Anne Kaufmann, Marika Magnet Se Wissenspsychologie Klassenraum voller Gefühle: Emotionen in Lernsituationen „Emotionen sind die ewig bewegten Quellen und Ströme, die alles Glück und alle Not des Lebens in sich schließen.“ (Stumpf, 1899, S.96) Emotionen begleiten uns tagtäglich, auch wenn wir es oft nicht mitbekommen oder bewusst über diese Tatsache nachdenken. Fast jeder Mensch weiß was eine Emotion ist, aber konkret zu definieren was sich hinter dem Begriff der Emotion verbirgt ist für die Meisten wohl nicht ganz einfach. Man stellt schnell fest, dass einem zum Thema Emotion erst einmal viele Gedanken kommen, es aber schwierig ist eine konkrete Definition zu formulieren. Eigentlich keine Überraschung, denn bei einer genaueren Literaturrecherche fällt schnell auf, dass selbst Wissenschaftler unterschiedliche Definitionen gebrauchen und verschiedene Perspektiven zum Thema Emotion einnehmen. Emotionen werden zumeist regelmäßig von mehr oder weniger emotionsspezifischen physiologischen Veränderungen, Ausdrucksreaktionen, Handlungen, motivationalen und kognitiven Prozessen begleitet. Dabei steht das subjektiv erlebte Gefühl zumeist im Vordergrund. Jeder hat schon einmal Freude, Trauer, Überraschung, Ärger etc. bewusst erlebt. Weiners (1985; zitiert nach Hofmann, 1997) attributionales Modell stellt im Zusammenhang von Emotionen mit kognitiven Prozessen dar, welche Emotionen aufgrund subjektiver Bewertungen der Ursachen von Ereignissen und Handlungsfolgen entstehen. Dabei unterscheidet er vier grundlegende Bewertungsdimensionen. Zum Einen wären das die Valenz eines Ereignisses, die Lokation, die Kontrollierbarkeit und die Stabilität. Aus einer Erfolgssituation würde z.B. Freude entstehen, wenn die Ursachen dafür in der eigenen Person gesehen werden und sie prinzipiell selbst kontrollierbar waren. Pekrun und Schiefele (1996; zitiert nach Hofmann, 1997) haben in ihrem Modell der „Allokation kognitiver Ressourcen“ festgehalten, dass durch starke emotionale Prozesse sowohl die Aufmerksamkeit wie auch die kognitiven Kapazitäten gebunden werden, welche dann zur Bearbeitung einer Aufgabe fehlen. Bei einfachen Aufgaben führt dies zu keiner Leistungsbeeinträchtigung, jedoch bei Bearbeitung komplexerer Aufgaben kommt es zu Leistungseinbußen. Salovey & Sluyter (1997; zitiert nach Astleitner, 2000) gehen davon aus, dass emotionale Intelligenz von großer Wichtigkeit ist. Emotionale Intelligenz beinhaltet die • Fähigkeit Emotionen zu erkennen, sie richtig einzuschätzen und Emotionen zu äußern. • Fähigkeit, des Zugreifens und Erzeugen von Gefühlen, wenn diese Gedanken unterstützen und erleichtern • Fähigkeit zum Verstehen von Emotionen und Emotionales Wissen • Fähigkeit Emotionen zu regulieren Negative emotionale Entwicklung beginnt in der frühen Kindheit und intensiviert sich in der Schulzeit, da dort in Beziehungen mit Gleichaltrigen und LehrerInnen im sozialen Kontext Emotionen eine große Rolle spielen. Steiner (1997; zitiert nach Astleitner, 2000) postuliert, dass Kinder mit emotionalen Problemen als Erwachsene eine größere Neigung zu Drogenmissbrauch haben, öfter von Arbeitslosigkeit betroffen sind und öfter Unterstützung vom Staat empfangen. Der FEASP-Ansatz (Astleitner, 2000) stellt ein umfassendes und theoriegestütztes Unterrichtsgestaltungsmodell dar, das das Ziel verfolgt, Emotionen im alltäglichen Unterricht zu integrieren. In diesem Ansatz wird davon ausgegangen, dass 20 unterschiedliche Lehrstrategien bestimmte negative Emotionen, nämlich Angst, Neid und Ärger verringern und Anne Kaufmann, Marika Magnet Se Wissenspsychologie bestimmte positive Emotionen, wie Sympathie und Vergnügen fördern können. Der FEASPAnsatz wurde nicht nur für den herkömmlichen Unterricht formuliert, sondern auch als Programm zur Gestaltung von computergestützten Lehrprogrammen. Um die Relevanz und Wirksamkeit dieses Ansatzes zu belegen wurde eine Validierung vorgenommen. Der FEASP-Ansatz ist wie viele pädagogische Interventionen schwer zu beurteilen. Wenn Lehrer die vorgeschlagenen Lehrstrategien nicht so einsetzen, wie das der Ansatz vorschlägt, wenn sie also von den zugrundegelegten theoretischen Annahmen abweichen, dann könnte der FEASP-Ansatz in der unterrichtlichen Praxis nicht - mit Einhaltung einer gewissen Validität - getestet werden, was jegliche Forschungsbemühungen stoppen würde. Die Ergebnisse der Untersuchung von 163 LehrerInnen und 53 Studierenden zeigte, dass der FEASP-Ansatz für unterrichtliche Kontexte relevant, einsetzbar, konsistent und wirksam ist. Take-Home-Message: Die Meisten von uns haben auch während ihres Studiums schon einmal Emotionen im Zusammenhang mit Lernen oder Leistungssituationen erlebt. Dabei kann es zu positiven wie auch negativen Gefühlen kommen, welche sich dann wiederum auch auf Lernleistungen auswirken können. Die Psychologische Studentenberatung in Graz hilft in Fällen von Niedergeschlagenheit oder Motivationsmangel mit Lern- und Lebenstipps aus. Eine positive, emotionale Lerneinstellung wird als eine von vielen Vorschlägen angepriesen, da man weiß, dass sich Emotionen auch auf die Lernleistung auswirken können. Mittlerweile werden auch schon sogenannte “Happiness-Seminare” an Eliteuniversitäten wie Harvard angeboten. Weil es zunehmend bekannter wird, dass gerade mit sich selbst zufriedene und glückliche Menschen lern- und leistungsfähiger sind. In der Steiermark wird an einigen Pflichtschulen seit einiger Zeit das Unterrichtsfach Glück angeboten. Literatur: Astleitner, H. (2000).Designing emotionally sound instruction. The FEASP- approach. Instructional Science, 28, 169-198. Astleitner, H. (2001).Die Gestaltung von emotional stimmigen Unterricht. Eine Validierung des FEASP- Ansatzes. Salzburger Beiträge zur Erziehungswissenschaft, 5, 65-76. Hofmann, H. (1997). Emotionen in Lern- und Leistungssituationen – eine idiographischnomothetische Tagebuchstudie an Lehramtsstudenten im Examen, S.10-35. InauguralDissertation zur Erlanngung des Doktorgrades der Universität Regensburg. LeDoux, J.E. (1998). Das Netz der Gefühle, S.112-140. München; Wien: Carl Hanser Verlag Spiegel Online vom 17.05.10: http://www.spiegel.de/unispiegel/studium/0,1518,421377,00.html www.psychologische-studentenberatung.at vom 17.05.10 Anne Kaufmann, Marika Magnet Se Wissenspsychologie