Sanitätslehrgang (San B) DLRG 6. 6. Doppelstunde – Schock Schock Der Schock ist eine akute, kritische Verminderung der peripheren Gewebedurchblutung mit daraus resultierendem, permanenten Sauerstoffmangel (Hypoxie) lebenswichtiger Organe, die zum Zelltod führen kann. 6.1.1 Pathophysiologie des Schocks Abfall des Herzzeitvolumens Anstieg der Herzfrequenz Engstellung der Gefäße Störung der Zirkulation Î Verringerung der Wandspannung der Gefäße Î Verringerung des Blutdruckes Zentralisation Î Stase des Blutes Î Sauerstoffmangel im Gewebe 6.1.2 Dekompensation des Kreislaufes - Minderperfusion der Nieren Î akutes Nierenversagen Minderdurchblutung der Herzkranzgefäße Î Herzinfarkt, Herzinsuffizienz Blutstase Î Lungenödem © DLRG SAN-Zentrum Karlsruhe erstellt von J.-E. Ensslin Sanitätslehrgang (San B) DLRG 6.2. 6. Doppelstunde – Schock Schockformen Nach dem pathophysiologischen Mechanismus kann man fünf verschiedene Ursachen bestimmen. 6.2.1 Volumenmangelschock Eine Verminderung des venösen Rückstromes durch einen absoluten Volumenmangel ist die Ursache für einen Volumenmangelschock (hypovolämischer Schock). Dieser kann durch Blutungen nach innen und nach außen geschehen (hämorrhagischer Schock) oder durch den Verlust von Blutplasma (Verbrennungen). In seltenen Fällen kann es auch durch starkes Schwitzen, oder durch Brechdurchfälle zu einer Hypovolämie kommen. Symptome des hämorrhagischen Schocks in Abhängigkeit vom Blutverlust Blutverlust Blutverlust Herzfrequenz Blutdruck Atemfrequenz Urinproduktion ZNS < 750 < 15 % normal normal normal normal Erregung + © DLRG SAN-Zentrum Karlsruhe 750 - 1250 15 – 25 % Mäßig erhöht normal Mäßig erhöht mäßig Erregung ++ 1250 - 2000 25 – 40 % Deutl. erhöht erniedrigt Deutl. erhöht Oligurie Verwirrtheit > 2000 > 40 % Stark erhöht Stark erniedrigt Stark erhöht Anurie Lethargie erstellt von J.-E. Ensslin Sanitätslehrgang (San B) DLRG 6. Doppelstunde – Schock 6.2.2 Allergische (anaphylaktische) Schock Hierunter versteht man eine lebensbedrohliche Unverträglichkeitsreaktion auf körperfremde Makromoleküle wie Medikamente oder Fremdeinweiße. Die Unverträglichkeitsreaktion (Anaphylaxie) wird durch eine Antigen-AntikörperReaktion ausgelöst. Das Aufeinandertreffen der körpereigenen Antikörper mit dem körperfremden Antigen führt zur Freisetzung von gefäßaktiven Stoffen (z.B.Histamin). Dieser Stoff wirkt auf die Blutgefäße erweiternd (dilatierend) und auf die Bronchien zusammenziehend (konstringieren). Des weitern fördert er die Magensäureproduktion. Durch die Weitstellung der Blutgefäße kommt es durch die Gefäßerweiterung zu einem Einstrom von Flüssigkeit in die Geweben (Ödeme) und somit einem relativen Volumenmangel im Gefäßsystem. Zusätzlich kann es in einigen Fällen zur Atemnot, bedingt durch ein Zusammenziehe der Bronchien, kommen. Symptome und Schweregrade der anaphylaktischen Reaktionen Schweregrad (Stadium) I II III IV Symptome Exanthem, Juckreiz Nesselsucht, Bindehautentzündung, Übelkeit, Erbrechen, Temperaturanstieg Krampf der Bronchialmuskulatur, beschleunigte Herzfrequenz, Arrhythmie, Blutdruckabfall Krampf der Bronchialmuskulatur, starker Blutdruckabfall, EKG-Veränderungen, Kehlkopfödem, ggf. Krampfanfälle, Schock Zusätzlich zu den unter III genannten Symptomen: Atem- und Kreislaufstillstand © DLRG SAN-Zentrum Karlsruhe Bemerkungen Keine vitale Bedrohung Messbare, aber nicht unmittelbar bedrohliche Atem- und Kreislaufreaktionen mit Gefahr des Fortschreitens Unmittelbar lebensbedrohliche Atemund Kreislaufreaktionen Akute Lebensgefahr erstellt von J.