Gehör und Gleichgewicht

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Biopsychologie SoSe – Emotionen
Emotionen
1. Einleitung
2. Biopsychologie der Emotionen
2.1 Gefühlsdimensionen und Abgrenzung zu Stimmungen
2.2 Theorien zur Emotionsentstehung: Die Rolle des ANS
2.3 Zu Grunde liegende Hirn-Strukturen
3. Angst und Furcht (Vermeidung)
3.1 Konditionierung von Furcht
3.2 Neuronale Schaltkreise
3.3 Biochemische Prozesse
4. Aggression
4.1 Neuronale Grundlagen
4.2 Sexualhormone
5. Hemisphären-Asymmetrie
6. Verhaltensmedizin
Î Quelle: Birbaumer & Schmidt Kap. 26 (Pinel Kap. 17)
1. Einleitung
ƒ
Emotionen: Brücke zwischen Kognition und Trieb
•
Hirnbereiche phylegenetisch älter als Kortex aber jünger
als Hirnstamm
•
Emotionen untrennbar mit Verhalten und Denken
verbunden
ƒ
Biol. Psychol. nicht nur theoretisch bedeutsam: Grundlage für
Prävention und Therapie!
2. Biopsychologie der Emotionen
2.1 Gefühlsdimensionen und Abgrenzung zu Stimmungen
ƒ
Gefühlsdimensionen:
•
Lerntheoretische Sicht: Gefühle = Reaktionsmuster auf
körperinterne oder -externe Reize
o
Positiv-verstärkende oder aversiv-bestrafende
Reize treten auf oder bleiben aus
•
Reaktionsebenen: psychologisch, motorisch,
physiologisch
o
Dimensionen: angenehm – unangenehm und
erregend – deaktivierend
Æ Annäherung versus Vermeidung / Valenz
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ƒ
Emotionen beeinflussen Verhaltensreaktion auf Reiz
•
neuronale Generatoren für Gefühle = Verstärkersysteme
o
Freude: emotionale Reaktion auf Auftreten eines
positiv-verstärkenden Reizes
o
Frustration und Wut: emotionale Reaktion auf
Ausbleiben eines positiv-verstärkenden Reizes
o
Angst: emotionale Reaktion auf das Auftreten
eines aversiv-bestrafenden Reizes
o
Erleichterung: emotionale Reaktion auf
Ausbleiben eines aversiv-bestrafenden Reizes
ƒ
6 Primäremotionen (vgl. Ekman) B&S Box 26.1
•
Glück/Freude, Trauer, Furcht, Wut, Überraschung, Ekel
o
Emotionen bzw. Emotionsausdruck =
angeborene Reaktionsmuster (Reifung, ohne
Lernvorgänge) B&S Abb. 26.1
o
Dauer: Sekunden
o
Latenzzeit: wenige Millisekunden
o
voll ausgebildete Primäremotion: 70-100
Millisekunden
o
ƒ
Gemisch aus Primäremotionen
Abgrenzung zur Stimmung
o
länger anhaltende (Stunden, Tage)
Reaktionstendenzen
o
erhöhte Wahrscheinlichkeit für best. Emotion
o
in der Regel ohne Auslöserreiz
o
ohne begleitenden Gesichts- und
Körperausdruck
•
Emotionen: erhöhte Wahrscheinlichkeit für gerichtete
motorische Verhaltensweisen
•
Stimmungen: Beeinflussung von Gedanken, kognitiven
Prozessen
ƒ
Kommunikative Bedeutung von Gefühlen
o
Evolutionäre Bedeutung: Info über Motivationen
(z.B. Furcht(ausdruck/Weglaufen) Ö Gefahr etc.)
o
Gefühle: adaptive Bedeutung in soz. Gefügen
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ƒ
Rolle motorisch-verhaltensmäßiger Ausdrucksreaktionen für
Gefühle
o
Primäre Emotionen: Körper- und
Ausdrucksreaktionen angeboren (spontanes
Auftreten, kulturübergreifend)
o
Darstellungsregeln in Kulturen: Überlagerung,
keine Maskierung
ƒ
Willkürlich versus unwillkürlich
•
Echte Gefühlsausdrücke physiologisch von falschen
unterscheidbar
•
Beteiligung unterschiedlicher neuronaler Verbindungen
und Muskelgruppen
o
unwillkürlich: eher subkortikal
o
willkürlich: eher kortikal
Î Abb. Pinel 17.6
ƒ
„Duchenne-Lächeln“ (echtes Lächeln)
•
Kontraktion von M. orbicularis oculi (Augenwinkel) und
der M. zygomaticus major (Mundwinkel)
•
Gesichtsausdruck symmetrisch
•
Hemisphärenunterschied: EEG-Aktivität
ª Pokerface (EMG)
ª Lügendetekor
Î Abb. B&S 26.2, 26.19, 26.2 (3. Auflage)
ƒ
Rolle motorisch-verhaltensmäßiger Ausdrucksreaktionen für
Gefühle
•
Änderung im Gesichtsausdruck (Korrugator,
Zygomaticus)
ƒ
•
Änderung im Körperausdruck
•
Stimme (Prosodie)
•
Gang
•
Handbewegung
•
Fingerbewegung
Ausdrucksreaktionen für Gefühle: Psychophysiologie
•
z.B. Herzrate, Körpertemperatur, Hautleitfähigkeit,
Atmung, Pupillengröße
•
Stärke und Dauer
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Î Verschiedene emotionale Zustände lassen sich so durch
ein ziemlich spezifisches Muster von muskulären und
vegetativen Reaktionen psychophysiologisch
differenzieren.
