Lectu re Notes in Economics and Mathematical Systems Edited by M. Beckmann, Providence, and H. P. Künzi, Zürich Operations Research 88 H. Steckhan Güterströme in Netzen Spri nger-Verlag Berlin . Heidelberg . New York 1973 Editorial Board H. Albach . A. V. Balakrishnan . P. Dhrymes . F. Ferschl . G. Green D. W. Hildenbrand . R. E. KaIman· W. Krelle . U. P. Ritter· R. Sato P. Schönfeldt Dr. Helmut Steckhan 6900 Heidelberg Mönchbergsteige 5 AMS Subject Classifications (1970): 90-02, 90BlO, 90(35 ISBN-13: 978-3-540-06295-0 DOI: 10.1007/978-3-642-65613-2 e-ISBN-13: 978-3-642-65613-2 This work is subject to copyright. All rights are reserved, whether the whole or part of the material is concerned, specifically those of translation, reprinting, re-use of illustrations, broadcasting, reproduction by photocopying machine or similar means, and storage in data banks. Under § 54 of the German Copyright Law where copies are made for other than private use, a fee is payable to the publisher, the amount of the fee be determined by agreement with the publisher. © by Springer-Verlag Berlin· Heidelberg 1973. Library ofCongress Catalog Card Number 73-16957. Printed in Germany. VOR W 0 R T Die vorliegende Schrift entstand aus dem Manuskript einer Vorlesung, die der Verfasser an den Universitäten München und Heidelberg gehalten hat. In ergänzter und überarbeiteter Fassung wurde sie dann als Habilitationsschrift der Wirtschafts- und Sozialwissenschaft lichen Fakultät der Universität Heidelberg vorgelegt und von dieser angenommen. Die Herren Edwin von Böventer. Carl Christian von Weizsäcker und Albrecht Dold haben die Schrift im Zuge des Habilitationsverfahrens begutachtet. Ihnen schuldet der Verfasser für wertvolle Anregungen besonderen Dank. Das V~rdienst, eine reproduktionsfähige Fassung auf Maschine geschrieben zu haben, gebührt Frau Eva Kempf. Schließlich dankt der Verfasser der Deutschen Forschungsgemeinschaft für die Förderung seiner Arbeit durch ein Habilitationsstipendium. Heidelberg, im Frühjahr 1973 Helmut Steckhan INHALTSüBERSICHT Einleitung •••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••• 1 1. Maximale Ströme und minimale blockierende Schnitte in Netzen ••••••••••••••••••••••••••••••••••• ; 1.1. Netze ••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••• 3 (Definition und Darstellung von Netzen in Bildern und Matrizen) 1.2. Zur Interpretation von Netzen ••••••••••••••••••• 6 (Hinweise auf Transportnetze, Ausbildungsnetze, Verflechtungsnetze) 1.3. Ströme und Schnitte in engen Netzen ••••••••••••• 7 (Netze mit beschränkter Kapazität, minimale blockierende Schnitte als Engpässe und maximale zulässige Ströme zwischen Quellen und Mündungen als extreme Auslastung in engen Netzen) 1.4. Sätze über Ströme und Schnitte in engen Netzen ••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••• 12 (Erweiterung eines Satzes von Ford und Fulkerson, das max-flow-min-cut-Theorem, ein neues Theorem, äquivalente Sätze über Engpässe, Sätze über Transferpfade) 2. Die Konstruktion von maximalen zulässigen Strömen und minimalen blockierenden Schnitten in engen Netzen •••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••• 31 2.1. Ein Algorithmus zum Auffinden von minimalen blockierenden Schnitten in engen Netzen •••••••• 32 (Flußdiagramm, Beispiele, Beweise) 2.2. Ein Algorithmus zur Konstruktion eines maximalen zulässigen Stromes ••••••••••••••••••• 