Pathophysiologie Kreislauferkrankungen Schock 1 - alexander

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Pathophysiologie
Kreislauferkrankungen
Schock
Schock ist ein generalisiertes lebensbedrohliches Kreislaufversagen der Mikrozirkulation mit einer fortschreitenden
Gewebeschädigung infolge einer Hypoxie.
Hypoxie. Aus der Mangeldurchblutung der terminalen Strombahn resultiert eine
Beeinträchtigung der Funktion wichtiger Organsysteme:
Organsysteme
Niere: „Schockniere“ mit Oligurie/Anurie und akutem Nierenversagen ab RRmittel < 60 mmHg
Lunge: „Schocklunge“ = ARDS (=Adult
(=
Respiratory Distress Syndrome)) mit Mikroembolien, interstitiellen
Ödemen, Verminderung des Surfactant Faktors und
und der Ausbildung hyaliner Membranen
Herz:: lineare Abnahme der Koronarperfusion ab RRmittel < 55 mmHg
Leber:: zentrale Leberläppchennekrose, BilirubinBilirubin und Transaminasenanstieg
Wesentliche pathogenetische Faktoren sind eine abnehmende Herzleistung, Verminderung des Flüssigkeits-(Blut-)Volumens
Flüssigkeits
und/oder ein mangelhafter Tonus der Blutgefäße mit Versagen der peripheren Kreislaufzirkulation.
Kreislaufzirkulation Folgende Schockformen:
Hypovolämischer Schock
Diese häufigste Schockform ist Folge eines akuten Verlustes von zirkulierendem Blut.. Die Ursachen ergeben sich einerseits aus
einem massiven Blutverlust (= hämorrhagischer Schock),
Schock wie z.B. nach Traumen (Bruch großer Röhrenknochen),
Röhrenknochen)
gastrointestinalen Blutungen, Tumorblutungen oder Gefäßrupturen und andererseits aus Störungen der Flüssigkeitsverteilung
bei schwerem rezidivierendem Erbrechen, Diarrhoe, Verbrennungen, akuter
akuter Pankreatitis, Aszites oder Peritonitis. Man unterteilt
drei Stadien
ien des hypovolämischen Schocks:
Schocks
(1) feucht-kühle,
kühle, blasse Haut, Blutdruck beinahe normal
(2) Puls > 100/min, RR < 100 mmHg, Halsvenen im Liegen kollabiert, Durst, Oligurie
(3) RR < 60 mmHg, Puls kaum noch fühlbar, schnelle und flache Atmung, Bewusstseinsstörung, Anurie
Während der arterielle Druck meist erst nach Volumenverlusten von 20% (~
~ 1000 ml) auf pathologische Werte absinkt,
vermindert sich der zentrale Venendruck schon bei etwa 10% Verlust an Blutvolumen.
Blutvolumen
Definition und Formen
Kardiogener Schock infolge einer akuten Linksherzinsuffizienz
Der kardiogene Schock stellt ein Pumpversagen des Herzens mit verminderter Durchblutung der Kreislaufperipherie dar.
Intrakardiale Ursachen können sein: Erkrankungen des Myokards (Myokardinfarkt, Entzündungen des Myokards oder
Kardiomyopathien) und Erkrankungen des Klappenapparates (akute Mitral- oder Aortenklappeninsuffizienz infolge einer
Endokarditis mit Erhöhung des Preloads
reloads, Klappenstenosen mit Erhöhung des Afterloads,
fterloads, Papillarmuskelabriss,
Aortendissektion, Herzrhythmusstörungen).
). Zu den extrakardialen Ursachen zählen die Perikardtamponade mit Behinderung
der diastolischen Füllung der Herzventrikel durch Herzventrikelruptur, Perikarditis oder Perikardkarzinose sowie akute
Obstruktionen großer Gefäße bei schweren Lungenembolien => obstruktiver Schock. Der kardiogene Schock definiert sich
über eine arterielle Hypotonie von RRsyst.
syst < 90 mmHg,, ein Herzindex von < 1,8 l/min/m² und einen linksventrikulären
enddiastolischen Druck von > 20 mmHg. Klinisch imponieren feuchte Rasselgeräusche über basalen Lungenlobi und Dyspnoe
sowie erhöhter ZVD und gestaute Venen ->
> DD: hypovolämischer und kardiogener
ka
Schock.
Septisch-toxischer Schock
Der septisch-toxische
toxische Schock ist eine häufige und mit einer hohen Letalität verbundene Schockform bei bakterieller Sepsis.
