Forschung aktuell Antibiotika-assoziierte Diarrhö Schützt Saccharomyces boulardii? Die Antibiotika-assoziierte Diarrhö (AAD) tritt bei 5–70 % der Patienten auf, die antimikrobielle Substanzen einnehmen. Der prophylaktische Nutzen von Probiotika ist wegen methodischer Mängel früherer Studien umstritten. Pozzoni et al. führten deshalb eine randomisierte Studie durch, die den Effekt von Saccharomyces boulardii und Placebo verglich. Am J Gastroenterol 2012; 107: 922–931 S. boulardii werden verschiedene positive Wirkungen auf die Darmschleimhaut zugeschrieben. Am wichtigsten ist der direkte inhibitorische Effekt gegen das Toxin von Clostridium difficile, das 10–25 % der AAD-Fälle hervorruft (CAAD). Pozzoni et al. untersuchten die Häufigkeit von AAD und CAAD in einer Zufallspopulation über 50-jähriger Patienten, die wegen bakterieller Infektionen antibiotisch behandelt Z Gastroenterol 2013; 51 wurden und spätestens 48 Stunden nach Therapiebeginn zusätzlich S. boulardii oder Placebo erhielten. Die Einnahme erfolgte in Kapseln und wurde nach Ende der Antibiotika 7 Tage fortgeführt. Alle Patienten wurden 12 Wochen weiter beobachtet. Die Auswertung der Befunde erfolgte unter Berücksichtigung des Antibiotikatyps. Ein niedriges Risiko wurde für Vancomycin, Metronidazol, Aminoglykoside und Chloramphenicol angenommen. Tetrazykline, Sulfonamide, Makrolide, Quinolone und Teicoplanin waren in der Gruppe mit mittlerem Risiko und Penicilline, Cephalosporine, Carbapeneme und Clindamycin in der Gruppe mit einem hohem Risiko. Insgesamt 275 Patienten mit einem Durchschnittsalter von 79,2 Jahren nahmen teil. 141 erhielten S. boulardii und 134 Placebo. Patienten der Verumgruppe rauchten häufiger und tranken mehr Alkohol. Ansonsten bestanden keine wesentlichen Gruppenunterschiede. 71 Pa­tienten beendeten die Studie aus verschiedenen Gründen nicht (u. a. Tod, fehlender Kontakt, Behandlungsabbruch). Von den übrigen hatten 106 S. boulardii und 98 Placebo bekommen. 15,1 % vs. 13,3 % entwickelten eine AAD (Odds Ratio OR für S. boulardii vs. Placebo 1,16; 95 %-Konfidenzintervall KI 0,53–2,56; p = 0,71). Die Berücksichtigung der Rauch- und Trinkgewohnheiten änderte die Ergebnisse nicht wesentlich. Die einzige unabhängige mit einer AAD assoziierte Variable war ein niedriges Serumkreatinin. CAAD waren nicht signifikant verschieden häufig (3 S. boulardii und 2 Placebo). Ein Auftreten während oder nach Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. 1142 Forschung aktuell Eine probiotische Behandlung mit Saccharomyces boulardii zeigte in einer Studie von Pozzoni et al. keinen präventiven Effekt in Bezug auf eine antibiotikaassoziierte Diarrhö. Im Bild: Pseudomembranöse Kolitis mit plaqueartigen Pfröpfen (Bild: Schmitt W, aus: Gastroenterologie. Hrsg.: Riemann JF, Fischbach W, Galle PR et al. Thieme Verlag, 2008). der Antibiotikatherapie wurde von dem Probiotikum nicht beeinflusst. Die Mortalität war vergleichbar. Nebenwirkungen waren mild ausgeprägt und traten in ähnlicher Häufigkeit auf. Pilzinfektionen kamen nicht vor. Eine Differenzierung nach der Risikoeinschätzung für die einzelnen Antibiotika war aufgrund der zahlreichen angewendeten Medikamente und Kombinationen bei der gleichzeitig geringen Häufigkeit von AAD / CAAD nicht möglich. Fazit S. boulardii schützte nicht vor AAD und CAAD und hatte keinen Einfluss auf den Krankheitsverlauf und die Symptomatik. Dr. Susanne Krome, Melle Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. 1144 Z Gastroenterol 2013; 51