Skript zum Seminar Emotionspsychologie / Sommersemester 2002 Bernd Reuschenbach 86 VII Evolutionspsychologische Emotionstheorien Es gibt eine Vielzahl von evolutionspsychologischen Theorien. Die Anfänge gehen auf Darwins Werk „ T h e expression of emotions in man and animals” zurück. Weitere prominente Vertreter sind McDougall und Plutchik. Seit den 90er Jahren erlebt die Evolutionspsychologie mit Cosmides und Buss eine Renaissance, wenn auch mit anderen methodischen Zugängen: Während sich Darwins Theorien eher auf anekdotische Schilderungen aus dem Tierreich beziehen, wird heutzutage ein hypothesengeleiteter experimenteller Zugang bevorzugt. 1 Grundannahmen zu Emotionen aus evolutionspsychologischer Sicht ß ß Die biologische Funktion von Emotionen steht im Mittelpunkt. Emotionen werden als sich über Jahrtausend entwickelnde Eigenarten des Menschen und der Tiere verstanden, die zur Erhöhung der Fitness dienen. Folgende vier Prämissen sind der Motor der Entwicklung: 1 Option des instrumentellen Lernens durch Bereitstellung des Lust/Unlust-Mechanismus. 2 Flexibilisierung der Anpassung an Umweltbedingungen im Unterschied zu starren Reflexmustern. 3 Emotionen bzw. emotionales Ausdrucksverhalten lösen domänenübergreifende Anpassungsprobleme (Erwerb der Lernfähigkeit, Kommunikationsfähigkeit etc.). 4 Mehrere Primäremotionen haben sich zur Lösung unterschiedlichster Anpassungsprobleme phylogenetisch herausgebildet. Grundfragen der emotionsbezogenen Evolutionspsychologie: ß Welche Vorteil hat die emotionale Disposition im Laufe der Evolution gebracht? ß Worin besteht der adaptive Wert von Emotionen? (auch wenn ein Verhalten nicht mehr adaptiv ist, behält es -evolutionär betrachtetseine Funktion) Ziel ist es, die Funktion von Emotionskomponenten, insbesondere des Emotionsausdrucks zu beleuchten. Es sollen die besonderen Konstruktionsmerkmale des Verhaltens aufgedeckt werden. Wenn die Wirkweise des Mechanismus bekannt ist, dann lassen sich auch Hypothesen über die innere Struktur der sog. evolutionären psychischen Mechanismen (EP) ableiten. Merkmale solcher EP Mechanismen sind: Skript zum Seminar Emotionspsychologie / Sommersemester 2002 ß ß ß Bernd Reuschenbach 87 Anpassungsproblem werden sehr effizient gelöst EPs treten speziesweit auf Lernen und Entwicklung sind mit der Annahme der EPs kompatibel Was ist mit dem Funktionsbegriff gemeint? Die letztendliche (ultimate) Funktion jedes Merkmals ist die Erhöhung der Gesamtfitness, d.h. die Lösung eines Anpassungsproblems. Die proximate Funktion ist der spezifische Beitrag des Merkmals zur Lösung eines bestimmten Anpassungsproblems (z.B. Emotionsausdruck als kommunikative Funktion). 2 Darwins Evolutionstheorie 2.1 Prinizip der natürlichen Selektion So wie ein Züchter, über mehrere Pflanzenfolgen hinweg, die jeweils besten Pflanzen weiter züchtet, um so beispielsweise eine besonders ertragreiche oder resistente Pflanze zu erhalten, so soll dieses Prinzip der Selektion auch in der Natur funktionieren. Hier ist es nicht der Züchter, sondern die Natur selbst, die für eine Selektion und damit für eine Veränderung der Art sorgt. Deshalb spricht Darwin von der natürlichen Selektion. Drei Prämissen: 1) Biologische Merkmale eines Organismus (anatomisch, physiologisch, psychologisch) haben eine genetische Basis und werden an nachfolgende Generationen vererbt. 