Sepsis
Häufigste Ursachen sind nosokomiale Infektionen, Pankreatitis,
Pankreatit
Polytrauma und großflächige Verbrennungen.
Verb
Drei
Diagnosekriterien charakterisieren den septischen Schock: Nachweis einer Bakteriämie, SIRS und arterielle Hypotension trotz
ausreichender Volumensubstitution. Man unterscheidet zwei hämodynamische Formen des septischen Schocks:
hyperdyname Form als Frühphase: sinkender peripherer Widerstand und Abnahme der arteriovenösen Differenz des
Sauerstoffgehalts, warme und rosige Haut bei normalem Blutdruck und ZVD
hypodyname Form: Anstieg des peripheren Widerstands und der arteriovenösen Differenz des Sauerstoffgehalts,
Sauerstoffge
Blutdruck, ZVD und Diurese nehmen ab, Tachykardie sowie blasse und feucht-kühle
feucht kühle Haut
Die primären Angriffspunkte der bakteriellen Toxine (Lipopolysaccharide) liegen im Mikrozirkulationsbereich
Mikrozirkulati
und bewirken ein
hyperdynames Schocksyndrom mit einer vorübergehenden Erhöhung des Herzzeitvolumens und des zentralen Venendrucks
mit einer warmen und rosigen Haut. Die Bakterien geben toxische Lipopolysaccharide in die Blutbahn ab, die zu einer Dilatation
der peripheren Gefäße mit einer hieraus resultierenden Fehlverteilung des Blutvolumens führen. Die aktivierten Endothelzellen
verlieren das Gleichgewicht zwischen pro- und antikoagulatorischen Funktionen. Es überwiegt die prothrombotische Aktivität,
Aktiv
welche die disseminierte intravasale Gerinnung fördert. Fulminante Verlaufsformen
en sind die Meningokokkensepsis,
Meningokokkensepsis
Waterhouse-Friederichsen-Syndrom, OPSI--Syndrom, Toxic shock syndrome (TSS).
Anaphylaktischer Schock
Der anaphylaktische Schock ist Folge einer IgE-vermittelten Immunreaktion mit Freisetzung vasoaktiver Substanzen (z.B.
Histamin, Bradykinin, Arachidonsäurederivate) aus aktivierten Mastzellen,, die zur Gefäßerweiterung führen.
führen 4 Schweregrade:
I. Allgemeinsymptome (Schwindel, Kopfschmerz), Hautreaktionen (Flush, Pruritus, Urtikaria)
II. zusätzlich Blutdruckabfall und Tachykardie sowie gastrointestinale
gastrointestinal Symptome (Nausea,
Nausea, Vomitus = Erbrechen)
Erbreche
III. zusätzlich Bronchospasmus und Schock
IV. Atem- und Kreislaufstillstand
Endokrine Schockformen kommen bei Ausfall der Hypophyse, der Nebenniere oder der Schilddrüse mit Störung des
Zellstoffwechsels und der Flüssigkeitsverteilung vor.
Bildquelle: Böcker et al.:: Pathologie, Urban & Fischer Verlag, 4. Auflage, S. 244
© Dezember
ber 2009 by Alexander Jörk
Friedrich--Schiller-Universität Jena
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Pathophysiologie
Kreislauferkrankungen
Schock
Zum neurogenen Schock kommt es bei einer zentralen oder peripheren Vasomotorenschädigung. Häufige Ursachen
Ursache sind Läsionen
des Rückenmarks, Spinalanästhesie, das Schädel-Hirn-Trauma
Schädel
oder Intoxikationen
ntoxikationen durch Barbiturate und Meningitis bzw.
Enzephalitis. Infolge der Unterbrechung der nervalen Versorgung der Blutgefäße
Blutgefäße resultiert eine maximale Dilatation durch Lähmung
glatter Gefäßmyozyten
myozyten ohne sympathische Gegenregulation sowie Hypohidrose und gestörte Thermoregulation des betroffenen Gebiets.
Reversibles Schockstadium
Eine akute Hypovolämie führt zu einem verminderten venösen Rückstrom des Blutes, damit zur
zu Abnahme des Herzzeitvolumens
und zu einem Blutdruckabfall. Die Stimulation zentraler und peripherer Druckrezeptoren bewirkt eine sympathiko-adrenale
sympathiko
Reaktion mitt Sekretion Noradrenalin und Adrenalin. Folge ist eine starke Arteriolen- und geringere Venolenkonstriktion der Haut
(kalte Haut), des Splanchnikusgebiets und der Nieren (Harnverhalt).. Dadurch kommt es zu einer Verlagerung des Blutes in den
Kreislauf von Hirn und Herz: Zentralisation des Kreislaufs.