-E. Ensslin Sanitätslehrgang (San B) DLRG 6. Doppelstunde – Schock 6.2.3 Septisch-toxische Schock Lokale Infektionen durch Krankheitserreger können aus unterschiedlichen Ursachen zu einer Streuung über die Blutbahn in den menschlichen Körper führen. Man spricht in diesen Fällen von einer Sepsis. Hierfür verantwortlich sind Stoffwechselprodukte z.B. von Bakterien (Endotoxine). Der sich daraus entwickelnde septische Schock kann zu einer massiven Verschlechterung des Patienten bis hin zum Versagen aller Organe führen. 6.2.4 neurogene Schock Der neurogene Schock ist durch eine ausgeprägte Gefäßweitstellung sowohl arterieller als auch venöser Gefäße gekennzeichnet. Ursachen hierfür können Schädigungen der Hirnstammes, der Rückenmarkes oder Schädel-Hirn-Traumen sein. Dabei werden Zentren, die für die Regulation der Kreislaufes zuständig sind, zerstört. Es kommt hierbei zu einem massiven Abfall des Blutdruckes und zu einer reflektorisch gesteigerten Tachykardie Da Verletzungen des Schädels oder der Wirbelsäule häufig mit weitern schweren Verletzungen einhergehen, ist eine Abgrenzung zum Volumenmangelschock schwierig. 6.2.5 kardiogene Schock Auslöser für diese Schockart ist eine gestörte Pumpfunktion des Herzens bei normalem Gesamtvolumen. Die Ursachen hierfür können vielfältig sein. Häufig liegt dieser Schockform eine Herzinsuffizienz oder ein Herzinfarkt zu Grunde. Es kommt durch einer Minderleistung des Herzens zu einer Unterversorgung der Gewebe mit Sauerstoff (Hypoxie). Die niedrige Auswurfleistung des Herzens bedingt einen Blutdruckabfall, der reflektorisch mit einer Gefäßengstellung (Vasokonstriktion) beantwortet wird. Dadurch steigt die Leistungsanforderung an das schon geschädigte Herz. Es entwickelt sich eine ausgeprägte Minderdurchblutung (Ischämie) mit häufig auftretenden Herzrhythmusstörungen bis hin zum Herz-Kreislauf-Stillstand. Symptome des kardiogenen Schocks: - Atemnot, Zyanose - Niedriger Blutdruck, Tachykardie - Angst, Unruhe - Blasse Haut, Kaltschweißigkeit - Gestaute Halsvenen, Zeichen eines Lungenödems © DLRG SAN-Zentrum Karlsruhe erstellt von J.-E. Ensslin Sanitätslehrgang (San B) DLRG 6. Doppelstunde – Schock 6.2.6 Vasovagale Synkope Die vasovagale Synkope gehört nicht zu den klassischen Schockformen. Es handelt sich hierbei um eine meist kurzfristige Weitstellung der Blutgefäße aufgrund einer Störung der zentralen Gefäßregulation. Es kommt zum Versacken des Blutes in die peripheren Gefäße mit einer kurzzeitigen Mangeldurchblutung des Gehirnes 6.3. Maßnahmen bei Schockpatienten Maßnahmen - Notruf absetzen / absetzen lassen - Freimachen und freihalten der Atemwege - Kontrolle der Vitalfunktionen - Schocklage - Bei Bewusstlosigkeit: Stabile Seitenlage - Bei kardiogenem Schock: Oberkörper hoch ! - Bei Volumenmangelschock: Blutstillung - Sauerstoffgabe (mind. 10l/ min.) - Wärmeerhalt - Ggf. Infusion richten - Ggf. Intubation richten © DLRG SAN-Zentrum Karlsruhe erstellt von J.-E. Ensslin