2) Unterschiedliche Merkmalsausprägungen (durch genetische Rekombination und Mutation entstanden) können in unterschiedlichem Ausmaß vorteilhaft für einen Organismus in seiner spezifischen Umwelt sein. 3) “Vorteilhafte” Merkmalsausprägungen sind solche, die den Reproduktionserfolg eines Individuums (individuelle Fitness) erhöhen. Diese breiten sich in der Population aus. Grundlage der Evolution ist demnach die spontane Variation von Merkmalen. Manche Ausprägungen führen zu größerem Reproduktionserfolg in einer spezifischen Umwelt als andere und setzen sich deshalb durch. Das Prinzip ist also kausal-mechanistisch, nicht teleologisch: Skript zum Seminar Emotionspsychologie / Sommersemester 2002 Bernd Reuschenbach 88 Hohe Fitness Geringe Fitness 1. Generation 2. Generation 3. Generation Zeitachse--------------------------------------------------------------> Die Giraffe hat nicht etwa einen langen Hals, um besser an ihre Nahrung zu gelangen, sondern: Da die Giraffenindividuen, die aufgrund zufälliger spontaner Variation längere Hälse hatten, besser an ihre Nahrung gelangten und daher einen größeren Netto-Reproduktionserfolg hatten als die Individuen mit kürzeren Hälsen, haben sich lange Hälse in der Giraffenpopulation durchgesetzt. Genetische Veränderungen, die für eine besondere Umweltanpassung sorgten, werden also durch die Gene an nachfolgende Generationen weitergegeben. Aber Achtung: a) Ein Gen verursacht meist nicht allein Veränderungen ‡ meist mehrere Gene notwendig. b) Zwischen Genotyp und Phänotyp vermitteln Umweltfaktoren, d.h. bei gleichem Genotyp (z.B. eineiigen Zwillingen) kann es dennoch zu Variationen kommen. c) Genetisch vererbte Eigenschaften müssen nicht von Geburt an vorhanden sein, auch Entwicklungsmöglichkeiten oder Verhaltensdispositionen können vererbt werden. Exkurs: Wie eine phylogenetische Entwicklung stattfindet und wie man sich die Anpassung von Arten in der Psychologie zu nutzen macht, zeigt ein Tierexperiment von Hitier, Petit & Prétat (2002): Fruchtfliegen (Drosophila melanogaster) werden auf verschiedene Duftstoffe hin konditioniert. Duftstoff 1 wird mit einem Elektroschock gekoppelt, beim Duftstoff 2 passiert nichts. Bei mehrmaliger Koppelung suchen die meisten Fruchtfliegen, wenn Sie zwischen den beiden Duftstoffen platziert sind, Duftstoff 2 auf. Aber: Einige Fliegen bleiben trotz des erlebten Schocks bei Duftstoff 1. Das verwundert und ist nur dadurch zu erklären, dass bei diesen Fliegen entweder keine Lerneffekte stattfinden oder Gedächtnisspuren schnell gelöscht werden. Skript zum Seminar Emotionspsychologie / Sommersemester 2002 Bernd Reuschenbach 89 Es ist nun möglich, diese nicht-phobischen Fliegen weiter zu züchten. So entstehen Drosophlila-Stämme mit spezifischen „Anpassungsvorteilen“. So hat er Stamm „Canton-S“ eine extrem lange Merkfähigkeit, während Fliegen des Stamms „radish“ oder „amnesiac“ nur kurze Behaltensleistungen haben. Die verschiedenen Stämme dienten den Forschern als Grundlage für die Erforschung des Zusammenhangs zwischen Erbgut und neuronalen Grundlagen des Gedächtnisses. Letztlich ist die Züchtung solcher „psychischer Auffälligkeit“ eine artifizielle Evolution im „Kleinformat“. Skript zum Seminar Emotionspsychologie / Sommersemester 2002 Bernd Reuschenbach 90 2.2 Darwins Begriff der „Fitness“ Fitness bedeutet den Grad der Anpassung an die natürlichen Bedingungen. Dabei meint „fit“ nicht zwingend der stärkste zu sein. Fitness ist immer in Relation zur Umwelt zu sehen. Fitness, kann auch bedeuten: Kleiner schmächtiger Körperbau anstatt großem Körperbau (z.B. um Energie zu sparen) oder Intelligenz statt Muskelkraft etc.. Darwin postuliert das Prinzip der individuellen Fitness: Fitness hat demnach die Funktion, das