47 (Flußdiagramm, Beispiel, Beweise) 2.3. Vergleich zwischen neuen und alten Konstruktionsverfahren ••••••••••••••••••••••••• 59 (Das Enumerationsverfahren von Dulliez und Rao, ein Ansatz der Linearen Programmierung und die Konstruktion von Ford und Fulkerson im Vergleich zu den neuen Algorithmen) 3. Zirkulationen in zweiseitig beschränkten, bewerteten Netzen ••••••••••••••••••••••••••••••••••• 71 3.1. Zweiseitig beschränkte, bewertete Netze und zulässige, kostenminimale Zirkulationen ••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••• 71 (Netze mit begrenzter Kapazität, Mindestauslastungen und Kosten für die Ströme) VI 3.2. Sätze über Zirkulationen ••••••••••••••••••••••• 72 (Das Hoffmansche Zirkulationstheorem, ein Satz über SChattenpreise) 4. Die Konstruktion von zulässigen Zirkulationen in zweiseitig beschränkten Netzen ••••••••••••••••••• 75 4.1. Ein Algorithmus •••••••••••••••••••••••••••••••• 75 (Flußdiagramm, Beispiel, Beweise) 4.2. Vergleich zwischen dem neuen Algorithmus und dem Zirkulationsalgorithmus von Ford und Fulkerson •••••••••••••••••••••••••••••••••• 85 (Vergleich der Konzepte und Schrittzahlen) 5. Die Konstruktion von kostenminimalen zulässigen Zirkulationen ••••••••••••••••••••••••••••••••••••••• 90 5.1. Optimalitätskriterien •••••••••••••••••••••••••• 90 (Hinreichende Optimalitätsbedingungen und SChattenpreise) 5.2. Ein Algorithmus •••••••••••••••••••••••••••••••• 92 (Flußdiagramm, Beispiele, Beweise) 5.3. Vergleich zwischen Algorithmus 4 und dem out-of-kilter-Algorithmus von Ford und Fulkerson ••••••••••••••••••••••••••••••••••••• 107 (Vergleich der Struktur der Algorithmen und der nicht-optimalen Zustände) 6. n wen dun gen •••••••••••••••••••••••••••••• 6.1. Die Ermittlung der Engpässe und die maximale Auslastung eines Transportnetzes •••••••••••••• (Transportnetze mit mehreren Quellen, Knoten- und Bogenkapazitäten) 6.2. Ein dynamisches Transportproblem •••••••••••••• (Rückführung eines dynamischen Problems auf ein statisches) Konsistenztest für prognostizierte makroökonomische Stromgrößen •••••••••••••••••• (Konsistenz von oberen und unteren Schranken für die Ströme eines volkswirtschaftlichen Kreislaufs) 6.4. Zuordnungsprobleme •••••••••••••••••••••••••••• (Das Assignmentproblem der Linearen Programmierung) Der Weg des geringsten Widerstandes ••••••••.••• (Kürzeste Wege und taktische Konzepte) 6.6. Warenhausprobleme ••••••••••••••••••••••••••••• (Das Cahnsche Problem mit Erweiterungen, Hinweis auf ein Finanzierungsproblem von gleicher Struktur) Ä 108 108 110 114 115 118 121 VII Kostenminimale Transporte ••••••••••••••••••••• 124 (Verallgemeinerung des sogenannten "general minimal Cost-flow problem", vermischte Probleme von der Struktur des Transshipment- und Hitchcockproblems) Literaturverzeichnis •••••••••••••••••••••••••••••••••• 129 EIN LEI TUN G In der Mitte der fünfziger Jahre entstehen in dem Bereich, wo sich angewandte Graphentheorie und Lineare Programmierung überschneiden, Ansätze zu einer neuen Theorie der Güter- und Wertstr6me in Netzen. Die breitere öffentlichkeit erfährt davon 1958 mit der "Theorie des graphes et ses applications" von Claude Berge. Darin berichtet Berge über Ergebnisse von Ford und Fulkerson. Zugleich entwirft er einen einheitlichen formalen Rahmen für verstreute Ansätze zur Transportstromanalyse, deren Anfänge bis in das Jahr 1781 und auf den Pariser Mathematiker und