WISSEN Energie Wärmepumpe mit natürlichem Kältemittel CO2 Die Firma Awtec hat zusammen mit Stiebel Eltron eine CO2-Wärmepumpe für den kleinen Leistungsbereich entwickelt. Dank den thermodynamischen Eigenschaften des Kohlendioxids arbeiten Wärmepumpen mit diesem Kältemittel auch bei hohen Temperaturen mit guten Leistungsziffern. Teilnahme Hannover Messe 24. bis 28.April 2006 Markus Friedl In Wärmepumpen werden heute vorwiegend FKW und HFKW als Kältemittel verwendet. Auf Grund ihres hohen Treibhausgaspotenzials wurden die gesetzlichen Bestimmungen für diese Stoffe verschärft – wenn immer möglich sollen natürliche Kältemittel eingesetzt werden. Vereinzelt steht heute bereits das natürliche Kältemittel Propan im Einsatz. Wegen seiner Brennbarkeit ist dieses Kältemittel Aufbau des Kältemittelkreislaufs im Funktionsmuster der CO2Wärmepumpe. Im Vergleich zu einer herkömmlichen Wärmepumpe weist das Funktionsmuster zusätzlich einen Receiver und einen externen Wärmetauscher auf. In den Tests mit dem Funktionsmuster stammte die Wärme für die Verdampfung von einer elektrischen Widerstandsheizung. (Bild: Awtec) 48 Leistungszahlen (COP) in Funktion des Drucks auf der Hochdruckseite für verschiedene Verdampfungstemperaturen bei der Betriebsart Warmwasser (17°C -> 70 °C). Im COP nicht berücksichtigt sind Abtaubetrieb und Gebläse. (Bild: Awtec) jedoch umstritten. Kohlendioxid hingegen ist nicht entflammbar und ist ebenso unbedenklich für die Umwelt wie Propan. Nachteilig bei Kohlendioxid sind die erforderlichen hohen Drücke, die besondere Anforderungen an technische Komponenten wie Verdichter und Wärmeübertrager stellen. Die thermodynamischen Eigenschaften des Kohlendioxids haben eine weitere Besonderheit zur Folge: CO2-Wärmepumpen sind speziell geeignet für Systeme mit hohen Vorlauftemperaturen, wie sie bei Heizsystemen im Altbaubereich oder bei der Wassererwärmung gefordert sind. Das Marktpotenzial für diese Anwendungen ist also enorm! Trotzdem sind erst wenige Wärmepumpen mit dem Kältemittel CO2 auf dem Markt – keine davon von einem europäischen Hersteller. Deshalb beschloss die Firma Awtec im Frühling 2003, die Entwicklung einer CO2-Wärmepumpe in Angriff zu nehmen. Den Fokus bei der Entwicklung setzte sie auf eine Wärmepumpe für ein Niedrigenergiehaus (Standard Minergie-P oder Passivhaus). In solchen Häusern ist der Energiebedarf für die Wassererwärmung etwa gleich gross wie für die Heizung – ein ideales Einsatzgebiet für die CO2-Wärmepumpe. Technische Rundschau 4 ■ 2006 Energie In Stiebel Eltron fand Awtec einen idealen Industriepartner, der über breite Erfahrung in der Herstellung von Wärmepumpen im kleinen Leistungsbereich verfügt. Mit finanzieller Unterstützung des Bundesamtes für Energie und dem Stromsparfonds des Elektrizitätswerks der Stadt Zürich (EWZ) haben die Projektpartner einen Prototyp für eine Wärmepumpe mit einer Heizleistung von 2 kW entwickelt. Das zukunftsträchtige Projekt wurde Mitte Januar mit dem Swiss Technology Award 2006 und dem Sonderpreis der Stiftung für Natur und Umwelt ausgezeichnet. Von der Theorie zum Funktionsmuster Die Entwicklung des Prototyps erfolgte in drei Schritten. In