2.2 Theorien zur Emotionsentstehung: Die Rolle des ANS
Î Abb. Pinel 17.2, B&S 26.3
ƒ
Kontroverse über Bedeutung peripher-physiologischer Faktoren
•
James-Lange-Theorie (James 1890; Lange 1885)
Grundannahme: Feedbacktheorie, periphere Theorie
ª Emotionen entstehen durch Wahrnehmung aus vegetativen und
motorischen Körpersystemen („Wir weinen nicht, weil wir traurig sind,
sondern wir sind traurig, weil wir weinen“).
•
Cannon-Bard-Theorie (1912):
Grundannahme: Reize und deren Bewertung im ZNS
führen direkt zu Emotionen und parallel dazu zu peripherphysiologischen Veränderungen; zentrale Theorie
-….Exemplarische Befunde für beide Theorien….
Î Abb. Pinel 17.5
-Aktueller Stand der Debatte: Kombination beider Theorien
Zwar kann durch Hirnstimulation direkt ein Gefühl ohne jede peripherphysiologische Rückmeldung ausgelöst werden, dies aber nur, wenn
diese peripher-physiologischen Muster zumindest einmal in
Vergangenheit mit dem zentralnervösen Anteil des Gefühls assoziiert
wurde.
2.3 Zu Grunde liegende Hirn-Strukturen
Î Abb. B&S 26.5a
ƒ
ƒ
Gefühle entstehen in einem subkortikal-kortikalen Netzwerk
o
Hypothalamus und limbisches System (s. Vorl. ZNS)
o
Amydalae
o
Orbitofrontalkortex
o
Basalganglien
Stichwort: „kalte“ und „heiße“ Information:
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Biopsychologie SoSe – Emotionen
1. Reize/Signale zunächst in orbitofrontalen Kortex und Amygdalae
2. zusätzliche Infos aus hypothalamischen Kernen
3. a) Umsetzung emotionaler Rekationstendenzen in Verhalten und
Auswahl: Basalganglien
4. Realisierung über Thalamus und motorischen Kortex
Oder Verlauf alternativ
3. b) über linken Temperofrontal-Kortex (bewusst)
Orbitofrontalkortex und Amygdale projizieren in kortikale
Ursprungsorte zurück (daher emotionale Färbung von
Gedächtnisinhalten)
ƒ
Rolle kognitiver Prozesse bei Gefühlen (s. Sozialpsychologie)
ƒ
Experimente von Schachter
ƒ
keine allgemeine Gültigkeit der kognitiven Theorie von Gefühlen,
Bsp.:
•
subliminale Wahrnehmung
•
Bekanntheit von Reizen
•
Aversionen
•
Psychopharmaka
•
direkte Verbindungen von Sinnesorganen zum ZNS (z.B.
retino-hypothalamischer Trakt)
•
Phylogenetische und ontogenetische Reihenfolge der
Entstehung
ª Primat des Affektes
Frage: Haben Tiere Gefühle?
