Erleben von Nicht-Kontingenz / Unkontrollierbarkeit kann zu Erlernter Hilflosigkeit führen. • Viele Ähnlichkeiten zu reaktiven Depressionen. • Immunisierung / Heilung durch Erfahren von Kontingenz. • Beim Menschen kann ein depressiver Attributionsstil (internal-stabil-global bei Misserfolg) ebenfalls zu erlernter Hilflosigkeit führen... 1. Beschreiben Sie die Kernannahme der Appraisaltheorien. 2. Wer hat die erste Appraisaltheorie formuliert? 3. Welche Grundannahmen wurden in dieser Theorie gemacht? 4. Welche Hauptgruppen von Emotionen werden unterschieden? 5. Nennen sie die Voraussetzungen von Urteilsgefühlen. 6. Welche Funktion haben Gefühle? 7. Erläutern Sie die Gefühl-als-Information Theorie. 8. Kann man sich gegen „Gefühlseffekte“ wehren? Wie? 1. Welche Phänomene wollte Lazarus ursprünglich beschreiben? 2. Wie definiert er Emotionen? 3. Welche Grundannahmen wurden in dieser Theorie gemacht? 4. Welche Copingarten werden unterschieden? 5. Wie sieht die empirische Befundlage aus? 1. Welches primäre Ziel verfolgte Weiner mit seiner Appraisaltheorie? 2. Welche Arten von Kognitionen werden als zentral angesehen? 3. Wie sind Emotionen definiert? 4. Erläutern Sie den Verlauf der Emotionsentstehung. Welche Arten von Emotionen werden unterschieden? 5. Gibt es alternative Formen der Emotionsentstehung? 6. Welche Dimensionen der Attribution werden unterschieden? 7. Was sind die kognitiven Voraussetzungen für das Erleben von Ärger/Mitleid? 8. Erläutern Sie eine Studie zur Attributionstheorie. 9. Kritik an Weiner?