einer ersten Phase klärte Awtec die technische Machbarkeit ab. Neben der Analyse des thermodynamischen Prozesses ging es darum, ein geeignetes Wärmepumpendesign zu finden, das sich in ein kommerzielles Produkt umsetzen lässt. In einem zweiten Schritt haben die Ingenieure ein Funktionsmuster gebaut, getestet und detailliert ausgemessen. Den Aufbau des Kältemittelkreislaufes gestalteten die Ingenieure mit einem möglichst kleinen apparativen Aufwand, wie im Im Labor von Awtec: Andreas Schlegel, Markus Friedl und Jochen Ganz mit dem Funktionsmuster der CO2Wärmepumpe, das die Basis für die Entwicklung eines Prototyps bildete. (Bild: Gian Vaitl) Bild 1 dargestellt: Die Verdampfung des Kältemittels erfolgt in einem konventionellen Verdampfer. Der darauf folgende Receiver dient als Puffer, der die Kältemittelmenge ausgleichen kann. Eine weitere Aufgabe des Receivers ist, noch flüssiges CO2 zurückzuhalten und das Öl, das aus dem Verdichter mitgeführt wird, zurückzuführen. Die Überhitzung des Kältemittels – bei konventionellen Wärmepumpen über das Expansionsventil gesteuert – übernimmt ein externer Wärmetauscher. Somit lässt sich Transkritischer Betrieb Das Besondere beim CO2 ist, dass es bereits bei 31 °C den kritischen Punkt erreicht. Oberhalb dieser kritischen Temperatur kann keine flüssige und gasf örmige Phase mehr unterschieden werden. Man spricht von einer überkritischen Phase. Eine CO2-Wärmepumpe wird transkritisch betrieben, das heisst, dass sich das CO2 nach dem Verdichter in der überkritischen Phase befindet. Die anschliessende Wärmeübertragung erfolgt nicht wie bei herkömmlichen Wärmepumpen durch Kondensation bei konstanter Temperatur, sondern durch eine Abkühlung der überkritischen Phase bei konstantem Druck. Inserat Leistungszahl COP der vier Betriebsarten, wenn die Wärmepumpe im optimalen Hochdruck betrieben wird. Im COP nicht berücksichtigt sind Abtaubetrieb und Gebläse. (Bild: Awtec) TR 10 Technische Rundschau 4 ■ 2006 49 WISSEN Energie das Expansionsventil allein zur Regelung des Hochdrucks nutzen. Der Verdichter komprimiert das CO2, sodass es in den überkritischen Zustand übergeht. Der Gaskühler kühlt das CO2 ab und überträgt die Wärme auf den Heizkreis. Im Expansionsventil wird das Kältemittel so weit entspannt und abgekühlt, dass es wieder Wärme aufnehmen kann. Kommerzielle Komponenten, die sich für die hohen Drücke einer CO2-Wärmepumpe eignen, sind kaum auf dem Markt erhältlich. Deshalb griffen die Ingenieure beim Verdichter auf einen Prototyp eines Kolbenkompressors von Danfoss zurück. Der Gaskühler – speziell für das Funktionsmuster hergestellt – hat die Form eines CoaxialWärmetauschers mit Gegenstrom: Im inneren Rohr aus Kupfer mit einem Aussendurchmesser von 5 mm und einer Wandstärke von 1 mm strömt das Kältemittel, im äusseren Ringspalt mit einem Durchmesser von 8 mm das Wasser im Gegenstrom. Ebenso wie Verdichter sind auch kaum Expansionsventile für CO2-Kältekreisläufe auf dem Markt vorhanden. Die Wahl fiel schliess- Mail-box Awtec AG für Technologie und Innovation Leutschenbachstrasse 48, 8050 Zürich Tel. 044 307 40 66, Fax 044 307 40 61 [email protected], www.awtec.ch CO2 