Festungsbauer Gaspard Monge zurückverfolgt werden k6nnen. 1962 erscheint "Flows in Networks" von Ford und Fulkerson als erstes umfassendes Werk zu einer neuen Theorie der Netzstr6me, die sich von der Maxwell-Kirchhoffsehen Theorie über elektrische Str6me auch formal wesentlich unterscheidet. Noch im gleichen Jahr legen auch Berge und Ghouila-Houri in "Programmes, jeux et r~seaux de trans- port" neue Ergebnisse vor. In der FOlgezeit ist die weitere Entwicklung der Netzstromtheorie von einem regen Gedankenaustausch zwischen französischen und amerikanischen Autoren gekennzeichnet, der sich auch in der wechselseitigen Obersetzung der wichtigsten Schriften dieses Gebietes wiederspiegelt. Als Ergebnis entstehen die Grundzüge einer Theorie, die sich zur Analyse von Strömen in Transport- und Verkehrsnetzen, makroökonomischen Verflechtungsnetzen, Ausbildungsnetzen und Informationsnetzen eignet. Darin behaupten die Algorithmen von Ford und Fulkerson nach wie vor ihre zentrale Stellung als konstruktive Problemlösungen. 2 Konstruktive Lösungen von Netzstromproblemen sind auch Gegenstand der vorliegenden Schrift. Wir entwickeln vier neue allgemeine L6sungsverfahren und zeigen eine Anthologie ihrer Anwendungen. Nach einführenden Definitionen beweisen wir ein neues Theorem über minimale blockierende Schnitte durch Netze. Auf dieser Grundlage entwickeln wir ein neues Verfahren für die Bestimmung von Engpässen in Netzen mit begrenzter Kapazität. Anschließend wird eine neue konstruktive Methode zur maximalen Auslastung eines engen Netzes gezeigt. Die dafür verwendeten theoretischen Konzepte übertragen wir sodann auf die Konstruktion von kostenminimalen Zirkulationen. Dabei entsteht einerseits ein neues Konstruktions- und Testverfahren für zUlässige Zirkulationen in Netzen mit beschränkter Kapazität und vorgegebenen Mindestauslastungen. Andererseits erhalten wir ein weiteres konstruktives Verfahren als Alternative zum out-of-kilter-Algorithmus von Ford und Fulkerson. Schließlich bringen wir eine Auswahl von Anwendungen für die neuen konstruktiven Problemlösungen. Dabei können wir erstmals verschiedene bekannte Probleme aus dem Bereich des Operations Research einheitlich auf die Konstruktion von kostenminimalen zulässigen Zirkulationen in zweiseitig beschränkten Netzen zurückführen. 3 1. MAXIMALE STRöME UND MINIMALE BLOCKIERENDE SCHNITTE IN NETZEN In diesem ersten Kapitel beschreiben wir den Gegenstand unserer Untersuchung in formalen Definitionen. Damit wird eine vorzeitige begriffliche Einengung auf ein bestimmtes Anwendungsgebiet vermieden und die Möglichkeit gewonnen. die abstrakten Begriffe in späteren Kapiteln mit einem breiteren Spektrum von verschiedenartigen konkreten ökonomischen Sachinhalten aufzufüllen. Mit diesen formalen Definitionen sChließen wir uns der üblichen Terminologie der Netztheorie weitgehend an. Neue Konzepte werden erst gegen Ende dieses Abschnittes vorgetragen. Dort entwickeln wir unter anderem ein Theorem. mit dem minimale blockierende Schnitte anders als im bekannten max-flow-min-cut Theorem charakterisiert werden. Dieses Theorem erschließt ein neues Konstruktionsverfahren für minimale Schnitte und maximale Ströme. das wir im zweiten Kapitel zeigen. 1.1. NETZE Definition Sei A eine nicht leere Teilmenge im cartesischen Produkt N lC N der endlichen Menge natürlicher Zahlen N := {1.2 ••••• n}. so daß n A : «;;,{(x.y)E N)( N : x ~ > 2 und y}. dann heißen das Mengenpaar (N.A) "Netz". 