Diagnose und Therapie des kardiogenen Schocks im akuten Myokardinfarkt ( Fürnau G., Thiele H. in Notfallmedizin up2date Heft 4, Dez. 2011 S.249ff. ) Die Ausbildung eines kardiogenen Schocks ist die häufigste Todesursache und somit die bedeutendste Komplikation beim akuten Myokardinfarkt. Ein frühzeitiges Erkennen ist sehr wichtig, da eine rechtzeitige Therapie lebensnotwendig ist. Pathophysiologie : Beim kardiogenen Schock spielen sowohl eine akute systolische (Vorwärtsversagen) als auch eine diastolische (Rückwärtsversagen) linksventrikuläre Dysfunktion eine entscheidende Rolle. Ohne eingeleitete Gegenmaßnahmen kann dieser Prozess in einem Teufelskreis in den meisten Fällen zum Tode führen. Wichtig : frühzeitige Echokardiographie zur Einschätzung der links- und rechtsventrikulären Funktion und zum Ausschluss mechanischer Komplikationen (z.B. Perikardtamponade in Folge einer Ruptur, Ventrikelseptumdefekt, hochgradige akute Mitralklappeninsuffizienz auf Grund eines Papillarmuskelabrisses) Präklin. Möglichkeiten für den Notarzt : Auskultation des Herzens - systolisches Geräusch im 5.ICR mediocaviculär als Zeichen einer akuten Mitralklappeninsuffizienz - systolisches Geräusch über Erb´schem Punkt als Zeichen eines akuten Ventrikelseptumdefektes Persistieren des Schockzustandes führt häufig zur Ausbildung eines SIRS (Systemic Inflammation Response Syndrome). Folge : Mediatorenausschüttung Paradoxer Abfall der peripheren Widerstände Weitere Verschlechterung des Kreiuslaufes Störung der Mikrozirkulation in allen Organen Cave : Blutungen als Komplikation von Reperfusionsverfahren (PCI, aortokoronare BypassOperation, Thrombolyse) Akute Blutungen können die hämodynamische Situation im kardiogenen Schock weiter verschlechtern. Darüber hinaus können Bluttransfusionen eine Steigerung der Inflammation triggern. 1 Diagnostik : - 12-Kanal-EKG (STEMI od. NSTEMI) RR-Messung : RRsyst < 90 mmHg ohne Hypovolämie Vasopressortherapie nötig, um RR > 90 mmHg zu erreichen Kard. Schock auch möglich, wenn Rrsyst > 90 mmHg, auf Grund peripherer Vasokonstriktion Pulmonale Stauung bis Lungenödem (Auskultation) Zentralisation (kühle, ggf. marmorisierte Extremitäten, Vigilanzminderung) Cave : Auch bei initial stabilen Infarktpatienten kann sich im Verlauf ein Kardiogener Schock entwickeln. Korrektes Monitoring und klinische Beobachtung des Patienten im Verlauf sind von immenser Bedeutung. Weitere Diagnostik in der Notaufnahme : - Laktatmessung als Parameter einer Minderperfusion - PICCO (Pulskonturanalyse): reduziertes HZV, CI < 2,2l/min/m² als Zeichen des Vorwärtsversagens und erhöhte linksventrikuläre Füllungsdrücke als Zeichen des Rückwärtsversagens Therapie : Schnelle Revaskularisation anstreben Bei präklinischem Verdacht auf das Vorliegen eines kardiogenen Schocks sollte der Transport des Patienten auf jeden Fall in ein Krankenhaus mit 24-Stunden-PCI-Bereitschaft erfolgen. Eine adäquate präklinische Diagnostik ist hierfür unumgänglich. Thrombolyse nur dann, wenn Akut-PCI in einer nicht adäquaten Zeit erreicht werden kann; Lyse sollte große Ausnahme bleiben Weitere medikamentöse Therapie : vorsichtige kontrollierte Volumensubstitution zur Optimierung der Vorlast Inotropikum der ersten Wahl : Dobutamin Bei weiter bestehender Hypotonie zusätzlich Noradrenalin Dopamin führt gegenüber Noradrenalin als Vasopressor zusätzlich zu Dobutamin wahrscheinlich auf Grund der höheren Arrhythmogenität zu einer höheren Sterblichkeit und sollte zumindest als Dauertherapie auf der Intensivstation vermieden werden. Zur hämodynamischen Stabilisierung sind neben einer kontrollierten Volumengabe aktuell Dobutamin und Noradrenalin die Mittel der ersten Wahl. Die Dosierung sollte möglichst immer niedrig mit einem Zielwert von 65 – 75 mmHg für den MAD erfolgen. MAD = diast. RR + 1/3 ( syst. RR – diast. RR ) 2 vorsichtige Diuretikumgabe (Risiko der Reflexvasokonstriktion mit zusätzl. Erhöhung des peripheren Widerstandes Wegen der eingeschränkten präklinischen Überwachungsmöglichkeiten sollten präklinisch keine Vasodilatatoren gegeben werden Thrombozytenaggregationshemmer - ASS und Clopidogrel (600mg) - Glykoprotein-Iib/IIIa-Inhibitoren nicht vor der Revaskularisierung Antiarrhythmika - i.d.R. keine Anwendung im kardiogenen Schock - Kardioversion steht im Vordergrund - Atropin bei bradykarden HRST Mechanische Unterstützungssysteme - Intraaortale Gegenpulsation (IABP) - Perkutan implantierbare linksventrikuläre Unterstützungssysteme (LVAD) Ein Überlebensvorteil durch die mech. Unterstützungssysteme konnte noch nicht nachgewiesen werden. Für den Rettungsdienst allenfalls beim Verlegungstransport relevant Niederberger 01/12 3