ist ein natürliches Kältemittel. Es ist nicht brennbar und unbedenklich für die Umwelt. (Bild: ZVG) lich auf ein elektronisches Expansionsventil mit Schrittmotor. Prüfen und überdenken Awtec hat das Funktionsmuster für unterschiedliche Betriebsarten getestet. Neben der Wassererwärmung von 17 °C auf 70 °C wurden drei Heizkreisläufe mit unterschiedlichen Temperaturniveaus untersucht: für Heizkörper mit Rücklauftemperaturen von 45 °C und 25 °C und einer Vorlauftemperatur von 60 °C sowie für eine Fussbodenheizung mit Temperaturen von 25 °C im Rücklauf und 35 °C im Vorlauf. Ziel der Versuche war, die Leistungszahl (COP, Coefficient of Performance) der Wärmepumpe bei unterschiedlichen Verdampfungstemperaturen zu bestimmen und deren Abhängigkeit vom Hochdruckniveau zu evaluieren. Der COP bezeichnet das Verhältnis von abgegebener Wärme zur aufgenommenen elektrischen Leistung. Es zeigte sich, dass der COP mit zunehmender Verdampfungstemperatur steigt und im Bereich seines Optimums nicht sehr drucksensibel ist (Bild 2).Wie erwartet, brachen die Leistungszahlen bei Rück- lauftemperaturen von mehr als 25 °C ein (Bild 3). Unabhängig von den Vorlauftemperaturen lag der COP für die anderen Betriebszustände relativ nahe beieinander. Gemäss Berechnung sollte die Leistungszahl für die CO2-Wärmepumpe bei Aussentemperaturen von 10 °C und einer Verdampfungstemperatur von 5 °C etwa 4,5 betragen – ohne Einberechnung des Abtaubetriebes und des Gebläses, die bei der Vermessung von Luft-Wasser-Wärmepumpen normalerweise berücksichtigt werden. Dieser Wert wurde mit dem Funktionsmuster mit 3,5 klar nicht erreicht. Der Hauptgrund liegt in der mangelnden Effizienz des Verdichters. Modifikationen für Prototyp Aufbauend auf den Erkenntnissen der Tests mit dem Funktionsmuster, haben die Projektpartner eine Luft-Wasser-Wärmepumpe als Prototyp konstruiert. Im Kältemittelkreislauf ergaben sich dabei einige Änderungen gegenüber dem Funktionsmuster: ■ Weil der COP im Bereich des Optimums nicht stark druckabhängig ist, verzichteten die Ingenieure auf einen Wärmetauscher für die Überhitzung. Stattdessen wurde die Überhitzungsregelung wie bei herkömmlichen Wärmepumpen ins elektronische Expansionsventil integriert. Weiterhin übernimmt die Drossel die Einstellung des Drucks an das optimale Aufbau des speziell entwickelten Gaskühlers für den Prototyp der CO2-Wärmepumpe. (Bild: Stiebel Eltron) 50 Technische Rundschau 4 ■ 2006 Energie Ihr Partner für Produkte, Systeme und Dienstleistungen Über Awtec Die Firma Awtec realisiert seit sechs Jahren für ihre Kunden Innovations- und Entwicklungsprojekte. Sie sucht zusammen mit ihren Auftraggebern erfolgreich nach dem nicht Offensichtlichen und kombiniert bekannte und neue Technologien zu praktischen Innovationen. Getrieben werden die Projekte von der Nachfrage am Markt. Die Dienstleistungen von Awtec umfassen Unternehmensanalysen, Visionsentwicklung, Marktabklärungen, Ideensammlung, Machbarkeitsstudien, Kompetenzanalysen, die Suche nach Kooperations- und Fertigungspartnern, Marketingkonzepte und die Projektleitung über den gesamten Innovationsprozess von der Vision bis zum marktfähigen Produkt. Awtec