1) die Elemente XE N "Knoten" und die geordneten Paare (x.y) E A "Bögen". 2) Fußnoten 1) und 2) siehe nächste Seite 4 Kleinere Netze (N,A) kann man recht anschaulich darstellen, indem man die Knoten x € N als Figuren 0 in die Ebene zeichnet und die Bögen (x,y)E A durch Pfeile symbolisiert, die vom Knoten x zum Knoten y weisen. So entsteht beispielsweise die Figur 1 als eines der Bilder des Netzes (N := {1,2,3,4}, A = {(1,4),(3,4),(4,1)}). 3) Figur 1 1) Man bezeichnet (N,A) auch als "endlichen, einfachen, gerichteten, schlaufenfreien Graphen". In den Netzplantechniken zur Darstellung und Terminkontrolle von Projekten (wie in der Program Evaluation and Review Technique, der Criterial Path Method und der Metra-PotentialMethode) ist der Begriff "Netz" enger ge faßt. 2) Bisweilen verwendet man "gerichtete Kante" synonym für "Bogen". 3) Eine derartige Illustration von Netzen wird problematisCh, wenn man die Anzahl der Kreuzungen von Bögen im Bild des Netzes minimieren möchte. Dieses Problem hat keineswegs nur ästhetische Aspekte. Ein durchaus konkreter Inhalt ergibt sich beispielsweise beim Layout für gedruckte Schaltungen. Aber auch innerhalb der reinen Graphentheorie hat dieses Problem in verschiedenen MOdifizierungen viel Beachtung gefunden (vgl. etwa ZARANKIEWICZ [63], GUYC3~], HARARY und HILL [.39J , SAATY [58J, die Kapitel über ebene Graphen bei BERGE [,3<2.] und HARARY [3.rJ und die dort genannte Literatur). Eine verblüffende allgemeine Charakterisierung kreuzungsfreier (d.h. "ebener") Graphen gab bereits KURATOWSKI esol im Jahre 1930. Die allgemeine Konstruktion von kreuzungsminimalen Bildern von Netzen gelang hingegen erst 1966 mit dem Algorithmus von LEMPEL, EVEN und CEDERBAUM [511. 5 In dieser Weise werden wir im folgenden Netze illustrieren, wenn Definitionen, Beweise und Algorithmen anhand von Beispielen veranschaulicht werden sollen. An anderer Stelle dieser Untersuchung (und so auch beim Einsatz größerer moderner Rechenmaschinen) erscheint es hingegen zweckmäßig, ein Netz durch eine der folgenden Matrizen darzustellen: 4 ) 01".(n,n) ot(x,y) .- {~ wenn (x, y ) E A sonst +1 wenn (x=i,y)E A ~. 1, ( x,y ):= [ -1 wenn (x,y=i)E A o sonst Mit diesen Definitionen erhält man beispielsweise für das Netz in Figur 1 die folgenden Matrizen 5) 4) überdies ist es gebräuchlich (aber im Verlauf dieser Untersuchung nicht beabsichtigt), Netze mithilfe von Korrespondenzen zu definieren; vgl. etwa BERGE[3~], p. 5. Weitere Matrizen von Netzen nennen u.a. BERGE[3~] , p. 149 und HARARY [38J, p. 203. 5) Aus der obigen Definition für ein Netz (N,A) folgt x,y = 0 für x = y. überdies erhält man die Anzahl der Pfeile, die zum Knoten y hinweisen (vom Knoten x wegweisen) aus Icn.*( x, y) für y = 1,2, •.• ,n (aus yENI cnf( x,y ) für x = 1,2, .•. ,n). xE:N Nach der Definition für (N,A) enthält die Matrix oz,(n, lAI )in jeder Spalte genau zwei von null verschiedene Elemente, ein strikt positives und ein strikt negatives. Die Summe der strikt positiven Elemente (der strikt negativen Elemente) je Zeile i der Matrix ~(n,IAI)ergibt wiederum die Anzahl der Pfeile, die vom Knoten x = i wegweisen (zum Knoten x = i hinweisen). ~ 6 Y o!