eigene Überleben bis zur Fortpflanzung zu sichern. Die Weitergabe der persönlichen Gene steht im Mittelpunkt. Die Idee der individuellen Fitness ist später von Hamillton (1964) durch das Prinzip der „Inklusiven Fitness“ erweitert worden: ß Alles was der Art zum Überleben dient, und dabei vielleicht auch die persönliche Überlebenswahrscheinlichkeit schmälert, z.B. altruistisches Verhalten, trägt zur Fitness bei. ß Relevant ist die Weitergabe des Genmaterials einer Art und nicht einzelner Individuen. Inklusive Fitness erhöht also die Wahrscheinlichkeit der Arterhaltung, auch unter Bedrohung der individuellen Fitness. Nun bleibt noch zu klären, worin der besondere evolutionäre Nutzen von Emotionen besteht: 2.3 Darwins Verständnis von Emotionen Emotionen verbessern aus vier Gründen die Fitness: I Organismische Funktion: A) Spezifische Funktion: Fitness-Steigerung, die nicht durch Kommunikation zustande kommt, sondern direkt dem Organismus dient. Z.B. Überraschung: Augen auf, Augenbrauen hochziehen, um Augen noch weiter zu öffnen ‡ Bessere Wahrnehmung. B) Generelle Funktion: Der Emotionsausdruck reguliert und modifiziert die Emotionen. Hierbei nimmt Darwin modernere Theorien (z.B. die Facial-Feedback-Hypothese) vorweg. II Kommunikative Funktion: C) Fitness-Steigerung durch Wirkung auf Artgenossen: Emotionsausdruck verleiht den Worten Lebhaftigkeit und Energie. D) Emotionen als „Mittel zum Zweck“: Emotionsausdrücke können willkürlich eingesetzt werden, um bestimmte Mittel zu erreichen. Für Darwin sind Emotionen mentale Zustände. Sie entstehen anhand bestimmter Situationen automatisiert und gehen mit typischen Emotionsausdrücken einher. Am Anfang steht eine kognitive Einschätzung, die dann letztlich den Emotionsausdruck verursacht. Der Schwerpunkt seiner Forschung lag beim Emotionsausdruck. Er leistete wesentliche Vorarbeiten zur Universalität des Gesichtsausdrucks (siehe Kapitel 8). Skript zum Seminar Emotionspsychologie / Sommersemester 2002 Bernd Reuschenbach 91 Erklärung der Phylogenese des Emotionsausdrucks durch das “Prinzip der zweckmäßig assoziierten Gewohnheiten”: 1. Ursprünglich bewusste Reaktion auf Emotionen 2. Etablierung als Gewohnheit und “soziale Konvention” 3. Vererbung der durch Gewohnheit erworbenen Eigenschaft (!) Abweichend von seiner eigenen Theorie der natürlichen Selektion greift Darwin im Fall des Emotionsausdrucks auf die alte (und falsche) Theorie der Vererbung erworbener Eigenschaften von Lamarck zurück. 3 McDougalls Emotionstheorie (1908) 3.1 Instinktbegriff Innerhalb der McDougallschen Theorie ist der Instinktbegriff zentral: Instinkt = relativ bereichsspezfische psychische Disposition (d.h. Fähigkeiten und Neigungen) auf einen Reiz hin gezielt zu reagieren. Zu dieser Disposition gehören eben auch die Emotionen. Er unterscheidet zwischen Hauptinstinkt und Nebeninstinkt: Hauptinstinkte: Nebeninstinkte: z.B. Reproduktionsinstinkt, Konstruktionsinstinkt, Herdeinstinkt, Erwerbsinstinkt. Außerdem: Instinkt des Mitfühlens: Ausdrucksverhalten, das Artgenossen zeigen, wird auch durch den beobachtenden Artgenossen gezeigt. Wenn ein Tier Neugier zeigt, dann tun es auch die anderen. Ausdrucksverhalten ist also nicht nur eine spezifische Reaktion, sondern auch die Kopie des Verhaltens auf einen Instinkt hin. Angstinstinkt löst auch einen Angstausdruck beim anderen aus (empirischer Befund ‡ siehe „preparedness“ beim Beobachtungslernen). Skript zum Seminar Emotionspsychologie / Sommersemester 2002 Bernd Reuschenbach 92 Die Emotionen sind ein Teil dieses