betreibt auch eigene Labors, in denen Prototypen gebaut und getestet werden. Hochruckniveau. Der neu entwickelte Algorithmus kombiniert beide Anforderungen. ■ Weil die automatische Ölrückführung im Receiver in den Tests nicht optimal funktionierte, enthält der Prototyp keinen Receiver. Dies erschien auch deshalb sinnvoll, weil die Abhängigkeit des COP vom Druck relativ gering war. ■ Eine Mantelkühlung am Verdichter gewinnt die Abwärme und führt sie dem Heizkreis zu. ■ Da der Coaxialwärmetauscher zu gross ist für ein kompaktes Gerät, jedoch kaum Kühler für überkritisches CO2 auf dem Markt sind, hat Stiebel Eltron einen Gaskühler neu entwickelt: Zu Haarnadeln gebogene Kupferrohre mit einem Durchmesser von 3 mm sind in wellenförmig gebogene Kupfer- oder Edelstahlbleche eingelegt. Das Kältemittel strömt durch die Rohre, das Wasser im Gegenstrom durch die dreieckigen Strömungskanäle der Wellentäler. Der Prototyp wurde am Wärmepumpentestzentrum Buchs nach internationalen Normen im vollautomatischen Betrieb geprüft. Die CO2-Wärmepumpe erzielte im Vergleich zu anderen kommerziellen Wärmepumpen erwartungsgemäss etwas schlechtere Resultate. Sie konnte auch bei Vorlauftemperaturen von 65 °C ihre Stärke nicht ausspielen. Grund dafür war, dass die Füllmenge an Kältemittel zu gering war und sich deswegen das Hoch- Mit einer Gehäuselänge von nur 52 mm und Durchmessern von M12, M18 und M30 sind unsere neuen induktiven Ex-Sensoren der EEx IS-Baureihe sehr kompakt. Vor allem bei bündigem Einbau lassen sie sich perfekt in die Umgebungskonstruktion integrieren – hygienegerecht und ohne Schmutzkanten. druckniveau weit unterhalb des im Funktionsmuster bestimmten idealen Punktes einstellte. Zudem ist der getestete Prototyp für kleinere Leistungen ausgelegt und hat somit einen kleineren Verdichter. Dieser weist grundsätzlich einen tieferen Wirkungsgrad auf als grössere Verdichter. Ausblick Das Projektteam hat die Lehren aus den Tests mit dem Funktionsmuster und dem Prototyp gezogen. Sie bilden die Basis für die Weiterentwicklung der CO2-Wärmepumpe. Eine Exergieanalyse des Funktionsmodells und des Prototyps hat deutlich gezeigt, dass der Verdichter die grössten Effizienzverluste verursacht: Verglichen mit einem idealen Carnot-Prozess benötigte die CO2-Wärmepumpe auf Grund nicht idealer Komponenten 3- bis 4-mal mehr Leistung. In einem typischen Betriebspunkt verursacht der Verdichter knapp 70 % des Mehrverbrauchs, gut 20 % gehen auf das Konto des Expansionsventils. Das grösste Potenzial für eine Effizienzsteigerung liegt also beim Verdichter. Zudem ist das Öl krebserregend, das üblicherweise in konventionellen Verdichtern in Kombination mit CO2 eingesetzt wird. Awtec plant deshalb, einen effizienten, ölfreien Verdichter speziell für CO2 zu entwickeln. Zurzeit läuft die Suche nach interessierten Industrie- und Finanzierungspart■ nern. EXPLOSIONSSCHUTZ / Sauber geschaltet mit dem neuen EEx IS M12 / Markus Friedl, Awtec AG, Zürich TR 29 Technische Rundschau 4 ■ 2006 CARL GEISSER AG Industriestrasse 7 CH-8117 Fällanden Tel. +41 (0)44 806 65 00 Fax +41 (0)44 806 65 01 e-mail: [email protected] Internet: www.carlgeisser.ch