(n,n)-- = 1,2,3,4 CO o 000 0 ') 000 1 100 0 (x,y) = (1,4),(3,4),(4,1) x=l, 2, 3, 4 Cl. _ (n.IAI)- ) C 0 0 -1 0 0 +1 -1 -~ +1 i=l. 2, 3, 4 1.2. ZUR INTERPRETATION VON NETZEN Obgleich verschiedene Anwendungen für die Netzwerkanalyse in späteren Abschnitten ausführlich beschrieben werden, möchten wir doch vorab mit einigen Beispielen andeuten, wie die bislang definierten formalen Begriffe mit konkretem Inhalt aufgefüllt werden können. So kann ein Netz (N,A) beispielsweise als Transportnetz verstanden werden, in dem die Knoten Anbieter, Nachfrager und Umschlagplätze symbolisieren und die Bögen als Lieferwege aufgefaßt werden können. In anderer Interpretation stehen Knoten für Ausbildungsinstitutionen und Bögen für Abschnitte eines Bildungsweges. Faßt man (N,A) als In~ormationsnetz au~, so können die Knoten Sender, Emp~änger und Vermittler von Informationen darstellen. In der makroökonomischen Kreislaufanalyse verwendet man Netze ohnehin. Dort wird ein Knoten als Einkommenskonto, Produktionskonto oder als institutionell abgegrenzter "Pol" verstanden und ein Bogen als "Strombett" eines realen oder monetären Stromes. Interpretiert man (N,A) als Verkehrsnetz, so stehen die Knoten für Kreuzungen, Gabelungen oder Einmündungen von Straßen, während ein Bogen (x,y) die (von x aus gesehen) rechte Straßenhälfte oder eine Einbahnstraße darstellt, die von x nach y führt. Schließlich werden Netze seit einiger Zeit auch für die Input-Output-Analyse verwendet. In diesem Zusammenhang faßt 7 man einen volkswirtschaftlichen "Sektor" als Knoten auf, während die Teilmenge A aus N"N das "Gerüst" der Lieferverflechtung darstellt. Diese Beispiele zur Interpretation eines Netzes (N,A) mögen zunächst als Hintergrund für die folgenden formalen Ausführungen dienen. 1.3. STRöME UND SCHNITTE IN ENGEN NETZEN Mit der folgenden Konvention möchten wir zunächst die Schreibweise vereinfachen. Seien Y und Z Teilmengen aus N, sei g eine Funktion die jedem Knoten xe N genau eine rationale Zahl g(x) zuordnet und sei h eine Funktion, die jedem Bogen (x,y)E A genau eine rationale Zahl h(x,y) zuordnet, so schreiben wir im folgenden (y IZ) anstelle von An (y,.Z) , ~ g(x), g(y):=O wenn Y = 0 xe Y h(Y/Z) anstelle von ~ h(x,y), h(Y/Z):=O wenn (Y/Z)=0 (x,y)e(Y/Z) g(Y) anstelle von t und verwenden in diesen Ausdrücken y anstelle von Y und z anstelle von Z, falls Y bzw. Z genau ein Element enthält. Enge Netze Definition: Sei c eine Funktion. die jedem Bogen (x,y)E A eines Netzes (N,A) genau eine nicht negative, ganze Zahl c(x,y) zuordnet, dann heißen das Tripel (N.A,c) "enges Netz" und die Funktionswerte c(x,y) "Bogenkapazitäten" 6) Fußnote 6) siehe nächste Seite 8 In vielen Anwendungsfällen sind neben den Bogenkapazitäten des Netzes sicherlich auch Knotenkapazitäten zu berücksichtigen (vgl. Seite 6 ). Solche Netze können indessen in bekannter Weise und sehr einfach auf ein Netz (N,A,c) zurückgeführt werden. Dazu zerlegt man jeden Knoten, für den eine Knoten- kapazität definiert ist, in einen Eingangsknoten und einen Ausgangsknoten. Anschließend fügt man einen fiktiven Bogen ein, der vom Eingangsknoten zum Ausgangsknoten weist und gibt diesem zusätzlichen Bogen die ursprüngliche Knotenkapazität als Bogenkapazität. Ströme in engen Netzen Definition: 7) Sei f eine Funktion, die jedem Bogen (x,Y)E A eines engen Netzes (N,A,c) genau eine nicht negative rationale Zahl f{x,y) zuordnet, dann heißen die Funktionswerte f{x,y) "Bogenströme". Ein Bogenstrom heißt "zulässig", falls f{x,y) ~ c(x,y). 