Kreislaufs Die verminderte Perfusion des Splanchnikusgebietes hinterlässt
ischämische Schäden an der Magen-Darm
Darm-Wand, die vom Stressulkus über einen hämorrhagischen Darminfarkt bis zur
fleckförmigen Enteritis mit Schleimhauterosionen
uterosionen reichen können. Durch die Minderdurchblutung der Niere wird das RAAS
aktiviert und die Angiotensin-II-vermittelte
vermittelte adrenerge Vasokonstriktion verstärkt. Andererseits kommt es über die
Aldosteronsekretion zu einer vermehrten tubulären Rückresorption
Rückresorption von Natrium und Wasser mit dem Ziel, das Blutvolumen
wieder aufzufüllen. Diese Adaptationsmechanismen erlauben eine Stabilisierung des Blutdrucks bei Blutverlusten bis 25%.
Irreversibles Schockstadium
Pathogenese und Hämodynamik des Schocks
Werden die gegenregulatorischen Maßnahmen überfordert, kommt es bei persistierenden Schocksituationen zur MinderMinder
perfusion der Organe mit konsekutiver
sekutiver Hypoxie-bedingter
Hypoxie
Mikrozirkulationsstörung und einer systemischen
Entzündungsreaktion (Systemic Inflammatory
Inflammato Reaction Syndrom = SIRS).. Die Minderperfusion des Gewebes verursacht
ein Nachlassen des arteriolären Widerstands bei bestehender Konstriktion postkapillärer Venolen und hypoxische
Endothelschäden. Die sich hieraus ergebende Steigerung des hydrostatischen
hydrostatischen Drucks im Kapillarbett und die Erhöhung der
Gefäßwandpermeabilität bewirken einen Austritt von Blutflüssigkeit in das Interstitium mit weiterer Verminderung des
Blutvolumens und Anstieg des Hämatokrits. Konsequenz ist eine Blutstromverlangsamung (Prästasis
stasis in den Kapillaren), die zur
Blutentmischung (= „Entrahmung“) mit Abscheidung der rigiden Erythrozyten in größeren Shunt-Kapillaren
Shunt
(ErythrozytenSludge) führt,, während kleine Kapillaren nur noch vom Plasma durchflutet werden (Plasma-Skimming
(
Skimming). Die Abnahme des
kolloid-osmotischen Drucks des Plasmas innerhalb der Kapillaren bewirkt eine Steigerung der Auswärtsfiltration. Weitere
metabolische Störungen infolge der Gewebehypoxie sind eine Azidose (Umstellung des Zellstoffwechsels auf anaerobe Glykolyse
mit anfallendem Laktat), eine unzureichende ATP-Produktion
ATP
und somit ein Versagen ATP-abhängiger
abhängiger membrangebundener
Transportsysteme. Folge ist der Einstrom von Natrium und Wasser in die Zellen (= hydropische
hydropische Schwellung) und ein Ausstrom
von Kalium in das Interstitium und ins Blut (=> Hyperkaliämie). Schließlich führt der Sauerstoffmangel zu Zellnekrosen. Die
metabolische Azidose verringert zusätzlich die Herzleistung. Hinzu kommen die Freisetzung thrombosefördernder
thr
Faktoren
(Thromboplastin, PAT-1)
1) und Aktivierung des KomplementKomplement und Kininsystems, wodurch Exsudation und Vasodilatation verstärkt
werden. Thromboplastin fördert die Plättchenaggregation und damit die DIG. Die Endothelschädigung induziert eine
Entzündungsreaktion mit Leukozytenemigration.
Leukozytenemigration Die Neutrophilen tragen zur proteolytischen und toxischen Zellschädigung
durch die Freisetzung von Proteasen und die Bildungen reaktiver Sauerstoffmetabolite mittels NADPH-Oxidase
NADPH
bei.
Abb.1: Pathogenese des hypovolämischen
chen Schocks
Merke: Obwohl ein Schock auf der Ebene der Makrozirkulationsstörung beginnt, liegt am Ende der Schockkaskade stets eine
persistierende Störung der Mikrozirkulation
ozirkulation vor.
Bildquelle: Böcker et al.:: Pathologie, Urban & Fischer Verlag, 4. Auflage, S. 244
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