Eigenheit des Menschen bzgl. Gefühle
3. Furcht und Angst (Vermeidung)
ƒ
Abgrenzung: Angst und Furcht (Mensch)
•
Angst: ungerichtete (diffuse), peripher-physiologische,
zentralnervöse und subjektive Überaktivierung bei
Wahrnehmung von Gefahren
•
Furcht: spezifische motorische, physiologische und
subjektive Reaktion bei Identifikation von Gefahr, welche
mit gerichteter Bewältigungsreaktion einhergeht
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Biopsychologie SoSe – Emotionen
3.1 Konditionierung von Furcht
Î Abb. B&S 26.8
Î Abb. LeDoux: Bild 2
ƒ
Tierexperimente zur Konditionierung von Furcht („fearconditioning“)
•
ƒ
Beispiel: Klassische Konditionierung von Ratten
o
US: leichter Schmerzreiz per Stromschlag
o
CS: akustischer Reiz
o
Extinktion
Zwei-Prozess-Theorie der Angstentstehung und
Aufrechterhaltung
•
(a) klass. Konditionierungsphase mit Ausbildung
der konditionierten emotionalen Reaktion (CER)
•
(b) instrumentell-operante
Konditionierungsphase (Bewältigungsphase):
„Erfolgreiche“ Vermeidung der CER auf
Hinweisreize
ƒ
Stichwort: Experimentelle Neurose
Entscheidend für die Stabilität des Vermeidungsverhaltens ist:
(a) die kortikale assoziative Verknüpfung: kond. Reiz (neutral) /
Hinweisreiz
(b) die kortikale Verstärkung der Vermeidungsreaktion
Nicht entscheidend: Beseitigung der peripher-physiologischen
Angstzeichen auf den CS
3.2 Neuronale Schaltkreise
ƒ
LeDoux „Pfad der Angst“
•
Läsionsstudien: Welche Hirnstrukturen sind für die
Entstehung einer konditionierten Furchtreaktion
erforderlich?
Æ Läsionen der Hörrinde zeigten, dass diese nicht für die
Konditonierung von Angstzuständen notwendig
Æ Signal muss bis zum Thalamus laufen
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Æ Befunde: limbisches System wichtig für die
Verarbeitung von Emotionen
Æ Schädigung der Amygdalae verhindert die gesamte
konditionierte Reaktion; Schädigung des Hippocampus:
verhindert lediglich kontextgebundene Angstreaktion
Æ emotionale Reaktion in der Amygdalae gespeichert,
beim intakten Individuum durch den Kortex kontrolliert
(„emotional memories are forever“)
Æ Direkte Verbindungen von der Hirnrinde (medialer
präfrontaler Kortex) zur Amygdalae nachgewiesen
Gesamtmodell von LeDoux: Integration
(a) schnelle Bahn über den Thalamus zur Amygdala = stereotype
thalamo-amygdaloide Bahn (Æ löst rasche, reflexartige
Schutzreaktionaus, kann lebensrettend sein)
(b) langsame Bahn über Thalamus zur Hirnrinde und von dort zur
Amygdala = langsame kortikale Verbindung
Î Abb. B&S 26.10 (oder B&S 26.6. 4. Auflage)
o
Amygdala: emotionales Gedächtnis (unterscheidet sich vom
deklarativen Gedächtnis - Hippocampus)
o
Therapie der Angst
3.3 Biochemische Prozesse
ƒ
Noradrenalin (NA)
Î Abb. B&S 26.9 (5. Auflage)
•
Aktivität der zentralen und peripheren NA-Systeme für
Angst und Furchtreaktionen notwendig
•
zentrale noradrenerge Bahnen ziehen vom Hirnstamm
zur Amygdala, in die Hirnrinde und auch zum
Hypothalamus
•
erhöhte selektive Aufmerksamkeit auf relevante Reize
•
Verbesserung des Signal-Rausch-Verhältnisses
•
Patienten mit Angstzuständen: pathologische
Veränderungen des zentralen und peripheren NASystems (Befunde aber nicht ganz einheitlich)
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Biopsychologie SoSe – Emotionen
•
Konfrontation von Angstpatienten mit Angstreizen: häufig
Überschießende periphere und zentrale noradrenerge
Reaktionen
•
selektive Stimulation des zentralen noradrenergen
Systems mit Pharmaka: Angstattacken
ƒ
Corticotropin-Releasing-Hormon (CRH)
Î Abb. Plotsky
•
zentrales Peptid
•
Vorkommen: Hypothalamus, Amygdala, Hirnstamm
•
anxiogene (=angstauslösende) Effekte
•
Angstpatienten: erhöhte CRH-Konzentrationen im Liquor
•
früher Stress: Sensibilisierung des zentralen CRH Æ
führt bei nachfolgenden Belastungen vermehrt zu Stress
und Angst
•
ähnliche Prozesse vermutl. bei Entwicklung der
Depression: depressogene Effekte von CRH
•
ƒ
Co-Morbidität: Angststörungen und Depression
Glutamat und NMDA-Rezeptoren: (NICHT IM B&S)
•
Glutamat: bedeutsamer NT bei der Entstehung von
Angst und Furcht
•
Über Anbindung an NMDA-Rezeptor: Sensibilisierung für
wiederholte Reize an Stelle von Habituation (Stichwort
LTP)
Î Abb. B&S 26.16
ƒ
GABA-Rezeptor-Komplex:
•
Benzodiazepine (wie auch Barbiturate, Alkohol)
reduzieren kurzfristig Furcht
Æ aber nur in passiven Vermeidungssituationen, nicht in aktiven
•
therapeutische Wirkung nicht spezifisch genug
o
kein Effekt für aktives Vermeiden wie bei
Zwangsverhalten oder soziopathischem
Verhalten (hier sogar Verstärkung)
o
daher nicht dauerhaft heilend
o
hohes Suchtpotential
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Biopsychologie SoSe – Emotionen
ƒ
GABA-Rezeptor-Komplex:
•
Wirkprinzip der Benzodiazepine (z.B.