6) Probleme,in denen nicht ganzzahlige, rationale Zahlen auftreten, lassen sich bekanntlich leicht auf ein ganzzahliges Problem zurückzuführen: Man wählt den Hauptnenner der gegebenen rationalen Zahlen und setzt diese Größe gleich eins. 7) Die folgenden Definitionen werden auf Seite 11 durch Beispiele erläutert. 9 Definition: (Fortsetzung) Seien s,t zwei ausgewählte Elemente aus N, so heißen s "Quelle" f heißt und t "Mündung". "Strom in Stärke von v" (, der aus der Quelle s Mündung fließt) falls t durch das Netz (N,A) in die f(x/N) - f(N/x) wenn x = s wenn x = t sonst 8) = Ein Strom heißt "zulässig", falls jeder seiner Bogenströme zUlässig ist. Sei F die Menge der zUlässigen Ströme in (N,A,c), so heißt ein zUlässiger Strom f'f "maximal", falls f*(s/N) - nN/s) = max [f(s/N) - f(N/s)] fE:F Für jedes enge Netz (N,A,c) existiert offenbar stets ein Strom, nämlich fo mit der Eigenschaft Die obige Definition eines Stromes f f o (x,y) =0 für (x,y)E A. ist sicherlich pleonastisch (jedoch üblich); denn wenn beispielsweise der Nettoabstrom aus der Mündung f(s/N) - f(N/s) den Wert v hat, dann folgt daraus mit der Gleichheit von Bruttozustrom und Bruttoabstrom für alle Knoten x ~ s,t, daß auch der Nettozustrom in die Mündung f(N/t) - f(t/N) den Wert v hat. Das ergibt sich u.a. auch aus einem allgemeineren Satz, den wir später beweisen. 8) Genauer würde man f als "steady-state"-Strom bezeichnen und f mit "s,t" indizieren. An anderer Stelle werden wir zeigen, wie man ein enges Netz mit mehreren Quellen und Mündungen unter bestimmten Voraussetzungen auf ein Netz mit nur einer Quelle und nur einer Mündung zurückführen kann. 10 Schnitte durch enge Netze Definition: Sei X eine nichtleere Teilmenge aus N und sei X: = N-X, dann heißen (XIX) "Schnitt" und c(X/X) "Länge des Schnittes (XIX)". Ein Schnitt durch (N,A,c) heißt 'elementar", falls er keinen anderen Schnitt durch (N,A,c) als echte Teilmenge enthält. Ein Schnitt durch ein Netz (N,A,c) mit Quelle und Mündung t s heißt "blockierend" und wird durch (XI/X) symbolisiert, falls sE: X und te X. Sei Q die Menge aller blockierenden Schnitte durch ein Netz (N,A,c) mit Quelle s und Mündung t, so heißt ein blockierender Schnitt (XIIX)o "minimal", falls c(XI/X)o = min c (XI/X) • (XI IX)~Q Eliminiert man in einem Netz (N,A,c) mit Quelle dung t alle Böge~, sund Mün- die Elemente eines blockierenden Schnittes (XliX) sind, dann existiert im verbleibenden Netz (N,A' = A -(XIIX),c) kein Strom in strikt positiver Stärke. Im folgenden wird uns die Länge eines minimalen blockierenden Schnittes interessieren. Dazu sei bereits jetzt vermerkt, daß aus c(x,y) ~ 0 für (x,y)e A fOlgt c(XIIX) ~ c(X'IIX') wenn (XIIX)C (X'IIX'). Deshalb enthält die Menge der elementaren blockierenden Schnitte eines Netzes (N,A,c) stets einen minimalen blockierenden Schnitt. 11 Veranschaulichung der Definitionen durch Beispiel Ordnet man dem Netz (N,A) in Figur 2 mit s = 1 und t = 6 Figur 2 die folgenden Funktionen c, f 1 , f 2 und f 3 zu, (x,y) c(x,y) (1,2) 8 2 2 7 (1,7) 5 1 o o (2,3) 2 2 2 2 (2,4) 7 o o 5 (3,6) 9 4 2 7 (4,5) 4 2 2 4 (4,7) 3 o (5,3) 6 2 o o 5 (5,4) 2 2 2 o (6,8) 3 1 o o (7,8) 4 1 (8,5) 1 2 1 o o 1 1 so ist f 1 ein unzulässiger Strom, der in Stärke von vi f 1 (N/t) - f 1 (t/N) der Quelle s = = 4 - 1 durch das enge Netz (N,A,c) von in die Mündung t fließt, f 2 hingegen ein zUlässiger aber nicht maximaler Strom von s nach t, und f 3 ist schließlich einer der maximalen zUlässigen StrBme von s durch (N,A,c) nach t. 12 In Figur 2a veranschaulichen wir den nicnt blockierenden Schnitt (Xl/Xl) = ({7,8}/{s,2,3,4,5,t}) = {(8,5)} den blockierenden nicht elementaren Schnitt (X 2 //X 2 ) = ({s,4}//{2,3,5,t,7,8}) = {(l,2),(l,7),(4,5),(4,7)}, der den blockierenden elementaren Schnitt ({s}//{2,3,4,5,t,7,8}) als echte Teilmenge enthält, und den minimalen blockierenden elementaren Schnitt (X 3 //X 3 ) = ({s,2,4,7,8}//{3,5,t}) Figur = {(2,3),(4,5),(8,5)}. 