Instinktes. Aber eben nur ein Teil eines umfassenden Instinktprozesses: 3.2 Instinktprozess Was McDougall mit dem Konzept des Instinktprozesses postuliert, wird in der modernen Evolutionspsychologie als „evolutionärer psychischer Mechanismus (EP-Mechanismus)“ bezeichnet (siehe unten). Ein Instinkt besteht drei Teilen: ß Afferenter Teil (Auslöser): o Erkennen wird angeregt durch angeborene natürlichen Auslöser (z.B. Schlangen) ß Zentraler Teil (emotionale Qualität): o Die Wahrnehmung des natürlichen Auslösers ist der direkte und mittelbare Auslöser des emotionalen Erlebens (Erkennen – kognitiv). ß Efferenter motorischer Teil: o Streben (Handlungsimpuls), z.B. Flucht. Im Erleben des motorischen Teils nehmen wir die Intensität der Emotion wahr. o Neben diesen angeborenen Prozessen gibt es auch Modifikationen: Modifiziert werden kann ein Instinktprozess im ß afferenten Teil (der Auslöser) und im ß efferente Teil (die Handlung). Nicht modifizierbar ist der zentrale Teil, also die emotionale Qualität. Mit anderen Worten: Furcht fühlt sich immer wie Furcht an. Wovor wir Furcht haben und wie wir damit umgehen, kann durch Lernen verändert werden. Eine Modifikation der Emotionsauslöser (afferent) ist möglich durch: ß Ausweitung durch Assoziation (= klassische Konditionierung) ß Ähnlichkeit = Generalisierung ß Spezialisierung (= Reizdiskriminierung) (siehe Abbildung zur Variation der Auslöser von Furcht) Eine Modifikation der Instinkthandlung (efferent) ist möglich durch: ß Sozialisationseffekte ß evolutionäre Veränderungen in einer Art. Skript zum Seminar Emotionspsychologie / Sommersemester 2002 Bernd Reuschenbach 93 3.3 McDougalls Auffassung von Emotionen ß ß ß Emotionen sind die Erlebensqualitäten beim Instinktprozess. Die Qualität wird durch die Wahrnehmung des afferenten Inputs bestimmt. Die Intensität der Emotion durch die Wahrnehmung des efferenten Teils, d.h. die Stärke von Reaktionen. Funktion von Emotionen a) Situationsangemessenes Erkennen b) Physiologische Aktivierung, die zum Ausführen der Instinkthandlung führt. Der Emotionsausdurck hat dabei sozialkommunikative Funktion, aber auch instinktauslösende Funktion (Emotionsauslösung durch Mitfühlen). Er unterscheidet zwischen Primär- und Sekundäremotionen: Primäremotionen sind solche Emotionen, die a) im Sinne dieses Instinktprozesses entstehen, vererbt simd und nicht mehr in andere Gefühlsqualitäten zerlegbar sind und b) einen klaren Bezug zum Hauptinstinkt haben. Sekundäre (komplexe) Emotionen ergeben sich als Mischung von primären Emotionen, analog zur Farbmischung. Beispiele: ß Verachtung = Ekel + Ärger ß Bewunderung = Staunen + Unterwerfung ß Dankbarkeit = Zärtlichkeit + Unterwerfung ß Abscheu = Furcht + Ekel ß Neid = Ärger + Unterwerfung Skript zum Seminar Emotionspsychologie / Sommersemester 2002 ß ß Bernd Reuschenbach 94 Ehrfurcht = Staunen + Unterwerfung + Furcht Haß = Ärger + Furcht + Ekel Es blieb noch eine Restgruppe, die nicht das Schema passte, diese nannte er abgeleitete Emotionen: Abgeleitete Emotionen sind keine Mischemotionen, sondern kognitiv vermittelte Reaktionen als Folge einer Erreichung/Nichterreichung von Instinktzielen (daher auch: “Wunschemotionen“). Hierzu zählen: Freude, Hoffnungslosigkeit, Kummer, Zuversicht, Hoffnung, Angst, Verzweiflung, Enttäuschung, Bedauern, Reue 3.4 Kritik an McDougalls Emotionstheorie Die Aktualgenese (ohne Kognition) ist angreifbar. Assoziationstheoretischer Erwerb weiterer Emotionen (Generalisation) bisher nur für Furcht belegt. ß Nur einige Instinkte sind mit Emotionen verbunden . ß Furcht und Angst sollen ganz verschiedene Emotionen sein. ß Instinktannahme ist zirkulär: Person X tut etwas, weil es einen Instinkt gibt. Woher weiss man, dass es ein Instinkt war? Weil Person X etwas getan hat. Es fehlt also ein Außenkriterium. ß Gezielte empirische Prüfungen wurden nicht unternommen und es ist fraglich, ob diese überhaupt möglich sind. Aber: ß Die instinkttheoretische Sichtweise wurde von einigen Persönlichkeitstheoretikern (Murray, Cattell) explizit übernommen. ß McDougall hat eine ausführliche und theoretisch begründete Systematik von Emotionen erarbeitet und sie umfassend mit motivationstheoretischen Konzepten verbunden ß Seine Konzeption ist auch wegen des Einbezugs von Lernprozessen und kognitiven Prozessen überaus modern. Neuere Theorien (Plutchik, Ekman, Izard, Buss) unterscheiden sich davon im Grunde nur in Details. ß ß 4 Plutchiks Emotionstheorie (1958) 4.1. Grundannahmen über die Emotionen Postulate 1: The concept of emotions is applicable to all evolutionary levels and applies to animals as well as to humans. Postulate 2: Emotions have an evolutionary history and have evolved various forms of expression in different species. Postulate 3: Emotions serve an adaptive role in helping organisms deal with key survival issues posed by the environment (siehe unten) Postulate 4: Despite of different forms of expression of emotions in different species, there are certain common elements, or prototype patterns that can be identified (siehe Kapitel 3). Postulate 5: There is a small number of basic, primary, or prototype emotions (siehe Kapitel 3). Skript zum Seminar Emotionspsychologie / Sommersemester 2002 Bernd Reuschenbach 95 Postulate 6: All other emotions are mixed or derivative states; that is, they occur as combinations, mixtures, or compounds of the primary emotions. (siehe Kapitel 3). Postulate 7. Primary emotions are hypothetical constructs or idealized states whose properties and characteristics can only be inferred from various kinds of evidence (siehe Kapitel 3). Postulate 8: Primary emotions can be conceptualized in terms of pairs of polar opposites (siehe Kapitel 3). Postulate 9: All emotions vary in their degree of similarity to one another(siehe Kapitel 3). Postulate 10: Each emotion can exist in varying degrees of intensity or levels of arousal (siehe Kapitel 3). Die meisten Postulate beziehen sich auf das im Kapitel 3 dargestellte Klassifikationsmodell der Emotionen. (zu 3) Emotionen als Teil eines homöostatischen Regelsystems: Nach Plutchik ermöglichen Emotionen die Einschätzung/Bewertung von Außenreizen. Die Möglichkeit, zu bewerten, ob etwas gut oder schlecht für den Organismus ist, erfüllt eine wichtige Funktion, um das Wohlergehen zu sichern. Dem kognitiven Anteil (Bewertung) kommt bei Plutchik erstmals ein hoher Stellenwert zu. Emotionen sind Teile eines umfassenden Regelsystems mit folgenden Schritten: ß kognitive Bewertung ß Veränderung des subjektiven Erlebens (Gefühlszustand) ß Aktivierung des autonomen und zentralen Nervensystems ß Aktivierung von Handlungsimpulsen ß Verhalten Das Verhalten ist wie in einer Rückmeldeschleife mit den anderen Schritten verbunden. Skript zum Seminar Emotionspsychologie / Sommersemester 2002 Bernd Reuschenbach 96 Emotionen sind eingebettet in acht adaptive Verhaltensweisen. Kritik an Plutchik: - Keine echte evolutionstheoretische Weiterentwicklung. - Die dreidimensionale würfelartige Architektur der Emotionen widerspricht nach Euler (2000) der Evolutionstherorie, da eine derart reißbrettartige Planung von Emotionen der Komplexität der natürlichen Anpassungszwänge widerspricht. - Plutchik berücksichtigt in seiner Theorie nicht die Weiterentwicklungen zur inklusiven Fitness. 