Diazepam=Valium)
•
Pharmakologische Reduktion von Angst auf
Grund verbesserter Bindung von Liganden an
GABA-A-Rezeptoren im ZNS durch Bindung von
Benzos an Benzodiazepin-Rezeptoren am
GABA-A-Rezeptor-Komplex (z.B. limbisches
System)
4. Aggression (sehr kurz)
Verschiedene Arten der Aggression (neben Wut und offener)
Aggression (zumindest beim Tier)
ƒ
letztlich auf zwei Umweltreize zurück zu führen (Entstehung):
•
Darbietung aversiv-schmerzhafter Reize oder
•
Entzug von Reizen, die für das Überleben
notwendig oder positiv verstärkend sind
•
Irritationsaggression: Basis aller Aggressionsarten
•
Elementare Aggressionsreaktion (Tier): Beißen
•
Aggressives Verhalten kein homöostatischer Trieb
sondern primär gelerntes Verhalten
4.1 Neuronale Grundlagen der Aggression
Î Abb. B&S 26.24
•
Lokalisation von aggressivem Verhalten auf Grund der
Vielfältigkeit innerhalb und zwischen Arten schwierig; wie
bei anderen Emotionen jedoch bestimmte Knotenpunkte
neuronaler Verbindungen identifizierbar
•
aggressives Verhalten ist hierarchisch organisiert
•
von Bedeutung: Kortex (vor allem frontal),
Hypothalamus, Amygdalae
(=Summationsmechanismus), und weitere
subkortikale Regionen
ª Hypothalamus ist für den Ausdruck von aggressiven Emotionen
verantwortlich und der Kortex hemmt diese aggressiven Impulse.
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Biopsychologie SoSe – Emotionen
-Hormone haben einen aktivierenden und organisierenden Einfluss auf
das Verhalten, z.B.:
ƒ
organisierender Effekt von Testosteron
ƒ
und aktivierender Effekt von Testosteron
-Serotonin im ZNS: Je mehr vorhanden, desto geringer die Aggression
(unklar: aggressionshemmend oder allgemein beruhigend)
-Wichtiger Neurotransmitter („beißende Attacke“): Azetylcholin
5. Hemisphären-Asymmetrie
•
Corpus callosum, aber ständiger Austausch der Information
•
Hemisphären haben z.T. etwas unterschiedliche Funktionen
(grob: z.B. links Sprache, rechts visuell-räumliche
Verarbeitung; linke Hemisphäre: Ursacheninterpret,
produziert Kausalattributionen)
•
Abb. B&S 26.7: Untersuchungsbeispiel
Studien an Split-Brain-Patienten oder Patienten mit Rechts- oder
Linkshemisphärischen Läsionen:
ª versch. Hinweise auf funktionelle Dominanz der rechten
Hemisphäre für emotionale Verarbeitung:
-rechtshemisphärische Läsionen: verringerter
emotionaler Ausdruck (frontal) und emotionales
Erkennen (posterior-parietal)
-negative Emotionen: rechte Hemisphäre aktiver
-Depression, PTSD: stärkere EEG Aktivität rechts frontal
-negativer Gesichtsausdruck: früher und eher in unterer
linken Gesichtshälfte (von rechter Hemisphäre
kontrolliert) (Abb. Pinel 17.8)
-Personen mit Lateralitätsstörung haben häufiger
emotionale / psychosomatische Störungen
Neugeborene: funktionelle Split-Brain Lebewesen
Æ Rechte Hemisphäre: negative Emotionen
Æ Linke Hemisphäre: Hemmung negativer Emotionen
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Biopsychologie SoSe – Emotionen
6. Verhaltensmedizin
Wissenschaftsdisziplin aus Klinischer Psychologie, Physiologischer
Psychologie, Allgemeiner Psychologie
•
Anwendung der Lernpsychologie auf physiologische Prozesse
bei Erkrankungen
•
Biofeedback-Therapien: biologische Rückmeldung
•
Prinzip des operanten (instrumentellen) Lernens
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