2a 1.4. SÄTZE üBER STRöME UND SCHNITTE IN ENGEN NETZEN Diese.r Abschnitt bringt einige Sätze über den Zusammenhang zwischen verschiedenen Str6men und über Beziehungen zwischen Str6men und Schnitten. Dabei streben wir keineswegs eine enzyklopädische Darstellung an. Vielmehr zeigen wir bereits bekannte Sätze nur dann, wenn sie zum Beweis von neuen Sätzen herangezogen oder einem neuen Satz vergleichsweise gegenüber gestellt werden. Die neuen Sätze dienen ihrerseits direkt oder indirekt der Konstruktion von minimalen blockierenden Schnitten und maximalen zulässigen Str6men. Wir beginnen mit einem Hilfssatz für ein Theorem, der zugleich einen bekannten Satz von FORD und FULKERSON verallgemeinert. 13 Satz 1 Seien für ein enges Netz (N,A,c) die Funktionswerte f(x,y) der Funktion f zulässige Bogenströme, sei (X/X) ein beliebiger Schnitt durch (N,A,c) und sei ferner df(x) .- f(x/N) - f(N/x) für x = 1,2, ••• ,n, dann gilt = -df(X) = feX/X) - fex/X) df(X) < c(x/X).9) Beweis: xnx = 0 = N folgt f(N/N) = f(X/N) + f(X/N) = f(N/X) + f(N/X), so daß f(X/N) - f(N/X) = f(N/X) - f(X/N) Aus und = fex/X) + XUX feX/X) - feX/X) - fex/x). Das führt zu f(X/N) - f(N/X) = L XE:X = (f(x/N) - f(N/x» = feX/X) - feX/X) f(x/N») = fex/X) - f(N/X) - f(X/N) = L{f(N/x) xe-x = feX/X) so daß Aus o < f(x,y) feX/X) (1) = df(X) ~ ~ xex -df(X) = feX/X) - feX/X). f(X/X) - feX/X) (1 ) c(x,y) für (x,y)E A folgen c(X/X) und 0 ~ feX/X) (2 ) führt mit (2) zu df(X) = -df(X) = feX/X) - feX/X) ~ c(X/X) 9) Das heißt etwa: Für zulässige Bogenströme und einen beliebigen Schnitt sind untereinander gleich die Summe der Stromdefizite aller Knoten aus X, die Summe der Stromüberschüsse aller Knoten aus X und der Nettostrom, der über den Schnitt in Richtung X fließt. Oberdies ist keine dieser drei Größen größer als die Länge des Schnittes. Die Gleichungen links der Ungleichung lassen sich auch für unzulässige Bogenströme beweisen. 14 Mit Satz 1 ist offenbar eine Verallgemeinerung des folgepden Satzes von FORD und FULKERSON ([2'], p. 10)gelungen. Satz l' Sei für ein enges Netz (N,A,c) mit Quelle Mündung t die Funktion in Stärke von v f' sund ein zulässiger Strom 10) und sei (X//X) ein blockierender Schnitt durch (N,A,c), dann gilt v = f'(X/lX) - f'(X/lX) ~ c(X/lX). Die beiden Sätze unterscheiden sich einerseits dadurch, daß in Satz l' blockierende SChnitte verwendet werden, während Satz 1 allgemeiner von Schnitten ausgeht. Andererseits werden im Satz 1 die aggregierten Stromdefizite df(X) bei zulässigen BogenstrBmen anstelle des Quellendefizits df,(s) = v eines zulässigen Stromes gesetzt. Wendet man nun Satz 1 auf einen blockierenden Schnitt (X//X) und einen zulässigen Strom f' an, so verschärft sich wegen SE X trivialerweise zu Aus der Definition für zulässige StrBme fOlgt df,(x) = 0 für x ~ s,t. Das führt mit (3) zu df,(s)=v= f'(X//X) - f'(X//X) ~ c(X//X), was gezeigt werden sollte. 10) Vgl. hierzu die Definition für FULKERSON [29J, p. 4. "flow" bei FORD und