5 Moderne evolutionspsychologische Ansätze: Emotionen als moduläre bereichsspezifische Anpassungen Zentrale Annahmen: Während psychologische Vorgänge wie „Lernen“, „Denken“, „Emotionen“ in der Psychologie oft als unspezifische und inhaltsfreien Mechanismen verstanden werden, sucht die moderne Evolutionspsychologie nach spezialisierten Steuerungsmechanismen/Module, die dazu dienen adaptive Probleme zu lösen. Für verschiedene Informationsverarbeitungsprobleme haben sich in der Evolution unterschiedliche Lösungen und damit spezialisierte Mechanismen entwickelt, die schnell, zuverlässig und effizient arbeiten. Spezifische Emotionen (z.B. Eifersucht) sind ein solcher spezifischer Anpassungsmechanismus. Skript zum Seminar Emotionspsychologie / Sommersemester 2002 Bernd Reuschenbach 97 Ziele der modernen Evolutionspsychologie Ziel ist nicht die Aufdeckung von unspezifischen Allzweckmechanismen, sondern die Analyse von mehr oder weniger bereichsspezifischen evolutionspsychologischen Mechanismen (EP-Mechanismen). Es geht um die Suche nach den „durch natürliche Selektion entstandenen Konstruktionsmerkmalen derjenigen Merkmale, die Verhalten kontrollieren“ (Meyer, 1999, S. 183.) Die Beantwortung der Frage „Welcher Zweck hat ein bestimmter Mechanismus?“ ist dabei zwingend, nicht jedoch die Beantwortung der Frage „Welchen Ursprung“ hat ein Mechanismus?“. Prominente Vertreter der neueren Evolutionspsychologie sind • Buss • Cosmides • Tooby. Methodik: - - Klärung der Frage, welchen Beitrag EP-Mechanismen zur Fitness-Steigerung leisten, d.h. wie die Anpassungsprobleme durch die EP-Mechanismen gelöst werden. Ausgehend von den Phänomenen: Welchen Sinn sollte ein Verhalten, eine Emotion (z.B. Eifersucht) im evolutionären Kontext haben? Welche biologische Funktion steht dahinter? ‡ Nach Klärung der Funktion lassen sich auch Hypothesen über die innere Struktur bilden. Folgende Merkmale geben dabei einen Hinweis auf EP-Mechanismen: 1. Der Mechanismus tritt interkulturell auf und entwickelt sich dann, wenn die Umwelt der evolutionären Umwelt ähnlich ist. 2. Der EP-Mechanismus löst das Problem besonders effizient. 3. Der EP-Mechanismus löst spezifisch ein adaptives Problem und ist nicht Nebenprodukt eines anderen psychischen Mechanismus. Dieser Ansatz greift letztlich viele Aspekte des 70 Jahre älteren Instinktbegriffs von McDougalls auf, wonach 1. es im Laufe der evolutionären Geschichte der Menschen Anpassungsprobleme gab (z.B. Nahrungsknappheit), deren Lösung einen Anpassungsvorteil brachte, der die Fitness erhöhte. 2. Zur Anpassung haben sich besondere Programme (informationsverarbeitende Strukturen) herausgebildet. Buss nennt diese „Evolutionär psychische Mechanismen“ 3. Diese EP-Mechanismen sind 1) in der Evolution entstanden, 2) ein Output ist spezifisch einem Input zugeordnet, 3) nur bestimmte Reize können als Output fungieren. 4. Die Funktionsweise solcher EP-Mechanismen zeigt die folgende Abbildung: Skript zum Seminar Emotionspsychologie / Sommersemester 2002 Passiv aus Umgebung aufgenommen Bernd Reuschenbach aktiv extrahiert Spezifischer Input = adaptives Problem - > vermittelt, welchen besonderen Problemen der Organismus gegenübersteht, a) Extern (Konfrontation mit aggressivem Gegner) b) Intern (Hunger) Output = Versuch adaptives Problem zu lösen a) Physiologische Regulation b) Handlungsinitiierung 98